Corporates
26. November 2014

BVI kritisiert Dax-Unternehmen

Unter den Firmen der Dax-Familie gibt es weiterhin zahlreiche Verstöße gegen Analyseleitlinien des Fondsverbandes auf Grundlage des Corporate-Governance-Kodexes. Vor allem die Vorstandsvergütung ist ein Knackpunkt.

„Die Qualität der Unternehmensführung in Deutschland erfüllt oft nicht die geforderten Standards. Vor allem die Vorstände sind hier stärker gefordert“, urteilt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI), Thomas Richter, nach der diesjährigen Untersuchung, inwieweit die 160 Unternehmen der Dax-Familie die Vorgaben der Analyseleitlinien für Hauptversammlungen (ALHV) in dieser Saison erfüllt haben. Zur Familie des deutschen Aktienindex Dax zählen die Indizes Dax, M-Dax, S-Dax und Tec-Dax.
Die Leitlinien geben laut BVI Empfehlungen für eine gute Unternehmensführung. Sie orientieren sich am Corporate-Governance-Kodex, der wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften darstellt und Empfehlungen und Anregungen international und national anerkannter Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung enthält.
Die Mitglieder des BVI halten in ihren Fonds Aktien deutscher Unternehmen im Wert von rund 90 Milliarden Euro, betont der Verband. Hierbei agierten die Fondsgesellschaften als Treuhänder ihrer Kunden. Bei der Entlastung des Vorstands stieg die Zahl der Verstöße gegen die ALHV in dieser Hauptversammlungssaison auf insgesamt 24 Fälle. Im Vorjahr waren es fünf. Eine besonders deutliche Steigerung verzeichneten Tec-Dax-Firmen mit elf Fällen (Vorjahr: null), gefolgt von Unternehmen aus dem M-Dax mit acht Verstößen (Vorjahr: zwei).
Das lag in erster Linie an der Vorstandsvergütung, die die Gesellschaften nicht individualisiert pro Vorstand ausgewiesen haben, wie von den Leitlinien vorgegeben, sondern zusammengefasst für den Gesamtvorstand, berichtet der BVI. Weitere Gründe, die eine Entlastung des Vorstands häufig nicht rechtfertigten, waren Ergebniseinbrüche, mangelhafte Risikokontrolle, Klagewellen gegen die Unternehmen und Ermittlungsverfahren gegen führende Mitarbeiter.
Bei der Entlastung des Aufsichtsrats ging die Zahl der als kritisch eingestuften Fälle der Untersuchung zufolge leicht auf 34 Fälle zurück (2013: 37 Fälle). Eine Entlastung wird vom BVI als Auftraggeber und vom Stimmrechtsberater Ivox als Durchführender der Untersuchung dann als kritisch betrachtet, wenn die Unternehmen gegen mindestens vier Bestimmungen verstoßen. 2014 ignorierten die Emittenten in nahezu allen Fällen die Transparenzanforderungen der ALHV und gaben in den entsprechenden Berichten nicht an, wie oft die Aufsichtsratsmitglieder an den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse teilgenommen hatten, informiert der BVI. Dies ist nach den Leitlinien jedoch eine wesentliche Voraussetzung zur Beurteilung ihrer Tätigkeit. Auch die verlangte Offenlegung der fachlichen Qualifikationen erfolgte zu selten.
Eine Verbesserung zeigte sich bei den Wahlen zum Aufsichtsrat. Dort verfehlten 42 Unternehmen die ALHV-Vorgaben (2013: 56 Fälle). Häufigster Kritikpunkt war die Ämterhäufung, teilt der BVI mit. Zahlreiche Kandidaten hatten so viele weitere Mandate inne, dass sie den zusätzlichen Aufgaben kaum die erforderliche Aufmerksamkeit hätten widmen können. Ein weiterer Kritikpunkt war die mangelnde Unabhängigkeit der Bewerber. Viele Unternehmen berufen ihre Aufsichtsräte überwiegend aus dem Kreis ihrer Großaktionäre. In das Gremium gehören jedoch auch unabhängige Personen.
Kaum Veränderungen zum Vorjahr gab es beim Punkt „Genehmigung von Kapitalerhöhungen“, informiert der Fondsverband weiter. Die Anträge hielten in sechs Fällen einer Überprüfung nicht stand (2013: fünf). Den S-Dax-Unternehmen drohte eine unangemessene Verwässerung des Kapitals, da sie teilweise eine Erhöhung des Grundkapitals von mehr als 20 Prozent beantragt und zugleich die Bezugsrechte ausgeschlossen hatten. Das widerspricht den ALHV-Leitlinien, da ein solches Vorgehen den Anteilbesitz der Aktionäre verwässert.
Corporate Governance gilt in der Fondsbranche als ein wichtiges Kriterium bei sogenanntem nachhaltigen Investieren. Stimmrechtsberater wie Ivox beraten im Wesentlichen Investoren bei der Stimmabgabe in der Hauptversammlung von börsennotierten Unternehmen.
Weiterführende Links:BVI-Analyseleitlinien für HauptversammlungenKurzübersicht der Verstöße gegen BVI-Analyseleitlinien portfolio institutionell newsflash 26.11.2014/Heike Gorres

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert