Recht, Steuer & IT
9. Dezember 2020

EZB mahnt Banken

Teils zu wenige Rückstellungen. 1,4 Billionen Euro notleidende Kredite in Bankbilanzen möglich.

Die EZB warnt in einem Brief an die CEOs der größten europäischen Banken vor unzureichenden Vorsichtsmaßnahmen bezüglich ausfallenden Krediten. Andrea Enria, Chair of the Supervisory Board der EZB, bezieht sich dabei auf Guidance, welche die EZB im Frühjahr erlassen hatte und welche für die Banken Erleichterungen bei der Eigenkapitalhinterlegung, aber auch Anforderungen im Risikomanagement mit sich brachte. In letzterem Punkt ist Enria offenbar unzufrieden: „Im Zuge des Fortschreitens der Covid-19-Pandemie wurden im Rahmen der Aufsichtstätigkeit der EZB bei der Umsetzung des Schreibens vom 1. April 2020 heterogene Praktiken bei wichtigen Institutionen festgestellt.“ Er mahnt die Banken, ein stringentes Risiko-Assessment mit Blick auf die einzelnen Risiken der Schuldner durchzuführen und ausreichende Rückstellungen zu bilden. Denn die Szenarien der EZB sind düster: Enria schätzt, dass ein Anstieg der notleidenden Kredite in Bankbilanzen von derzeit 503 Milliarden Euro auf 1,4 Billionen Euro im Bereich des Möglichen ist.

Das Problem der Bankenaufseher in dieser Phase ist offensichtlich, dass sie angesichts des Wirtschaftseinbruchs und der erwarteten Insolvenzen einerseits massive Risiken in den Bankbilanzen finden können, andererseits die Banken eine Rolle in der kommenden Erholung spielen sollen: „In dieser Hinsicht ist es von entscheidender Bedeutung, dass bedeutende Institutionen das richtige Gleichgewicht zwischen der Vermeidung einer übermäßigen Prozyklizität und der Gewährleistung finden, dass die Risiken, denen sie ausgesetzt sind (oder sein werden), in ihren internen Risikomess- und Managementprozessen, ihren Jahresabschlüssen und ihrem regulatorischen Berichtswesen angemessen berücksichtigt werden“, heißt es in dem Brief.

Niedrige Insolvenzzahlen in Deutschland täuschen

Blickt man auf die Insolvenzzahlen für Deutschland, welche Creditreform jüngst für das Jahr 2020 gemeldet hat, kann man sich leicht in (falscher) Sicherheit wiegen. So verzeichnete Creditreform mit 16.300 Fällen den niedrigsten Stand seit Einführung der Insolvenzordnung 1999. Die Fälle lagen damit um 13,4 Prozent niedriger als noch 2019. Grund ist natürlich die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Für das kommende Jahr rechnet Creditreform mit wieder steigenden Zahlen. Doch bereits aktuell steigen trotz der absolut niedrigeren Zahlen die Schäden für die Gläubiger von insolventen Unternehmen. Die offenen Forderungen lagen 2020 bei rund 34 Milliarden Euro, während sie 2019 noch bei 23,5 Milliarden Euro lagen. Grund ist die Zunahme von Insolvenzen von Großunternehmen wie Galeria Karstadt Kaufhof, Esprit und Bonita. Die durchschnittlichen Forderungsverluste pro Insolvenzfall lagen bei der Rekordsumme von zwei Millionen Euro. Auch mehr Arbeitnehmer waren betroffen: 332.000 Arbeitnehmer waren bei insolventen Unternehmen beschäftigt, deutlich über der Zahl von 218.000 Beschäftigten, die für 2019 gemeldet wurde.

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