Traditionelle Anlagen
28. Juni 2022

Coface sieht steigende Risiken

Kreditversicherer stuft auch Bundesrepublik ab. Moody´s macht russischen Zahlungsausfall offiziell.

Getrübter Ausblick für Kreditgeber: In seinem vierteljährlichen Risiko-Barometer hat der Kreditversicherer Coface die Einschätzung für 19 überwiegend europäische Länder herabgestuft. Darüber hinaus wurden weltweit insgesamt 76 Branchen abgewertet. Das Länderrisiko spiegelt die Wahrscheinlichkeit von erhöhten Zahlungsausfällen bei Exportkrediten in einem Land in den kommenden sechs Monaten wider.

In Süd- und Westeuropa spielt die hohe Inflation die Hauptrolle für die Abwertung. Hier wurden Deutschland, Österreich, Frankreich, Portugal und Spanien von A2 („niedriges Ausfallrisiko“) nach A3 herabgestuft („zufriedenstellendes Risiko“). Zudem belasten anhaltende Lieferkettenprobleme die Wirtschaft und der Außenhandel geht deutlich zurück. Letzteres, da viele Länder zwar wenig direkt mit Russland, Belarus oder der Ukraine handeln, dafür aber umso mehr mit Osteuropa, das seinerseits wiederum besonders stark vom Ukrainekrieg belastet ist.

Hohe Energie- und Rohstoffkosten belasten

Beim Länderrisiko der Bundesrepublik sorgt Coface, dass die Gemengelage aus sehr hohen Energie- und Rohstoffkosten, die Profitabilität von Unternehmen auf die Probe stellt. „Sollten die Unternehmen nicht schnell genug die hohen Kosten an die Kunden weitergeben, wird es hier eng“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. „Die Kunden und Konsumenten müssen hingegen deutlich mehr zahlen und fordern höhere Löhne, die ebenfalls die Unternehmen belasten.“ Hinzu kommt, dass die Zuverlässigkeit Chinas als Zulieferland abnimmt und Lieferketten immer wieder unterbrochen werden. Deutschland ist als Exportnation zudem von der geringeren Nachfrage aus West- und Osteuropa betroffen. Hier spielen auch steigende Zinsen eine Rolle, die die Finanzierung vieler Unternehmen und Konsumenten belasten.

Im Coface-Ranking rutschen die osteuropäischen Länder Tschechien, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen und die Slowakei von A3 in A4 ab. „Bei diesen Ländern sind die EU-Sanktionen gegen Russland und die Rezession in der Russischen Föderation ausschlaggebend. Denn für die meisten ist Russland ein Haupthandelspartner und gerade im Bereich Energie ist die Abhängigkeit enorm“, sagt Christiane von Berg. In Polen spielt auch der starke Anstieg der Zinsen eine wichtige Rolle, da die polnische Zentralbank früher und stärker als die EZB auf die starke Inflation reagiert hatte.

Neben Länderrisiken hat Coface auch die Bewertung für 13 Branchen in insgesamt 28 Ländern erneuert. Dabei kam es insgesamt zu 76 Abwertungen, denen neun verbesserte Einschätzungen gegenüberstehen. Besonders energieintensive Branchen wie Chemie, Transport und Metall sind von den hohen Rohstoffpreisen betroffen. Hinzu kommt die Knappheit von Baumaterial, die weltweit die Baubranche belastet. Schaut man nach Westeuropa, so wurde dort fast die Hälfte aller Branchen herabgewertet. Neben den bereits genannten Branchen gilt dies auch für den Einzelhandel und für Agrar- und Nahrungsmittel. In beiden Fällen spielt die gesunkene Kaufkraft eine Rolle.

Die wenigen Aufwertungen finden vor allem im Nahen und Mittleren Osten statt – einer Region, die von ihren Ölreserven in der aktuellen Situation stark profitiert. Auch die Energiebranchen in Nordamerika und Brasilien gehören zu den aktuellen Gewinnern.

Moody´s konstatiert russischen Default

Derweil hat die Rating-Agentur Moody’s am Dienstag wegen nicht fristgemäß beglichener Schulden bei internationalen Investoren einen Zahlungsausfall Russlands festgestellt.

Das letzte Mal, dass das Land seine Rechnungen bei internationalen Gläubigern nicht beglich, war 1918 nach der bolschewistischen Revolution. Die letzte Staatsinsolvenz Russlands erfolgte 1998 durch Geldnöte im Zuge fallender Ölpreise und der Asienkrise. Sie betraf laut Medienberichten damals aber nur die Binnenschulden in Rubel.

Autoren:

Schlagworte:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert