Versicherungen
7. Juni 2022

„Der Immobilienmarkt ist sehr transparent geworden“

Seit 20 Jahren verfolgt portfolio institutionell nun schon die Entwicklung der institutionellen Kapitalanlage in Deutschland und darüber hinaus. Die Immobilie habe sich in dieser Zeit zu einer eigenen Anlageklasse entwickelt, sagt Markus Königstein von der R+V-Versicherungsgruppe im Interview.

Herr Königstein, welche beruflichen Erinnerungen haben Sie persönlich an das Jahr 2002?   

Markus Königstein: 2002 habe ich bei der Munich-Re-Tochter Meag gearbeitet. Ich war damals gerade auf dem Sprung zur R+V nach Wiesbaden.

Welche wesentlichen Veränderungen in den vergangenen zwei Dekaden gab es aus Ihrer Sicht im Bereich der institutionellen Kapitalanlage und hier vor allem bei Immobilien?    

Die Immobilie hat sich in dieser Zeit zu einer eigenen Anlageklasse entwickelt und wurde in allen größeren Häusern in die Überlegungen für das Asset Liability Management integriert. Dies ist insbesondere gelungen, weil der Immobilienmarkt sehr transparent und international und natürlich auch renditestark geworden ist.

Wie stark hat die Komplexität im Tagesgeschäft zugenommen?  

Durch die starken Eingriffe der Regulatorik rücken die Randbedingungen einer Transaktion zu stark in den Vordergrund. Es verlangt im Vergleich zu früher viel mehr Disziplin, den Fokus auf dem Underlying zu belassen.

Wie hat man damals Nachhaltigkeit gesehen?    

Nachhaltigkeit ist ein Modewort. Die Rahmenbedingungen bei Immobilien haben schon immer nachhaltige Investitionen begünstigt. Die neuen Entwicklungen bei ESG-Faktoren sorgen dafür, dass dieser Bereich noch strukturierter wird – hoffentlich übertreibt Deutschland nicht wieder durch ein „gold-plating“, was mehr interne Arbeit, aber meist weniger Sinnhaftigkeit bedeuten würde.

Kommt jetzt der große Regimewechsel? Nämlich Anstieg der Zinsen, Kapitalflüsse zurück in Anleihen, steigende Anforderungen der Stakeholder, der Bedeutung der Geopolitik?   

Unsere Anlageklasse hat in den letzten zwei Jahrzehnten von einer Nullzinspolitik und einer damit einhergehenden Asset Price Inflation extrem profitiert. Der große Vorteil von Versicherungsgesellschaften im Sinne von Kapitalsammelstellen ist, dass alle Asset-Töpfe bespielt werden. Das Anlageuniversum der R+V besteht aus 26 Asset-Klassen, die jederzeit untereinander konkurrieren. Inflation sorgt nicht nur – auf Sicht – für steigende Zinsen und Kapitalzinserfordernisse, sondern auch für steigende Kosten und Mieten in unserer Anlageklasse. Bei einer Realverzinsung von minus fünf Prozent und weniger sollte man ruhig mal über die Sinnhaftigkeit einiger Investitionen und einen Kapitalschutz nachdenken.

Was erwarten Sie für die nächsten 20 Jahre im Kontext der institutionellen Kapitalanlage?     

Eine höhere Volatilität am Kapitalmarkt wird – wie immer – zu einer Marktkonsolidierung bei Marktteilnehmern führen. Es werden sich auch neue Player am Markt etablieren – unter anderem auch solche, die sich spezialisieren oder zum Beispiel ausschließlich in nachhaltige Anlagen investieren.

Über den Interviewten:
Markus Königstein ist Bereichsleiter Immobilien und Infrastruktur bei der R+V-Versicherungsgruppe. Er ist seit über 20 Jahren in der Immobilienbranche tätig, seit 2003 arbeitet er für die R+V-Versicherungsgruppe. Als Bereichsleiter Immobilien und Infrastruktur ist Königstein für die Anlagen der R+V-Gruppe in diesen Asset-Klassen zuständig. Er verantwortet ein Portfolio im Wert von aktuell etwa neun Milliarden Euro.

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