Investoren
25. Juni 2025

BVI kritisiert Omnibus-I-Initiative der EU

Hauptgeschäftsführer Thomas Richter vertritt die Einschätzung, dass die Vorschläge der EU Bürokratie an der falschen Stelle abbauen würden. Intreal warnt vor einer Fehlinterpretation der Omnibus-Verordnung.

Die Omnibus-I-Initiative der Europäischen Union (EU) nimmt mehr und mehr Gestalt an. Grundsätzlich soll das Gesetzespaket die Belastung für Unternehmen durch Berichtspflichten reduzieren und gleichzeitig eine sinnvolle Transparenz über den Fortschritt bei der Nachhaltigkeitstransformation gewährleisten.

Am 23. Juni 2025 hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter, ein Gremium des Rates der Europäischen Union, seine Verhandlungsposition zum Omnibus-I-Paket beschlossen. Die Vorschläge enthalten nach Angaben des deutschen Fondsverbands BVI weitere Einschränkungen des Anwendungsbereichs und der Nachhaltigkeitsvorgaben. Zwar liege der finale Text noch nicht vor. Er dürfte aber sehr nah am 6. Kompromissvorschlag der polnischen Präsidentschaft liegen, so der Verband.

 Die Position des Rats sehe folgende Eckpunkte vor:

  1. Die Umsatzschwelle für die Anwendung der CSRD soll auf 450 Millionen Euro angehoben werden (bisher 50 Millionen Euro).
  2. Die Anwendung der CSDDD soll erheblich eingeschränkt werden und nur noch Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und über 1,5 Milliarden Euro Nettoumsatz betreffen.
  3. Die nachhaltigkeitsbezogenen Sorgfaltspflichten sollen grundsätzlich nur für direkte Zulieferer nach einem risikobasierten Ansatz gelten.
  4. Die Pflicht zur Annahme von Übergangsplänen wird inhaltlich abgeschwächt und soll für zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der CSDDD optional sein; das Inkrafttreten der CSDDD wiederum soll um ein Jahr auf den 26. Juli 2028 verschoben werden.

BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter vertritt vor diesem Hintergrund die Einschätzung, dass die Vorschläge der EU Bürokratie an der falschen Stelle abbauen würden. „Sie schneiden Investoren von den benötigten Unternehmensdaten ab und behindern damit nachhaltige Investitionen. Anstatt 80 Prozent der Unternehmen aus der Berichtspflicht zu entlassen, sollte die EU die Komplexität der Berichtspflichten deutlich verringern.“

Ohne eine hinreichende Datengrundlage sei keine Analyse möglich, wie Johannes Böhm, ESG-Analyst bei Union Investment, vor knapp zwei Jahren in einem Beitrag für portfolio institutionell anmerkte: „Gerade zu ESG-Kriterien hat sich die Datenlage zwar kontinuierlich verbessert, dennoch gibt es nach wie vor Lücken.“ Das liege etwa an der Granularität des jeweiligen Reportings – „manche Unternehmen berichten sehr detailliert, andere so gut wie gar nicht“.

Eine andere Sichtweise nimmt Dr. Henry Schäfer in einem aktuellen Gastbeitrag ein. Die EU-Kommission habe erkannt hat, dass in ihrem Regulierungsüberschwang CSRD, ESRS, CSDDD und Taxonomie et cetera aus der Spur gekommen sind und mit einem „Omnibus“ wieder auf einen gangbaren Weg geführt werden sollen, argumentiert der Universitäts-Professor (a. D.). „Diese bürokratisch-technische Justierung der grünen Finanzregulierung findet statt in einem EU-weiten und globalen Handlungsumfeld, das durch enorme geo- und handelspolitische Verwerfungen gekennzeichnet ist, deren ganzes Ausmaß erst langsam erkennbar wird, deren Vorboten aber bereits handfeste politische Folgen zeitigen.“

Weitgehende Anpassungen bei den regulatorischen Anforderungen

Das sogenannte Omnibus-Paket der EU sieht weitgehende Anpassungen bei den regulatorischen Anforderungen vor, die sich insbesondere aus der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), der EU-Taxonomie sowie aus der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) ergeben. Im Fokus stehen laut der Service-KVG Intreal vor allem die Einschränkung des Anwendungsbereichs der CSRD, die zeitliche Streckung bei den Verpflichtungen zur erstmaligen Berichterstattung, die Verkleinerung des Anwenderkreises der EU-Taxonomieverordnung sowie Vereinfachungen bei den Standards für die Berichterstattung und bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten.

Bürokratischer Aufwand soll verringert werden

Am 26. Februar 2025 hatte die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Omnibus-Verordnung veröffentlicht. Die bisherige Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) verpflichtet große Unternehmen zur nichtfinanziellen Berichterstattung ab 2025. Die neue Omnibusverordnung soll den bürokratischen Aufwand verringern.

Die Verordnung soll die Pflichten der CSRD, der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), der Taxonomie-Verordnung und auch der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) bündeln. Ziel der Omnibus-Verordnung ist es, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen, insbesondere KMU, zu reduzieren.

Offene Fragen auf Investorenseite

Nach der Veröffentlichung der Omnibus-Verordnung fragen sich nach Einschätzung von Intreal zahlreiche institutionelle Investoren, Initiatoren von Immobilien-AIF und für Immobilienfonds tätige Asset Manager, wie die Branche auf diese Initiative reagieren sollte. Im Vordergrund stehe dabei vor allem die Frage, inwieweit bereits eingeleitete Maßnahmen zur Vorbereitung auf ursprünglich zu erwartende Berichtspflichten weiter umgesetzt, pausiert oder gar rückgängig gemacht werden sollten.

Hannah Dellemann, Head of Sustainability bei Intreal, warnt in diesem Zusammenhang vor einer Fehlinterpretation der Omnibus-Verordnung: „Diese stelle keine ESG-Kehrtwende auf EU-Ebene dar. „Sie verfolgt in erster Linie das Ziel, bürokratischen Aufwand zu reduzieren und miteinander in Zusammenhang stehende Regelungen besser aufeinander abzustimmen, zu vereinfachen und an verschiedenen Stellen pragmatischer zu gestalten.“

Keinesfalls sei damit ein „Zurückdrehen“ der ESG-Regulierung beabsichtigt. Dieser gelegentlich geäußerte Eindruck sei möglicherweise aufgrund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Entscheidung mehrerer großer Banken und Asset Manager in den USA zum Rückzug aus dem Klimabündnis der Finanzbranche „Net Zero Asset Managers Initiative“ (NZAMI) begünstigt worden, vermutet Dellemann. Das treffe aber faktisch nicht zu.

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