Immobilien
21. Dezember 2012

Cashflow-Suche abseits ausgetretener Pfade

Institutionelle Investoren flüchten aus klassischen Renteninvestments hinein in Real Assets. Gefragt sind Immobilien.­ Aber auch Parkhäuser, Pflegeheime und Kindergärten bieten stabile Cashflows – mehr als eine Beimischung können diese Nischen aber nicht sein.

Institutionelle Anleger in Deutschland sind als Renteninvestoren bekannt. Doch das Niedrigzinsumfeld und die Schuldenkrise haben zu einem Umdenken in der strategischen Asset Allocation geführt. Die Flucht aus klassischen Renteninvestments hat begonnen. Immer mehr Investoren suchen ihr Heil in Real Assets. Das zeigt sich auch in der jüngsten Risikomanagementstudie von Union Investment, für die 106 institutionelle Investoren mit einem verwalteten Vermögen von  insgesamt rund 900 Milliarden Euro befragt wurden. Demnach sind Anleihen zwar noch immer die stärkste Asset-Klasse. Doch sei binnen eines Jahres der Anteil von 74 auf derzeit 46 Prozent gesunken. Zugleich­ habe die Immobilienquote von fünf auf 15 Prozent zugelegt.

Traditionell ist die Immobilienquote von Büros dominiert, gefolgt von Einzelhandel und Wohnen. Objekte mit attraktivem Rendite-Risiko-­Profil lassen sich aber auch abseits der ausgetretenen Pfade finden. „Eine nie richtig entdeckte Investmentperle sind Parkhäuser“, bemerkt Dr. Eberhard Walz. Den Charme dieser Objekte sieht der Immobilien-Consultant in der doppelten Absicherung: „Ein Parkhausfonds ist ein Produkt mit Gürtel und Hosenträger. Denn ich habe eine doppelte Absicherung des Einkommens: den Parkhausumsatz und die indexierte Miete vom Betreiber.“ Die Mietverträge mit dem Betreiber­ sind zudem langfristig mit Laufzeiten von zehn bis 30 Jahren. Sollte der Betreiber ausfallen, sei dies auch keine Katastrophe. Laut Walz ist dies sogar das Beste, was passieren kann, da die Park­gebühren schneller steigen als der Index: „Bei einem neuen Betreiber kann ich einen neuen Vertrag aufsetzen und entsprechend an die neue Gebührenlage anpassen. Es bleibt mehr für den Eigner.“
Ein weiterer Vorteil: Parkhäuser müssen nicht wie Büroobjekte alle fünf Jahre­ renoviert werden. Entscheidend für den Erfolg ist dabei die Lage der Objekte. Am besten sei die Innenstadt, doch das allein reiche nicht aus. „Parkhäuser sind abhängig von der Primärnutzung. Das bringt den Erfolg eines Parkhauses. Ideal ist zum Beispiel die Lage direkt ­neben einem Krankenhaus“, so Walz. Aus Gesprächen mit Investoren weiß er zu berichten, dass Parkhäuser auf gewisses Interesse stoßen. So hat Bouw­fonds gerade einen zweiten europäischen Parkhausfonds aufgelegt, der ein reiner Club-Deal mit derzeit drei deutschen Versorgungswerken­ ist. Auch viele Ver­sicherungen haben  Parkhäuser im Portfolio. Laut Walz ist dies meist entweder eine­ Zufallsgeschichte und keine bewusste Entscheidung für dieses Immobiliensegment, oder es fehlt der Marktzugang, speziell auf europäischer Ebene.

_Das Damoklesschwert für Parkhäuser
 
Attraktiv macht Parkhäuser auch das Rendite-Risiko-Profil, das besser als bei Wohnungsbau sei. „Parkhäuser sind eine prima Bei­mischung für das Immobilienportfolio. Nach Markowitz wird die Kurve nach oben verschoben“, erklärt Walz. Die Ausschüttungsrenditen sollen­ bei fünf bis sechs Prozent liegen, was angesichts des Niedrigzinsniveaus beachtlich ist. Allerdings räumt Walz ein: „Die Wertsteigerungen­ sind nicht sehr hoch. Der Total Return beträgt um die sieben Prozent.“ Über den Parkhäusern hängt jedoch ein Damokles­schwert: die City-Maut, die kürzlich die Verkehrsminister der Bundesländer als Finanzierungsmittel für Infrastruktur in den Ring warfen. Mit dieser Maut würde sich wohl der Verkehr in den Innen­städten reduzieren, was bedeutet, dass weniger Parkplätze gebraucht werden. Für Walz ist das aber kein Grund zur Sorge: „Bei Bouw­fonds hat man in London die Erfahrung gemacht, dass die Parkhäuser sogar noch besser laufen.“ Ob dies nur für London gilt oder auch hierzulande und in anderen europäischen Städten funktioniert, wird die Zeit zeigen. Walz ist zumindest überzeugt: „In zehn Jahren sind Parkhäuser eine etablierte Nischen-Asset-Klasse.“

_Pflegeheime: eine stabile Cashflow-Quelle

Eine weitere Nische, die für Investoren einen genaueren Blick wert ist, sind deutsche Pflegeimmobilien. Denn aufgrund der fortschreitenden Alterung der Bevölkerung wird diesem Segment enormes Wachstums­potenzial bescheinigt. „Fakt ist: Es gibt ein Defizit an Pflegeplätzen. In den nächsten Jahren werden rund 30 Milliarden Euro­ Kapital für den Neubau oder die Sanierung bestehender Objekte benötigt“, erklärt Marc-Philipp Martins Kuenzel, Fondsmanager bei Corpus­ Sireo. Nach einer Studie von Ernst & Young werden bis 2020 circa 2.000 Einrichtungen zusätzlich benötigt. Zudem seien 25 bis 30 Prozent der Bestände sanierungsbedürftig.
Neben dem Bedarf spricht für Pflegeheime auch die relativ hohe Einkommensrendite und die langen Mietlaufzeiten. „Pflegeimmobilien sind ein sicheres Investment mit stabilen Cashflows und Pachtverträgen von meist 20 Jahren. Außerdem sind diese Immobilien konjunkturunabhängig“, sagt Susan­ Winter von Avia Rent. In ihrem Pflege­heim­fonds setzt Avia Rent die Ausschüttungsrendite bei sechs Prozent an. Die Rendite beim Abverkauf soll zwischen acht und zehn Prozent liegen. Ähn­liches peilt auch Corpus Sireo an. „Der Hauptreiz von Pflegeimmobilien­ für Investoren ist die Rendite. Die Ausschüttungsrendite bei uns liegt zwischen sechs und 6,5 Prozent. Es ist ein stabiles Cashflow-Produkt“, so Martins Kuenzel. „Letztlich ist es aber auch ein Thema, mit dem Versicherungen und Versorgungswerke ihrer Gesamtverantwortung in der Gesellschaft gerecht werden“, fügt er hinzu.          

Im Dezember 2011 hat Corpus Sireo einen zweiten Pflegeheimfonds für institutionelle Investoren in Deutschland aufgelegt, weil der erste Fonds seit 2010 voll platziert ist. Im Moment haben zwei Ver­sicherungen und eine Pensionskasse investiert. Das Zielvolumen sind 300 Millionen Euro mit einer Fremdkapitalquote von 50 Prozent. Ein Selbstläufer wird dieser Fonds aber nicht. „Die Ticketgrößen sind kleiner­ geworden, und die Prüfungsphase der Investoren dauert heute­ länger als in der Vergangenheit. Im Schnitt waren die Tickets für ­Nischenprodukte früher 40 bis 50 Millionen Euro groß, heute sind es 25 Millionen Euro“, berichtet Martins Kuenzel. Auch Avia Rent plant einen­ zweiten Pflegeheimfonds. Als wesentlichen Vorteil gegenüber Büro oder Einzelhandel sieht Winter: „Bei Pflegeimmobilien haben wir die Möglichkeit, in die Fläche zu gehen. Man muss nicht nur in den Top-Sieben-Standorten investieren.“ Die Ober- und Mittelzentren seien ebenfalls interessante Standorte. Auch Corpus Sireo ist deutschlandweit unterwegs. Trotzdem sieht Martins Kuenzel die Angebotsseite­ kritisch: „Der Markt wird dominiert von kleinen und mittelständischen Projektentwicklern, und die haben ein Problem mit der Finanzierung. Denn in Deutschland gibt es nur wenige Banken, die auf dieses­ Thema spezialisiert sind. Deshalb wird derzeit im Vergleich zum Bedarf nur wenig entwickelt.“
Das könnte zum Problem werden, da Avia Rent und Corpus Sireo nicht selbst entwickeln und auf Projektentwickler angewiesen sind. Pro Monat werden Corpus Sireo­ eigenen­ Angaben zufolge etwa 40 Objekte angeboten, wobei nur drei bis vier für eine genauere Prüfung in Betracht kommen. „Wir haben ein zehnköpfiges Team, das ausschließlich Healthcare macht. Bei Neubauten gehen wir tief in die Prüfung hinein. Wir diskutieren zum Beispiel mit den Projektentwicklern und Betreibern, was man an den Objekten vielleicht noch verbessern kann“, erklärt Martins Kuenzel. „Wir haben zum Teil auch schon Immobilien abgesagt, wenn der Projekt­entwickler nicht nachgearbeitet hat“, fügt er hinzu.     

Bei Pflegeimmobilien spielt auch die rechtliche Seite eine wichtige Rolle.­ „In Deutschland haben wir eine föderale Struktur, Bau- und Vergütungsverordnungen für Pflegeimmobilien werden auf Länder­ebene erlassen“, erklärt die Immobilienökonomin von Avia Rent. Deshalb sei es wichtig, die Objekte in einem Fonds deutschlandweit zu verteilen. Ansonsten sei das Risiko zu groß, sich von der Gesetz­gebung eines Bundeslandes abhängig zu machen. Auch Corpus Sireo diversifiziert auf Länder- und auch Betreiberebene. „In unserem zweiten Fonds haben wir derzeit vier Objekte mit jeweils anderen Betreibern“, so Martins Kuenzel. Die Betreiber müssen dabei das hauseigene Anaylsetool durchlaufen und bestehen. Neben dem Standort und der Gebäudequalität ist also der Betreiber ein Schlüsselfaktor.­ Denn Sozial­immobilien sind bei ihrer Erstellung oft auf die spezifischen Bedürfnisse der Betreiber zugeschnitten und nur eingeschränkt für eine Drittverwendung nutzbar. Sollte ein Betreiber insolvent werden, trägt der Investor auf diese Weise ein erhebliches Risiko. Um dem vorzubeugen, ist eine ausführliche Due Diligence bei Ankauf gefragt. Wichtig ist, dass die Einrichtung drittbetreiberfähig ist. Neben finanzwirtschaftlichen Analysen sind auch weiche Faktoren, wie der Umgang mit dem Personal und der Zugang zu Fachkräften, zu prüfen.
Der Mangel an Pflegepersonal ist bereits heute schon ein nicht zu unterschätzendes Problem. „Als Investor muss man zusehen, dass der ­Betreiber eigene Ausbildungszentren hat oder andere Anreize für das Personal setzt, wie ein Auto zur Verfügung stellen“, erklärt Martins Kuenzel. Viele Betreiber würden auch auf Personal aus dem Ausland zurückgreifen. Weitere wichtige Faktoren, auf die Corpus Sireo bei der Auswahl eines Betreibers achtet, sind die Managementstruktur, ein junges und gut ausgelastetes Bestandsportfolio, eine nachhaltige Entwicklungsstrategie und die Außenwahrnehmung.
 

_Kita-Plätze für die Immobilienquote

In Deutschland mangelt es aber nicht nur an Pflegeplätzen, sondern auch an Kindergärten. Ab August 2013 muss für jedes Kind unter drei Jahren ein Platz zur Verfügung stehen, was speziell in den alten Bundesländern kaum zu bewerkstelligen sein wird. Bei Avia Rent hat man dieses Problem als Investmentchance ausgemacht und im April 2011 einen Kindergartenfonds gestartet. „Wir haben einen kleinen Kita-­Fonds geplant, aber wir erhielten so großen Zuspruch von Investorenseite, dass wir nun mehr Projekte realisieren können als erwartet“, erklärt Susan Winter. „Es ist ein positiv besetztes Thema, viele kennen den Mangel an Betreuungsplätzen“, fügt sie hinzu. Im ­Moment hat Avia Rent 40 Millionen Euro an Zusagen für den Fonds,­ Ende­ des Jahres soll er für Neuinvestitionen geschlossen werden.
Skeptiker mögen einwenden, dass Deutschland immer älter wird und der Bedarf für Kindergärten langfristig nicht gegeben ist. Dem hält Winter entgegen: „Die Demografie global gesehen spricht gegen die Anlagestrategie, aber in Deutschland gibt es lokal ein großes Ungleich­gewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Junge Familien bevorzugen bestimmte Metropolregionen, wie in Nordrhein-Westfalen oder Hessen. Dort gibt es einen Versorgungsengpass, Kitas werden dort überproportional nachgefragt und auch in Zukunft durch den gesellschaftlichen Wandel dringend benötigt. Die Auswahl des Standortes ist auch hier entscheidend.“ Für den Fonds sind zwischen 25 und 30 Einrichtungen geplant. Die Bauphase soll nächstes Jahr beginnen.

Institutionelle Investoren engagieren sich nicht nur aus Altruismus in Kindergärten. Auch aus Renditegesichtspunkten ist der Kita-Fonds attraktiv. Immerhin ist dieser bei einer Ausschüttung von sieben Prozent angesiedelt. „Diese Höhe ist der Bauförderung geschuldet. Man erhält sie für alle Projekte, die noch dieses Jahr genehmigt werden. Die Gelder werden en bloc ausgezahlt, sobald der Kindergarten­ fertiggestellt ist“, sagt Winter. „Die Bauförderung wird über die Fondslaufzeit verteilt und erhöht somit die Ausschüttung aus Mieten“, fügt sie hinzu. Ein weiteres Plus des Kita-Fonds: Das Betreiber­risiko ist geringer als bei Pflegeobjekten. Die Vorteile dieses Nischenprodukts für sich entdeckt hat die Pensionskasse HT Troplast­. Ihrer Immobilien­quote von zwölf Prozent sind sowohl Kindergärten als auch Sozial- und Pflegeimmobilien beigemischt. Genau­ wie Parkhäuser­ können Kindergärten­ trotz attraktiver Cashflows nicht mehr als eine kleine Beimischung sein. Etwas anderes gibt die Marktgröße nicht her. Denn für den Bau einer Kita braucht es nur 1,5 bis drei Millionen Euro.

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