Erwartungen an Kunming

Wer das Konzept der Planetaren Grenzen kennt, weiß, dass bei kaum einer anderen ökologischen Dimension die Alarmzeichen so stark auf Dunkelrot stehen wie beim Artensterben. Wer einen Blick in die Berichte des Weltbiodiversitätsrats geworfen hat, versteht den Zusammenhang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen. So wird die Bekämpfung von Hunger und Armut ohne den Erhalt der ­Artenvielfalt kaum zu erreichen sein. Die Biodiversitätsstrategie der EU verrät etwas über das ökonomische Ausmaß dieser Krise. Über die Hälfte des ­globalen BIP hängt von der Natur und ihren Dienstleistungen ab. Besonders das Bauwesen, Landwirtschaft ­sowie Lebensmittel und Getränke sind betroffen. Aus den ökonomischen Risiken resultieren finanzielle, die sich – ­analog zum Klimawandel – in transformatorische, physische, ­sowie Klage- und Systemrisiken untergliedern lassen, wie etwa der WWF in einer Studie ausführt. So können durch physische ­Schäden in Ökosystemen direkt finanzielle Verluste für Unternehmen und ­Investoren entstehen. Werden ganze Regionen von den Folgen des Rückgangs der ökologischen Vielfalt getroffen, kann auch die ­Stabilität des Finanzsystems bedroht sein.

Durch derartige Fragen motiviert hat die niederländische Zentralbank eine Analyse mit folgendem Ergebnis durchgeführt: Finanzinstitute allgemein und diejenigen des Königreichs sind wesentlichen Biodiversitätsrisiken ausgesetzt. Die Behörde empfiehlt, diese auf Institutsebene zu identifizieren, etwa mittels Szenarioanalysen und Stresstests. Daneben legt sie entsprechende Sorgfaltspflichten, qualitative Kreditbedingungen und Engagement nahe.

Zentral aus Sicht der Behörde ist zudem, konsistente und breit ­angewendete Standards für die Messung und Berichterstattung von Biodiversitätsrisiken zu entwickeln. Insbesondere an Letzterem arbeitet die 2020 angestoßene Taskforce on Nature-related ­Financial Disclosures, die dabei auf Erfahrungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures aufbauen kann.

Schritte im Kampf für den Klimaschutz auf Biodiversitätsfragen zu übertragen, kann auch in anderen Kontexten sinnvoll sein. So ist aus Fachkreisen zu vernehmen, dass für den nächsten Weltbio­diversitätsgipfel, der im Mai 2021 im chinesischen Kunming stattfinden soll, ein Passus analog zum Artikel 2c des ­Klimaabkommens in Vorbereitung ist: Finanzströme in Einklang mit einem Pfad zum ­Erhalt der Artenvielfalt bringen. Das wäre ein starkes Signal. Ein öffent­liches Zeichen gesetzt haben bereits jene Finanzakteure, die sich dem Finance for Biodiversity Pledge angeschlossen haben.

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