Biodiversität für Banken: Baum und Bilanz
Ab Januar 2026 gelten für Banken strengere Vorgaben für das Management von ESG-Risiken: Künftig müssen sie zusätzlich überwachen, welche negativen Auswirkungen ihr Geschäft auf die biologische Vielfalt hat. Obwohl die Umsetzung noch unklar ist, sollten Banken sich bereits jetzt mit Biodiversität befassen.
Seit 2015 hat sich Nachhaltigkeit für die Finanzbranche zum Imperativ entwickelt. Standen zunächst Umweltaspekte im Fokus, so verpflichtet die Regulatorik mittlerweile, auch soziale und Governance-Faktoren zu berücksichtigen. Neue Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde verschärften die Anforderungen: Ab Anfang nächsten Jahres müssen große Banken die Auswirkungen auf Biodiversität und Ökosysteme mit ähnlichem Gewicht und Genauigkeit wie Risiken aus dem Klimawandel behandeln. Das stellt Banken vor Herausforderungen.
Die erste Herausforderung ist, dass ESG- und Biodiversitätsziele in Konflikt stehen können. Ein Beispiel sind Windparks, die einerseits „grüne“ Energie erzeugen und andererseits die Biodiversität beeinträchtigen können. Banken müssen dann abwägen, welche Faktoren sie höher gewichten. Das führt zu einer weiteren Herausforderung: Noch existiert kein Monitoring für Biodiversität und es ist unklar, welche Daten für die Risikobewertung erforderlich sind. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde arbeitet derzeit an Empfehlungen. Dabei ist es nicht zielführend, langwierige Diskussionen über die Messmethodik zu führen. Entscheidender ist vielmehr, die positiven und negativen Wirkungszusammenhänge zu verstehen und zu beurteilen, welche davon überwiegen.
Die dritte Herausforderung betrifft Verfügbarkeit und Beschaffung der Daten. Ein Ansatzpunkt können bestehende Datenbanken wie etwa Exiobase sein. Aber für eine fundierte Risikobewertung wird das nicht ausreichen. Daher werden Banken die Informationen auch direkt von ihren Kunden, etwa im Rahmen der Kreditvergabe, abfragen müssen. Es erfordert Fingerspitzengefühl, alle relevanten Informationen zusammenzutragen, ohne dabei die Kunden mit Fragebögen und Formularen zu überhäufen. Letztendlich ist es eine Abwägung, ob die Institute die Kennzahlen zu Biodiversität nur bei Großprojekten wie einem Windpark oder selbst bei einer Baufinanzierung für ein Einfamilienhaus erheben wollen.
Es wird noch dauern, bis Biodiversität in der Risikobewertung dieselbe Qualität wie die ESG-Kriterien erreicht. Doch gerade deswegen ist es wichtig, dass sich Banken jetzt damit auseinandersetzen und einen ökonomisch vertretbaren Umgang entwickeln.
Autoren: Holger Wußler In Verbindung stehende Artikel:


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