19. Oktober 2012

Erneuerbare brauchen viel Energie

Wo gibt es gut kalkulierbare Zahlungsströme für die Übernahme unternehmerischer Risiken? Bei Erneuerbaren ­Energien! Die Risikoliste ist lang und muss im Vorfeld sorgfältig abgearbeitet werden. Diese und weitere Erkenntnisse brachte das portfolio-Expertenseminar zu Erneuerbaren Energien in Düsseldorf.

Erneuerbare Energien bestechen durch dringend benötigte stetige und stabile Cashflows und werden deshalb gerne als Substitut für Zins­papiere gesehen – ein gefährlicher Trugschluss, wie viele der auf dem Renewables-Expertenseminar in Düsseldorf geschilderten Anlegererfahrungen zeigen. „Das Bond-Feeling entspricht nicht der ­Realität. Hier sind Sie Unternehmer“, warnte Joachim Fröhlich von der Evangelischen Kreditgenossenschaft in Kassel, EKK. Gleichwohl bleiben Erneuerbare Energien im Falle eines passenden Zugangs eine interessante Beimischung für das Gesamtportfolio.

Teil der Erfahrungsberichte waren die Pleite des Generalunternehmers, windige Windgutachten, ein immer größerer Druck von „oben“, endlich Teil der Energiewende zu werden, und Blind Pools mit Hochrechnungen. Aber wenigstens blieb den Referenten von der Allianz, Aquila, Barmenia, EKK, Faros, Palladio Partners und dem Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer die Erfahrung des großen holländischen Investors, PGGM, erspart: Indianer! Wütende Indianer haben nämlich den Bau eines Windparks an der mexikanischen Westküste, an dem auch PGGM beteiligt ist, stillgelegt. Zufriedener dürfte PGGM dagegen mit seiner Beteiligung an dem größten Offshore-Windpark der Welt vor der britischen Westküste sein. Die Beteiligung von PGGM demonstriert laut einer Pressemitteilung deutlich, dass institutionelle Investoren bei einem gut strukturierten Offshore-Windprojekt zusammen mit strategischen Partnern aus der Industrie zu Investments ­bereit sind. Die größte Beteiligung an dem Windpark hält das dänische Energieunternehmen Dong ­Energy. „Von der Fertigstellung des Offshore-Windparks sind wir hocherfreut. Dies ist eine gewaltige Leistung­ und unterstreicht die Wichtigkeit eines starken strategischen Partners wie Dong Energy“, lässt sich PGGM-Manager Dennis van ­Alphen zitieren. In deutschen Gewässern gestaltet sich der Aufbau von Windparks bekanntlich zäher und steht wegen vielfältiger Risiken auch noch nicht auf der Agenda von deutschen Anlegern. Onshore wird eindeutig bevorzugt.

Unisono lautete die Empfehlung, möglichst konservativ an die Materie zu gehen, um einen Bußgang nach Canossa beziehungsweise zum Vorstand mit der Bitte um einen Nachschuss im Falle zu optimistischer Windannahmen und zu viel Fremdkapital zu vermeiden. Auch nicht ausreichend ist eine Durchschnittsbetrachtung, da sich bei einer jährlichen Bilanzierung Windschwankungen nicht ausgleichen. Da die Erträge nach oben gedeckelt sind – dieser Nachteil ist mit einem Fixed-Income-Portfolio vergleichbar – kann man sich, anders als bei ­einem Private-Equity-Portfolio, „Looser-Parks“ nicht leisten.

_Nicht nur Vestas und Brandenburg!

  Diversifikation bleibt trotzdem wichtig. „Nicht nur Vestas und Brandenburg“, so die interne Vorgabe von Jürgen Maier von Allianz Investment Management. Maier berichtete in seinem Vortrag auch von der Erwartung gerade an den Branchenführer, die Energiewende zu begleiten und sich nun auch am Ausbau der Leitungssysteme zu beteiligen. Vorteilhaft ist für die Allianz aber, dass sie ein internes Risiko­modell entwickeln konnte, das die Eigenmittelunterlegung aus aktueller Sicht so gestaltet, dass Investments in Erneuerbare Energien für die Allianz auch ohne Leverage interessant sind.

Eine sehr gute Diversifikation ergibt sich bei Renewables, wenn man Solar- und Windparks miteinander kombiniert (siehe auch die September-Ausgabe 2012 von portfolio institutionell, Seite 26). Noch stabiler wird ein Portfolio durch die Beimischung von Wasserkraft. ­Allerdings sollte man es hier mit dem Hebel nicht übertreiben. „Bei Wasser sind die Schwankungen hoch. Deshalb sollte der Fremdkapital­anteil nicht höher als 30 bis 60 Prozent sein, also niedriger als bei ­Solar- und Windinvestments liegen“, empfahl Dr. Dieter Rentsch von Aquila Capital.  

_Fünf Prozent netto plus X ohne Leverage

  Die relativ gut kalkulierbaren Zahlungsströme sind für klassische Altersvorsorgeeinrichtungen interessant – aber auch für strategische Investoren, wie etwa Stadtwerke. Diese aktuelle ­Nachfragekonstellation und die tendenziell sinkenden Einspeisevergütungen drücken auf die Rendite. „Fünf Prozent netto plus X ohne Leverage sind aber immer noch gut erreichbar“, so Thomas Bargl. Der Berater von Faros Consulting hält neben dem deutschen Markt windreiche Standorte in Frankreich auch deshalb für attraktiv, weil hier die Entwicklung infolge der „Fünf Masten“-Regelung hin zu größeren Einheiten geht. Ein weiterer ­interessanter Standort für Onshore-Windparks sei Finnland. „Die wirtschaftliche Stabilität ist überzeugend, und es gibt sogar temporär eine höhere Einspeisevergütung als in Deutschland“, so Bargl.

Wichtig für die Nettorenditen sind natürlich auch die Fees, falls über einen geschlossenen Fonds der Zugang zu Renewables gesucht wird. Zumindest die Investoren waren sich einig, dass sich die Anbieter über ihre Gebührenmodelle Gedanken machen müssen.

Die Energiewende wird die öffentliche Diskussion und auch ­manche Anlageentscheidung künftig mitbestimmen. Auch wenn es schon einmal bessere Opportunitäten gab, ist von  Torschlusspanik abzuraten. „Das Angebot wird insbesondere bei Offshore-Wind weiter steigen“, prophezeite Joachim Fröhlich. Ein neues Angebot stammt übrigens von Union Investment. Die Genossen haben einen Infrastruktur-Sif aufgelegt, der breit diversifiziert in erneuerbare Energien mit Schwerpunkt auf europäische Windkraftanlagen investiert. Eine Beimischung von Photovoltaikanlagen von bis zu 30 Prozent sei ebenfalls vorgesehen. Für Geothermie sei dagegen der wirtschaftliche Nutzen­ im Verhältnis zu den hohen Kosten und Risiken bei Probe­bohrungen noch fraglich, und bei Biogasanlagen fehle heute schlicht die Marktgröße. Das Gesamtinvestitionsvolumen soll rund eine Milliarde­ Euro betragen.

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