Traditionelle Anlagen
8. Februar 2023

Der Investor als Aktionär

Viele Wege führen zum Investment! Ein sehr kosteneffizienter Weg ist die Börse – und wird neben Asset Managern auch von institutio­nellen Investoren und anderen Anlegergruppen genutzt. Diese kaufen sich trotz der Volatilität direkt Aktien. Besonders beliebt ­unter institutionellen Anlegern: der Immobiliensektor.

Führt man sich die Stimmrechts-Datenbank der Bafin – Stand 9. ­Januar – zu Gemüte, finden sich mehrere staatliche Investoren, die deutsche Aktien halten. Auch die Bundesrepublik zählt bei einigen gelisteten Unternehmen zum Aktionariat. Co-Investments mit dem Bund waren aber meist keine gute Idee. Zwar hat Vater Staat ein kleines Aktienportfolio aufgebaut und mit seinem Engagement bei der Lufthansa millionenschwere Gewinne erwirtschaftet. Milliardenschwere Verluste waren bislang (jedoch) bei den ­Beteiligungen an Uniper oder der Commerzbank zu verzeichnen. Ein weniger prominentes Asset des Bunds sind die über den High-Tech Gründerfonds erworbenen Anteile am Optiker Mister Spex. Im Juli 2021 an der Börse mit 25 Euro gestartet notiert der Kurs heute unter fünf Euro. Nimmt man diese Investments als Basis, ist die Bundes­republik für Investoren zumindest ein guter Kontraindikator.

Deutlich öfter als der Bund ist der norwegische Ölfonds im Aktionariat vertreten. Dieser kommt bei gleich 20 Unternehmen aus den unterschiedlichsten Sektoren über die Meldeschwelle von drei Prozent. Besonders stark mischt der Ölfonds mit einem Zehn-Prozent-Anteil bei Vonovia mit. Weitere größere prozentuale Anteile finden sich bei Hellofresh und Lanxess. Häufig finden sich auch die Volksrepublik China, Katar und Kuwait im Anlegerkreis. Bei dem Trio ist eine Vorliebe für Automobiltitel und Technologie offensichtlich.
Unter den Asset Managern sticht Blackrock heraus. Gleich 53-mal ist die Branchengröße auf der Bafin-Liste aufgeführt. Gegenüber Bedenken vor einer zu großen Marktmacht argumentierte Dirk Schmitz, Chef der deutschen Blackrock-Einheit, auf einer Apo-Veranstaltung vergangenen Oktober: „Blackrock hat acht Billionen ­Euro an Assets under Management. Dies entspricht einem Marktanteil von acht Prozent.“ Für die Bafin-Statistik würde das ­Argument lauten, dass Blackrock „nur“ an 53 von 2.396 Unternehmen mehr als drei Prozent hält. Dies entspricht einem Anteil von 2,2 Prozent. Häufig aus der Gilde der Asset Manager sind auch ­Allianz Global Investors, DWS und Morgan Stanley vertreten. Auf zweistellige Nennungen kommen auch Goldman Sachs, Union ­Investment, die Capital Group, MFS und Mainfirst.

Größere, direkte und langfristige Positionen an deutschen Aktien halten aber auch Institutionelle aus dem In- und Ausland. Vom ­Ölfonds abgesehen kommen diese Shareholder vor allem aus den Niederlanden und Kanada. So besitzen der Pensionsfonds ABP und sein Asset Manager APG größere Anteile an Symrise, Rational und Vonovia. Etwas reduziert, nämlich von fünf auf unter drei ­Prozent, hat man in 2022 die Position bei Gerresheimer. Bereits seit 2011 hält die ING fünf Prozent an CTS Eventim und seit 2014 ebenfalls etwa fünf Prozent an Gerresheimer. An dem Verpack­ungsspezialisten hält die NN Group, wie auch seit 2022 bei ­Stabilus, gleich zehn Prozent. Die RVS Levensverzekering und Schadever­zekering halten seit 2011 fünf Prozent an CTS Eventim. Ebenfalls ein beliebter Wert ist für institutionelle Investoren die Entwicklungsbank Procredit, zu deren Aktionären unter anderen die ­niederländische Stiftung Doen, der US-Pensionsfonds TIAA sowie der Bund, die Niederlande und das Königreich Belgien zählen.

OTPP ging short

Ein Fan deutscher Aktien ist auch der Ontario Teachers‘ Pension Plan. Die Kanadier halten seit 2021 knapp zehn Prozent am Healthcare-Unternehmen Synlab – und dürften bislang wenig Spaß ­gehabt haben, da der Aktienkurs aktuell am Tiefpunkt notiert. Der Pensionsfonds ist jedoch Kummer gewohnt: Vor etwa einem Jahr hat der Venture-Fonds der Teacher 95 Millionen Dollar in die ­Krypto-Börse FTX investiert. Diese Beteiligung wurde nun auf null abgeschrieben. Dagegen scheinen Aktien vergleichsweise sicher. Mehr Spaß dürfte in 2022 der Canada Pension Plan gehabt haben. Zwar erwies sich die Performance der Investments in Eon und Symrise als eher mäßig. Dafür hielt der Pensionsplan laut Bundesanzeiger in 2021 gleich an zehn deutschen Unternehmen Short-­Positionen. Dabei betreffen die Leerverkäufe meist ein halbes bis ein Prozent des ausgegebenen Aktienkapitals. Die Treue hält ­dagegen Nippon Life der DWS seit deren Börsengang. Dieses Engagement dürfte nicht zuletzt auch einen strategischen Hintergrund haben. Zudem tauchte in 2022 noch ein neues Gesicht im institutionellen Aktionariat auf: die Duke University aus North Carolina ­sicherte sich Anteile an der Aareal Bank und der Westwing Group.

Dafür, dass das institutionelle Aktionariat auch aus dem Inland stammt, sorgt schon allein die Allianz SE, die an gleich neun ­Unternehmen größere Anteile hält. Hinzukommen – wie bei ­anderen Versicherungen auch – strategische Beteiligungen an den beiden Finanzvermittlern MLP und OVB. Allerdings waren es vor einem Jahr noch 14 gelistete Unternehmen, bei denen die Allianz über die Meldeschwelle von drei Prozent kam. Nicht mehr aufgeführt sind in der Liste beispielsweise zwei Aktien mit Immobilienhintergrund: die Pfandbriefbank und Instone. Sehr aktienaffin sind auch zwei schwäbische Shareholder. Die Kreissparkasse Biberach ist mit Simona und MS Industries recht mittelständisch allokiert. Die Baden-Württembergische Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte investiert etwa ein Drittel ihrer insgesamt 16 Milliarden Euro aktiv in Aktien. Bei einem solchen Volumen kommt man auch schnell über die Meldeschwelle von drei Prozent. Aktuell ist dies sieben Mal der Fall. Bei Realtech und R. Stahl sind es knapp zehn Prozent. Einen klassischen Industrietitel hält auch die ­Sparkasse Offenburg/Ortenau mit Progress-Werk Oberkirch.

Während die Allianz ihr direktes Aktienportfolio durchaus aktiv steuert, hält die Versicherungskammer Bayern laut Bafin ­bereits seit 2011 17 Prozent an der Beteiligungsholding Indus und wurde dabei meist mit einer attraktiven Dividende verwöhnt, statt teure Gebühren für einen Beteiligungsfonds zu bezahlen. 2020 kam ein Vier-Prozent-Anteil am Renewables-Spezialisten Encavis hinzu. Im weitesten Sinne als Infrastruktur kann man auch den 35-Prozent-Anteil der Ergo am Klinikbetreiber Mediclin bezeichnen. Dagegen sucht die VBL offenbar über direkt gehaltene Aktien einen effizienten Zugang zu Immobilien. Beteiligt ist man an der Aareal Bank und TAG Immobilien. Bis zur Übernahme der Deutsche Industrie-Reit AG in 2021 war die VBL auch dort Aktionär. ­Offenbar ähnlich motiviert war die WWK in 2021, als man mit 3,4 Prozent bei FCR Immobilien einstieg. Unterhalb der Drei-Prozent-Schwelle findet sich im FCR-Aktionärskreis auch die Signal Iduna und die ­Kreissparkasse Biberach. Die RAG-Stiftung zählt neben ­ihrer Mehrheitsbeteiligung an Evonik noch bei fünf weiteren ­Unternehmen zu den größeren Eigentümern. Gleich dreimal ist mit Hamborner Reit, DIC und der Pfandbriefbank die Immobilienbranche vertreten. An DIC sind über die (nicht gelistete) Deutsche Immobilien Chancen AG auch die Sparkassenversicherung, die VGH, die Nordrheinische Ärzteversorgung und die Sparkasse ­Erlangen beteiligt. Ein anderes Exempel: Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein war gemeinsam mit den Berliner Zahnärzten bis zu einer Übernahme mit ­Delisting im August 2021 beim Schienenverkehrs-Unternehmen Aves One Aktionär. ­Ebenfalls im vergangenen Jahr kam im Zuge der Umstrukturierung bei Daimler der Daimler Pension Trust zu einem Anteil von fünf Prozent bei der Daimler Truck Holding.

In der Regel zeigen die deutschen Beispiele, dass die ­institutionelle Anlegerschaft über Aktien ein Exposure zu Immobilien, Infrastruktur und, zumindest im Fall der Versicherungskammer, zu Private Equity sucht. Trotz der Volatilität vereinnahmt man eben lieber Dividenden als teure Gebühren für geschlossene Fonds zu zahlen, bei denen zudem Commitments und Zielquoten auch nur bedingt planbar sind. Eine positive Wertentwicklung und HGB-Bilanzierung vorausgesetzt, wird auch die Volatilität weniger relevant.

Neben Immobilienaktien scheinen institutionelle Anleger inzwischen auch für Fußball ein Faible zu haben: Signal Iduna und RAG-­Stiftung finden sich im Aktionärskreis von Borussia ­Dortmund. Federführend war hier aber nicht die Abteilung Kapitalanlage, sondern die für Marketing. Wie auch Evonik, Puma und 1&1 bekräftigt die Signal Iduna ihr Sponsoring beim Dortmunder Nachbarn mit einer Beteiligung. Die RAG-Stiftung teilt hierzu mit, dass man als Mehrheitseigner der Evonik deren Borussia-Beteiligung angeben muss.

Autoren:

Schlagworte: | | | |

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert