Die Monetarisierung der Megawatts

David Daum (l. ) und Michael Dittrich: Zu akzeptablen Ausschüttungen tragen Wind und PV bei – und immer mehr auch Batteriespeicher. Bild: Ulf Büschleb.
Erneuerbare haben sich in der Vergangenheit für Anleger ausgezahlt, sind aber mit Blick nach vorne auch angezählt. Das Umfeld ist komplex und herausfordernd. Welche Investmentwege, Sektoren und Strategien für die Zukunft Sinn machen, beschäftigte Anleger und Asset Manager auf dem Infrastruktur-Panel.
Im Rückblick auf ihre getätigten Investments in Photovoltaik- und Windparks sind institutionelle Anleger meist nur mit einer Entscheidung unglücklich: Man hatte zu wenig investiert! Staatlich fixierte Vergütungen bei weniger technischem Risiko als gedacht – da hätte man im Nachhinein auch mehr machen können/sollen. Der Ausblick auf Erneuerbare Energien ist dagegen mit einem gehörigen Schuss Unsicherheit behaftet. Negative Strompreise, zunehmende technologische Risiken in Form von beispielsweise Batterien oder Wasserstoff und immer mehr fossile Fans diesseits und jenseits des Atlantiks belasten die Kalkulierbarkeit und das Vertrauen in neue Investments in Energieinfrastruktur.
Und damit Vorhang auf für das von Dr. Georg Inderst, Inderst Advisory, moderierte Infrastrukturpanel. Ihren Auftritt hatten Investoren und Asset Manager, die ausloteten, wie sich im aktuellen politisch-regulatorischen-technologischen-volatilen-Zeitenwende-Umfeld Megawatts planbar monetarisieren lassen. Einer der Investoren: Die Ärzteversorgung Land Brandenburg in Person von Danny Tuchlinsky. Schon seit 15 bis 20 Jahren im Infrastruktur-Universum unterwegs, steht man in Cottbus nun vor der Frage, wie man weiter investieren soll. Derzeit mangelt es dem Versorgungswerk, das Ende 2023 2,7 Milliarden Euro bewirtschaftete, jedoch an einem wichtigen Kriterium für Infrastrukturanlagen, nämlich dem einer gesicherten Rendite. „Diese war in der Vergangenheit bei Investments in Wind- und PV-Parks, also in altbewährte Technologien, gegeben“, erklärte Tuchlinsky.
Damit dürfte das Versorgungswerk auch ein gewisses Déjà-vu-Erlebnis gehabt haben. Schließlich startete man, wie Tuchlinsky berichtete, in Infrastruktur mit klassischen Core-Assets wie Brücken, Straßen und Häfen. „Das hat uns gefallen, es wurde aber zunehmend schwieriger, solche Assets zu finden. Erneuerbare Energien stellten damals eine interessante Opportunität dar. Wir investierten in Renewables und diese machen heute einen großen Teil unseres Infrastrukturportfolios aus. Nun schauen wir uns interessiert an, was sich um Wind und PV drumherum tut.“ Tuchlinsky nannte als Beispiele Speicher und Netze. „Wasserstoff schauen wir uns auch an, wir investieren aber derzeit nicht in Themenmandate.“ Grund hierfür ist – wie bereits erwähnt – dass man bei Infrastrukturanlagen eine gesicherte Rendite sehen will.
Ärzte Brandenburg und DBU unterstützen Energiewende
Noch nicht ganz so lang, aber immerhin auch schon seit einer Dekade, investiert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, DBU, in Wind- und PV-Parks. Heute sind etwa 200 Millionen der insgesamt 3,3 Milliarden Euro der in Osnabrück ansässigen Stiftung vorwiegend in Europa in Renewables investiert. Renewables passen zum Zweck der Stiftung, zumal sich Erneuerbare Energien sowie Energieeinsparung und -effizienz auch auf der Liste der Förderthemen finden.
Stiftung, also eine Non-Profit-Organisation, zu sein, führt wiederum in der Kapitalanlage zu einem indirekten Umsetzungsweg über Fonds, um auszuschließen, in den Ruch der Gewerblichkeit zu geraten. Wichtig ist für den stellvertretenden Generalsekretär Michael Dittrich, auf eine ausgewogene Mischung der beiden Energiequellen zu achten. Schließlich ist Wind ertragsstärker, Photovoltaik dagegen stabiler. „Stimmt die Mischung, ergeben sich recht akzeptable Ausschüttungen, die vergleichbar mit geschlossenen Immobilienfonds sind. Aber abgerechnet wird erst zum Schluss“, erklärte Dittrich, der an dieser Stelle noch darauf hinweist, dass ein Energiepark im Vergleich zu Immobilien zum Schluss abgeschrieben ist und mit Anlagenverkauf, Weiterbetrieb oder einem Repowering verschiedene Optionen bietet. Diese entscheiden dann über die schlussendliche IRR. Gerade im Vergleich zu Immobilien und deren Nachvermietungsrisiko blickt Dittrich der Schlussabrechnung jedoch relativ optimistisch entgegen. „Erneuerbare Energien sind zwar nicht risikolos, Grünstrom wird man jedoch immer verkaufen können.“
Bezüglich neuer Investments sieht auch Dittrich wegen der Volatilität des Grünstroms die Notwendigkeit, stärker die Stabilität des Gesamtsystems zu berücksichtigen, konkret Stadtwerke zu unterstützen, die Netzspannung stabil zu halten. „Batteriesysteme sind wichtig. Hier haben wir einige neue Investments, die zumindest gut angelaufen sind.“ Zudem habe die DBU auch ein kleines Wasserstoff-Pilotprojekt gestartet.
Ebenfalls keine Zweifel an der künftigen Grünstrom-Nachfrage und am Nutzen von Batterieplattformen hegt Dr. David Daum. Der Head Private Infrastructure Europe der Partners Group verweist auf verschiedene Studien, laut derer der Strombedarf mit Blick auf Digitalisierung, Rechenzentren, Mobilität oder der Elektrifizierung des Immobiliensektors global um 40 Prozent steigen wird. „Und wer in Energie investiert, kommt um Renewables nicht herum“, sagte Daum, der zudem den Trend betont, dass es weg von Regulatorik sowie staatlichen Zuschüssen geht und hin zu sich selbst tragenden Modellen. Letzteres ist der Fall, wenn günstig Strom produziert wird.
Etwas skeptisch sieht der Infrastruktur-Experte kostentechnisch weit von der Küste entfernte Offshore-Parks wegen der teuren Stromanbindung. Die Unwägbarkeiten auf dem Infrastrukturmarkt sind aber natürlich auch der Partners Group bewusst. „Bei Infrastruktur – egal welcher Sektor – ist immer eine Downside Protection notwendig“, so Daum. Ein wichtiges Schutzelement sind Verträge. „Ökonomisch betrachtet sind Batterien erst jetzt sinnvoll. Erst jetzt können wir nämlich für Batterien Verträge über fünf bis sieben Jahre abschließen.“
Unterstützt hat die Partners Group, deren Assets under Management sich im Segment Infrastructure auf etwa 30 Milliarden Dollar belaufen, beispielsweise das Unternehmen Greenlink, einen Unterwasser-Interconnector zwischen Großbritannien und Irland, also ein für Energiewende und Netzstabilät kritisches Infrastruktur-Asset. Dieses wurde mit über einer Milliarde Euro bewertet und weise eine starke Downside-Protection auf. Kürzlich hat der Schweizer Asset Manager zudem in einen spanischen Kompostierer investiert, der Biogas und Biomethan erzeugt. Biomethan kann als Alternative zu Erdgas dienen und spielt daher eine wichtige Rolle bei der Energiewende. Das Unternehmen verfügt über starke Infrastruktureigenschaften, wie zum Beispiel hohe Marktzutrittsschranken aufgrund der erheblichen Investitionskosten und langfristige Abnahmeverträge für das von ihm produzierte Biomethan.
Neue Assets: Konnektoren, Charger, Biomethan
Eine Gesamtmarktbetrachtung empfahl auch Hugo Espinheira Silveira, Partner beim Asset Manager TIIC, der Teil der Edmond-de-Rothschild-Gruppe ist. Die Megatrends Digitalisierung, Deglobalisierung und Decarbonisierung im Blick, investiert TIIC in Mobilität, öffentliche und digitale Infrastruktur, wobei die gemeinsame Klammer immer die Energy Transition ist und auf die Downside Protection geachtet wird.
Weitere vertrauensbildende Maßnahme der TIIC-Strategie: „Wir sind in den Mid Markets unterwegs, und zwar ausschließlich in Europa.“ Das Ziel des Asset Managers, der Büros in Luxemburg, Lissabon und Paris hat, sei es dazu beizutragen, das Funding Gap in Europa zu schließen. „Wir wollen, dass Europa mehr und mehr nachhaltig und unabhängig wird“, so Espinheira auf der Jahreskonferenz, die vor Trumps Liberation Day stattfand. Ein Beispiel für ein Investment: Ende 2024 gab TIIC bekannt, dass man im Rahmen eines Joint Ventures in ein Unternehmen investiert, dass sich in Frankreich dem beschleunigten Aufbau von Ladesäulen für E-Autos widmen soll. Ein weiteres Investment zielt auf ein Komplettsystem ab, das bestrebt ist, mit der Eigenproduktion von Strom aus Wasserkraft und Photovoltaik eigene Ladesäulen zu betreiben.
Typisch für Infrastruktur ist und bleibt der Einfluss von Staat und Regulatorik. Zwar blieb das Zukunftsfinanzierungsgesetz wegen des „Ampel-Aus“ auf der Strecke. Andere Beschlüsse stimmen dagegen eher optimistisch. Markus Bannwart, Area Head of Alternative Investments & Structuring, Universal Investment, nannte hier die Infrastrukturquote in der Anlageverordnung und für Solvency-II-Anleger die Einlassungen der Eiopa zu Long-term Equity Investments. „Damit wurden zumindest die richtigen Impulse gesetzt“, so die Einschätzung von Bannwart. Erfreulich für den deutschen Standort ist zudem, dass es für die Administration nicht mehr unbedingt ins benachbarte Luxemburg gehen muss. Bannwart: „Noch vor vier bis fünf Jahren war Luxemburg gesetzt. Nun tendieren deutsche Anleger zunehmend zu deutschen Strukturen. Das Fonds-Tool-Set ist gleichwertig.“
Einen Einblick in die von der Universal administrierten Assets gab Bannwart auch noch. Demnach investieren die Universal-Kunden in Renewables gern auch direkt. Wenn es Zielfonds sind, dann handelt es sich oft um global ausgerichtete Vehikel. Mehr und mehr werden Vehikel auch semi-liquide für vermögende Privatkunden aufgelegt. Gerade für institutionelle Infrastrukturinvestoren empfiehlt sich für Bannwart aber die herkömmliche, geschlossene Strukturierung. Was sich zudem bei den Zugangswegen geändert hat: „Co-Investments sind sehr in Fokus gerückt“, teilte der Universal-Mann mit.
Energie braucht Kostenfokus
Doch wie macht der Gesetzgeber weiter? Gespannt blicken nun nicht nur die Panelisten darauf, wohin Berlin die Infrastrukturmilliarden ausschütten wird. „Ich hoffe, dass diese Gelder auch wirklich in den Ausbau der richtigen Infrastruktur gehen“, sagte David Daum. „Gefördert werden sollte die günstigste Energie und nicht das, was dogmatisch gewollt ist.“ Politisch heikel ist Carbon Capture Storage.
Mit Blick auf die Deindustrialisierung Deutschlands, die Professor Hans-Werner Sinn in seinem Vortrag ins Visier genommen hatte, erscheint die Carbon-Speicherung jedoch sinnvoll und als ein Weg, mit dem das Ziel der Klimaneutralität doch noch erreicht werden kann. Eine Rolle rückwärts zu fossilen Energieträgern erschien dem Panel auf jeden Fall nicht sinnvoll. „Die Kosten für eine Vermeidung von Extremwetterereignissen werden langfristig geringer sein als die Kosten für die Reparatur der Schäden“, erklärt Michael Dittrich. „Darum ist der Weg hin zu einer CO₂-neutralen Wirtschaft unumkehrbar.“
Ein gutes Zeichen für alle Renewables-Investoren: Im Koalitionsvertrag stellt sich die neue Regierung hinter die Energiewende und will alle Potenziale der Erneuerbaren Energien nutzen. Dazu zählen die Koalitionäre Sonnen- und Windenergie sowie Bioenergie, Geothermie, Wasserkraft sowie aus diesen hergestellte Moleküle. Auch will man „innovative Technologien wie Abwasserwärme, Wärmerückgewinnung und Flugwindkraft/Höhenwindenergie“ stärken. Damit dürften sich die Opportunitäten für Investments in die Energiewende weiter vergrößern.
Außerdem will die neue Bundesregierung den zu erwartenden Strombedarf sowie den Stand der Versorgungssicherheit, des Netzausbaus, des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, der Digitalisierung und des Wasserstoffhochlaufs monitoren lassen. Apropos Netzausbau. Wie die Beispiele Amprion und Transnet zeigen, sind Beteiligungen an Übertragungsnetzen, also in die Strom-Distribution, für Versicherer, Altersvorsorger und Sparkassen attraktiv. Weniger attraktiv sind Netze aber offenbar für Asset Manager. David Daum verwies auf die sehr langen Laufzeiten, Regulierungs- und Zinsänderungsrisiken. „Investments in die Stromerzeugung bieten mehr Wertsteigerungspotenzial, aber nicht unbedingt mehr Risiko.“
Was durch das Energieinfrastruktur-Panel klar wurde, ist, dass der Strauß an Investmentmöglichkeiten sehr groß ist. Dies führt zu mehr Komplexität. Relativ groß sind dafür andererseits auch die Möglichkeiten, sich abzusichern.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Energiewende | Erneuerbare Energien / Renewables | Infrastruktur | Wind- und Photovoltaikparks
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