Recht, Steuer & IT
5. Dezember 2023

Der Klageweg führt nach Westen

Gegen Wertpapierbetrug rechtlich vorzugehen, kann man zu den Pflichten eines Trustees zählen. In den USA sind Kapitalmarktklagen ein etablierter und nicht nur für den Rechtsbeistand lukrativer Weg, um Anlegerinteressen durchzusetzen. Dagegen ist Deutschland trotz Musterverfahrensgesetz noch ein Entwicklungsland. Der Rechtsweg ist sehr lang und weist mitunter Schlaglöcher auf.

Die USA werden als das „Land of the Free and the Home of the ­Brave“ besungen. Die USA sind aber auch das Land of the ­Litigations und das Home of the Lawyers. Gemäß der US-Handelskammer-Tochter Institute for Legal Reform (ILR), die zu einem ­fairen und effizienten Rechtssystem beitragen will, summierten sich 2020 bei Rechtsstreitigkeiten die Kosten und Entschädigungen im US-Schadenersatzsystem auf 443 Milliarden Dollar. Dies ­entspreche 2,1 Prozent des BIP der USA oder 3.621 Dollar pro amerikanischem Haushalt. Verschiedenen Statistiken lässt sich entnehmen, dass die USA eine mehr als doppelt so hohe „Anwaltsdichte“ wie Deutschland haben. Bekannt ist die Klageindustrie in den Vereinigten Staaten für ein aggressives Marketing, mit dem man auf der Suche nach potenziell Geschädigten geht, um für ­Sammelklagen die Anzahl der Kläger zu maximieren – und damit den Streitwert und nicht zuletzt das eigene Honorar. Dies führt zu Auswüchsen. Auf Platz eins der Liste der lächerlichsten Rechtsstreitigkeiten im Jahr 2021 des ILR kam eine Klage, dass ein seit 1907 in den USA produziertes Karamellbonbon ungesund ist, weil es Zucker und Fett enthält. „Rechtsstreitigkeiten über Süßigkeiten, Kaffee, Butter und Fruchtfüllungen eignen sich für lustige Videos. Aber leichtfertige Klagen sind ein ernstes Problem für Verbraucher und Unternehmen aller Größen“, mokierte sich ILR-Präsident Harold Kim.

Grund zum Klagen haben oft auch institutionelle Investoren – nämlich über schlechte Performance. „Class Actions sind nicht ­dafür da, schlechtes Asset Management zu kompensieren“, erklärt jedoch Dr. Carsten Fischer. Als Gründe dafür, den Klageweg einzuschlagen, verweist der Leiter des Bereichs Legal und Compliance bei Union Investment vor allem auf die Pflichten einer Kapitalverwaltungsgesellschaft als Treuhänder. Eine aktive Teilnahme an ­einem Prozess sei für Union Investment jedoch immer ultima ­ratio. Im Visier hat Fischer primär Unternehmen, in die Union ­Investment investiert und die möglicherweise falsche Angaben ­gemacht oder veröffentlichungspflichtige Informationen zu spät dem Kapitalmarkt mitgeteilt haben. „Ein erfolgreicher Rechtsstreit, bei dem das Unternehmen den Aktionären den eingetretenen Schaden zumindest teilweise kompensiert und die eigene Corporate Governance verbessert, dient auch der Funktionsfähigkeit des ­Kapitalmarkts.“ Wie Carsten Fischer auf einer Veranstaltung der New Yorker Kanzlei BLB&G in Frankfurt im Rahmen einer Paneldiskussion berichtet, kann es sich für die Anleger durchaus auch ­finanziell lohnen, wenn ihre Fondsgesellschaft den Rechtsweg ­beschreitet: „Wir konnten bereits dreimal mit Kompensationszahlungen echte Performance erzielen.“ BLB&G, das Kürzel steht für Bernstein Litowitz Berger & Grossmann, wurde 1983 gegründet.

KapMuG überzeugt nicht

Der eine oder andere klagende Anleger dürfte jedoch mit dem deutschen Rechtssystem nicht nur gute Erfahrungen gemacht haben – obwohl es hierzulande das KapMuG gibt. Das deutsche Kapital­anleger-Musterverfahrensgesetz soll geschädigten Anlegern die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen erleichtern, indem es Musterverfahren wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen ermöglicht. Anlass für die Einführung des KapMuG waren laut Wikipedia etwa 16.000 gleich gelagerte Gerichtsverfahren gegen die Deutsche Telekom, in denen Aktionäre Schadenersatz wegen nach ihrer Ansicht falscher Angaben im Verkaufsprospekt zur im Juni 2000 erfolgten Kapitalerhöhung verlangen. 2018 startete ein Verfahren gegen Volkswagen wegen des Abgasskandals. In diesem Jahr wurde ein KapMuG-­Verfahren in der Causa Wirecard eröffnet.

Rechtsexperten sind ­jedoch von dem Musterverfahrensgesetz für Kapitalanleger nicht überzeugt. „Das KapMuG dauert zu lang. Das Verfahren gegen die Deutsche Telekom dauerte 20 Jahre und das Verfahren gegen Volkswagen läuft nach wie vor“, kritisiert BLB&G-Partner Jeroen van Kwawegen. „Der beste Platz für Wertpapier­klagen sind zweifellos die USA.“ Zum VW-Case berichtet die FAZ, dass man vor dem Oberlandesgericht Braunschweig mittlerweile bei der Beweisaufnahme angekommen sei. Das Gericht will ehemalige VW-­Führungskräfte als Zeugen vernehmen, um herauszufinden, wann das VW-Management von den Abgasmanipulationen erfahren hat und ob die Kapitalmärkte rechtzeitig informiert ­wurden. Als ­Musterklägerin führt die Deka den Prozess, bündelt damit die ­Klagen von 1.958 Aktionären und wird von der Kanzlei Tilp ver­treten. Das Gericht habe Termine bis Ende 2024 angesetzt. In den USA dauern die Class Actions dagegen nur etwa drei Jahre.

Es dürfte aber nicht nur die Langwierigkeit sein, die deutsche ­Anleger von Klagen abhält, sondern auch die eine oder andere Merkwürdigkeit. Beispiel Mittelstandsanleihen-Markt, auf dem die Emissionen von beispielsweise Eyemaxx, Senivita oder Windreich zu den prominenteren Defaults zählen. Gemeinsamer Vertreter der Gläubiger ist oder war in vielen Fällen One Square Advisors. Von einem Mittelstandsanleihe-Investor ist zu erfahren, dass One-Square-Partner Frank Günther sich selbst gern vor der Wahl als ­gemeinsamer Vertreter auszurufen pflegt. Zudem lasse er sich ­seine Tätigkeit teuer vergüten. Einmal habe er für ein Insolvenzverfahren eine knappe Million Euro in Rechnung gestellt. Auch bei ­Eyemaxx ­fungierte One Square als gemeinsamer Vertreter. Die ­Immobilienfirma hatte mehrere Anleihen emittiert, von denen nur ein bis 2025 laufender Bond mit Immobilien besichert war. Vertritt nun aber ein Haus die Anleger aller Anleihen droht ein Interessens­konflikt. Darum stellte eine Gemeinschaft von Anleihegläubigern der Eyemaxx-Anleihe 2020/2025, darunter Pensions- und Sterbekassen, bei den Insolvenzverwaltern Antrag auf Neuwahl des ­gemeinsamen Vertreters. In dieser wurde One Square als gemeinsamer Vertreter der besicherten Anleihe im März 2022 abgewählt und dafür MZS Rechtsanwälte neu gewählt. Die Gründe für das Neuwahlbegehren sind, so MZS, vielfältig. Im Ergebnis würden die Gläubiger den Wunsch verfolgen, dass ausschließlich die ­Interessen der Anleihegläubiger an einer bestmöglichen Sanierung des Bonds verfolgt werden, ohne dass potentielle weitere geschäftliche Interessen an einer Sanierungs-Strukturierung hinzutreten.

Somit streiten im Fall Eyemaxx zwei Interessensvertreter miteinander – und wie: Zwischen den beiden besteht nicht nur, wie ­Bondguide.de berichtet, erheblicher Dissens hinsichtlich der Wirksamkeit der Bestellung der Sicherheiten für den 2025er-Bond. Zudem besteht Streit um die Verwertung von Immobilien, weil One Square nicht damit einverstanden ist, dass MZS dafür ­ausgerechnet den Gründer und Ex-Vorstand der Eyemaxx beauftragte, dessen Rolle in der Entwicklung der Eyemaxx noch zu hinterfragen ist. ­Gestritten wird auch über ein Gutachten. Wie Bondguide ­berichtet, kommt das Landgericht Köln im Mai in einem Beschluss im Eil­verfahren zu dem Ergebnis, dass One Square wahrheitswidrig ­behauptet ­habe, dass MZS-Anwalt Gustav Meyer zu Schwabedissen ein ­„gegenläufiges Gutachten“ zur Wirksamkeit der Sicherheiten nicht erwähnt habe. Simpler Grund für die Nichterwähnung: Ein solches Gutachten soll gar nicht existieren. Zum Schutz der Anleihegläubiger scheine es Meyer zu Schwabedissen daher dringend geboten, die weitere Verbreitung der nach seiner Meinung unwahren Tat­sachenbehauptungen zu unterbinden. Um jeden Zweifel zu beseitigen und um die Markthygiene wieder herzustellen, werde er in ­einem weiteren Schritt nun auch einen Widerruf verlangen. ­Ferner sei noch zu klären, ob im April 2022 falsche Informationen von One Square auf Basis dieses offenbar nicht existenten anwalt­lichen Gutachtens bezüglich der wahrscheinlichen Anfechtbarkeit der ­Sicherheiten zu einem Kurssturz des besicherten Bonds führten. Wäre dem so, besteht also die Kuriosität, dass ein gemeinsamer Vertreter der Gläubiger, die möglicherweise Falschinformationen eines Emittenten aufgesessen sind, selbst mit einer Falschinfor­mation arbeitet. Sicher scheint für die Gläubiger nur eines: Die gerichtliche Klärung der Frage der Rechtswirksamkeit der Bestellung von Liegenschaftshypotheken könne sich über mehrere Instanzen und somit bis zur finalen Entscheidung über viele Jahre hinziehen.

Mit Überraschungen wartet auch das Insolvenzverfahren der Deutschen Lichtmiete auf. Deren Anleihen stürzten Ende 2021 binnen kurzem von etwa 100 auf zehn Prozent ab. Bei diesem Verfahren wird kritisiert, dass One-Square-Managing-Partner Frank Günther unter anderem nicht nur als gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger der Deutschen Lichtmiete AG agiert, sondern über seine Novalumen GmbH auch (mittelbarer) Erwerber der gesamten Lichtmiete-Gruppe ist. In letzterer Funktion fielen Günther Lampen zu, die teilweise als Besicherung der Anleihegläubiger dienten. Wie die Kanzlei Schirp & Partner im April berichtete, wurden die Lampen von Günther, soweit ihm dies nicht vom Oberlandes­gericht Oldenburg verboten wurde, ohne einen Beschluss der ­Anleihegläubiger einzuholen, veräußert. Dabei wurde kein ­Barkaufpreis entrichtet. Stattdessen seien die Gläubiger mit einer ­Anleihe abgefunden worden, die nicht öffentlich bekannt ist und über deren Bedingungen den Gläubigern Auskünfte ausdrücklich verweigert werden. Einen Mangel an Liquidität haben die ­Gläubiger aber noch aus einem weiteren Grund: Laut Schirp stellte ­Nova­lumen mehrfach Beratungsrechnungen über mehr als 100.000 Euro ­monatlich. Dabei werden neben Bahnfahrten ­zwischen Oldenburg und München Dienstleistungen niederrangiger Angestellter gegen­über Novalumen mit Stundensätzen von 350 Euro netto ­abgerechnet. Dr. Wolfgang Schirp erklärt: „Der ­bisherige Ablauf des Insolvenzverfahrens macht uns fassungslos. Wo bleibt die ­Kontrollfunktion des Insolvenzgerichts? Wie kann es sein, dass der Gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger einer Schwester­gesellschaft mit identischem Gesellschafterkreis Millionenwerte zuschanzt, ohne dass bislang ein einziger Cent in die Insolvenzmasse fließt?“ Stefan Loipfinger, ein bekannter Experte für den grauen Kapitalmarkt, kommentiert: „Frank Günther sind ebenso wie (Insolvenzverwalter Rüdiger) Weiß Interessenkonflikte offenbar egal. Sie nutzen die Macht des Faktischen, um Anleger vor ­quasi determinierte Entscheidungen zu stellen.“

Union und Acatis machen den Leitkläger

Was in Deutschland der Musterkläger oder der gemeinsame Ver­treter der Anleihegläubiger ist, ist in den USA der Leitkläger. ­Union Investment setzte vor sechs Jahren den Class-Action-Prozess neu auf. Seitdem hat man sich auf der Grundlage dieses Prozesses, an dem neben dem Rechtsbereich insbesondere das Portfoliomanagement und ESG mitwirken, im Schnitt in ein bis zwei Fällen pro Jahr zur Übernahme einer Leitklägerschaft im Rahmen einer US Class Action entschieden. „Wir bemühen uns um die Rolle als Lead Plaintiff, wenn aus unserer Perspektive eine klare Materialität und sehr gute Erfolgsaussichten bestehen. Letzteres erkennen wir beispielsweise daran, dass schon erste Strafen durch die SEC verhängt wurden oder die Staatsanwaltschaft in den USA gegen das Senior Management des betroffenen Unternehmens ermittelt“, so Carsten Fischer. Um die Qualität des Class Action Prozesses zu verbessern, tauschte Union Investment zudem in 2017 auf der Grundlage eines Beauty Contests die Kanzleien aus. „Auf der Klägerseite kann man in den USA nur eine Handvoll an Kanzleien nutzen. Wir entschieden uns insbesondere für BLB&G.“ Vorteile beider Maßnahmen sind seitdem wesentlich höhere Kompensationszahlungen für die Anleger sowie effizientere Prozessführung und -steuerung.

Eine aktive Rolle bei Litigations hat auch Acatis übernommen – mit durchaus ähnlichen Beweggründen wie die Union. „Wir wollten auf diesem Feld aktiver sein, um als KVG die Interessen der ­Anleger noch besser wahrzunehmen. Gemeinsam mit der Kanzlei BLB&G sind wir in einem Fall in den USA auch Leitkläger“, berichtet Thomas Bosch, Geschäftsführer der Acatis Investment KVG. Die Motivation des auf Value spezialisierten Vermögensverwalters basiert auf materiellen und wettbewerblichen Gründen. In dem ­erwähnten Fall, bei dem man seit eineinhalb Jahren Lead Plaintiff ist, gehe es bei der Sammelklage um eine Größenordnung von mehr als fünf Prozent des Fondsvolumens. „Dieses Engagement ist aber auch in einem erweiterten ESG-Kontext zu sehen und trägt zur Wettbewerbsdifferenzierung bei. In RFPs und auch seitens von Vertriebspartnern wird vermehrt nach diesem Thema gefragt“, teilt Bosch mit. Bosch kann sich auch vorstellen, in weiteren Fällen Leitkläger zu sein: „Als Leitkläger hat man größere Gestaltungsmöglichkeiten, als wenn man nur auf einen Zug aufspringt. Es ist ein Vorteil, die Klagestrategie beeinflussen zu können.“ Ob man vorangeht, hänge vor allem von der Materialität und der Wahrscheinlichkeit ab, etwas bewegen zu können. „Dahingehend wollen wir ­unsere Portfolios künftig stärker monitoren“, kündigt Bosch an.

Union gegen Wells Fargo und Kraft Heinz

Union Investment war zum Beispiel der Lead Plaintiff in der ­Causa Wells Fargo – mit Erfolg: „Unsere Erwartungen wurden deutlich übertroffen. Am Ende konnten wir einen Vergleich in Höhe von 480 Millionen Dollar erzielen“, so Fischer. Zum Verhandlungs­erfolg trug aus Fischers Sicht auch der persönliche Einsatz bei. „Wer Leitkläger ist, sollte auch vor Ort sein und an den Vergleichsverhandlungen teilnehmen. Das ist für die Beklagten ungewohnt und wirkt.“ Fischer war in diesem Fall zwei Tage lang vor Ort in New York, wo man sich an einem Samstag einigte. Wells Fargo kam relativ gut durch die Finanzkrise, geriet jedoch ab 2016 ins Visier der Justiz und auf den Kieker der Investoren. Grund war, dass das Management überambitionierte Provisionsziele verfolgte, und die Kundenberater der Bank darum der Idee verfielen, im ­Namen der Kunden, aber ohne deren Wissen, Spar- und ­Girokonten zu eröffnen. Über diese Fake Accounts wurden den überraschten Kunden Gebühren für Dienstleistungen, von denen sie nichts wussten, in Rechnung gestellt. Dies schädigte die Kunden, aber auch die ­Aktionäre von Wells Fargo. Mit der Zahlung der erwähnten 480 ­Millionen Dollar konnte die Bank im April 2018 eine Beilegung der Betrugsklage erzielen. Union Investment hatte hiermit nach ­eigenen Angaben die höchste Vergleichssumme in einer U.S. Class Action in 2018 erstritten und landete zugleich den 31-größten ­Vergleich aller Zeiten in den USA. BLB&G-Gründungspartner Max Berger kommentierte damals, dass Investoren mit ­Wertpapierklagen nicht nur eigene Interessen wahren: „Dieser Fall unterstreicht einmal mehr die entscheidende Rolle, die institutionelle Anleger beim Schutz und der Aufrechterhaltung des Vertrauens in die ­Finanzmärkte spielen können, das für die globale Stabilität und das Wirtschaftswachstum von entscheidender Bedeutung ist.“

Ebenfalls war Union Investment Leitkläger – in diesem Fall gemeinsam mit dem schwedischen Pensionsfonds AP7 – gegen Kraft Heinz. Ein Gericht in Illinois verdonnerte den US-Nahrungsmittelkonzern aufgrund irreführender Kapitalmarktinformationen zu Kosteneinsparungen anlässlich der Fusion von Kraft und Heinz im Jahr 2015 zu einer Strafzahlung von 450 Millionen Dollar an seine Aktionäre. In den Jahren nach der Fusion sparte das Unternehmen jedoch keine Kosten ein und musste immaterielle Vermögenswerte in Höhe von mehr als 15 Milliarden Dollar abschreiben – mit negativen Folgen für den Aktienkurs des Unternehmens. Zur Causa Kraft Heinz informierte AP7 im Mai, dass Litigations ein Werkzeug im Active-Ownership-Kasten sind und man derzeit mit etwa 20 ­Unternehmen Rechtsstreitigkeiten ausfechtet. In einem Statement begrüßte AP7-CEO Richard Gröttheim die ­Einigung mit Kraft Heinz: „Diese ist ein klares Beispiel dafür, wie AP7 die Möglichkeit nutzt, durch Sammelklagen gegen Unternehmen vorzugehen, die Aktionäre inkorrekt behandeln und den Aktienkurs negativ beeinflusst haben. Nicht alle Kapitaleigner klagen gegen Unternehmen, aber wenn ein Fall wie dieser gelöst wird, kommt das allen Aktionären zugute.“

Obwohl der Kurs von Tesla in den vergangenen fünf Jahren um etwa 1.000 Prozent zulegte, muss sich auch Elon Musk einer Klage zu seinem in 2018 vereinbarten Gehaltspaket erwehren. Dieses Pay Package sieht vor, dass Musk ­jedes Mal, wenn er bestimmte Performance und Financial Targets erreicht, ein Prozent von ­Tesla mit großem Discount erwerben darf. Wenn nicht, bekommt Musk nichts. Klingt nach perfektem Alignment of Interest. Moniert wird aber, dass die Ziele viel zu leicht gewesen sind. Musk erreichte auch von zwölf Zielen elf. Zum anderen wurde das Paket vom CEO mit ­einem Großaktionär ausgehandelt, die beide Elon Musk heißen. Zu bezweifeln ist auch, ob die Auszahlung die für Tesla richtigen Anreize bewirkt haben. Wenige Prozentpunkte von ­Tesla zu bekommen, bescherten Musk nämlich einen „Zustupf“ von 56 Milliarden Dollar.

Bevor der Klageweg beschritten wird, steht vereinzelt erst einmal intern Überzeugungsarbeit an. Eine Herausforderung kann nämlich sein, den Portfoliomanager mit ins Boot zu ­holen. Möglicherweise hat er das Gefühl, sich für ­einen Fehler gegenüber der eigenen Rechtsabteilung rechtfertigen zu müssen. Es empfiehlt sich, ihm bewusst zu machen, dass Betrug im Spiel sein könnte. Bei passiven Ansätzen ist diese Konstellation nicht gegeben. Eigentlich müssten gerade passive Anleger gegen Fehlverhalten von Unternehmen vorgehen, da sie gezwungen sind, alle Indexmitglieder zu halten.

Investoren müssen nicht bei jedem Auswuchs des US-Justizsystems dabei sein. Hier empfiehlt es sich aber, zwischen Konsumenten- und Kapitalmarktklagen zu unterscheiden. Ein Treiber wird zudem ESG sein. Bei diesem ­Kürzel ist für die Performance vor allem das G relevant – und Teil der Governance ist auch, wie Trustee-Aufgaben wahrgenommen werden.

Autoren:

Schlagworte: |

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert