Risikomanagement oder grüne Blase?

Unstrittig sind ein sich veränderndes regulatorisches Umfeld und eine niedrige Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit aus finanzieller Perspektive von wesentlicher Bedeutung. In einem Anlageprozess mit einem Schwerpunkt auf der Risikoanalyse sollte man diese Faktoren daher unbedingt berücksichtigen. In den USA hat die jüngste Gesetzesänderung des Department of Labor in Bezug auf die Anlagemöglichkeiten von Pensionsfonds für medialen und politischen Aufruhr gesorgt.

Die Verwirrung in der Presse und im politischen Diskurs scheint primär auf eine mangelnde Differenzierung zwischen ethischem und nachhaltigem Anlegen, Impact Investing und ESG-Integration zurückzugehen. Natürlich lässt sich nicht immer objektiv feststellen, inwieweit ein ESG-Thema finanziell wesentlich ist. Noch unklarer wird die Situation, wenn ESG-Informationen nicht nur zur Optimierung von Risk und Return genutzt werden sollen, sondern auch die Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen oder ein zusätzliches Exposure in Unternehmen mit positiver Wirkung angestrebt werden. Möglicherweise birgt dies finanzielle Risiken und Chancen. Allerdings können diese auch bereits eingepreist sein, und in manchen Fällen geht es darum, Kundenwünschen in Bezug auf einen bestimmten Anlagestil nachzukommen.

Eine detaillierte weltweite Studie ergab, dass 82 Prozent der Anlageverwalter in ihrem Anlageprozess ESG-Informationen verwenden. Die meisten von ihnen möchten auf diese Weise die Performance steigern oder Kundeninteressen bedienen. Dieser starke Fokus auf die Integration von ESG-Kriterien in der Vermögensverwaltung gibt Anlass zur Sorge, dass ESG als Konzept Bewertungsblasen verursachen könnte und Kapitalströme verstärkt in eine begrenzte Anzahl von nachhaltigen Wertpapieren fließen. Eine Analyse der Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnisse deutet aber darauf hin, dass Unternehmen mit mittlerem ESG-Rating am höchsten bewertet werden und solche mit hohen und niedrigen ESG-Ratings sowie Clean-Tech-Unternehmen dahinter zurückbleiben.

Angesichts dieser unterschiedlichen Bewertungsmerkmale sind wir nicht von der Existenz einer grünen Blase überzeugt. Die Vorschriften sind so weit gefasst und die Kundeninteressen im ESG-Bereich so vielfältig, dass derzeit aller Wahrscheinlichkeit nach keine Konzentration bis hin zur Blasenbildung zu befürchten ist. Die Berücksichtigung von fundamentalen, makroökonomischen, geopolitischen und auch ESG-Kriterien ermöglicht es uns, die Erwartungen der Anleger zu erfüllen.

Lloyd McAllister, Head of Sustainable Investment, Carmignac

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