Alternative Anlagen
24. Juli 2020

Eine kleine Bilanzlektüre

Mit zunehmender Erfahrung verändern sich die Beziehungen von Lebensversicherungen zu alternativen Investmentmanagern: Der Dachfonds weicht Single-Fonds, Co-Investments und Managed ­Accounts, so der Trend. Zeigt sich das auch schon in den Bilanzen? portfolio institutionell bringt etwas Licht ins Dunkel der Alternatives-Allokation deutscher Lebensversicherer.

Mehr Infrastruktur, mehr Private Equity, mehr Private Debt, mehr Immobilien. Hinsichtlich der Allokation deutscher Lebensversicherer in Alter­natives zeigen mittlerweile alle Erhebungen den gleichen Trend: Klar ist, dass gerade mittlere und kleinere Versicherer die dafür nötige Expertise oftmals nicht selbst aufbringen können – schon gar nicht über eine so große Vielzahl neuer Asset-Klassen, die dann am besten auch noch regional diversifiziert bespielt werden wollen. Einen Teil des Asset Managements an externe Investmentgesellschaften auszulagern ist somit Usus. Während ­bezüglich der gestiegenen Bedeutung in der strategischen Asset Allocation wenig Unklarheit besteht, ist über die Geschäftsbeziehungen der Lebensversicherer zu alternativen Investmentmanagern recht ­wenig bekannt. Zwar ist die Kommunikation von Managern über ihre neuesten Fundraising-Erfolge laut und unüberhörbar, jenseits der Information über die ­eingeworbenen Millionen oder sogar ­Milliarden verliert sich dann jedoch oftmals die Spur im Dickicht eng gewobener Geheimhaltungsklauseln. Die Redaktion von portfolio institutionell – und mit ihr die Öffentlichkeit – erfährt nur von Zeit zu Zeit, dass ein namhafter Versicherer oder eine Pensions­kasse einen Fonds gezeichnet hat. Die Investmentgesellschaft kann sich dann im nächsten Fundraising mit dessen Namen schmücken, wohl durch einen Fee-Nachlass erkauft.

Etwas Aufschluss können zumindest die Geschäftsberichte der deutschen Lebensversicherer geben, wie diese Recherche ermittelt hat. Wer nun Anfang Juli 2020 die Erfolgsmeldung von Golding Capital Partners über ein Fundraising über 200 Millionen Euro für einen Private-Debt-Fonds für mittelständische Unternehmen ­erhält, weiß zwar noch immer nicht, wer ganz aktuell in diesen Fonds investiert hat – zumindest jedoch, dass die Lebensversicherung von 1871 einen Vorgängerfonds – den Golding Private Debt ­Sicav-Fis VIII – gezeichnet hat. Mit 4,8 Prozent wies die Versicherung ihren Anteil an dem Fonds im Geschäftsbericht 2019 aus. Von den 85 von der Bafin gelisteten Lebensversicherungs­gesellschaften (die Protektor Lebensversicherungs-AG einmal ­außen vor ­gelassen) machen immerhin 42 Lebensversicherer mit Kapitalanlagen in ­Höhe von 724 Milliarden Euro (Stand Ende 2018) solche oder ähnliche Angaben zu Beteiligungen und verbundenen Unternehmen, zu denen oftmals auch Fondsvehikel von Investmentmanagern ­gehören. Die Liste wäre womöglich noch länger, doch Stand 6. Juli 2020 waren für neun Lebensversicherer bislang keine Geschäfts­berichte für 2019 zu finden. Der Informations­gehalt der Angaben schwankt dabei stark: Während bei einigen ­Gesellschaften die Liste der Beteiligungen über mehreren Seiten reichen, muss sich der ­Leser bei anderen mit wenigen Zeilen ­begnügen – den Anspruch einer systematischen Erfassung aller ­alternativen Kapitalanlagen sollte man also auch hier fallen lassen.

Die Angaben in den Geschäftsberichten spiegeln dabei einen ­Anstieg an nicht-börsennotierten Beteiligungen wider, die Lebensversicherer laut Bundesbank-Statistik insbesondere seit 2016 ­eingegangen sind. Während diese 2005 noch 45 Milliarden Euro betrugen, stürzten diese im Zuge der Finanzkrise auf ­zwischenzeitlich 31 Milliarden Euro ab, um dann bis 2016 in etwa dieser Größenordnung zu dümpeln. Ab 2016 folgte dann ein ­deutlicher Anstieg auf branchenweite 60 Milliarden Euro im ­letzten Quartal 2019, was rund 4,6 Prozent der Finanzaktiva entspricht. „Dies dürfte insbesondere die vermehrten direkten Private-Equity-Allokationen widerspiegeln“, so Clemens Schuerhoff, Vorstand des Beratungsunternehmens Kommalpha, der sich gerade für eine Neuauflage der 2019er-Studie zu Versicherungen und Pensions­kassen mit der Bundesbank-Statistik beschäftigt. Hinsichtlich ­Alternatives ­gebe es in Geschäftsberichten und im veröffentlichten ­regulatorischem Meldewesen kaum Standards, weiß er um die Schwierigkeiten bei der Bilanzanalyse. Das beginne bereits damit, was denn überhaupt dazu zu zählen sei – ob Immobilien beispielsweise als Alternatives zu werten sind. „Warum wird das nicht standardisiert?“, fragt sich Schuerhoff. „Die Struktur der Angaben über Kapitalanlagen in Geschäftsberichten und entsprechendes regulatorisches Meldewesen sind überhaupt nicht abgestimmt oder kompatibel. Die Granularität der Daten lässt sehr zu wünschen übrig.“

In der Praxis ergeben sich so sehr unterschiedliche Angaben. ­Während etwa bei Einigen eine ganze Liste an gezeichneten Fonds zu finden ist, geht man auf der Suche bei anderen Versicherungen komplett leer aus. Der Umstand, dass sich viele Beteiligungen nicht in den Bilanzen finden, könne etwas mit der zunehmenden Auslagerung des Asset Managements zu tun haben, vermutet ­Berater Detlef Mackewicz. Als Beispiel nennt er die Bayerische ­Versicherungskammer, die Tecta Invest gegründet hat und nun Mandate über Managed Accounts für Private Equity ­vergeben hat. Eine andere Überlegung ist, sich zu fragen, ob es denn für Gesellschafter oder Aktionäre wirklich so interessant sei, welche Fonds die Versicherung gezeichnet habe. Vor dem Hintergrund dieser Überlegung würden manche Versicherungen wohl auf einen ­Ausweis in der Bilanz verzichten. „Man muss die ­Geschäftsberichte genau lesen, um Transparenz über das Investitionsverhalten zu ­bekommen“, gibt Michael Rieder, geschäftsführender Gesell­schafter von Palladio Partners, zu bedenken. Er verweist beispielsweise darauf, dass mehr und mehr Lebensversicherer ihre Investitionen über Plattformen beispielsweise in Luxemburg umsetzen. Somit befinden sich diverse einzelne Investitionen in einer Gesellschaft und sind auf den ersten Blick nicht ablesbar.

Die großen Fondsmanager

Geben wir uns also für den Moment mit dem transparenten Teil zufrieden. Die Investmentgesellschaft, die am häufigsten auftaucht, ist schnell gefunden: Schroder, insbesondere mit ihrer Tochter­gesellschaft Adveq, deren Fonds die SV Sparkassenversicherung, die Provinzial Nordwest Leben, die LVM Leben, die Württembergische Leben, die Europa Leben und Continentale LV gezeichnet ­haben. Andere Schroder-Fonds finden sich auch in den Bilanzen der R+V Lebensversicherung, der Aachen-Münchener, der Bayern-Versicherung Lebensversicherung, der Cosmos Leben, der Basler Leben sowie der Dialog Leben. Andere Fondsmanager, die häufig auftauchen: LGT Capital Partners, Yielco, Global Infrastructure Partners, Golding Capital Partners und die Partners Group.

Sucht man die Top-10 der globalen Infrastrukturmanager des ­Magazins Infrastructure Investor in den Jahresbilanzen, so finden sich diese Namen erstaunlich selten in den Berichten. Zwar geht daraus hervor, dass die R+V Lebensversicherung zwei Macquarie-Fonds mit Fokus Asien gezeichnet hat, die Allianz Leben und die Württembergische Lebensversicherung Fonds von Brookfield Asset Management. Auch Fonds von Global Infrastructure Partners ­(Allianz, R+V und Württembergische), AMP Capital ­(Württembergische, Gothaer und R+V) und EQT Partners (Allianz) finden sich in den Bilanzen der drei Versicherer. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man nach den größten zehn Private-Equity-­Managern laut Private Equity International sucht, wobei es natürlich gewisse Überschneidungen gibt (Blackstone, KKR und EQT finden sich beispielsweise in beiden Rankings an Top-Positionen): In der Bilanz der Allianz Leben finden sich zwar einige Fonds von Carlyle, TPG, CVC Capital Partners und Advent International, auch die Württembergische hat Carlyle-Fonds gezeichnet.

Dachfonds stark vertreten

Zumindest eine oberflächliche Analyse muss aber zu dem Ergebnis kommen, dass diese Namen nicht so stark in den Geschäfts­berichten vertreten sind wie man angesichts der Größe der Gesellschaften vermuten dürfte. Es gibt sich somit folgendes Bild: Investmentgesellschaften wie Yielco, Schroder Adveq und Golding ­tauchen häufig auf, während Namen wie Blackstone, KKR, ­Meridiam, Macquarie und EQT sich relativ rar machen. Rieder von Palladio Partners hat dafür eine Erklärung: „Erstere verwalten Dachfonds, während die letzteren große Single-Fonds managen.“ Er verweist jedoch darauf, dass man anhand der Berichte die ­jüngere Entwicklung hin zu Single-Fonds, Co-Investments und ­Direktinvestitionen unterschätzen könne.

Er macht einen klaren Trend besonders bei Infrastruktur­investitionen – auf Grund der Komplexität und des höheren Risikos in schwächerem Maße auch bei Private Equity – aus: ­Versicherungen mit Erfahrung in der Asset-Klasse näherten sich dem Asset, gingen also von Dachfonds hin zu Single-Fonds, Co-Investments und ­Einzelinvestitionen. Viele Investoren hätten um 2000 ­begonnen, mit Private Equity erste Erfahrungen zu sammeln, geht Berater Mackewicz etwas in die Geschichte. Als Vorreiter im ­Bereich ­Private Equity nennt Mackewicz neben den Branchen­größen Allianz, Münchener Rück und Talanx etwa die VHV, die ­Continentale, die Versicherungskammer Bayern, die LV 1871, LVM und Huk-Coburg. Auch die Württembergische und die Nürn­berger Leben gehörten sicher zu den Pionieren in Private Equity, so ­Mackewicz. Klassisch bestand der Zugang darin, Dachfonds zu zeichnen, um erste ­Erfahrungen zu sammeln und Expertise ­aufzubauen. Mit ­zunehmender Erfahrung und zunehmender ­Allokation seien viele dann sieben oder acht Jahre später dazu ­übergegangen, Single-Fonds zu zeichnen, um die zweite Gebühren­ebene zu kappen. „Wohl erst in Europa, dann in den USA“, erinnert sich Mackewicz.

Viele Nachfolgefonds

In den Bilanzen finden sich gleichwohl nach wie vor die ­klassischen Dachfondsmanager stark repräsentiert. Etwa besagte Fonds von Schroder Adveq, die zahlreiche Lebensversicherer in ihren ­Bilanzen verbuchen. Die Europa Leben hat beispielsweise gleich mehrere Nachfolgefonds von Adveq im Portfolio: Den Adveq Europe V, VI und VII, aufgelockert mit dem Adveq Global. Auch die ­Continentale LV scheint von der Serie überzeugt: Hier finden sich gleich neben IIIer-Modell auch der Adveq Europe IV, V, VI und VII – sprich, alle Adveq-Fonds der Serie seit dem Vintage-Jahr 2005. Der letzte Fonds ging erst 2018 ins Fundraising, Dachfonds stehen bei Continentale also offenbar nach wie vor auf der Einkaufsliste. Auch die Fonds der Serie ACF Growth Buy-Out Europe IV bis VIII hat die Continentale gezeichnet, ebenso mehrere Exemplare aus dem Hause CAM Alternatives, Yielco und LGT Capital Partners, welche jedoch überwiegend älteren Semesters sind. Der CAM ­Private Equity ­Evergreen, der sich in der Liste findet, ist offenbar nicht der ­einzige: Continentale beweist in der Private-Equity-­Allokation große Treue und setzt – gegen den allgemeinen ­Branchentrend – offenbar ­weiterhin auf Dachfonds. Der letzte ­Access-Capital-Fonds machte das First Closing erst im Juni 2019.

Investoren taten sich in der Vergangenheit leichter, Nachfolgefonds mit bestehenden Managern zu zeichnen, sofern sie mit dem ­Manager prinzipiell zufrieden seien, meint Rieder von Palladio Partners. Grund sind unter anderem, dass die Prozesse hier bereits eingespielt sind. Aber da sich die Entwicklung neben der ­Investition in Dachfonds hin zu einem direkteren Zugang wandele, sei sehr viel Dynamik im Markt. „Institutionelle Investoren erwarten ­künftig auch Expertise bei der Auswahl von Co- und Direkt­investments. Wer sich hier nicht weiterentwickelt, kann ­Schwierigkeiten bekommen.“

Die Tendenz zur Zeichnung von Nachfolgefonds könnte sich durch die aktuellen Einschränkungen in Geschäftstätigkeiten und ­Reisebeschränkungen noch verstärken. Zumindest für die Asset-Klasse Immobilien bestärkt laut einer Umfrage der Beratungs­gesellschaft Hodes Weill & Associates unter 100 globalen ­Investoren die Krise die Tendenz, auf altbekannte Immobilienmanager zu ­setzen. 46 Prozent der Befragten gaben an, in nächster Zeit ­bestehende Geschäftsbeziehungen zu priorisieren. Weitere 17 ­Prozent gaben an, dass sie willens seien, mit neuen Managern zu investieren, während 18 Prozent temporär neue Beziehungen ­ausschließen. Grund ist laut Hodes Weill, dass sie aufgrund des Lockdowns die nötige Due Diligence nur unter Schwierigkeiten durchführen können. Eine Pressemitteilung führt anekdotisch die University of Texas an, welche beabsichtigt, den Großteil ihrer ­aktuellen Real-Estate-Pipeline auf Manager zu allokieren, mit ­denen sie bereits in der Vergangenheit investiert hat. Sollte dies der allgemeine Trend sein, dürfte sich Schroder freuen.

Sowohl Mackewicz als auch Rieder machen jedoch bei größeren ­Investoren einen Trend zu individuellen Managed Accounts sowie spezifischeren Investments aus. Mackewicz: „Dachfondsmanager sind dazu übergegangen, Managed Accounts zu besseren Konditionen anzubieten. Statt Tickets für Dachfonds über 20 bis 30 ­Millionen Euro managen sie so gleich das gesamte Private-Equity-Portfolio von 500 Millionen Euro.“ Vorteil für Investoren: Die niedrigeren Gebühren und Expertisegewinne durch die Auslagerung des Managements. Der Konstruktion kommt entgegen, dass Dachfondsmanager bereits für ihren Dachfonds die Due Diligence der Single-Fonds durchführen. Diese Analysen können dann für die Managed Accounts übernommen werden. Zudem hat das für die Dachfondsmanager den Vorteil, so Beziehungen zu Singlefonds auch in Phasen aufrecht erhalten zu können, wenn der Dachfonds gerade nicht investiert.

Anders als Dachfonds sind Secondary Funds, wie etwa der Rekord-Fonds von Ardian, weiterhin sehr ­attraktiv und hätten gerade im aktuellen schwierigen Marktumfeld noch einmal an Attraktivität dazu gewonnen. Zwar seien dies im Grunde auch Dachfonds, die aber in bestehende Fonds ­investierten, wodurch den Fondsmanagern mehr Informationen vorliegen. Auch die abgeschnittene J-Curve sei natürlich ein Vorteil. Die Provinzial Nordwest Leben hat beispielsweise einen Secondaries Fund der Partners Group aus dem Jahr 2015 gezeichnet, aufbauend auf einer Partnerschaft mit der Partners Group aus den Vintage-Jahren 2009 und 2012, als man zwei Single-Fonds zeichnete. Das verdeutlicht, dass auch Investoren, die den Schritt hin zu Single-Fonds ­erfolgreich bewerkstelligt haben, Secondary-Fonds zeichnen. Doch auch ­besagte Continentale, welche als Basisinvestment nach wie vor auf Schroder-Adveq-Dachfonds setzen, hat einen Partners-Group-­Secondary-Fonds gezeichnet.

Weniger Dachfonds im Infrastruktur-Bereich

Das Engagement deutscher Investoren in Infrastruktur erfolgte im Vergleich zu Private Equity deutlich später. Dachfonds hätten sich im Infrastrukturbereich auch nie so starker Beliebtheit erfreut, so Berater Mackewicz. Der Grund ist der deutlich kleinere Markt. Während es aktuell rund 3.500 Private-Equity-Manager gebe, sei das investierbare Universum von Fondsmanagern im Infrastrukturbereich mit um die 50 Gesellschaften deutlich kleiner. Allein größenmäßig machen da Dachfonds weniger Sinn. Weiterer Grund sind jedoch auch die niedrigeren Return-Erwartungen des Infrastruktur-Segments. „Da schmerzt die zweite Kostenebene mehr als bei Private Equity“, so Mackewicz. Ein Blick in den transparenten Teil der Allokation der LV 1871 zeigt eine gewisse Entwicklung: ­Tatsächlich findet sich dort ein Infrastruktur-Dachfonds von ­Pantheon, seinerzeit der größte auf dem Markt, den die LV 1871 2012 gezeichnet hat – wohl um Erfahrungen zu sammeln. Seitdem hat sie mehrere Single-Fonds gezeichnet, beispielsweise die DIF Infrastructure III und IV aus den Vintage-Jahren 2013 und 2015, den First State European Diversified Infrastructure Feeder Fund im Jahr 2015 sowie das Infrastructure Access Portfolio L1, welches von Palladio Partners beraten wird und in dem zudem der Volkswohl Bund investiert ist (in Nachfolgeportfolien der Reihe Infrastructure ­Access Portfolio sind laut Bilanz die LV-1871-Tochtergesellschaft Delta Direct Leben, die Continentale Leben sowie die Europa Leben investiert). „Es gibt einerseits Investoren, die Diversifikation über alles stellen und die ein breites Portfolio aus Managern aufbauen, zum Beispiel über einen Dachfonds“, so Rieder von Palladio ­Partners. „Andererseits gibt es Investoren, die sich ganz bewusst auf spezielle Subsegmente fokussieren, die sie attraktiv finden, wie zum Beispiel in der Vergangenheit Erneuerbare Energien oder ­aktuell Telekommunikationsinfrastruktur.“ Diese Investoren ­hätten bereits in der Vergangenheit eine große Präferenz für direkte ­Investitionen, idealerweise vor Ort in Deutschland, gezeigt. Unabhängig davon macht er einen grundsätzlichen Trend hin zu Einzelprojekten in Deutschland aus. Denn auch erstere Gruppe, die ­mittlerweile ein global diversifiziertes Infrastruktur-Portfolio aus Managern aufgebaut habe, strebe nun eine fokussierte ­Beimischung spezieller, interessanter Themen an.

Erneuerbare stark vertreten

Ein Segment, in dem sich Einzelinvestitionen schon lange großer Beliebtheit erfreuen, sind Erneuerbare. In den Bilanzen zeigt sich, wie stark institutionelle Investoren in Erneuerbare Energien investieren – und zwar sowohl direkt als auch als Fondsinvestments. ­Direkt gehaltene Windparks finden sich beispielsweise in den ­Bilanzen der Allianz Leben, der Württembergischen, der HDI ­Leben, des Volkswohl Bundes, der Targo Leben, der Neue Leben ­sowie der LVM Leben und der PB LV. Die zu der Talanx gehörenden PB LV, HDI Leben AG, Targo Leben AG und Neue Leben LV ­investieren ­allesamt in ein Vehikel der Credit Suisse, welches Windkraft-Assets in Zentralnorwegen hält. Skandinavien ist auch für ­andere Investoren interessant, beispielsweise für die Allianz Leben, die an einem schwedischen Windpark beteiligt ist, sowie die ­Gothaer Leben, die den norwegischen Wasserkraftwerksbetreiber Småkraft AS auf ­ihrer Bilanz hält.

Auch in Solarparkbetreiber wird direkt investiert, etwa von HDI ­Leben, Targo und Neue Leben in Spanien. Den Deutschen ­Solarfonds „Stabilität 2010“ haben die Württembergische, die ­Continentale, LVM Leben und Europa Leben im Portfolio. Hinzu kommen zahlreiche breiter aufgestellte Erneuerbare-Fonds: ­Sowohl die Continentale als auch LVM sowie Europa Leben sind Investoren in Fonds von CEE Renewables. Die Gothaer Leben investiert in zwei Aquila-Gesellschaften, von denen eine in Wasserkraft investiert. Die Württembergische Leben investiert in den Blackrock NTR ­Renewable Power Fund, den CEE Renewable Fund 6 sowie in Clean-Energy-Fonds von Capital Dynamics und Glennmont. In ­ihrer Bilanz zeigt sich der vielfältige Zugang zum Segment. Neben den Fondsinvestments finden sich hier auch zahlreiche direkt ­gehaltene Assets, die sich von ihrem Namen her dem Segment ­Erneuerbare zuordnen lassen.

Trendthemen Gesundheit und Logistik

Auch über den Zugang zu anderen spezielleren Segmenten erfährt der geneigte Leser der Geschäftsberichte etwas. Zum Beispiel über Investitionen in das Trendthema Gesundheit, welche die Allianz Leben gleich über zwei Private-Equity-Fonds – den Water Street Healthcare III und den Frazier Healthcare Growth Buyout Fund VIII – tätigt. Die Immobilienseite des Themas Gesundheit bespielt die Swiss-Life-Tochter Corpus Sireo, deren Fonds von R+V sowie der Nürnberger Leben gezeichnet wurden. Mehr noch erfährt man über den Zugang zu Logistikimmobilien, dem aktuell wohl heiß­begehrtesten Immobiliensegment: Die Allianz Leben investiert ­bekanntermaßen mittlerweile gerne direkt. So finden sich in ihrem Geschäftsbericht die Namen einiger Projektgesellschaften, die sie direkt auf ihrer Bilanz hält, etwa einige französische und britische Assets. Doch auch den Prologis European Logistics Fund hat sie ebenso gezeichnet wie den NRP Nordic Logistics Fund. Die ­Versicherungskammer Bayern hält sich ebenso wie die LVM Leben an Schroder, während die Cosmos Leben sowie die Aachen-­Münchener das hauseigene Produkt der Konzernmutter Generali nutzen. Von der Nürnberger Leben erfährt man, dass diese an ­einem von Savills gemanagten Club Deal mit Zielfokus Logistik­immobilien in den Nordics beteiligt ist, außerdem an dem RLI ­Logistics Fonds Germany sowie dem German Logistics Fund – mutmaßlich dem Produkt von Palmira und Henderson – beteiligt ist. Die addierten Marktwerte ergeben rund 100 Millionen Euro, was immerhin 0,6 Prozent der gesamten Kapitalanlagen ausmacht. Aus der Bilanz der Württembergische Leben erfährt man, dass ­diese eine Tochtergesellschaft mit dem Namen Württembergische Logistik I GmbH & Co. KG hält, was zwar deren Zweck vermuten lässt, jedoch sonst keine weiteren Aufschlüsse gibt.

Viele Gesellschaften in Steueroasen

Hier zeigen sich die Grenzen der Aussagekraft der Berichte: ­Mitunter finden sich in den Geschäftsberichten allzu kryptische oder aber zu allgemeine Bezeichnungen, um weitere Schlüsse ­zuzulassen. Ob das oben erwähnte partielle Fehlen der großen amerikanischen Namen somit daran liegt, dass diese unter deutschen Investoren nicht so beliebt sind wie international, oder ob diese schlichtweg ihre Investmentvehikel so strukturiert haben, dass diese in den Bilanzen nicht auftauchen, oder ob die recht grobe Analyse der Geschäftsberichte diese schlichtweg nicht erfasst hat, lässt sich hier nicht abschließend beantworten.

Zumindest andere Wahrheiten finden sich in den Berichten, die gerne ignoriert werden, weil sie nicht zum Image des Lebens­versicherers als Vorkämpfer für eine Demokratisierung der ­auskömmlichen Altersvorsorge passen: Die Lebensversicherer ­halten massiv Tochtergesellschaften und Fonds in den klassischen Schattenfinanzplätzen wie den Caymans, Jersey oder Guernsey – allen voran die Branchengrößen Allianz und Münchener Rück. Doch auch die Nürnberger Leben sowie die Provinzial Nordwest haben auf Guernsey inkorporierte Fonds gezeichnet, Swiss Life, ­Continentale Leben, Europa Leben, die SV Sparkassen­versicherung, die Gothaer Leben und wiederum die Provinzial Nordwest Leben sind in Jersey investiert. Die Axa Leben sowie die Nürnberger ­Leben ­halten sich wiederum an die inneramerikanische Steueroase ­Delaware, während die Württembergische Leben ebenso wie die Bayern-Versicherung Lebensversicherung Gesellschaften auf den Caymans halten.

Dies sind nur einige Beispiele unter wohl vielen, die eine ­minutiösere Analyse finden würde. Sie dokumentieren eine Form der Strukturierung von Investmentfonds, die gewiss auch eine ­Folge der Netzwerke und wirtschaftlichen Verflechtungen ist, ­welche sich in der Branche über die vergangenen zwei bis drei ­Jahrzehnte entwickelt haben: Viele der großen Private-Equity-­Gesellschaften strukturieren standardmäßig ihre Fonds über Offshore-Strukturen – wohl um ­reichen Privatkunden entgegen­zukommen –, weshalb ein Investment in diese Fonds quasi automatisch einer Unterstützung von bewusst intransparenten Steuerregimen sowie des Geschäftsmodells dieser Territorien – der Kommerzialisierung staatlicher Hoheitsaufgaben – gleichkommt. Angesichts massiver sozialer Ungleichheit und des Umstandes, dass geschätzte zehn Prozent des weltweiten ­Vermögens in Steueroasen versteckt werden, gäbe es hier für ­Investoren im Rahmen ­ihrer ESG-Bemühungen auch in puncto ­ihrer eigenen Alternatives-Investments einen Job zu erledigen.

Informelle Netzwerke

Wenig überraschend gibt es große Ähnlichkeiten in der Allokation von Tochtergesellschaften. Die Continentale-Tochter Europa Leben hat etwa die gleichen Adveq- und Yielco-Fonds gezeichnet wie ­Continentale Leben, Access-Capital- und LGT-Fonds stehen auch hier hoch im Kurs. HDI Leben, Targo und PB Lebens­versicherungen sind gemeinsam an mehreren Windparks beteiligt und haben ­beispielsweise einen Credit-Suisse-Infrastrukturfonds mit Fokus Gas gezeichnet. Doch zeigen sich auch Ähnlichkeiten in der ­Allokation zwischen anderen Versicherern, die sich etwa begünstigt durch regionale Nähe austauschen? Die Beantwortung fällt auch angesichts der Geschäftsberichte schwierig. Zwar gibt es ­gewisse ­Überschneidungen zwischen den einzelnen Investitionen: Die ­Aachen-Münchener, ­Cosmos Leben, Basler Leben, Dialog ­Leben ­investieren beispielsweise gemeinsam in den Schroder Nordic Real Estate Fund, die Bayern-Versicherung Lebensversicherung und die LVM Leben in das europäische Logistik-Investmentprodukt aus dem gleichen Hause. Die gemeinsamen Investitionen können ­jedoch auch gut dem Zufall geschuldet sein – insbesondere wenn man den beachtlichen Vertriebserfolg von Schroder ­berücksichtigt.

Informelle Netzwerke spielen laut Berater Mackewicz dennoch ­eine wichtige Rolle. „Investoren, gerade solche, die räumlich nahe beieinanderliegen, tauschen sich über Manager und die Fonds, die sie gezeichnet haben, aus.“ Im Vordergrund steht dabei, etwa ­Erfahrungen bei der Due Diligence zu teilen. Netzwerke seien extrem wichtig, meint auch Rieder von Palladio Partners. „Eine gute Reputation spricht sich herum, eine schlechte Reputation ebenso. Die Lebensversicherer sind diesbezüglich im Austausch. Hier wird sich in den kommenden Jahren die Spreu vom Weizen trennen, wenn man die Performance-Zahlen und die Erfahrungen im Kundenservice, zum Beispiel bei der Erfüllung regulatorischer Anforderungen im Berichtswesen beurteilt. Angesichts der beachtlichen Rolle, die Alternatives mittlerweile in den institutionellen Port­folios spielen und den Hoffnungen, die in diese als Ausweg aus der Zins-Malaise gesetzt werden, ist dies auch dringend notwendig.

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