Schwarzer Schwan
9. Juli 2014

Der große Sprung nach Frankfurt

Chinesische, börsennotierte Unternehmen mit Geschäftssitz in Deutschland haben heute eine so ansehnliche Equity Story wie eine Ming-Vase, die nach einem Wurf aus 50 Metern Entfernung am Kopf eines institutionellen Anlegers zerschellt ist.

Der Finanzplatz Frankfurt am Main hat es mit einigen beinharten Wettbewerbern zu tun, die den Hessen das Wasser abgraben wollen, etwa die London Stock Exchange oder die NYSE. Das galt vor nicht allzu langer Zeit auch beim Kampf um die chinesischen Unternehmen mit den haarsträubendsten Geschäftsmodellen, die aus Imagegründen eine Börsennotierung außerhalb der Heimat angestrebt haben. Im Jahr 2007 – der China-Hype kam gerade so richtig ins Rollen – gelang es der Deutsche Börse AG immerhin, zwei dieser Firmen aus dem Reich der Mitte in den hochregulierten Prime Standard zu locken. Später kamen noch ein paar solcher Filous hinzu. Vielen Akteuren liegen die süß-sauren China-Happen heute schwer im Magen und sind ein Fall für Wertsicherungskonzepte. 
KONFUZIUS SAGT: Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen (=Chinesischer Unternehmer) der einfachste, durch Erfahrung (=Deutscher Investor) der bitterste. 
Zu den größeren Emissionen chinesischen Ursprungs, die einen faden Beigeschmack mit sich bringen, zählen der Müllverbrennungsspezialist ZhongDe Waste und der Bambusproduzent Asian Bamboo. Beispiel ZhongDe: Bei der Notierungsaufnahme Anfang Juli 2007 waren die Aktien des in Frankfurt am Main residierenden Unternehmens geschlagene 390 Millionen Euro wert. Heute sind davon nicht einmal mehr 19 Millionen Euro übrig geblieben. Hätte man als Investor mit Englischkenntnissen eigentlich ahnen können, wenn im Namen das Wörtchen „Waste“ steht.
Die in Hamburg angesiedelte Asian Bamboo dagegen war zu Beginn ihrer Börsenkarriere im November gleichen Jahres sportliche 230 Millionen Euro schwer und lockte die Deutschen mit China- und Agrarphantasie. Das ging für eine Weile gut. Heute ist der Bambuszüchter derweil nur noch 54 Millionen Euro wert. Schwarzer Schwan? Nein, Strategie! Es sieht ganz danach aus, als ob Maos Erben den Weg an den Finanzplatz Deutschland gezielt dazu nutzen, ihren Schrott zu entsorgen. Bestand doch die Politik des unvergessenen Revolutionärs darin, China von einem rückständigen agrarisch geprägten Feudalstaat zu einer politischen und wirtschaftlichen Großmacht umzubauen. 
KONFUZIUS SAGT: Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. 

 
Unternehmen mit fragwürdigem Business Plan stehen Maos Erben nur im Weg. Deutsche PR-Strategen sind indessen willfährige Handlanger, wenn es darum geht, Chinas Börsenmüll im Endlager Deutschland einzulagern. Verpassen sie doch selbst der windigsten Bruchbude ein scheinbar kapitalmarktfähiges Image. Selbst das ausgeklügelte Konzept des Handtaschenfabrikanten Powerland (Der Name klingt eher nach Energieparadies, Waffenschmiede oder Kampfmittelräumdienst, oder?), der beim Börsengang im Frühjahr 2011 eine halbe Milliarde Euro schwer war und mit italienisch anmutenden Accessoires das große Rad drehen wollte, war den Landesvätern wohl nicht gut genug. Zumal der im Namen verewigte Anspruch auf Kraft und Herrlichkeit so gar nichts mit der Realität gemein hat. Vielmehr dümpelt das in Frankfurt am Main verortete Unternehmen, dessen Chef sich bei der ersten Pressekonferenz in der Mainmetropole nur per Dolmetscher ausdrücken konnte, da er weder der englischen noch der deutschen Sprache mächtig war, heute rund 70 Prozent unter dem Emissionspreis.  

KONFUZIUS SAGT: Schöne Worte und schmeichlerisches Gehabe gehen selten mit wahrer Tugend einher.
Den Vogel schießt allerdings die mit einem Börsenwert von anfänglich 90 Millionen Euro vergleichsweise kleine Kinghero AG ab. Weder ist die in München firmierende Holding eines chinesischen Bekleidungsherstellers in irgendeiner Weise königlich noch heldenhaft. Vielmehr ist der Laden so intransparent, wie Geldanlagen in Gondwanaland. Das haben inzwischen auch die Analysten bei der Frankfurter BankM erfahren müssen, die das Unternehmen seit dem Börsengang vor knapp drei Jahren „gecovert“ haben. Im Rahmen der Recherchen für die nächste Studie ist den Analysten „aufgefallen, dass die Kinghero AG den Unternehmenskalender von der Homepage entfernt hat.“ Da das Unternehmen außerdem die vorläufigen Zahlen noch nicht veröffentlicht habe und „nach unserer Einschätzung in naher Zukunft keine zuverlässigen Informationen bereitstellen wird (!!), setzen wir unsere Coverage und Bewertung aus." Auch die GBC AG in Augsburg, die bislang mit ihren Research-Berichten über Kinghero wertvolle Kapitalmarktarbeit geleistet hat, lässt die heiße Kartoffel fallen und hat die Coverage soeben mit sofortiger Wirkung eingestellt. Doch ob Analysen oder nicht: die schlechten Zahlen bleiben.
KONFUZIUS SAGT: Du kannst den Hahn zwar einsperren, die Sonne geht dennoch auf. 
In diesem Sinne wünschen Ihnen Konfuzius und die Redaktion von portfolio institutionell immer ein gutes Händchen bei der Wahl ihrer Asset Manager.
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