Banken
21. Dezember 2011

Die Sparkasse als institutioneller Investor

Die Sparkassen im Osten Deutschlands verfügen traditionell über umfangreiche Eigenanlagen, deren Steuerung in Zeiten niedriger Bund-Renditen, hoher Kreditnachfrage und wachsender Regulierung zur großen Herausforderung wird. Vor diesem Hintergrund lohnt ein Blick hinter die Kulissen.

_Herr Graupeter, wie lief 2011 bislang? 
Das Jahr 2011 lief für uns sehr gut. Bankkunden differenzieren aktuell stärker als ­früher, wem sie ihr Geld anvertrauen. Das ­rote Sparkassen-S steht für Sicherheit, da sich ­Sparkassen durch ein traditionell funktio­nierendes ­Geschäftsmodell mit der Nähe zu den ­Menschen auszeichnen. Nicht das ­Ertragsstreben um jeden Preis, sondern eine solide und nachhaltige Risikopolitik steht im ­Vordergrund unseres Handelns. 
Die Kundeneinlagen sind in den letzten Jahren trotz des bereits hohen Bilanzanteils von über 85 Prozent weiter ­angewachsen. Für dieses Vertrauen sind wir unseren Kunden dankbar. Darüber hinaus sind wir Geldgeber für Häuslebauer, den ­heimischen Mittelstand und unsere ­Kommunen. Hier spüren wir durchaus die sogenannte Kreditklemme ­anderer Banken, etwa weil Kunden uns ­stärker als früher mit Kreditanfragen kontaktieren. Eine risiko­bewusste Einschätzung der ­Zahlungsfähigkeit unserer Kreditkunden wie auch eine langjährig ­gewachsene, vertrauensvolle Kundenbeziehung sind Dinge, die uns bei Kredit­entscheidungen maßgeblich leiten. Unser Kredit­volumen, welches einen Bilanzanteil von 45 Prozent aufweist, konnte auch 2011 wieder nennenswert gesteigert werden. 
Darüber hinaus werden Gelder im Interbankenmarkt oder in Wertpapiere angelegt. Diese werden als Liquiditätsreserve ­bezeichnet. Unsere Aufgabe ist es hier ­primär, die jederzeitige Zahlungsfähigkeit der ­Sparkasse sicherzustellen. Daher finden die Anlagen größtenteils in hochliquiden und ­sicheren Wertpapieren statt. Kapitalmarkt­risiken sind dabei transparent und werden so streng limitiert, dass die Sparkasse ­Mittelthüringen einen „Super-GAU“ der ­Kapitalmärkte – dabei ist ein Szenario weit über das Maß der Lehman-Pleite sowie der aktuellen Schuldenkrise hinaus gemeint – mehrfach über­stehen würde, ohne in ­irgend einer Weise das traditionell gewachsene ­Geschäftsmodell zu konterkarieren. Diese ­Sicherheit ist uns sehr wichtig, damit unsere Kollegen unseren ­Kunden auch weiterhin als Mitarbeiter eines soliden Kreditinstitutes in die Augen schauen zu können.

_Welchen Anteil machen die Eigenanlagen im Depot A im Vergleich zur Bilanzsumme aus?
Der Anteil unserer Eigenanlagen im ­Depot A inklusive der Position „Forderungen an Kreditinstitute“ beträgt 1,9 Milliarden ­Euro, was bei einer Bilanzsumme von rund 3,6 ­Milliarden Euro per Ende Oktober 2011 ­einen Bilanzanteil von 55 Prozent ausmacht.

_Wo lässt sich der Wert einordnen?
Ostdeutsche Sparkasse haben in der ­Regel ein ähnlich großes Depot A. Westdeutsche Sparkassen zeichnen sich traditionell durch ein höheres Kundenkreditvolumen und ein kleineres Depot A aus. Unsere Eigenanlagen nach Abzug der Geldaufnahme am Kapitalmarkt sind im Vergleich aller 429 Sparkassen sehr groß und stehen an 17. Stelle im bundesweiten Sparkassenvergleich, was einen verantwortlichen Umgang mit diesen Geldern erfordert. Unsere Geldaufnahme am Kapitalmarkt ist aufgrund des hohen Anteils an ­Kundeneinlagen von über 85 Prozent Bilanzanteil vergleichsweise gering. Damit fühlen wir uns sehr gut aufgestellt, da viele Banken seit der Finanzkrise aufgrund ihrer hohen Geldaufnahme am Kapitalmarkt – Stichwort: „Lever­age“ – in ernstzunehmende Schwierigkeiten kommen könnten.

_Auf welche Assets konzentrieren Sie sich? 
Grundsätzlich ist die Struktur unserer ­Eigenanlage mit einem defensiven Mischfonds vergleichbar. Über drei Viertel befinden sich in sicheren und hoch­liquiden Anlagen mit Ratings von AAA bis AA-. Aufgrund der geringeren Kreditnach­frage in unserer ­Region investieren wir in ­sogenanntes Kreditersatzgeschäft. Dabei ­konzentrieren wir uns ­vorrangig auf einfache und klare Produkte wie Unternehmens­anleihen oder Firmen­kunden-Schuldscheindarlehen in den RatingKlassen A+ bis BBB-. Auch solide Banken- und Länderanleihen sind in unserer Eigen­anlage enthalten. Sie verlieren aber aufgrund der wirtschaftlich ­veränderten Situation der vergangenen Jahre immer mehr an ­Bedeutung. Kleine Teile ­befinden sich in ­Anlagen unterhalb der ­Rating-Klasse BBB-, in Aktien, Immobilien oder Rohstoffen. Diese dienen nach den ­Erkenntnissen zur ­Portfoliotheorie von ­Markowitz zur Diversifikation der Eigen­anlagen und damit zur langfristigen ­Ertragsstabilisierung. ­Neben der Nutzung der ­Diversifikation bei unseren Anlage­entscheidungen ist uns Transparenz sowie ein konsequentes Risikomanagement sehr wichtig.
_Welche Verbindlichkeiten werden mit dem Depot A abgedeckt? 
Das Risiko des Depot A wird durch die vorhandene Risikodeckungsmasse abgedeckt. Dabei stellt das Depot A lediglich die dispo­nible Masse innerhalb der Bilanz dar, welche zur optimalen Steuerung der Risiken auf ­Gesamtbankebene notwendig ist. Unsere Kundeneinlagen haben derzeit tendenziell kurze Zinsbindungsfristen; wohnwirtschaft­liche, kommunale und auch gewerbliche Kundenkredite werden aber aufgrund des niedrigen Zinsniveaus mit mittleren bis ­langen Zinsbindungsfristen nachgefragt. 
Die Sparkasse Mittelthüringen übernimmt nun durch ihr reichhaltiges Produktangebot die Aufgaben der Risikotransfor­mation in der ­Region. Sollte das Risiko aus dieser ­Risikotransformation über oder unter der ­gewünschten Risikostruktur unserer Sparkasse liegen, liefert das Depot A den ­notwendigen Ausgleich. So können alle ­Kundenbedürfnisse sowohl auf der Einlagen- als auch auf der Kreditseite zufriedengestellt werden.

_Und wie lauten Ihre Zielvorgaben für den ­eigenen Wertpapierbestand? 
Die eigenen Wertpapiere ­werden vordergründig mit dem Ziel der ­Sicherung der ­jederzeitigen Zahlungsfähigkeit investiert. Dazu bilden überregionale als auch regionale Gesetze sowie interne Grenzen den Rahmen unseres Handelns. Die Wertpapieranlagen ­erfolgen in einer einfachen und trans­parenten Form. Dabei werden die Erkenntnisse ­der Portfoliotheorie zur ­Nutzung des Diversifi­kationseffektes mit ­einem konsequenten ­Risikomanagement kombiniert. ­Darüber hinaus ist unser Ziel, ein möglichst ­optimales ­Risiko-Ertrags-Verhältnis für die Anlagen im Depot A zu erreichen, damit ­diese adäquat verzinst werden. 
Für 2012 ­erwarten wir aufgrund unserer konservativen Anlagestruktur einen Ertrag von circa 2,75 ­Prozent, was beim aktuellen Renditeniveau deutscher Bundeswertpapiere mit ­zehnjähriger Laufzeit von unter zwei ­Prozent nicht nur uns vor große Herausforderungen stellt. Dennoch sind wir optimistisch, mit ­unserer derzeitigen Port­folio­struktur, den Prozessen zur strategischen und ­taktischen Asset-Allokation wie auch den ­vorhandenen Risikomanagementprozessen dieses Ziel zu erreichen.

_Agieren Sie eher passiv und halten Zins­papiere bis zur Fälligkeit?
Grundsätzlich verfolgen wir einen eher passiven Anlagestil. Frei nach Kostolany „­kaufen und liegen lassen“ richten wir ­theoretisch unser Portfolio im Rahmen der strategischen Asset-Allokation aus und ­warten ab. In der Praxis erfordert das Hin und Her an den ­Kapitalmärkten jedoch ein zeitnahes und schnelles Agieren. Mit Hilfe unseres ­Risikomanagementprozesses, welcher zyklische wie auch antizyklische Entscheidungsimpulse ­liefert, findet in ­Anlehnung an die veränderten Kapital­marktbedingungen taktisch eine Anpassung der Portfoliostruktur im Rahmen ­vor­definierter Grenzen statt. ­Dieses Vorgehen wird als semiaktiver Anlagestil bezeichnet.

_Welche Effekte ergaben sich aus der ­Spar­kassenfusion im Jahr 2003 auf das ­dadurch entstandene Depot A? 
Im Jahr 2003 fusionierten drei kern­gesunde Sparkassen – die Sparkasse Erfurt, die Sparkasse Weimar und die Kreissparkasse Sömmerda – zur Sparkasse Mittelthüringen. Alle drei Sparkassen waren passivlastig und hatten so umfangreiches Know-how im ­Kontext der Depot-A-Anlagen. Im Rahmen ­eines Best-Practice-Ansatzes wurden gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft ZEB ­sowohl die Prozesse zum Risikomanagement und zur Risikosteuerung sowie die Asset-­Allokations-Prozesse als auch die Anlagestrategien erarbeitet und implementiert. Im Jahr 2005 wurden die vorhandenen Spezialfonds auf die Bildung einer Master-KAG vor­bereitet.  Anfang 2006 erfolgte die Umsetzung.

_Nutzten Sie dabei Transition Manager?
Wir haben auf ein Transition Management verzichtet, da wir den Einsatz als nicht notwendig erachteten. Mit den gemachten ­Erfahrungen im Rahmen der eigenen Umsetzung sowie meinen heutigen Erkenntnissen zum Transition Management würden wir bei erneuten Umstrukturierungen im Spezialfondsbereich allein mit Blick auf mögliche ­Interessenkonflikte auf jeden Fall einen ­erfahrenen Transition Manager hinzuziehen. 

_Im Sparkassensektor ist die Anlage­mentalität von Haus zu Haus unterschiedlich ausgeprägt. Wie würden Sie Ihr Depot-A-­Management abgrenzen?
Hinter jedem Handeln stehen unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Mentalitäten und Erfahrungen. Daher ­werden auch innerhalb des Sparkassensektors in ähnlichen Marktsituationen unterschiedliche Entscheidungen getroffen. Dies ist der Vorteil des Sparkassensektors. Kapitalströme ­werden, sofern sie nicht aufsichtsrechtlichen ­Anreizen unterliegen, aufgrund der autarken Entscheidungsfähigkeit jeder einzelnen Sparkasse nicht in die gleiche Richtung gelenkt. So ­können zumindest aus diesem Sektor Blasenbildungen begrenzt werden.
Unsere Anlagementalität ist durch ­fundierte Entscheidungen, welche sich ­in hohem Maße an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren, geprägt. Mit der Nutzung der Diversifikation im Rahmen der Asset-­Allokation sowie eines implementierten ­tragfähigen Risikomanagementprozesses glauben wir, auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Schnelle Entscheidungsfähigkeit mit der gebotenen Ruhe und Professionalität bis auf Vorstandsebene sind dabei in der ­heutigen Zeit noch wichtiger als in der Vergangenheit. Im Depot-A-Management einer Sparkasse sollte es ein wichtiges Gebot sein, neben ­eigenen Entscheidungen auch dem Entscheidungs­gremium, trotz unsicherer Kapital­märkte, die notwendige nachhaltige ­Sicherheit zu geben. Transparenz ist dabei ein ­entscheidender Erfolgsgarant. Wer sich auf den aktuellen Wandel der Kapitalmärkte nicht frühzeitig einstellt und die erforder­lichen Ressourcen – sei es intern oder durch externe Partner – aufbaut, wird es meines ­Erachtens schwer haben.

_Auf welche Asset Manager setzen Sie? Wer managt eigentlich den HI-MT-Spezialfonds? Gibt es eine Master-KAG? 
Beginnen wir mit der letzten Frage. Ja, wir haben eine Master-KAG bei der Helaba Invest, da wir so mehr Flexibilität in unserer strategischen Ausrichtung erhalten. Die ­Helaba Invest als Master-KAG schätzen wir insbesondere auf Grund ihrer guten Struktur und ihres exzellenten und schnellen ­Reportings. Darüber hinaus pflegen wir eine zielgerichtete und offene Kommunikation auch in schwierigen Marktphasen.
Zur Wahl des richtigen Asset Managers gibt es in unserem Haus einen umfangreichen Selektionsprozess, auf dessen Basis wir eine Vorauswahl der für unsere Bedürfnisse infrage kommenden Manager treffen. In ­einem persönlichen Gespräch beurteilen wir darüber hinaus qualitative Entscheidungs­kriterien. Haben wir uns für einen Asset ­Manager entschieden, stellt sich die Frage der Umsetzung über einen Publikums- oder ­innerhalb unseres Masterfonds. Zu jedem Asset Manager, mit dem wir heute ­zusammen­arbeiten, haben wir mindestens zwei weitere Manager der Peergroup in ­einem Musterportfolio unter Beobachtung.
Und zum ersten Teil der Frage: In diesem Jahr zeichnete sich insbesondere die Deka mit ihrem Eurotrend-Renten-Konzept im Rahmen des Asset Managements positiv aus. Darüber hinaus haben wir bei anderen ­Partnern, mit denen wir teilweise bereits seit vielen Jahren ebenfalls vertrauensvoll ­zusammenarbeiten, wie die Helaba Invest, Swiss & Global Asset Management (Julius Bär Funds), Robeco, Allianz Global Investors, Lupus Alpha, Partners Group und Catella, Anlagen getätigt.

_Was halten Sie davon, das Asset Management zu großen Teilen auszulagern?
Es ist sinnvoll, auch Entscheidungs­verantwortungen und Managementstile zu diversifizieren. Die Sparkasse sollte dabei als Ergebnisverantwortlicher auf oberster Ebene nur nicht den Überblick verlieren. In der ­Sparkasse Mittelthüringen denken wir mit Blick auf unsere Anlagen sehr stark in ­­Risiko- wie auch Chance-Szenarien und sind uns ­dabei über die Positionierung der Asset ­Manager und ihrer Reaktionsgeschwindigkeit auf aggregierter Ebene und deren Ergebnisauswirkung in den verschiedenen Szenarien bewusst.
Mit Blick auf die Kosten-Nutzen-Situation bei der Asset-Manager-Auswahl gehen wir von einer „Make or buy“-Entscheidung aus. Dabei spielen die Größe des zu verwaltenden Vermögensanteils wie auch die eigene ­Expertise sowie die vorhandenen Ressourcen eine ­wesentliche Rolle.

_Und wie stehen Sie zu alternativen Investments, um die Rendite aufzupolieren?
„Aufzupolieren“ beschreibt den aktuell akuten Ertragsdruck einiger Investoren aufgrund des sehr niedrigen Zinsniveaus auf ­eine sehr amüsante Weise. Dennoch ist die Situation sehr ernst. Viele Investoren müssen sich derzeit zwangsläufig mit alternativen ­Investments beschäftigen, da sie ansonsten ihre verbindlich getroffenen Ertragszusagen nicht oder nur schwer erreichen. Die ­Nachfrage nach alternativen Anlagen wird meines Erachtens steigen. Es gilt also, sich frühzeitig zu positionieren. Die Sparkasse Mittelthüringen setzt sich seit langem mit ­alternativen ­Investments auseinander. Wir nutzen diese ­Anlagen zur Beimischung mit dem Fokus der Risikodiversifikation.

_Hat sich Ihre Anlagementalität im Zuge der Finanzmarktkrisen 2008 und 2011 verändert?
Ändern sich Märkte und damit ­Rahmenbedingungen, so sollten sich auch Anlageprozesse und -entscheidungen ­anpassen. Auch wir ­haben unsere ­Anlagephilosophie kritisch hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt. Die wichtigste ­Frage war dabei, ob Korrelationen als Grundlage für die Asset-Allokation in Zukunft noch ­funktionieren. Wir beobachten seit drei ­Jahren verstärkt, dass sie es zwischen ­vermeintlich sicheren und risikoreichen ­Anlagen sehr gut tun. Innerhalb dieser ­beiden Kategorien kann es in Stressphasen aber ­aufgrund ­massiver Kapitalstrombewegungen zu ­Korrelationen nahe eins kommen. ­Darüber hinaus haben wir gelernt, dass sich Anlage­interessen großer Investoren schneller ­ändern als früher und sichere Anlagen von heute nicht sichere Anlagen von morgen sein müssen. Dies erhöht die Marktvolatilität, ­belastet die Risikobudgets stärker und bringt weiteren Druck auf die Erträge, was unsere konservative Anlagepolitik wie die vieler ­anderer Investoren vor besonders große Heraus­forderungen stellt. 

_Und wie setzt sich vor diesem Hintergrund Ihr Kreditportfolio zusammen? 
Im Kreditportfolio haben wir gewerb­liche, kommunale, privatwirtschaftliche und ­Konsumentenkredite. Neben der nachhaltig guten Schuldnerqualität auf Einzel-Kredit-nehmerebene steht auf Portfolioebene die Granularität im Fokus. Hier haben wir durch die Fusion 2003 aufgrund des regionalen ­Bezuges in der Kreditvergabe der drei ­Althäuser kaum Überschneidungen in der Portfoliostruktur gehabt, was zu einer ­deutlichen ­Verbesserung der Granularität des heutigen Kreditportfolios geführt hat.
Über die Eigenanlage wird das klassische Mittelstandsgeschäft unter anderem durch Firmen­kunden-Schuldscheindarlehen und Unternehmensanleihen ergänzt, welche ­bewusst in Branchen gewählt werden, die in ­unserem Geschäftsgebiet unterrepräsentiert sind. Auch dies stabilisiert das Kreditportfolio im über­geordneten Sinne auf Gesamtbank­ebene. Zu den konkreten Details unseres ­Steuerungs­ansatzes im ­Kreditportfolio sei auf einen praxisorientierten Fachbeitrag unseres Hauses im kürzlich ­erschienenen Treasury-Handbuch verwiesen.

_Ein aktives Risikomanagement gilt nicht ­länger als reine Schutzfunktion. Vielmehr wird es zunehmend als Werttreiber betrachtet. Wie steht es um Ihr Risikomanagement? 
Risikomanagement hat für uns in erster Linie das Ziel, Verluste zu reduzieren beziehungsweise zu ­vermeiden. Je besser uns das gelingt, umso weniger Wertaufholung brauchen wir in den Folgeperioden bis zur Erreichung unserer ­Ertragserwartungen. So stellt das Thema ­langfristig natürlich einen wesentlichen ­Werttreiber zum Vermögensaufbau dar.
Neben der Asset-Allokation ist das ­Risikomanagement eine wesentliche Säule unserer Anlagephilosophie. Und neben ­eigenen ­regelbasierten Entscheidungshilfen nutzen wir auch die Expertise ­externer ­Partner. 

_Treasurer ­müssen Zinslaufzeiten, Bonitäts- und Liquiditätserfordernissen gerecht ­werden. Wie geht die Sparkasse Mittelthüringen mit dem Zinsänderungsrisiko um?
Wir halten das Zinsänderungrisiko ­derzeit für gering, da wir uns in einem historischen Zinstief befinden. Rentenanlagen haben ­gegenüber anderen Anlageklassen 2011 durch gefallene Zinsen weiter an Attraktivität ­verloren und erscheinen unter Risiko-Ertrags-Gesichtpunkten damit im Vergleich zu ­anderen Anlagen, zum Beispiel in Bonitäts­risiken im Rahmen der Kreditvergabe, ­weniger interessant. 

_Welche Auswirkungen hat die derzeit eher flache Zinsstrukturkurve auf die Fristen­transformation? Und wie hilfreich sind Zins-Swaps?
Eine flache Zinsstruktur hat zur Folge, dass man bei der Wiederanlage fälliger ­Gelder, unabhängig von der Zinsbindungsfrist der Neuanlage, nahezu die gleichen ordentlichen Erträge in Form von Kupons erzielt. Für die Wahl der Laufzeit ist es entscheidend, ob ich von steigenden oder fallenden Zinsen ­ausgehe. Erwarte ich einen Zinsanstieg, ­wähle ich kürzere Laufzeiten. Erwarte ich ­einen Zinsrückgang, sind längere Laufzeiten die bessere Wahl. Der Zins-Swap als Zusatz­geschäft und Steuerungsinstrument ­ermöglicht es, das Zinsänderungsrisiko auch während der Laufzeit der Anlage zu ­verändern, wenn sich die Zinserwartung bezogen auf die Zins-Swap-Zinssätze ändern sollte. Die ­Bonitätserwartung der Anlage bleibt davon unberührt. Da es sich beim Zins-Swap um ein Derivat handelt, ist das Kontrahenten­risiko, also das Bonitätsrisiko der Gegen­partei, ­zwingend in der Anlageentscheidung zu ­berücksichtigen. 

_Was bedeutet für Sie ein Zinsanstieg mit ­steilerer Zinsstrukturkurve und damit die ­bessere Möglichkeit der Fristentrans­formationsnutzung?
Eine steile Zinsstruktur auf hohem Zinsniveau führt zu höheren ordentlichen E­rträgen, je länger man die Rentenanlage wählt, und damit zu einer sehr guten ­Nutzung der Fristentransformation. Darüber freuen sich viele konservative Anleger, welche zum Beispiel durch Kundeneinlagen kurzfristig Gelder aufnehmen und mit Kredit­ausreichungen oder Rentenanlagen planbare laufende Erträge anstreben. 
Ist man jedoch auf niedrigem Zinsniveau in Rentenanlagen investiert und ein Zins­anstieg setzt ein, erleidet man ­temporär ­Kursverluste. ­Diese drücken das ­Bedauern aus, dass man mit seiner Rentenanlage nicht noch bis zum Zinsanstieg gewartet hat, was zu höheren ­ordentlichen Erträgen bis zur Fälligkeit der Anlage geführt hätte. Gleiches gilt für zu früh getätigte Kreditausreichungen. Da aber ­gerade in Niedrigzinsphasen sehr viel Kredite nachgefragt werden und wir unsere Kunden nicht enttäuschen wollen, gewähren wir nach Prüfung die Kredite an den Kunden und ­nutzen Zinstauschgeschäfte von langen in kurze Laufzeiten zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos. Diese tauschen wir dann optimalerweise bei gestiegenem Zins­niveau wieder zurück.

_Wem traut die Sparkasse Mittelthüringen noch und wem traut sie nicht mehr?
Wir trauen in erster Linie unseren ­Kunden, wenn wir ihnen Kredite ausreichen. Wir würdigen dabei die Funktionsweise und die Solidität ihrer Geschäftsmodelle und die Fähigkeit, Kredite auch ordnungsgemäß ­zurückzuzahlen. Dieses Vertrauen ist an den Kapitalmärkten zwischen Banken temporär verlorengegangen, was Banken ­veranlasst, ­ihre Gelder vorrangig bei der
Zentralbank ­anzulegen. Es kann nur zurückgewonnen werden, wenn Banken durch ein ­funktionierendes und solides Geschäfts­modell andere Banken überzeugen, bei ihnen wieder Geld anzulegen. Klassisch geprägte Institute wie Sparkassen genießen daher ­derzeit im Interbankenmarkt mehr Vertrauen als kapitalmarktorientierte Groß- oder Investmentbanken.

_Welche Änderungen stehen bei Ihnen im Hinblick auf Basel III an? Welche Asset-­Klassen sind noch attraktiv? 
Basel III fokussiert stärker als früher auf hochliquide Staatsanleihen. Damit sind diese Anlagen auch durch Basel III rein aus ­Liquiditätsgesichtspunkten am Kapitalmarkt nachgefragt. Darüber hinaus werden ­hochrentierliche Anlagen mit der Neben­wirkung der Eigenkapitalbelastung ­notwendig sein, um die gewünschte Ertragsstärke zu ­erreichen. Auch das Kreditgeschäft wird bei vielen Banken aufgrund höherer Eigen­kapitalanforderungen teurer werden. Dies ­belastet im Vergleich zum Status quo ­insbesondere den Mittelstand.
Wir sind auf Basel III gut vorbereitet, auch wenn die Mechanismen höhere ­Einschränkungen vornehmen und damit die Erträge der Sparkasse Mittelthüringen ­reduzieren werden. Mit Blick auf Basel III werden wir Eigenkapital durch Gewinn­thesaurierung aufbauen. Daher sind die ­Generierung stabiler Erträge und deren ­Nutzung zur Eigenkapitalstärkung in Z­ukunft noch wichtiger, um die heimische Wirtschaft auch weiterhin mit Krediten versorgen und damit Arbeitsplätze in der Region sichern zu können. 

_Welche Regularien drücken außer Basel III? 
Wir beobachten seit der Finanzkrise eine zunehmende Regulierung der Banken und Sparkassen sowie eine starke Einschränkung der Handelstätigkeiten von eigenkapital­maximierenden Banken. Darüber hinaus ­beobachten wir, dass durch neue aufsichtsrechtliche Regelungen Kapitalströme sowohl bei Banken als auch Versicherungen ­stärker in eine Richtung gelenkt werden. Mit Blick auf die Entwicklung der Kapitalmärkte sehen wir dies derzeit kritisch, da gleichgerichtete Kapitalströme zu Extremen an den Märkten führen können.
Das Interview führte Tobias Bürger

portfolio institutionell 16.12.2011

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