12. November 2014

Die Quintessenz für die Kapitalanlage

Die Podiumsdiskussion moderierten Prof. Dr. Thomas Heidorn und Patrick Eisele

Fünf Investoren aus fünf Anlegergruppen beschreiben fünf Wege für die Kapitalanlage. Über Zinsen, Aktien, Immobilien, Alternatives und Aufsicht diskutierten Dr. Peter-Henrik Blum-Barth (KZVK/VKPB in Dortmund), Michael Dittrich (DBU), Dr. Andreas Kretschmer (ÄVWL), Clemens Quast (Sparda-Bank München) und Paul Wessling (Bochumer Versicherungsverein).

Prof. Thomas Heidorn: Meine Herren, wie hat sich Ihre Asset-Allokation im Laufe der Zeit verändert?
Dr. Peter-Henrik Blum-Barth: In unseren beiden Kassen fahren wir schon längere Zeit eine Aktienquote im deutlich zweistelligen und eine Immobilienquote im hohen einstelligen Prozentbereich. Dabei bevorzugen wir direkt gehaltene Immobilien. Große Alloka­tionsveränderungen gab es nicht, wir haben aber Fixed Income stärker diversifiziert und überlegen, unsere kleine Quote für Alterna­tives zu erhöhen. Dabei denken wir an ­Private Equity.
Michael Dittrich: Auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fährt traditionell ­eine verhältnismäßig hohe Aktienquote. ­Diese liegt derzeit nach Marktwerten bei knapp 25 Prozent. Die Finanzkrise konnten wir nutzen, um eine große Position an ­Unternehmensanleihen aufzubauen und ­damit Staatsanleihen zu ersetzen. Dieser ­Bestand an Unternehmensanleihen trägt uns im Moment noch. Da ich davon ausgehe, dass die Niedrigzinsphase anhalten wird, wird die Frage immer relevanter, wie man künftig ausreichende Renditen erzielen soll.
Hilfreich ist für uns als Stiftung aber die niedrige Inflationsrate. Diese nutzen wir, um Reserven auch für schlechtere Ertragszeiten zu bilden und so unsere Fördermittel kon­stant halten zu können.
Dr. Andreas Kretschmer: Unsere Aktienquote liegt bei zehn Prozent. Diese ergänzen wir durch Overlays und ebenfalls eingesetzte quantitative Modelle und Minimum-Risk-Modelle, die beide relativ gut funktioniert ­haben. Eine Besonderheit der Ärztever­sorgung Westfalen-Lippe ist die hohe Immo­­bi­lienquote, die wir auf nun 23 Prozent ausgebaut haben. Unsere große Ertragsquelle in diesem Jahr waren jedoch die Emerging Market Bonds, die wir taktisch stark übergewichtet haben. Eine wichtige Säule, die wir seit langem sukzessive aufgebaut haben, ist für uns mit zehn Prozent Alternatives. Dieses Segment hat die J-Curve bereits weitgehend durchlaufen und erwirtschaftet nun stabile Erträge. Was wir jedoch angesichts des niedrigen Zinsniveaus nicht mehr machen, ist die Vergabe von Hypothekendarlehen an das breite Publikum. Dieser Bestand von ehemals 20 Prozent und der entsprechende Cashflow schmelzen nun ab.

Patrick Eisele: Die Zinsen sind niedrig und die ÄVWL verliert zudem den Cashflow aus Hypothekendarlehen. Beim Ausbau von Alternatives fehlen wegen der J-Curve aber auch Ausschüttungen. Wie kann ein VAG-Anleger dann neu in alternative Anlagen investieren?
Kretschmer: Unser laufender Ertrag liegt über unserem Rechnungszins von vier ­Prozent. Durch die Insolvenz von Lehman Brothers entstanden sehr viele Opportunitäten und wir konnten antizyklisch viele Investments tätigen, die uns relativ hohe Erträge brachten. Unser Risikokapital liegt nun bei 23 Prozent, was wir als vergleichsweise hoch betrachten. Dank dieser Reserven können wir auf den Ertrag der Alternatives für eine gewisse Zeit verzichten. Andererseits gibt es durchaus Alternatives, zum Beispiel aus dem Bereich Infrastruktur, die eine attraktive Cash-Yield aufweisen. Zudem haben wir das Darlehensersatzgeschäft ausgebaut.
Clemens Quast: Schon vor längerer Zeit hat die Sparda-Bank München im Zuge ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen etliche Assets verkauft. In der jüngeren Vergangenheit ­haben wir unsere Spread-Produkte, also ­ungedeckte Bankschuldverschreibungen, mit denen wir uns nach der Lehman-Krise eingedeckt hatten, fast auf null abgebaut. Mit ­einem barwertigen Vermögen im mittleren dreistelligen Millionenbereich ist unser Zinsbuch unser Hauptvermögenswert.
Was uns als Bank sehr zupass kommt, ist dass wir unsere langen Zinsbindungen in unserem Kundengeschäft darstellen können, barwertige Wertänderungen aber nicht in der G&V zeigen müssen. Unser Zinsrisiko-­Koeffizient ist ziemlich hoch – aber wir ­haben auch die dafür nötige Risikotragfähigkeit. ­Zudem haben wir noch ein recht hohes ­Aktien-Exposure, das aber weitestgehend ­abgesichert ist. Positiv sehen wir Immo­bilien, wegen den geringen Preisschwankungen und den stabilen Erträgen.
Paul Wessling: Der Bochumer Versicher­ungsverein hält als eine Bafin-regulierte Sterbe­kasse 80 Prozent Fixed Income, davon je ein Drittel in Corporates, Staatsanleihen und Bankanleihen, sowie je zehn Prozent in Aktien und Immobilienfonds. Schließlich investiert unsere Kundschaft ja auch in Grundstücke: in der Regel zwei Meter lang und ­einen Meter breit. Darum wollen wir frei­werdende Mittel aus diesem Bereich auch in diesem Segment wieder anlegen.
Wir sehen, dass die laufenden Erträge kleiner werden und wir andere Möglichkeiten nutzen müssen, um unsere Nettover­zinsung zu halten. Darum sind wir schon länger in Private Equity investiert.

Heidorn: Sollte man renditestärkere Asset-Klassen intern managen oder ein Mandat vergeben? Wie bildet man diese Asset-Klassen aus Risikogesichtspunkten sinnvoll ab?
Blum-Barth:
Was man selbst beherrschen kann, sollte man intern abbilden. Alles andere vergeben wir grundsätzlich nach außen. Bei vielen Themen sind wir einfach zu weit weg und suchen darum Manager vor Ort. Bei deren interner Abbildung streben wir eine starke Standardisierung an. Wir wollen nicht pro Asset Manager ein eigenes Investment­vehikel haben, sondern auf einem Investmentvehikel mehrere Manager poolen und diese dann gegen Benchmarks bewerten.
Grund hierfür ist, dass jedes Investment­vehikel eine anderen Reporting-Logik besitzt und somit deren konsistente Aggregation schwierig ist. Darum muss für die Ad­minis­tration eine hohe Standardisierung angestrebt ­werden. Aus meiner Sicht erzwingt auch die Regulierung eine strikte Trennung zwischen Management und Administration, um ein durchgängiges Vier-Augen-Prinzip zu leben. Mit Blick auf Alternatives glaube ich, dass man in dieses Segment künftig aus Renditeüberlegungen verstärkt investiert, man dabei jedoch nicht in die klassischen Fund-of-Funds-Strukturen geht. Denn bei sechs, ­sieben oder mehr verschiedenen Fund-of-Funds-Strukturen ist der Aufwand extrem hoch, diese mit unterschiedlichen Informa­tionsgraden ausgestatteten Investmentstrukturen in ein zentrales, unternehmensweites Risikomodell zu integrieren. Darum wird man, auch im Hinblick auf Fragen des ­Wirtschaftsprüfers, eine hohe Standardisierung anstreben.

Eisele: Wie bekommt man denn einen Dachfonds administrativ standardisiert und risiko­adäquat abgebildet?
Blum-Barth:
Wir teilen einen Dachfonds in seine unterliegenden Teilbereiche auf, um diese dann auf unseren Risikosystemen ­mappen zu können. Dadurch erhalten wir marktwertseitige Anteile, die wir projizieren und deren Wertbeiträge wir separat messen können.
Gegebenenfalls müssen die Daten des Dachfonds noch auf einen bestimmten ­Reporting-Zeitpunkt adjustiert werden. Ein Problem ist und bleibt die Aufteilung der stillen­ Reserven des Dachfonds.

Eisele: Kann ein relativ kleiner Investor ­einem großen Dachfonds individuelle ­Reporting-Zeitpunkte vorschreiben? Das ­stelle ich mir schwierig vor.
Blum-Barth:
Bei allen illiquiden Themen, gleich ob externer Manager oder die interne Immobilienabteilung, muss man erst einmal Verständnis dafür schaffen, dass man ­beispielsweise ein Volatilitäts-Adjustment braucht. Denn ohne dieses Adjustment ­würde man die Risiken von illiquiden Assets wegen der geringeren Zahl an Beobachtungspunkten unterbewerten. Diese Diskussionen mit den jeweiligen Ansprechpartnern ge­hören zum Alltagsgeschäft.
Kretschmer: Bei uns läuft die Abbildung dergestalt ab, dass wir ein Gesamt-Risiko­modell haben. Dieses basiert auf einer ­laufenden Belegung unseres Risikokapitals durch Aktiva und Passiva. Wenn wir also wie dieses Jahr Emerging Market Debt aufbauen, ermitteln wir mit dem Modell, wie viel Risiko­kapital wir verbrauchen.
Wessling: Als kleinere Kasse können wir in diese alternativen Asset-Klassen natürlich nur indirekt über Fonds gehen. Dabei ­müssen wir aufpassen, dass Alternatives nicht wegen des KAGB, des Investmentsteuergesetzes und der ­Anlageverordnung im Bermuda­dreieck der Regulierung verschwinden.
Mit der AIFM-Regulierung geht einher, dass wir uns von verschiedenen Assets trennen müssen und neue Mäntel brauchen, um unseren Masterfonds nicht steuerlich zu infizieren. Unser Hauptgeschäft ist derzeit, bei unseren Fonds diese Regeln abzuarbeiten.
Was wir in der Due Diligence auch nicht alleine stemmen können, ist, dass wir zur ­Erwirtschaftung unseres laufenden Zinses immer mehr ins Risiko gehen müssen. Hier brauchen wir Asset Manager, die uns in der Anlagevorbereitung und im Monitoring ­dieser Assets unterstützen. Diese Unterstützung benötigen auch Lebensversicherer mit ein bis zwei Milliarden Euro Assets under Management.

Heidorn: Risiko versus Stiftungsgedanke: Ist das für Sie ein Spannungsfeld, Herr Dittrich?
Dittrich:
Das ist für uns, wie für jeden ­anderen Kapitalanleger auch, natürlich ein Thema. Wir haben aber den Vorteil, dass Stiftungen nicht reguliert sind. Insofern kann ­jede Stiftung selbst über ihr Risiko entscheiden. Auch aufgrund unserer langfristigen Ausrichtung ist unsere Risikotragfähigkeit so hoch, dass wir unseren Aktienbestand nicht absichern. Hier hilft uns auch unsere Erfahrung aus den beiden vergangenen Finanz­krisen. Als sich der Dax halbierte und ­drittelte, traten bei uns stille Verluste auf. Die Wertaufholung bescherte uns dafür wieder eine schöne Performance.
Bei den Anleihen ­gehen wir, um etwas mehr Rendite zu bekommen, derzeit bei der Laufzeit etwas mehr ins Risiko. Solange wir keine Zweifel an der Solvenz des Schuldners haben, bilanzieren wir diese Bestände zu ­Anschaffungswerten. Außerdem ist für Stiftungen die Performance von Anleihen nur ­eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist der Cashflow. Insgesamt gehen wir als ­Stiftung mit Risiken etwas entspannter um, da wir ein bisschen mehr Spielraum haben.

Heidorn: Wie hat sich die Rolle Ihrer Asset Manager in den vergangenen Jahren ­verändert?
Wessling:
Der Austausch zwischen Aktuariat und Asset Management hat sich enorm beschleunigt. Asset Manager sind gefordert, Zielrenditen zu erreichen. Dabei sind von der Bafin aufgestellte Nebenbedingungen – Anlageverordnung, Stresstest und so weiter – zu erfüllen. Ohne diese wäre es leichter.

Eisele: Wie passen Absolute-Return-Ansätze zu ALM-Zielen?
Wessling:
Man muss versuchen, kontinuierlich außerordentliche Erträge zu erwirtschaften. Das klappt nicht immer, aber ­anders geht es im aktuellen Zinsumfeld nicht.
Quast: Wir streben ein möglichst schlankes­ Treasury an. Bestimmte Dinge müssen wir also outsourcen. Bei uns haben Asset ­Manager hauptsächlich die Aufgabe, die Nachhaltigkeitsthemen umzusetzen. Ich kann schließlich nicht selbst jedes Wert­papier auf seine Nachhaltigkeit hin kontrollieren. Die Allokation auf die einzelnen ­Asset-Klassen werden wir dagegen auch bei kleineren Beträgen niemals aus der Hand ­geben. Multi-Asset-Fonds kommen für uns also nicht in Frage. Asset-Allokation ist ­unsere Kernkompetenz.
Kretschmer: Die Asset-Allokation ent­wickeln wir in der Diskussion und verändern sie laufend. Sofern wir uns für eine externe Umsetzung entscheiden, wird der Asset ­Manager ausgesucht und berücksichtigt, ob dessen Ansatz zum erwarteten Umfeld passt. Nach unserer Erfahrung ist das Manager-­Alpha weniger wichtig als die Entscheidungen zur Gesamtallokation.
Nachhaltigkeit spielt heute auch eine ­Rolle. Wir als Ärzte beschäftigen uns dabei selbst mit der Frage, was ethisch vertretbar ist. Nur zu schauen, ob jemand zum Beispiel die UN PRI unterzeichnet hat, wäre uns zu einfach.
Dittrich: Für uns als Deutsche Bundesstiftung Umwelt ist Nachhaltigkeit natürlich ein ganz zentrales Thema. Mit diesem ­beschäftige ich mich auch selbst schon seit vielen Jahren. Generell bewirtschaften wir unser Kapital weitgehend selbst. Etwa 95 ­Prozent werden bei uns mit einem sehr kleinen Team in Eigenregie investiert. Einer kümmert sich um Aktien und Immobilien, einer um Bonds und der dritte als Controller um die Einhaltung der Anlagerichtlinien. Dazu haben wir das entsprechende Back-Office.
Externe Manager nutzen wir für die ­Märkte außerhalb Europas. Die Erfahrungen, die wir mit diesen Managern machen, sind sehr unterschiedlich. Unser Inhouse-­Management beschränkt sich auf Europa, und in Europa sind wir auf Deutschland ­fokussiert. Letztendlich investieren wir also zwei Drittel unserer zwei Milliarden selbst in ­Deutschland. Davon sind wiederum zwei Drittel im Dax 30 investiert. Das hat den Vorteil, dass unsere Kosten vergleichsweise sehr niedrig sind.
Blum-Barth: Asset-Allokation ist auch für uns die eigene Kernkompetenz. Wir ­haben mit Towers Watson ein eigenes Allokationsmodell implementiert und nun die Möglichkeit, den gesamten Allokationsprozess selbst abzubilden und quantifiziert zu unterstützen.
Wenn wir auslagern, suchen wir sehr ­aktive und agnostisch agierende Asset Manager, die auch einmal von der Benchmark ­abweichen. Dabei bekommen die Asset ­Manager von uns eine relativ starre Quote vorgegeben.

Eisele: Herr Dittrich, müssten Sie sich nicht mit Blick auf die regulatorischen Herausforderungen Ihrer VAG-Kollegen freuen? Große Stiftungen könnten doch regulierteren An­legergruppen Assets abnehmen und sozu­sagen Regulierungsarbitrage betreiben.
Dittrich:
Wir freuen uns zumindest über die regulatorische Ist-Situation der Stiftungen. Ich gehe aber davon aus, dass, wenn in Deutschland eine große Stiftung in eine Schieflage geraten sollte, auch Stiftungen stärker reguliert werden. Das wäre aber enorm kontraproduktiv, da Regulierung in bestimmten Marktphasen zu einem prozyklischen Verhalten führt. Langfristiger zu ­agieren, und beispielsweise Aktien nicht im ungünstigsten Moment verkaufen zu müssen, ist sinnvoller. Schließlich ist eine ­Stiftung generationsübergreifend angelegt und ­sollte sich nicht an Tagesstimmungen und Marktmeinungen orientieren.

Eisele: Herr Kretschmer, intensivieren Regulierungsaspekte den Austausch von Meinungen und Assets zwischen Versorgungswerken­ und Versicherungen?
Kretschmer:
Bei Alternatives, aber auch in anderen Asset-Klassen wird es juristisch immer komplexer. Gemeinsam mit unserem Wirtschaftsprüfer, Juristen und der Aufsicht erarbeiten wir aufsichtsrechtlich passende Strukturen. Unsere Beteiligung am Höchstspannungsnetzbetreiber Amprion beispielsweise wird über eine Namensschuldverschreibung abgebildet. Im Bundesland Nordrhein-West­falen genießen wir den Vorteil, dass wir mit unserer Aufsicht einen sehr guten Dialog führen können.
Aufsichtsrechtlich erwartet nach den ­Banken und den Versicherungen nun die Versorgungswerke eine Anpassung der An­lagerichtlinien. Für unser System, das sich von den Versicherungen gerade bei den Verbindlichkeiten stark unterscheidet, versuchen wir, die Möglichkeit zur Risikoübernahme zu ­erhöhen. Wir diskutieren also höhere Quoten zum Beispiel für Beteiligungen oder High Yields.
Mit Versicherungen haben wir bei unseren vergangenen größeren Transaktionen auch wegen der hohen Komplexität gemeinsam in einem Konsortium investiert. Bei ­Immobilien, wo wir, wie erwähnt, selbst stark unterwegs sind, fangen die Versicherungen nach meiner Kenntnis gerade bei Objekten mit Leverage und Baurisiken eher an zu ­reduzieren. Grund sind die hohen zu unterlegenden Eigenmittel.

Eisele: Bei einer Immobilienquote von 23 Prozent hat die ÄVWL aber auch nicht mehr viele Kapazitäten.
Kretschmer:
Wir wachsen ja noch relativ stark und bereinigen auch Bestände. Außerdem können wir, zumindest jetzt noch, nur den entsprechenden Eigenkapitalanteil in der Immobilienquote berücksichtigen. Vom Marktwert her liegen wir deutlich über diesen 23 Prozent.

Eisele: Sind derzeit Asset-Klassen-­Diskussionen denn nicht nichtig? Mit Blick auf die ­Politik der Notenbanken Fed und EZB ist es doch eigentlich nur noch wichtig, in Dollar investiert zu sein?
Quast:
Ich habe gelernt, dass Abschreibungen nicht gleich Abschreibungen sind. Der Ärger hängt auch davon ab, auf welchen Spielfeldern man sich getummelt hat. ­
Darum lassen wir solche Ausflüge – auch wenn es durch den Blätterwald rauscht, dass der Dollar steigt. Eingebettet in die Gesamtbanksteuerung nehmen wir aber auch ­Dollar-Positionen. Dann gehen wir nämlich davon aus, dass, wenn diese Position schlecht läuft, eine andere umso besser performt.

Eisele: Können denn Dollar-Positionen nachhaltig sein, wenn es in den USA die Todesstrafe gibt?
Quast:
Eben weil wir nicht Exposure zu Ländern mit Todesstrafe wollen, haben wir vor einigen Jahren eine Fondslösung für Währungs­spekulationen geschlossen. Wir sind aber auch nicht bigott. Um ­handeln zu können, muss eine Bank auch einmal Dollar-Positionen eingehen können. Der Kaffee, den wir in der Bank ausschenken, wurde sicher auch einmal in Dollar ­gehandelt. Nichts­destotrotz sind wir mit solchen Währungs­positionen sehr vorsichtig.
Kretschmer: Wir haben uns intern die Möglichkeit gegeben, bis zu 7,5 Prozent ­unseres Anlage-Exposures nicht abzusichern. Im Augenblick nutzen wir diese Quote auch aus.

Heidorn: Als Akademiker interessiert mich, von Ihnen als Praktikern zu erfahren, ob die Performance aus der Allokation oder von einzelnen­ Fonds kommt? Und könnten Sie sich vorstellen, dass die Regulatorik hier ­etwas ändert?
Dittrich:
Wir haben noch eine Durchschnittsverzinsung bei den Anleihen von ­etwa 4,5 Prozent. Zunehmend profitieren wir aber auch von Dividenden, da wir für unser Aktienportfolio überwiegend dividenden­stärkere Titel gewählt haben.
Die große Frage ist:­ Woher kommen die ­ordentlichen Erträge, wenn die Unter­nehmensanleihen zurückgezahlt werden? In der jetzigen Zinswelt sind wir auch bereit, in Private Placements von ausgewählten Emittenten zu investieren. Zweitens: Anstatt bei der Bonität Abstriche zu machen, verlängern wir sukzessive die Laufzeiten. Außerdem machen wir uns Gedanken, wie wir in Sachwerte­ investieren können. ­Gegen solche Black-Box-Modelle hege ich aber eine gewisse Grund­skepsis. Womöglich sind börsennotierte ­Beteiligungsgesellschaften für uns passender. In Immobilien sind wir mit etwa 4,5 ­Prozent des Stiftungskapitals investiert. Wenn wir hier die Ziele mit den Resultaten vergleichen, haben wir keinen Bedarf, die Immobilienquote aufzustocken.

Blum-Barth: Die Asset-Klasse mit der wir unsere Zielrenditen darstellen können, sind bei uns ganz klar die Aktien. Aber ohne die Immobilien, die wir ganz klassisch direkt auf der Bilanz halten, hätten wir diese Renditen auch nicht geschafft. Durch die HGB-Abschreibungsregel können wir jedes Jahr stille Reserven bilden. Vereinfacht zusammengefasst sind bei uns die Aktien für die Performance und die Immobilien für die ­Risikotragfähigkeit zuständig.
Wessling: Wenn wir hohe stille Reserven erwirtschaften, müssen wir die zur Hälfte oberhalb des Sicherungsbedarfs – siehe ­Lebensversicherungsreformgesetz – ausschütten! Das ist ein wichtiger Unterschied. Darum muss ich ja am Jahresende besonders die ­Bewertung unserer Immobilien im Auge ­haben. Gleich ist aber, dass auch unsere ­größte Renditequelle außerordentliche Aktien­erträge sind. Zudem halfen uns noch Zuschreibungen auf ältere Zinstitel.
Quast: Wir sind unseren Mitgliedern und nicht einem Renditeziel verpflichtet. Deshalb halten wir uns bei riskanten Sachen stark ­zurück.
Der regulatorische Rahmen ist für ­eine Bank allerdings wirklich sehr komplex. Wir sind extrem hoch reguliert, versuchen aber trotzdem effektiv zu sein und nicht zu viele Mitarbeiter zu beschäftigen­ und effektiv zu sein. Denn Kosteneinspar­ungen sind ein stabiles Alpha.

Eisele: Müssten für eine Bank nicht auch In­frastrukturfinanzierungen interessant sein?
Quast:
Wir können nur das tun, was wir auch verstehen. Und verstehen heißt, es im Controlling abbilden zu können. Uns fehlt ­eine ausreichend valide Datenbasis. Wir sind aber – Stichwort „Value-at-Risk“ – sehr ­zahlengesteuert. Es reicht auch nicht, bei ­einer Straßenfinanzierung die vorbeifahrenden Autos zu zählen. Als durchregulierte Bank müssen wir immer auch Wieder­verkaufswerte erstellen.

Heidorn: Abschließend würde ich gern wissen, was Ihre Message an das Auditorium ist?
Blum-Barth:
Diversifikation wird wichtiger. Diversifikation funktioniert in praxi aber nur dann, wenn man Effizienzgewinne in der Administration schafft. Dabei wird es zu einer Trennung zwischen der Administration und dem Asset Management kommen. Nur die Standardisierung im Hintergrund wird Kosteneffekte schaffen und die Voraussetzung dafür sein, die zusätzlichen Asset-­Klassen im Risikomanagement richtig abzubilden.
Dittrich: Die Niedrigzinsphase wird aus verschiedenen Gründen noch lange anhalten. Wahrscheinlich wird man am besten ­damit fahren, die Zielgruppen oder Anspruchsberechtigten darauf vorzubereiten, dass die Erträge künftig geringer ausfallen werden. Man sollte sich mit den Realitäten abfinden und sich keine Hoffnungen auf ­Unterstützung für die Finanzbranche durch die Politik in Form von höheren Zinsen ­machen.
Kretschmer: Mit Bonds und Aktien allein wird man den Rechnungszins nicht erreichen können. Wir sehen eine Entwicklung hin zu Produkten mit komplexen Strukturen, für die Illiquiditätsprämien vereinnahmt und größenbedingt Konsortien gebildet werden. Ich gehe davon aus, dass kleinere Summen kaum noch ausreichend rentierlich angelegt werden können.
Quast: Gerade wenn sie eine Outperformance erzielen müssen: Achten sie auf die Nachhaltigkeit ihrer Anlagen! Das sage ich nicht als Gutmensch, sondern aus Überzeugung und Erfahrung.
Wessling: Wir müssen Wiederanlage ­betreiben, der Politiker aber seine Wiederwahl sichern. Darum wird in Deutschland ­regulatorisch mehr umgesetzt als nötig. ­Meine Botschaft ist darum: Um die Regulierung nicht ausufern zu lassen, müssen wir über die Verbände den uns vertretenden Personen besser den Rücken stärken und versuchen, Vertrauen vor Misstrauen zu setzen.

Von Prof. Dr. Thomas Heidorn und Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 10/2014

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