Statement
26. September 2022

Deglobalisierung erfordert mehr Lagerkapazität

Wie wirkt sich der Zinsanstieg bei Logistik- und Unternehmensimmobilien auf den Leverage-Effekt aus? Wie unterscheiden sich diese Auswirkungen zu anderen Immobiliensegmenten?

Der seit der Krise verzeichnete Zinsanstieg wirkt sich auf die Renditen und damit auf den Leverage-Effekt aus. Natürlich hat der Zinsanstieg auch auf die Renditen von Logistik- und Unternehmensimmobilien eine negative Auswirkung. Dieses wird generell dazu führen, dass der Leverage voraussichtlich eher rückläufig ist, da sich Finanzierungen weniger lohnen. Eigenkapitalkäufer haben im aktuellen Markt einen klaren Vorteil. Dieser Effekt betrifft alle Immobilienklassen. Alldem zum Trotz: Logistikimmobilien haben den klaren Vorteil, dass dieser negative Leverage-Effekt, zum Teil über die indexierten Mietverträge und das darauf folgende Mietwachstum kompensiert wird.

Ich nehme an, dass die Mietverträge indexiert sind? Drohen nun Zahlungsausfälle? Wie stark belasten einen Logistikmieter zudem Nebenkosten?

Eine klare Stärke von Mietverträgen in der Logistik ist, dass sie überwiegend gut indexiert sind. Die Mietkosten spielen in der Gesamtkalkulation eines Logistikers meist eine untergeordnete bis mittlere Rolle. Bei einer Rezession wird es einige wenige, nach unserer Prognose kleinere Mieter geben, die den Anstieg nicht verkraften, weil sie die Kostensteigerungen nicht durchgängig an ihre Kunden weitergeben können. Bei größeren Kontraktlogistik-Projekten besteht diese Gefahr nur in Ausnahmefällen, da die Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer eine engere ist und mindestens die neueren Dienstleistungsverträge eine Kostenweitergabe mindestens erleichtern, teils auch sicherstellen. Auch weitgehend ungefährdet sind Vermietungen im KEP-Segment sowie im E-Fulfilment. Der starke Nachfrageüberhang nach Logistikhallen wird eventuelle Mieterausfälle aber ohnehin gut kompensieren können. Die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten sind in Logistikimmobilien überschaubar. Viel stärker ins Gewicht fallen die Kosten für elektrische Energie und gegebenenfalls Gas, da die meisten Anlagen mit Gasdunkelstrahlern beheizt werden. Jedoch wird beispielsweise der Stromverbrauch mit LED-Licht und DALI-Lichtsteuerung so niedrig wie möglich gehalten und oft auch schon der Ersatz der Gasheizung durch Wärmepumpen projektiert. In der Logistik bestehen zudem im Unterschied zum Beispiel zu Büroimmobilien mit ihrem mieterunabhängigen Verbrauch sehr große Verbrauchsvarianzen abhängig von der gelagerten Ware und der logistischen Aufgabenstellung: Schokolade braucht andere Temperaturen als tiefgekühlte Steaks oder Autoersatzteile. Viel Förder- und Sortiertechnik wie beispielsweise bei Konsumgüterdistribution verbraucht mehr Energie als das schlichte Lagern von C-Teilen der Luftfahrtindustrie. Umschlagsanlagen für palettisiertes Stückgut brauchen kaum Heizung et cetera – eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es also nicht.

Der Preisanstieg bei Löhnen, Material und Grundstückspreisen macht Entwicklern zu schaffen. Sind diese negativen Effekte bei Logistik im Vergleich zu anderen Immobiliensegmenten größer oder kleiner?

Der Preisanstieg bei Baukosten, Zinsen und Grundstückspreisen macht Entwicklern zu schaffen. Trotzdem ist der Markt der Logistikimmobilien noch immer sehr attraktiv für uns. Wir blicken auf einen breiten Erfahrungsschatz und positiven Track-Record zurück. Wir können weiter interessante Projekte realisieren, da die Differenz zwischen Erstellungskosten auf der einen Seite und Verkaufspreis auf der anderen Seite, insgesamt noch eine positive ist. Im gegenwärtigen Markt trennt sich die Spreu vom Weizen und die negativen Effekte werden vor allem unerfahrene und unterfinanzierte Projektentwickler treffen, die seit kurzer Zeit am Markt sind. Erfahrene und kapitalstarke Projektentwickler sind von diesen Effekten weniger betroffen.

Ergänzend zu Frage 3: Ist eine Folge des Preisanstiegs, dass Asset Manager gezwungenermaßen viel optimistischer bei den Zielrenditen werden?

Der aktuelle Markt ist geprägt von sinkenden Kaufpreisen, weil die Zinsen gestiegen sind – trotzdem sind Renditen eher gesunken. Im aktuellen Markt werden durch die angestiegenen Zinsen noch geringere Renditen erzielt. Der Zinsanstieg hat diese negative Auswirkung. Der Preisanstieg bezieht sich auf die Baukosten: Baukosten steigen, Zinsen steigen, Verkaufspreise sinken – die Lücke dazwischen wird kleiner. Das bedeutet: auch die Rendite wird geringer. Es müssen also alle – Bestandshalter und Entwickler – mit geringeren Renditen umgehen.

Forscher erwarten eine Deglobalisierung. Das wäre schlecht für Distributions- und Umschlagsimmobilien, aber gut für Warehouse-Immobilien, also für Fertigwaren- und Ersatzteillager?

Deglobalisierung ist nicht gleichbedeutend mit weniger arbeitsteiligen Produktions- und Distributionsprozessen. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Rückverlagerung von Produktion in den weiteren europäischen Raum zu einer erhöhten Nachfrage nach Pufferlagerkapazitäten führt, ohne dass im gleichen Zuge die Nachfrage nach Distributionskapazitäten und Umschlag sinkt. Denn ein näheres Zusammenrücken der Produktionsstandorte macht deren Zahl nicht kleiner und damit auch nicht die Anzahl der Zwischentransporte, Zwischenlagerungen und Umschlagsvorgänge. Auch der E-Commerce, der sich noch in einer expansiven Phase des Aufbaus der benötigten besonderen Logistikbautenkapazität befindet, wird weiter stabile Nachfragen erzeugen.

Was ist eigentlich die Lebensdauer von Logistik- und Industrieimmobilien?

Die Lebensdauer vor allem von generischen, also für viele Nutzungen geeigneten Logistik- und Industrieimmobilien, ist überraschend lang. In der Regel geht man von einer Lebensdauer von 40 Jahren aus, aber nach unserer Erfahrung halten diese Hallen in der Praxis deutlich länger durch. Stimmen müssen die Grundfakten wie Höhe, Traglast, verkehrliche Genehmigungssituation und der Standort. Ansonsten bewegt sich die Evolution des Gebäudes in diesem Segment in beschaulichem Tempo. Man muss sich klarmachen, dass Logistikgebäude im Grunde lediglich eine simple Hülle für sich laufend verändernde Prozesse bilden und selbst kaum Wartungs- und Erneuerungsbedarf kennen. Sortier- und Lagertechnologie hingegen entwickelt sich schneller, auch intralogistische Transporttechnik macht regelmäßig Fortschritte – aber die sind Mietersache und wirken nur relativ überschaubar auf das Gebäude. Natürlich: Wo man vor Jahren noch 10,5 Meter nutzbare Höhe baute, geht man heute – wenn es die Genehmigungssituation hergibt – auf zwölf bis 14 Meter, weil die oberen Regalböden nun effizienter bespielbar sind.

Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass Hallen mit 10,5 Meter jetzt spürbar schlechter vermietbar wären. Zum einen gibt es viele logistische Modelle, die die zusätzliche Höhe nicht brauchen, zum anderen bleibt auf Sicht ein Nachfrageüberhang. Für die Gebäude der Sub-Asset-Klasse E-Commerce und Fulfilment ist von einer ähnlichen Entwicklung auszugehen, gleich ob es sich um teils mehrstöckige Fulfilment-Center handelt, oder die in der Zustellung benötigten Cross-Docks diverser Größen. Der Wert einer Logistikimmobilie ist künftig immer weniger von den darauf befindlichen Gebäuden abhängig. Immer wichtiger wird die Genehmigungssituation, da erfahrungsgemäß immer weniger Neuausweisungen mit hohen Lärmemissionswerten genehmigt werden. Diese Lärmemission geht auch im Zeitalter der E- und Wasserstofffahrzeuge weiter von Ladevorgängen und Fahrzeugbewegungen aus.

Eine PV-Anlage auf dem Dach ist die einzige ökologische Maßnahme, die auch für zählbare Cashflows sorgt. Welche Zusatzrendite bietet der Stromverkauf oder die Verpachtung?

Der Immobilienbesitzer ist aufgrund von steuerlichen Gründen nur selten Eigentümer der PV-Anlage, hier gibt es eine Trennung. Dementsprechend hat der Immobilienbesitzer nur die Einnahme aus der Vermietung der Dachflächen an den Solareigentümer. Neben einer PV-Anlage wäre Dachbegrünung auch eine weitere ökologische Maßnahme und ein beliebtes Mittel, eine Halle ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Natürlich ist eine Vermietung der Dachfläche eine überschaubare Zusatzrendite. Zusätzlich profitiert der Mieter vom günstigen und lokalen Strom. Zudem spart er Umlagen – er zahlt also weniger Nebenkosten.

Wie geht GARBE mit der Elektrifizierung der Transporter um? Sind Stromtankstellen conditio sine qua non? Wer erhält die Einnahmen aus dem Stromverkauf?

Das Thema Elektrifizierung rast auf die Logistikbranche zu. Aktuell spielt es bereits eine entscheidende Rolle bei Staplern und Flurförderfahrzeugen, welche alle elektrifiziert sind. Für die Zukunft gehen wir bei GARBE davon aus, dass es die ersten Warenlieferungen mit Elektro-Lkws geben wird. Dementsprechend ist die Elektrifizierung ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen. Die elektrischen Fahrzeuge in den Logistikhallen sind schon lange Realität und setzen sich im Bereich der Zustellung über kürzere und auch mittlere Distanzen rasant durch. Entsprechend wächst auch die Zahl der auf dem Grundstück und außerhalb der Hallen eingerichteten Ladesäulen, insbesondere bei E-Commerce-Neuentwicklungen. Dass aber auch öffentlich zugängliche Ladestellen auf Logistikobjekten entstehen, ist eine Herausforderung, da der Mieter meist den verfügbaren Raum braucht.

Was sind derzeit mögliche Anfangsrenditen? Mit welchen Renditen können Bestandshalter nach drei oder fünf Jahren rechnen? Höhere Renditen wären mit Speziallogistik wie Kühllogistik zu verdienen?

Das ist aktuell eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Vor der Ukraine-Krise und dem starken Zinsanstieg waren die Anfangsrenditen bei Logistikimmobilien knapp unter drei Prozent. Zum jetzigen Zeitpunkt befinden wir uns in einem Markt, wo die Vorstellungen zwischen Käufer und Verkäufer relativ weit voneinander entfernt sind. Es lässt sich hierzu also keine pauschal gültige Aussage treffen, was möglich ist. Natürlich ist Speziallogistik höher rentierlich, aber dafür auch sehr viel risikoreicher.

Präferieren Investoren derzeit eher Core oder Opportunistic? Was ist aus Ihrer Sicht das aktuell attraktivste Segment?

Generell sind die Anforderungen der Investoren diesbezüglich sehr unterschiedlich, weshalb man hier keine allgemein gängige Aussage treffen kann. Wichtig im aktuellen Umfeld ist vor allem, und das gilt, egal ob wir über Core, Core Plus oder Opportunistic sprechen, dass die Immobilien über Indexierung vom aktuell vorherrschenden Mietwachstum profitieren. Logistikimmobilien, die kein Mietwachstum oder Indexierung bieten, sind unattraktiv.

GARBE legt gerade einen paneuropäischen Logistikfonds auf, der fünf Milliarden Euro investieren soll. In welchen Regionen soll dieses Geld warum investiert werden?

Der neue paneuropäische Logistikfonds startet mit einem starken Deutschlandfokus. Er soll darüber hinaus in den Niederlanden, in Frankreich, in Spanien und Norditalien investieren. Logistikimmobilien sind aufgrund ihrer indexierten Mieten ein Stabilitätsanker in Krisenzeiten und bieten einen maximalen Schutz vor dem Werteverfall durch Inflation. Wir befinden uns in einem Vermietermarkt, der uns eine gleichbleibend hohe Nachfrage nach Logistikflächen in ganz Europa, sowohl in A-, aber insbesondere auch in B-Standorten bringt und noch weiteres Mietsteigerungspotenzial bietet. Der Fonds nimmt das grundsätzlich gute Marktsentiment auf und ermöglicht institutionellen Investoren, sich an dem fortwährenden Logistikboom zu beteiligen. Mit der weiteren Projektpipeline ermöglichen wir auch bei hoher Nachfrage nach Logistikimmobilien schnelle Kapitalabrufe. Im Fokus des Fonds stehen Logistikimmobilien im Core-Plus-Bereich, mit einer vereinzelten Beimischung von Core- und Light-Industrial-Immobilien. Ergänzt wird die Strategie durch Projektentwicklungen sowie Value-Add-Immobilien.

Wie fördert GARBE Nachhaltigkeit?

Unsere Tochterfirma, die GARBE Renewable Energy-GREEN GmbH, stattet unsere Entwicklungen und Bestände mit PV-Anlagen aus – ein riesiges Potenzial bei all den Dachflächen. Und auch die Fassaden werden zunehmend genutzt, so wurden im Rahmen eines Pilotprojektes in Berlin-Hohenschönhausen innovative PV-Module senkrecht an der südlichen Wand einer Logistikhalle installiert. Mithilfe der Pilotanlage soll das Potenzial aufgezeigt werden, welcher Stromertrag durch die Nutzung von Fassaden oder Gebäuden mit nicht ausreichender Lastreserve für herkömmliche PV-Systeme über die Dauer eines Jahres erzeugt werden kann.

Was ist an Logistik sozial nachhaltig?

Sozial nachhaltig an der Logistik ist vor allem, dass viele verschiedene Arten von Arbeitsplätzen durch sie geschaffen werden. In der Logistik finden Menschen mit diversen Bildungs- und Ausbildungshintergründen Beschäftigung. Natürlich gibt es auch bei Logistik Trends, Arbeitsplätze angenehmer zu gestalten – beschrieben unter anderem im Katalog der WELL-Kriterien. Dazu zählen beispielsweise ansprechende, qualitativ hochwertige Aufenthaltsräume, mehr natürliches Licht durch Glasflächen in die Hallen, Dachbegrünung und auch vermeintlich selbstverständliche, aber noch lange nicht immer vorhandene Details wie Fahrradständer für die Mitarbeitenden in ausreichender Zahl und womöglich mit Lademöglichkeit ausgestattet.

Eine Idee zur sozialen Nachhaltigkeit: Eignen sich die Außenwände denn nicht hervorragend als Kletterwand?

Logistikhallen müssen für eine optimale Nutzung und gute Löschmöglichkeit im Brandfalle umfahrbar bleiben. Nach unserer Überzeugung vertragen sich logistik-unkundige und auf ihr Hobby konzentrierte Kletterer nur bedingt mit in Eile befindlichen Fahrern von schweren Lkw.

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