Recht, Steuer & IT
24. Juni 2013

Einheitlicher Bilanzstandard für Versicherungsverträge rückt näher

Das International Accounting Standards Board hat einen weiteren Entwurf für die künftige Bilanzierung von Versicherungsverträgen nach den International Financial Reporting Standards veröffentlicht. Konsultation der Vorschläge läuft bis zum 25. Oktober 2013.

Der revidierte Standardentwurf für die Bilanzierung von Versicherungsverträgen des International Accounting Standards Boards (IASB) stellt aus Sicht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) einen Fortschritt zu dem Entwurf aus dem Jahr 2010 dar. „Wir begrüßen, dass der intensive Meinungsaustausch zwischen Versicherungswirtschaft und IASB zu einer Verbesserung der vorgeschlagenen Bilanzierungsregeln geführt hat“, urteilt Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des GDV. Rundum zufrieden ist die Versicherungslobby allerdings noch nicht. Der neue Entwurf müsse noch besser an „unser langfristiges Geschäftsmodell angepasst werden“, damit er von den Versicherern akzeptiert werden könne, meint der GDV. Der Entwurf bilde eine Basis für weitere Gespräche. 
Laut GDV gibt der neue Entwurf ebenfalls Anlass zu Kritik, etwa im Hinblick auf den Ausweis von Zinsänderungen. Nach den Vorstellungen des Boards erfolgt die Bilanzierung von Versicherungsverträgen, indem die damit verbundenen Zahlungsströme, etwa die erwarteten Schadenzahlungen, zu den jeweils aktuellen Marktzinsen abgezinst werden. Steigt der Zinssatz bis zum nächsten Bilanzstichtag, sinkt der Barwert einer Schadenrückstellung, obwohl die erwarteten Schadenzahlungen unverändert bleiben, erläutert der GDV. Nach dem ursprünglichen Konzept des Standardsetzers hätten solche vermeintlichen „Gewinne“ (oder Verluste im Falle eines Zinsrückgangs, Anmerkung der Redaktion) in der Erfolgsrechnung ausgewiesen werden müssen. „Es liegt auf der Hand, dass eine derart kurzfristige Betrachtung für unser langfristig ausgerichtetes Geschäftsmodell nicht sinnvoll sein kann“, stellt von Fürstenwerth fest und ergänzt: „Sie hätte die Aussagekraft der Gewinn- und Verlustrechnung stark verzerrt.“ 
Zentrales Anliegen der deutschen Versicherungsgesellschaften war es deshalb, die Zinsänderungen nur in der Bilanz als Erhöhung oder Verminderung im Eigenkapital auszuweisen. Das habe das IASB nun aufgegriffen. Sehr kritisch zu beurteilen sei jedoch, dass diese Lösung verpflichtend anzuwenden sei – was aber nicht jedem Produkt und jeder Gegebenheit gerecht werde. Laut GDV wäre ein Wahlrecht sachgerechter. 
Der Verband fordert außerdem, dass Zinsänderungen auch bei den Kapitalanlagen erfolgsneutral abgebildet werden. Aktiv- und Passivseite sollten bei Zinsänderungen gleichmäßig „atmen“ können, ohne unnötige Volatilitäten in der Gewinn- und Verlustrechnung. Die aktuellen Vorschläge spiegelten das immer noch nicht wider, betont von Fürstenwerth. 
Was die Behandlung von überschussberechtigten Lebensversicherungen betrifft, habe das IASB zwar aufgegriffen, dass die Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen von den zur Bedeckung gehaltenen Kapitalanlagen abhängt. „Leider verkennt der IASB dabei, dass die in die Verträge eingebetteten Garantien Teil dieser Verträge sind und nicht wie separate Bestandteile bilanziert werden dürfen“, moniert die Versicherungslobby. Eine ganzheitliche Behandlung eines Versicherungsvertrags sei zwingend erforderlich.
Außerdem hat das IASB die ursprünglichen Vorschläge zu den Übergangsregelungen bei der Behandlung von Bestands- und Neugeschäft dahingehend abgeändert, dass beide nun nach einheitlichen Regeln behandelt werden. Das wiederum stößt beim GDV auf positive Resonanz. 
Auch Wirtschaftsprüfer nehmen Stellung
Nach Angaben der Prüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC) hatte die Assekuranz am ersten Vorschlag der Standardsetzer zur Neufassung des Reportingstandards „IFRS 4“ aus dem Jahr 2010 umfassende Kritik geäußert. Die Regelungen, die das International Accounting Standards Board seinerzeit vorschlug, hätten erhebliche Schwankungen in den Ergebnissen der Versicherungskonzerne bewirkt, erläutert PWC.
„Auch in seinem neuen Vorschlag für die Bilanzierung von Versicherungsverträgen hält das IASB an seiner Grundkonzeption einer Bewertung nach dem sogenannten Baustein-Modell fest: Versicherer müssen dem neuen Entwurf zufolge auch in Zukunft ihren Bestand an Versicherungsverträgen zu jedem Bilanzstichtag mit aktuellen Schätzungen und Parametern neu bewerten“, kommentiert Alexander Hofmann,  Leiter des Bereichs Versicherungen bei PWC in Deutschland. „Mit den vorgestellten Regelungen würde die Bilanzierungspraxis von Versicherungsunternehmen zwar endlich vereinheitlicht werden. Viele Versicherer müssten dafür aber umdenken und ihre Systemlandschaft umfangreich überarbeiten“, erläutert Hofmann weiter.
IFRS 4 in Kurzform
Ein europaweit einheitlicher internationaler Rechnungslegungsstandard für Versicherungsverträge (IFRS 4) ist laut GDV bereits seit 1997 im Gespräch. Bislang müssen Versicherungsunternehmen hierfür eine Zwischenlösung nutzen. Ein einheitlicher Standard wäre in erster Linie für Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen in der Europäischen Union verpflichtend. Langfristig könnte er sich aber auf die gesamte europäische und nationale Bilanzierung der Versicherer auswirken, ist der Verband überzeugt.
portfolio institutionell newsflash 24.06.2013/tbü/gor
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