Schwarzer Schwan
14. Juli 2017

Die schöne Welt

Ex-Bahnchef Grube bringt sein Know-how nun im Hamburger Hafen und beim Finanzdienstleister Lazard ein.

Das Bundesministerium der Finanzen hat in der vergangenen Woche die Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2016 veröffentlicht. Demnach summieren sich die Kapitalbeteiligungen auf 80 Milliarden Euro, Sonder- und Treuhandvermögen auf 42 Milliarden Euro und die Wertpapiere auf 67 Milliarden Euro. Letztere bestehen größtenteils aus Inhaberschuldverschreibungen. Große Kapitalbeteiligungen wiederum bestehen an der Bundesbank, der Deutsche Telekom und – der Deutschen Bahn. Und um deren Ex-Lenker Rüdiger Grube geht es heute. 
Die Bahn ist also nicht nur eines der größten Assets im Portfolio der Bundesrepublik, sondern auch der größte Einzelenergieverbraucher des Landes. Damit der Einzelenergieverbrauch gestresster Bahnkunden auf offener Strecke im Hochsommer wegen ausgefallener Klimaanlage nicht ins unermesslich steigt, hat die Bahn Anfang 1999 zur Ablenkung der Entnervten ihr Magazin „mobil“ ins Rennen geschickt. Ein Magazin der Bahn? Früher gab es „mobil“ zwar auch schon, damals unter dem Titel „Die schöne Welt“. Nur: Unter Rüdiger Grube erreichte die Aufmachung des Blattes ihre Blüte. 
Meister in der Kunst der PR
Die Bahn und ihr langjähriger Fahrdienstleiter, der nach eigener Aussage diejenigen beneidet, die etwas von der Pike auf gelernt haben, sind Meister in der Kunst der Öffentlichkeitsarbeit. Das erkennt man – auch ohne Marketing studiert zu haben – an der Wahl der Promis, die im Magazin „mobil“ das Titelbild schmücken: Jüngst war es der Traum aller Schwiegermütter, Moderator Kai Pflaume, ein anderes Mal „Campino“ von den Toten Hosen. Für jeden Geschmack ist was dabei. Kurz vor Dienstschluss, in der November-Ausgabe 2016, zeigte Grube, wie „grün“ die Bahn inzwischen ist und holte sich Unterstützung durch die Urgesteine der deutschen Musikszene, in Form von Nena und Peter Maffay. Da ist der (positive) Image-Transfer garantiert. 
Ärgerlich verlief indessen seine Demission beim Bahn-Konzern: Grubes am 31. Dezember 2017 auslaufender Vertrag sollte auf der Aufsichtsratssitzung am 30. Januar 2017 von langer Hand geplant um drei Jahre verlängert werden. Dem Treffen gingen diverse politische Absprachen zur Vertragsverlängerung voraus, was einige Aufsichtsräte jedoch nicht so toll fanden. Sie fühlten sich übergangen, zumal die Beschlussvorlage erst am Wochenende vor der Sitzung verschickt worden sei. Daneben sei die Aufsichtsratssitzung schlecht vorbereitet und schlecht moderiert gewesen, weiß Wikipedia, weshalb eine längere Diskussion über die im Vorfeld bereits diskutierte Entscheidung entstanden sei. Grube trat daraufhin zurück. 
„All connecting trains will be reached“
Auf dem Abstellgleis ist Rüdiger Grube nach dem Karriereknick aber nicht gelandet. Vielmehr hat er den Anschluss geschafft. Sein Rat und seine Erfahrungen sind seit dem 22. Juni als Aufsichtsratschef der Hamburger Hafen und Logistik AG gefragt. Logistik, das kann er, und aus Hamburg ist er ja auch. Und bei der US-Investmentbank Lazard soll sich Grube nun in leitender Funktion um das Investmentbanking des Wall-Street-Hauses in Deutschland kümmern, berichtet die Nachrichtenagentur dpa-AFX.
Gemeinsam mit den beiden Deutschlandchefs des Geldhauses soll der Ex-Bahn-Chef wichtige Klienten betreuen. Und auch international setze die Bank auf die Erfahrung und das Kontaktnetz des 65-Jährigen. Kann man hier eigentlich despektierlich von Seiteneinsteiger sprechen oder hat Grube wirklich das Know-how dazu? Google sagt: Nein! Denn googelt man die Begriffe „Lazard“, „Grube“ und „Ärger“ kommen schon jetzt 3.670 Treffer. Vorschusslorbeeren sehen anders aus.
Wir halten es für denkbar, dass Grube bei Lazard nun Fahrpläne für Firmenübernahmen entwickeln wird. Inwiefern ihm dann aber Verzögerungen im Betriebsablauf angekreidet werden, bleibt ebenso offen, wie die Frage, ob Lazard an einem Einstieg bei der Deutschen Bahn interessiert ist. 
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen allzeit gute Fahrt! 
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