Traditionelle Anlagen
24. Oktober 2017

Der Charme einer konservativen Aktienanlage für Solvency-II-Anleger

Gastbeitrag von Dr. Immo Querner, CFO der Talanx AG, und Dr. Martin Jaron, Leiter PM Aktien & Syste­matische Strategien der Talanx Asset Management. Die Autoren zeigen, dass eine konservative Ausrichtung der Aktienanlagen dabei hilft, die Dimensionen Risiko und Ertrag effizient abzuschöpfen.

Aktienstrategien, die auf alternative Prämien setzen, sind gerade vor dem Hintergrund niedriger Risikobudgets und eines anhaltenden Niedrigzinsumfelds strategisch attraktiv. Die Talanx optimiert auf diese Weise das Rendite-/Risikoprofil und bewerkstelligt unter dem Solvency-II-Regime eine effiziente Bewirtschaftung der Eigenmittel. 
Nachhaltig niedrige Zinsen zwingen insbesondere institutionelle Solvency-II-Anleger, alternative neue Renditequellen auszuschöpfen, die neben dem erhofften Zusatzertrag wesentliche Nebenbedingungen erfüllen sollten: Sie sollten für interne Prozesse einen geringen Komplexitätsgrad aufweisen, das heißt nachvollziehbar und damit einhergehend administrativ und buchhalterisch ohne großen Zusatzaufwand zugänglich sein. Sie sollten aus Diversifikationsüberlegungen mit den regelmäßig schon stark strapazierten Renditequellen „Credit“, ­„Duration“ und „Illiquidität“ sparsam umgehen. Des Weiteren sollten die erwarteten Renditen nach Abzug der Kosten in einem attraktiven Verhältnis zum spezifischen regulatorischen Risikobeitrag (SCR) stehen und auch in einem Aktiv-Passiv-Kontext keine übermäßige Volatilität in die quartärlichen Own-Funds-Berechnungen tragen.
Low-Vola, Momentum und Value (Dividende) zählen – regelmäßig mit Aktien als Underlying – zu den etabliertesten und dominanten „Faktorprämien“ in der wissenschaftlichen Literatur (vgl. Black (1972), Jegadeesh/Titman (1993), Fama/French (1993)). Allen drei Renditefaktoren gemein ist der Fakt, dass sie nicht durch das traditionelle (Aktien-)Marktrisiko abgebildet werden. Für den Anleger stellen sie in der Regel nicht-konventionelle Rendite­quellen dar, die einfach zugänglich, relativ liquide und wenig komplex sind. Der mächtige Faktor Low-Vola, das heißt die risikoadjustierte Outperformance von konservativen Titeln, lässt sich relativ elegant durch die Allokation entsprechender Titel mit einer niedrigen, realisierten Volatilität bewirtschaften. Analog lassen sich über geeignete Filter Momentum- sowie Value-Titel selektieren. 
Faktorprämien: transparent, wenig komplex und robust
So wie die konventionelle Marktrisikoprämie (CAPM) Akzeptanz bei den Investoren findet, gilt es für den sophistizierten Anleger, Faktorprämien – gleich existenter Gravitationskräfte im Asset Pricing – in der Portfoliokonstruktion zu nutzen, um nicht zuletzt die oftmals stark konzentrierte Ausrichtung auf das traditionelle Marktrisiko im Aktienbereich zu diversifizieren und gleichzeitig gängige überstrapazierte Exposures im Anleihensegment zu schonen. Das Verständnis für die originären Prämien ist in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung, um im „Faktor-Dschungel“ nicht den Überblick zu ­verlieren. Es gilt, nicht einer Modeerscheinung zu verfallen, sondern bewusst die genannten Gravitationskräfte im Asset Pricing trans­parent, das heißt ohne wenig plausibilisierbaren „Voodoo“, in die ­individuelle Portfoliokonstruktion zu integrieren. 
Die Kunst liegt in der Portfoliokonstruktion und -integration der individuellen Stile, um ein von konventionellen Marktrisiken ­losgelöstes Asset zu erzeugen, das auch unter Stressbedingungen gutartige Risikoeigenschaften aufweist. Da das Marktrisiko fortlaufend abgesichert wird und das Aktienportfolio per se konservativ ausgerichtet ist, gelingt es, stark negative Drawdowns in Stressphasen zu vermeiden und dennoch langfristig an positiven Faktorprämien (nicht Markt­risikoprämie) zu partizipieren. Für den Anleger bleibt es im Wesentlichen ein Aktieninvestment, das mit geläufigen und vertrauten Instrumenten unterlegt ist. 
Integrierter Portfolioansatz dominiert
Auch wenn es sich um etablierte Finanzinstrumente handelt, stellt die buchhalterische Abbildung im Direktbestand im unheiligen Viereck von Handels-, Steuer, IFRS- und Solvency-II-Bilanz eine administrative Hürde dar, die idealiter durch die Investition in einen nicht konsolidierungspflichtigen Fonds umschifft werden kann. Zu beachten ist die integrative Bewirtschaftung eines ausgewogenen Faktor-Exposures, um mitunter sich neutralisierende Faktorladungen möglichst zu meiden – diese ergeben sich bei einfachen Portfolio-Mixen, die aus für sich optimierten, extremen Faktorbausteinen bestehen. 
Mögliche Aktienrenditen sind risiko- und SCR-adjustiert attraktiv
Neben der hohen diversifizierenden Eigenschaft von marktneutralen Faktorstrategien sind die erzielbaren Faktorprämien von zwei bis drei Prozent per annum bei einer Volatilität von unter zehn Prozent per annum insbesondere im aktuellen Zinsumfeld für Liability-Driven-Investoren wie Versicherer attraktiv. Rückversicherer, die  anders als der Talanx-Konzern  unter Solvency II die Standardformel anwenden, können bei nachweisbarer hoher ­Korrelation zwischen Portfolio und Absicherungsinstrument sowie entsprechender Permanenz des Hedges den SCR spürbar zurückführen. Ökonomisch bewirkt diese Form der Risikominderung, dass nur ein unwesentliches Basisrisiko erwartet wird. Idealerweise kann daher die Solvenzkapitalanforderung von 39 Prozent (Typ-1-Aktien) auf rund 20 Prozent, das heißt unter das Niveau von strategischen ­Beteiligungen und Real Estate (abhängig von symmetrischer Anpassung (max. +/- 10 Prozent) und Hedge-Effektivität), ­abgesenkt werden. Der „Return on SCR“ wird bei Zielrenditen von bis zu drei Prozent im ­aktuellen Niedrigzinsumfeld umso attraktiver, zuweilen dominant. 
In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass dies nicht das Ergebnis fragwürdiger Regulierungsarbitrage, sondern der Tatsache geschuldet ist, dass Nutzer der Standardformel mögliche Nachweise über tatsächliche Risikoverhältnisse führen müssen – zum Beispiel durch Nutzung der von einigen Anbietern vorgehaltenen Drittexpertise namhafter Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die aus der Portfolioausrichtung resultierende konservative Effizienz ist daher als SCR-effizient zu betrachten. Investoren punkten zweifach: ökonomisch und regulatorisch (oftmals ein ungleiches Paar). Aufgrund der günstigen Korrelationseigenschaften sind entsprechende Strategien zudem in einem Aktiv-Passiv-Kontext interessant, da in die üblicherweise quartärlichen Own-Funds-Berechnungen keine übermäßige Volatilität induziert wird.
Aktienrisiken der Talanx
Aktien sind Bestandteil der Anlageuniversen der Talanx Versicherungsgruppe. Die gesellschaftsspezifische Risikotragfähigkeit und mittelfristige Renditeerwartung bestimmen unsere Anlageentscheidungen. Aus unserer Sicht hilft eine konservative Ausrichtung der Aktienanlagen, die Dimensionen Risiko und Ertrag bestmöglich, das heißt effizient, abzuschöpfen. Die Aktienquote im Talanx-Konzern bildet seit vielen Jahren zusammen mit der Quote in Private Equity einen stabilen Risikokapitalblock. 
portfolio institutionell, Ausgabe 10/2017 
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