Investoren
16. Februar 2024

Das A & O der größten Asset Owner

Zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk hat das Thinking Ahead Insti­tute im November erneut seine jährliche Statistik der mächtigsten institutionellen Anleger veröffentlicht – mit dem schlichten Titel „Asset Owner 100“, kurz AO 100. Weniger schlicht ist die Unter­zeile, der zufolge es sich um „das einflussreichste Kapital auf dem Planeten“ handelt.

Das Thinking Ahead Institute ist eine globale und gemeinnützige Gruppe von 52 Asset Ownern und Asset Managern, dessen Statistik der einhundert mächtigsten Endanleger Jahr für Jahr großes Interesse auf sich zieht. An der Spitze dieses elitären Feldes, das vor ­allem aus Pensions- und Staatsfonds besteht, ist gegenüber der Untersuchung von vor zwölf Monaten zumindest auf den ersten Blick alles beim Alten geblieben.

Der Government Pension Investment Fund (GPIF) aus Japan ist weiterhin Spitzenreiter in dem ­globalen Ranking, wie die Studie des vom Beratungshaus WTW ­betriebenen Thinking Ahead Institutes (TAI) zeigt. Im Jahr 2006 ins Leben gerufen, verwaltete der Pensionsfonds am Stichtag der Analyse, dem 31. Dezember 2022, Assets im Wert von sagenhaften 1,4 Billionen US-Dollar. Kein anderer Pension Fund und auch kein Staatsfonds erreicht ­dieses Niveau auch nur annähernd.

Vermögen der Staatsfonds verharrt auf hohem Niveau

Insgesamt steuern die Top-100-Investoren Kapitalanlagen im ­Gesamtwert von 23,4 Billionen US-Dollar und damit 8,7 Prozent ­weniger als im Jahr davor. Allerdings entwickelte sich das verwaltete Vermögen der Investorengruppe im Betrachtungszeitraum, der von scharfen Verlusten an den Rentenmärkten geprägt war, uneinheitlich. Zurückzuführen ist das auf den Zufluss frischen Kapitals, auf die erzielten Anlageergebnisse und auch auf Wechselkurs­effekte. ­

Während die von den Pensionsfonds ausgewiesenen Assets under Management um 13,6 Prozent abgeschmolzen sind, ging der Gesamtanlagebestand bei den Staatsfonds um 3,2 Prozent zurück. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Portfolios der Staatsfonds spricht das ­TAI von „einer langsameren Korrektur der kollektiven Vermögenswerte in turbulenten Märkten“.

Das Vermögen der Top-100-Endanleger ist außerdem äußerst ungleich verteilt. Während die 20 größten Asset Owner mit 12,9 Billionen US-Dollar immerhin mehr als die Hälfte (55,2 Prozent) des Gesamtvermögens besitzen, entfällt fast jeder vierte Dollar (24,4 Prozent) allein auf die fünf größten Organisationen. Namentlich sind das neben dem japanischen GPIF vier Staatsfonds: Norges Bank Investment Management – auf Platz zwei – steht stellvertretend für den norwegischen Government Pension Fund Global. Mit von der Partie sind auch die China Investment Corporation, die ebenfalls aus dem Reich der Mitte stammende Safe Investment Company und die Abu Dhabi Investment Authority aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie landet auf dem fünften Platz.

Pensionsfonds dominieren die „AO 100“ (noch) und verwalten 52,8 Prozent des Gesamtvermögens. Ihre Bedeutung in dem Ranking geht seit Jahren zurück und dürfte weiter sinken. Noch 2017 lag ihr Gewicht ganze acht Prozentpunkte höher. Deutlich zugelegt haben seither die Staatsfonds, deren Anteil von 32,0 auf 38,9 Prozent gewachsen ist. In absoluten Zahlen steuert diese Gruppe Portfolien im Gesamtwert von 9,1 Billionen US-Dollar.

Nur ein deutscher Investor in den Top 100

Dröselt man die Top 100 nach geografischen Gesichtspunkten auf, zeigt sich eine weitgehende Gleichverteilung der Assets: Auf nordamerikanische Anleger entfallen 33,9 Prozent, Endanleger aus dem asiatisch-pazifischen Raum halten mit 33,7 Prozent einen ähnlich großen Anteil vom Vermögenskuchen, während der Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika (Emea) 32,4 Prozent ­repräsentiert. Wie die Statistik zeigt, machen Staatsfonds einen ­erheblichen Anteil des Vermögens in der Emea-Region aus (71 Prozent). Grund dafür sind die Big Player des Nahen Ostens, von ­denen einige schon seit vielen Jahrzehnten im Geschäft sind.

Die Platzhirsche hier sind die 1967 gegründete Abu Dhabi Investment Authority (über die Sie hier mehr erfahren können) und die schon 1953 ins Leben gerufene Kuwait Investment Authority auf den Rängen fünf und sechs. Ebenfalls mächtige Kapitalsammelstellen sind der Public Investment Fund/Sanabil Investments aus Saudi-Arabien (1971) und die Qatar Investment Authority (2005) auf den Positionen zehn und 13.

Die BVK hält die deutsche Fahne hoch

Einziger deutscher Investor in den Top 100 ist die Bayerische ­Versorgungskammer (BVK) auf Rang 60 mit damals umgerechnet rund 114,3 Milliarden US-Dollar. Die BVK ist die größte öffentlich-rechtliche Versorgungsgruppe Deutschlands. Sie führt die Ge­schäfte von zwölf berufsständischen und kommunalen Alters­versorgern.

Versicherungsgesellschaften wie die ­Allianz, die neben eigenem Vermögen auch das Geld externer Anleger verwalten, ­bezieht das TAI aus eben diesem Grund nicht in sein Ranking ein. Gleichwohl hat das TAI die Namen der zehn größten Versicherungen zusammengestellt: Platzhirsch ist die Ping An Insurance (Group) Company of China mit einem verwalteten Vermögen von gut 1,6 Billionen US-Dollar. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die Allianz SE mit einer glatten Billion und die Berkshire Hathaway Inc. (948 Milliarden US-Dollar) von Warren Buffett.

KI hilft bei der Allokation

Doch zurück zur Studie des Thinking Ahead Institute. Was die ­Lektüre der insgesamt 67-seitigen Zusammenfassung – mit ihren zugegebenermaßen bereits veralteten Zahlen – so empfehlenswert macht, ist der Blick hinter die Kulissen. Jenseits der Zahlen­kolonnen und der ellenlangen Gesamtübersicht, wer welchen Platz belegt hat, erfährt man auch etwas über die Herausforderungen und Trends dieses illustren Anlegerkreises. Ein Beispiel: Die Mehrheit der Asset Owner 100 stellt ihre Kapitalanlagen ganz klassisch auf der Grundlage einer Strategischen Asset-Allokation zusammen.

Laut den Studienautoren vom TAI gewinnt daneben mit dem Total Portfolio Approach ein recht junger Konstruktionsansatz an Bedeutung. Wer sich dafür entscheidet, kann seine Allokationen dynamischer festlegen und Nachhaltigkeitsaspekte stärker berücksichtigen, kommentieren sie. Außerdem werden beim Total ­Portfolio Approach die besten Ideen in den Teams „durch einen Wettbewerb um Kapital“ eingebracht, heißt es. Mehr über das Total-Portfolio-Konzept erfahren Sie in der Februar-Ausgabe 2024.

Aufmerksam verfolgen die Asset Owner 100 auch die sich rasch entwickelnden Möglichkeiten, die mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) einhergehen. Bereits neun der Top-20-Vermögenseigentümer in der Rangliste sehen eine wachsende Bedeutung von KI und datengesteuerten Strategien in ihren Investitions- und ­Entscheidungsprozessen. Die Anwender versprechen sich vom Einsatz Künstlicher Intelligenz ein präziseres Berichtswesen. Ein Beispiel dafür ist der Staatsfonds GIC aus Singapur. Dort arbeiten hochspezialisierte Teams für die Datenstrategie und Anlageanalyse mehr und mehr mit den Investmentabteilungen zusammen. ­Damit verbunden ist das Ziel, Wissen noch besser zu nutzen, um Entscheidungen und Prozesse weiter zu verbessern.

Aktien sind in den Portfolios von größter Bedeutung

Das Thinking Ahead Institute beleuchtet in seiner Untersuchung natürlich auch die Struktur der Kapitalanlagen. Es zeigt sich, dass Aktien in den Portfolios der 20 Top-Asset-Owner im gewichteten Durchschnitt mit einem Anteil von 47,7 Prozent von größter Bedeutung sind. Festverzinsliche stehen bei ihnen für 28,6 Prozent, alternative Anlagen für 23,7 Prozent der Assets.

Ausgesprochen groß ist der Risikoappetit bei Anlegern aus der Asien-­Pazifik-Region. Knapp die Hälfte (49,1 Prozent) ihres Vermögens ist in Aktien investiert, gefolgt von festverzinslichen Wertpapieren (33,2 Prozent). Groß­anleger aus Nordamerika verfolgen eine ausgewogenere Asset-Allokation. Bei ihnen sind Alternatives (37,8 Prozent) und Aktien (36,1 Prozent) nahezu gleichgewichtet.

Der Vollständigkeit halber sei auch die Asset Allocation der Emea-Region erwähnt. Die von dort stammenden Investoren haben ebenfalls ­eine klare Präferenz für Aktien (51,7 Prozent), gefolgt von Festverzinslichen mit einem Anteil von 24,2 Prozent.

Wenig Bewegung in der Portfoliostruktur

Ein Aspekt, der bei der Gesamtbetrachtung der 20 Top-Asset-­Owner ins Auge sticht, ist die Konstanz, die sie bei der Kapital­anlagesteuerung an den Tag legen. Die Zusammensetzung ihrer Vermögensallokation hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Die Analyse erlaubt weitere interessante Vergleiche. So wird die relativ größte Aktienposition (49,4 Prozent) des Teilnehmerfeldes von Staatsfonds aus dem Raum Asien-Pazifik gehalten. Die größte Allokation in festverzinsliche Wertpapiere (47,0 Prozent) halten Pensionsfonds in der Emea-Region.

Während in diesem Text entweder von Pension Funds oder Staatsfonds die Rede ist, nutzt das Thinking Ahead Institute daneben noch einen Filter, in dem Vertreter beider und weiterer Kapitalsammelstellen hängenbleiben können – und zwar, wenn sie als ­sogenannte staatliche Investitionsplattformen konzipiert worden sind. Das sind Vehikel, die mit der Verwaltung und Investition ­eines Kapital-Pools betraut sind, der von verschiedenen Anlegern oder Fonds eines Landes stammt.

Staatliche Investitionsplattformen können Pensions-, Staatsfonds oder auch Stiftungsfonds sein. Die mit Abstand größte von ihnen ist die Kuwait Investment Authority mit 769 Milliarden US-Dollar an Assets under Management. Drei der zehn größten Investitionsplattformen sind in den Niederlanden angesiedelt: APG (auf dem elften Gesamtplatz) sowie PGGM (23) und MN Services N.V. (29). Insgesamt haben die Forscher des TAI 19 dieser Spezialfälle in den AO 100 identifiziert. Sie repräsentieren ihrerseits ein Gesamtvermögen von beachtlichen 4,0 Billionen US-Dollar.

Die vollständige Untersuchung des Thinking Ahead Institutes finden Sie hier: WTW_AO100_2023

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