Schwarzer Schwan
15. Juli 2016

Der Scheich macht reich

Ein Blick ins Leben der armen Reichen.

„Hoffenheim war mein Jackpot“, gab Ex-Fußballnationaltorwart Tim Wiese neulich in der Bild zu seinem doch eher missglückten Engagement beim Kraichgauer Bundesligisten zum Besten. „Elf Spiele und drei Jahre bezahlten Urlaub. Wer wünscht sich so eine Zeit nicht? Das war der beste Deal meines Lebens.“ Kolportiert wird, dass Wieses Jackpot etwa zehn Millionen Euro schwer ist.
Noch viel besser dotiert ist der Jackpot von Christina Estrada. Das heute 54 Jahre alte Ex-Model bekam vom High Court in London 62 Millionen Euro Unterhaltszahlungen zugesprochen – für zwölf Jahre Urlaub beziehungsweise ihre zwölfjährige Ehe mit dem saudischen Milliardär „Wallet“ pardon Walid Juffali. Auf diese Summe hatte Christina Estrada nach eigener Darstellung Anspruch, weil sie an ein Luxusleben gewohnt sei. „Ich war ein internationales Top-Model. Ich habe dieses Leben gelebt. Das ist es, was ich gewohnt bin.“ Ihre Chance auf den Jackpot kam, als ihr muslimischer Gemahl sein Ehefrauenportfolio mit einem 25-jährigen libanesischen Model diversifizierte, und Estrada daraufhin die Scheidung mit entsprechenden Unterhaltsansprüchen einreichen konnte. 
Leistung muss sich lohnen!
Ursprünglich betrug ihre Forderung allerdings 229 Millionen Euro. Frau will ja auch noch mit 54 eine gute Partie sein. Außerdem: Leistung muss sich schließlich lohnen! Besonders leistungsstark zeigte sich Estrada im Gerichtsprozess. Im Gericht überzeugte sie mit dem Vergießen von Krokodilstränen wegen des lächerlichen Abfindungsangebots von 44 Millionen Euro, mit dem sie unmöglich einen ihr angemessenen Lebensstandard mit entsprechenden Luxusurlauben finanzieren kann. Außerdem machte das ehemalige Pirelli-Kalender-Modell laut der Zeitung „Die Welt“ der Öffentlichkeit weis, dass es ihr in dem Prozess darum gehe, sich für Frauen starkzumachen. Immerhin kämpft sie für die Rechte zumindest einer Frau. 
Überzeugender dürfte aber die lange, mit Liebe zum Detail erstellte Liste gewesen sein, die für ein Leben in Würde unabdingbar sind. Dazu gehören unter anderem 69.000 Euro für 16 Handtaschen, 5.000 Euro für 15 Sonnenbrillen und zwei Skibrillen für den Skiurlaub in der Schweiz, knapp 600.000 Euro für fünf Autos, 11.000 Euro für Gesichtscreme – alles versteht sich selbstverständlich jährlich – und eine Unterkunft, in der man mit dem Gesinde nicht auf einer Etage hausen muss. 
St.-Lucia-Joker sticht nicht
Eine ganz starke Leistung Estradas war aber, dass der Prozess überhaupt stattfinden konnte. Walid Juffali genoss nämlich eigentlich politische Immunität, weil er als „Permanent Representative“ den Karibikinselstaat St. Lucia bei der in London ansässigen International Maritime Organisation vertrat. Die aufmerksame Christina Estrada und ihre Anwälte konnten jedoch darlegen, dass Juffali niemals ein Meeting der Organisation besuchte. Zudem kam raus, dass Jufalli den Diplomatenstatus auch erst nach Einreichung der Scheidung erlangte und er keine Ahnung von Schifffahrt oder Seehandel habe.
Die Unterschiede von Forderung und Abfindungsangebot basieren auf der unterschiedlichen Taxierung des Vermögens von Walid Juffali. Während sein Reichtum in der Presse auf knapp fünf Milliarden Euro geschätzt wird, taxierten ihn die Rechtsvertreter seiner Ex auf fast zehn Milliarden Euro und er selbst auf vergleichsweise bescheidene 135 Millionen Euro. Womöglich hat er dabei seine Ebitd (Earnings before interest, taxes und divorce) im Falle eines extremen Expected Shortfall vor Gericht berechnet. Dieser dürfte anhand einer Monte-Carlo-Simulation berechnet worden sein, da Juffalis historische Scheidungs-Datenreihe mit zuvor einer Scheidung sehr kurz ist. Diese kostete ihn im Jahr 2000 „nur“ 47 Millionen Euro. Mit den nun beschlossenen 62 Millionen besteht eine amtlich ermittelte, nicht zu unterschätzende Inflation von 32 Prozent in 16 Jahren.  
Mit 62 Millionen Euro muss sich die arme Christina nun aber mit etwa einem Viertel ihrer ursprünglichen Forderung begnügen. Das bedeutet in ihrer Welt: vier Handtaschen, vier Sonnenbrillen und ein Auto pro Jahr. 
Spenden für Christina Estrada reicht die Redaktion gerne treuhänderisch weiter und wünscht ein schönes Wochenende.
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