Schwarzer Schwan
20. November 2015

Denksport

Surprise, surprise: Es gibt auch Fußballer, die mit ihrer Freizeit und ihrem Geld etwas Sinnvolles anfangen. Ein französischer Kicker beispielsweise versucht sich als Chemiefabrikant und setzt auf Lävulinsäure.

Profikicker gelten oft als eher schlichte Naturen. Mit „Ich denke nicht vor dem Tor. Das mache ich nie", erläuterte Lukas Podolski seine persönliche Taktik und mit „Manni Banane, ich Kopf, Tor“ erklärte Horst Hrubesch einst die damaligen Spielzüge des HSV. Auch das Finanzgebaren der kurzbehosten Millionäre stößt im Bildungsbürgertum auf Verwunderung: „Ich habe viel Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest hab’ ich einfach nur verprasst“, beschrieb die britische Fußball-Legende George Best seine Finanzstrategie. Legendär bei den Anlagekonzepten von Fußballprofis sind auch die Bauherrenmodelle, die sich Anfang der 80er Jahre großer Beliebtheit erfreuten. Damals waren die Fans noch froh, wenn ihre Idole nach dem Karriereende wenigstens zum Inhaber einer Toto-Lotto-Annahmestelle avancierten oder ihren Lebensunterhalt als Pächter einer Tankstelle verdienen konnten – und nicht wegen Geldnot eine solche überfallen mussten. 
Dass aber nicht alle Fußballspieler ihren Kopf nur zum Föhnen haben und ansonsten das Problem von zu viel Geld und Freizeit mit sich herumschleppen, zeigt Mathieu Flamini. Der französische Mittelfeldspieler von Arsenal London und abgebrochene Jurastudent beschäftigte sich in seiner Zeit beim AC Mailand nicht nur mit dem Ball und anderen für Fußballspieler typischen Gebrauchsgegenständen, wie Autos, Playstation und jungen Dingern, sondern auch mit Lävulinsäure. 
Lävulinsäure ist eigentlich gar nichts Besonderes. Sie fällt als Nebenprodukt in der Zuckerindustrie an, etwa eine halbe Million Tonnen davon wird jedes Jahr hergestellt. Aber nur ein geringer Anteil wird derzeit weiterverwertet und im Sinne einer auskömmlichen Rendite industriell veredelt. Grund: Es mangelte bislang an rentablen und vor allem risikoarmen Verfahren zur Weiterverarbeitung. Und hier kommt Flamini ins Spiel. Denkbar ist für ihn beispielsweise der Einsatz als Ersatzstoff für Öl. Mit einem Kompagnon gründete der heute 31-jährige Fußballprofi 2008 das Unternehmen GF Biochemicals – das F steht für Flamini – und investierte laut einem Interview mit der Zeitung „Sun“ Millionen.
Flamini verfolgt ein eigenständiges Konzept, das nicht an der Zuckerherstellung anknüpft. Vielmehr setzt er auf alternative Ausgangsstoffe und insbesondere auf Biomasse. Nun sei nach vielen Experimenten und Anläufen der Punkt erreicht, Lävulinsäure kosteneffizient aus Holz- und Getreideresten herzustellen. Mathieu Flamini, der in seiner Firma mittlerweile 80 Mitarbeiter beschäftigt, zur Sun: „Wir sind das erste Unternehmen – und das einzige auf der Welt – dass Lävulinsäure industriell produzieren kann.“ 
Angetrieben haben ihn bei dem Projekt Sorgen um die Umwelt und der Wunsch, einen Ausgleich zum Fußball zu haben. „Für mich war es eine Flucht. Eine Fußallkarriere besteht aus Ups und Downs. Diese Unternehmung hat meinen Kopf aufgeräumt und mir geholfen, über etwas anderes nachzudenken“, sagt der Profikicker. „Und es war eine intellektuelle Herausforderung.“
Bei Arsenal hat Flamini in dieser Saison seinen Stammplatz zwar nicht mehr im Mittelfeld, sondern auf der Bank. Finanziell dürfte ihm daraus jedoch kein Schaden entstanden sein. Der Jungunternehmer beziffert das Marktpotenzial für industriell gefertigte Lävulinsäure mit knapp 29 Milliarden Euro. Mit den Verdienstmöglichkeiten als Stammspieler auf einem solchen Markt können selbst Ronaldo oder Messi nicht mithalten. 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.
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