Schwarzer Schwan
2. Juli 2021

Entertainer

Governance made in Germany

Die paritätische Unternehmensmitbestimmung ist die Stärke der Corporate Governance made in Germany. Längst sind die Vertreter der Arbeitnehmerseite in den Aufsichtsräten nicht mehr nur Kontrolleure des Kapitals, sondern dank ihrer Expertise vielmehr bewährte Berater des Vorstands.

Ein leichter Job sind die Aufsichtsratssitzungen aber nicht. Bei Wirecard musste sich der Aufsichtsrat jahrelang die Märchenstunden des Vorstandsvorsitzenden Markus Braun über die Verbesserung der Welt durch die führende Technologie des Aschheimer Zahlungsdienstleisters anhören. Oder die routinierte Braunsche Standardantwort auf Vorwürfe bezüglich Bilanzierung und Auslandsgeschäft: „Das ist unwahr. Wir haben das geprüft.“ Dann war ja doch alles gut. Wie hätte man denn auch ahnen können, dass zwei Milliarden Euro in der Bilanz fehlen?

Noch unterhaltsamer war das Programm für die Vertreter der Arbeitnehmerseite von Volkswagen. Diesen wurden anregende Betriebsausflüge nach Brasilien ohne Ehepartner geboten. Für die Arbeiter haben deren Vertreter also keine Reisestrapazen gescheut.

Lange einen schweren Stand hatten dagegen die Betriebsräte bei SAP. Dies wundert nicht, da die Mitarbeiter jahrzehntelang mit ihren Belegschaftsaktien ihre Hypothekendarlehen ablösen konnten – und zwar vorfällig. Vielleicht hätten die Betriebsräte in Walldorf in die Tarifverhandlungen nicht mit fünf Prozent mehr Gehalt, sondern mit fünf Prozent mehr Belegschaftsaktien gehen sollen?

Manch ein Betriebsrat legt derweil gar eine spezielle Geschäftstüchtigkeit an den Tag. Vor Gericht wollte ein ehemaliger SAPler von einem Kollegen ein Honorar einklagen. Denn dafür, dass er diesem beim Wahlkampf um die Arbeitnehmerplätze im Aufsichtsrat 2012 durch entsprechendes Einwirken auf die Delegierten geholfen habe, war vertraglich ein Honorar von rund 500.000 Euro festgelegt. Bei einer Bestellung über fünf Jahre bei jährlichen Aufwandsentschädigungen von etwa 200.000 Euro ist die halbe Million gut investiert. Unterschrieben ist der Vertrag vom Beklagten. Der Compliance wurde also Genüge getan.

Zu den Segen der Digitalisierung gehört aber auch, schriftliches nachträglich ändern zu können. So war ein SAP-Aufsichtsrat einem Kollegen behilflich, Anwesenheitslisten und Abwesenheitsmeldungen zu ändern. Bei kolportierten 200 erschlichenen Urlaubstagen im Jahr war es dem Kollegen nun mal leider nicht möglich, an jeder Sitzung teilzunehmen. Schön, wenn der Zusammenhalt so gut funktioniert. Und die Belegschaft weiß ihre Anliegen sicher auch gut vertreten.

Ein sonniges Wochenende wünscht Ihnen Ihre Redaktion von portfolio institutionell.

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert