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19. September 2023

Auch der BVI will das Derivate-Clearing in die EU verlagern

Ein Großteil der auf Euro lautenden Zinsderivate wird in London verrechnet. Der deutsche Fondsverband BVI will das seit Jahren ändern.

Der Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) setzt sich für eine Verlagerung des Derivate-Clearings in die Europäische Union (EU) ein. Das soll die Abhängigkeit von Drittstaaten und damit die Risiken für die Finanzstabilität in der EU reduzieren.

Derzeit werden rund 80 Prozent der auf Euro lautenden Zinsderivate, die nach Verbandsangaben ein wichtiger Bestandteil im Risikomanagement von Fonds sind, über das Clearing-Haus LCH in London verrechnet. Seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union sei es nicht mehr unter der EU-Aufsicht. Der Verband sieht darin ein Problem. Und damit ist er nicht allein.

Mit seiner Forderung unterstützt der deutsche Fondsverband die Position der Europäischen Zentralbank, EU-Kommission und EU-Wertpapierbehörde Esma. Auch sie wollen die Abhängigkeit der EU-Finanzmärkte von Clearing-Stellen in Drittstaaten reduzieren, so der BVI.

Fondsverband spielt Krisenszenarien durch

Die Esma zum Beispiel habe in einem Bericht vom Dezember 2021 deutlich gemacht, dass weder zusätzliche Instrumente für das Krisenmanagement noch eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden von Drittstaaten allein die Systemrisiken durch englische Clearing-Stellen ausreichend verringern könnten. In einem Krisenszenario wäre die englische Behörde verpflichtet, der Finanzstabilität des Vereinigten Königreichs Vorrang vor derjenigen der EU einzuräumen, so der BVI.

Eine effektive Überwachung und die im Krisenfall erforderlichen Schritte lassen sich nach Einschätzung von BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter nur über den direkten Zugriff durch EU-Aufsichtsbehörden und die EZB sicherstellen. Vor diesem Hintergrund unterstützt der BVI Maßnahmen, die den Übergang für die Markteilnehmer erleichtern, wie zum Beispiel aktive Konten bei Clearing-Stellen in der EU einzurichten.

Fondsverbände vertreten unterschiedliche Positionen

Der BVI setzt sich nach Verbandsangaben bereits seit 2017 für eine Verlagerung des Derivate-Clearings in die EU ein. Er habe damit eine gegensätzliche Position zum EU-Fondsverband Efama, der sich gegen eine verpflichtende Einführung sogenannter aktiver Konten bei EU-Clearing-Stellen ausgesprochen habe und somit bei diesem Thema überwiegend die Sichtweise der großen Marktteilnehmer vertrete.

„Die Einführung von aktiven Konten in der EU ist ein akzeptabler Kompromiss, um die Finanzstabilität in der EU zu stärken sowie ein wettbewerbsfähiges und effizientes Clearingsystem zu sichern“, so Richter. Nicht einverstanden ist der BVI hingegen mit der Forderung, Schwellenwerte für aktive Konten einzuführen.

EU will Kapitalmärkte „attraktiver“ machen

Die EU-Kommission hat am 7. Dezember 2022 Vorschläge zu Clearing, Insolvenz von Nichtbanken und Notierung an öffentlichen Märkten gemacht, um EU-Kapitalmärkte „attraktiver zu machen“. Ein Vorschlag verpflichtet alle relevanten Marktteilnehmer, für das Clearing von mindestens einem Teil bestimmter systemrelevanter Derivatekontrakte aktive Konten bei zentralen Gegenparteien (central counterparties, CCPs) in der EU zu unterhalten. Dies werde das Management von Risiken für die Finanzstabilität in der EU verbessern, ist die EU-Kommission überzeugt.

Die Clearing-Pflicht von Derivaten wird seitens der EU-Kommission durch einen Rechtsakt festgestellt. Esma hat nach Artikel 6 der European Market Infrastructure Regulation ein öffentliches Register mit den Derivaten zu führen, für die eine Clearing-Pflicht in der EU gilt. Mehr darüber erfahren Sie auf der Homepage der Bafin.

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