Gebot der Menschlichkeit, nicht der Rendite

Diversity – der Begriff scheint das Potenzial in sich zu tragen, zu ­einem Reizwort in der Debatte um die richtige Governance zu ­werden. Etwas, das Investoren und Führungskräfte kontinuierlich auf dem Radar haben sollten. Zu hoch scheint das Reputationsrisiko,­ zumal ja auch Studien noch suggerieren: „Diversity matters“.

Allerdings ist hier auch Vorsicht geboten: Etliche Studien gehen mit Korrelationen und Kausalitäten allzu oft fahrlässig um. Sind die unternehmerischen Erfolge eindeutig auf diverse Teams ­zurückzuführen? Ist im Umkehrschluss bei homogener Struktur der Misserfolg vorprogrammiert? Heißt: Organisationen brauchen einen anderen­ Zugang zum Umgang mit Diversity als den rein ökonomischen. Denn: Diversity­ ist ein Gebot der Chancengerechtigkeit, und damit ein Gebot der Menschlichkeit, und erst in zweiter Linie eine Frage der Rendite oder des Erfolges!
Deshalb kommt an dieser Stelle nun die Organisationskultur ins Spiel. Denn abseits der Hochglanz-Leitbilder spielt sich vieles in Organisationen unter der Oberfläche ab: Glaubenssätze („Das geht alles den Bach runter“), interne Regeln („Ohne HR läuft gar nichts“), versteckte Anreize („Am Ende zählt nur der Auftrag“) oder hidden clashes („Das Controlling ist schuld“). Die oft unausgesprochenen Bewertungen sind es am Ende, die auch Diversität an ­vielen Stellen verhindern – die so genannten unconscious bias!
Diversity steht und fällt mit der Aufdeckung ungeschriebener ­Gesetze in Organisationen. Deshalb ist für die oberste Führung die Gestaltung der Organisationskultur „Chefsache“. Warum? ­Nehmen wir das Gender-Beispiel. Die Studie „Vielfalt ins Topmanagement“ von Cornelia Edding bestätigt, dass die Rückendeckung der obersten Führung essenziell ist, damit – wie in diesem Fall – Frauen ge- und befördert werden. Aktuelle Studien des Kompetenzzentrums der Bertelsmann-Stiftung ­untermauern zudem latente ­Annahmen: Zum einen gibt es noch viele Frauen, die ihr Mutter­dasein ­verschweigen, weil sie Nachteile in der Karriere befürchten! Eine andere Befragung besagt, dass in der Coronakrise Frauen ­einer ­hohen Doppelbelastung durch Homeschooling ausgesetzt sind. Schnell haben sich wieder alte Rollenmuster herausgebildet. ­Waren sie vielleicht niemals weg? Um nicht falsch verstanden zu werden: Jede Maßnahme und jedes Programm zur Förderung von Diversity ­bleiben wichtig! Trotzdem zeigen die obigen Beispiele, wie ­entscheidend es für jede Orga­nisation ist, regelmäßig die Unternehmenskultur auf unconscious bias abzuklopfen.

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