Zeitenwende für die Automobilindustrie

Die europäische Automobilindustrie steht am Scheideweg. Der Wandel hin zur Elektromobilität hatte die Branche schon vor ­Corona in Mitleidenschaft gezogen. Die pandemiebedingte Absatzschwäche hat die Probleme noch weiter verschärft. Die Wahrheit ist: Schon vor der Pandemie waren 20 Prozent der globalen Produktionskapazitäten obsolet. Post-­Corona werden schneller Werke geschlossen und Mitarbeiter entlassen. Zu erwarten ist, dass vor allem die Fertigung von Kleinwagen gedrosselt wird. Die Nachfrage nach SUVs hält unvermindert an und die meisten Kleinwagen sind für die Konzerne nicht profitabel genug.

Soweit die schlechten Nachrichten. Es gibt aber durchaus Anlass zur Hoffnung. So hat die Europäische Union die Förderung für ­saubere Fahrzeuge drastisch erhöht und will mit Kaufanreizprogrammen in Höhe von rund 20 Milliarden Euro die Menschen hin zu alternativen Antriebsformen lotsen. Die entsprechende Infrastruktur soll zudem deutlich verbessert werden. Die dritte Säule ist ein neuer 40 bis 60 Milliarden Euro schwerer Automobile Investment Fund für mehr Forschung zu und Investitionen in CO₂-freie Antriebstechnologien. Der Fokus liegt dabei auch auf einer CO₂-armen Produktion der Batterien – weg von der kohleintensiven Fertigung.

Die Krise eröffnet Europa somit die Chance, echte ­alternative ­Antriebsformen zu entwickeln. Der Automobile Investment Fund ist offen für Antriebsalternativen wie Brennstoffzellen und ­effiziente Diesel- oder Gasverbrennungsmotoren und soll nicht ausschließlich die Elektromobilität fördern. Darüber hinaus ­werden Investitionen in alternative Kraftstoffe intensiviert. Biomethan, aber auch ­Bioethanol und Biodiesel der zweiten ­Generation ­können ­einen erheblichen Anteil zur CO₂-Reduzierung im Verkehrssektor ­beitragen. Auch Wasserstoff und Brennstoffzellen sind mögliche Alternativen sowohl für Pkws ebenso wie für Lkws, Schiffe und Flugzeuge. Für Investoren sind derlei Förderprogramme von zentralem Interesse. Aktien europäischer Automobilkonzerne haben in der Vergangenheit nicht unbedingt mit deutlichen Kurssteigerungen überzeugt, sondern blieben seit Langem hinter dem ­Gesamtmarkt zurück. Die Kursentwicklung spiegelt damit auch ein Stück weit die Erwartung der Investoren und die Zukunftsfähigkeit der jeweiligen Geschäftsmodelle wider. Beides lässt aktuell etwas zu wünschen übrig. Doch das kann sich ändern. Wenn die Automobilindustrie schlüssige Konzepte und attraktive Modelle für eine Zukunft ohne Verbrennungsmotoren vorlegen kann, gibt es auch an der Börse wieder Luft nach oben.

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