Asset Management
15. Oktober 2025

Schluss mit Quartalsberichten? Das Thema wird kontrovers diskutiert

Donald Trump will die Berichtspflichten börsennotierter US-Unternehmen reduzieren. Was deutsche Finanzmarktakteure davon halten und ob das eine Blaupause für Europa sein könnte, zeigt nun eine Umfrage.

Mitte September schlug US-Präsident Donald Trump erneut vor, börsennotierte US-Unternehmen sollten künftig auf Quartalsberichte verzichten können und nur noch Halbjahres- sowie Jahresabschlüsse veröffentlichen. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump die Idee ins Spiel gebracht.

Heute argumentieren er und der neue Chef der US-Wertpapieraufsichtsbehörde SEC, Paul Atkins, nach Einschätzung der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA), dies reduziere bürokratische Lasten und mindere die Kurzfristorientierung von Unternehmenslenkern wie Investoren. Vor diesem Hintergrund hat die DVFA ihre rund 1.500 Mitglieder danach befragt, was sie davon halten.

„Tatsächlich wird das Thema kontrovers diskutiert. Das belegen die Antworten unserer DVFA Investment Professionals auf die jüngste Monatsfrage“, kommentiert Peter Thilo Hasler, Mitglied im Vorstand der DVFA, die Ergebnisse. „Insgesamt zeigt sich jedoch eine Skepsis gegenüber dem US-Vorschlag, gerade mit Blick auf die Standortqualität der transparenten und effizienten Kapitalmärkte in Deutschland und Europa.“

42 Prozent der Befragten lehnen den Vorschlag ab, da er die Markttransparenz schwäche und die Effizienz der Preisbildung wie der Kapitalallokation insgesamt gefährde. Es gelte, Informationsasymmetrien zwischen strategischen Investoren mit ihren spezifischen Zugängen zu Unternehmensinformationen einerseits und andererseits kleineren, auf Veröffentlichungen angewiesenen Anlegern zu vermeiden, heißt es seitens der DVFA.

Rund ein Viertel der Umfrageteilnehmer (26 Prozent) befürworten hingegen die Maßnahme, da sie das Kurzfristdenken reduzieren und die langfristig orientierte Unternehmensführung stärken werde. Fast jeder Dritte (32 Prozent) ist dagegen unentschlossen.

Sie wollen die Maßnahme allein weder positiv noch negativ einschätzen, da deren Wirkung stark vom Zusammenspiel mit Ad-hoc-Publizität und freiwilligen Unternehmensmeldungen abhänge. In ihren Kommentaren gaben die Investmentprofis zu bedenken, dass weniger häufige Ergebnisberichte für langjährig gelistete Unternehmen mit stabilem Geschäftsmodell sinnvoll sein könnten, sofern die Ad-hoc-Publizität funktioniere.

Finanzmarktprofis sorgen sich um die Qualität der Kapitalmarktkommunikation

Bei den erwarteten Auswirkungen auf die Kapitalmarktkommunikation dominiert die Sorge vor Qualitätseinbußen. Jeweils rund ein Viertel der Antwortenden befürchtet eine Zunahme opportunistischer Kommunikationsstrategien (25 Prozent), eine Verunsicherung der Anleger durch stärkere Abhängigkeit von freiwilliger Management-Guidance und Analystenschätzungen (26 Prozent) oder eine wachsende Informationskluft zwischen „informierten“ institutionellen Investoren und weniger gut informierten Privatanlegern (26 Prozent).

23 Prozent der antwortenden Investment Professionals erhoffen sich von einem Wegfall der Quartalsberichte, dass die Bedeutung der allgemeinen Unternehmenskommunikation zunimmt, da der Fokus dann weniger auf Quartalszahlen und mehr auf strategischen Narrativen liege. „Mehr Eigenverantwortung, weniger Regulierung“, lautete hierzu einer der Kommentare, so die DVFA. Gleichwohl akzeptieren die Teilnehmer, dass in diesem Fall die Bedeutung der Ad-hoc-Publizität zunehmen würde.

Auswirkungen auf die Funktion der Kapitalmärkte

Befragt nach den Auswirkungen des amerikanischen Vorschlags auf die Kapitalmärkte und deren Funktion, entschied sich die klare Mehrheit der an der Umfrage teilnehmenden DVFA-Mitglieder (62 Prozent) für jene beiden Antwortmöglichkeiten, die eher Skepsis zum Ausdruck bringen. So befürchtet mehr als jeder Dritte (37 Prozent), dass die Volatilität der Märkte zunimmt, weil die Zeiträume zwischen der Veröffentlichung neuer Finanzdaten größer werden. Und jeder Vierte sieht dann aktivistische Investoren und Hedgefonds im Vorteil, da sie Informationsasymmetrien aggressiver nutzen könnten.

Keine wesentliche Änderung erwarten dagegen immerhin 38 Prozent, da sie über Ad-hoc-Pflichten, alternative Datenquellen und Sell-Side-Research ausreichend informiert blieben. Und in einem Kommentar wurde die Meinung vertreten, Deregulierung könne den Trend weg von Börsennotierungen hin zu Private Equity generell verlangsamen.

Eine Mehrheit von 56 Prozent der befragten Investment Professionals spricht sich gegen eine Initiative für seltenere Berichtspflichten in Europa oder Deutschland aus. Sie argumentieren, dass die hier etablierten hohen Transparenzstandards ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil für die Attraktivität des Finanzplatzes seien.

Eine bedeutende Minderheit von 44 Prozent wünscht sich hingegen eine lebhaftere Diskussion auch in Europa. Eine Harmonisierung der Berichtspflichten mit den USA könnte aus ihrer Sicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Börsenstandorte stärken.

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