Schwarzer Schwan
29. Januar 2021

Fantastilliardär

Bonus für alle!

In dieser Woche schaute die Welt auf „The Davos Agenda“ – obwohl in diesem Jahr in den Schweizer Alpen alles ruhig blieb, trafen sich die Regierungs- und Konzernchefs online auf der virtuellen Weltwirtschaftsforums-Plattform. Und pünktlich zum Beginn hatte auch diesmal wieder die internationale Nichtregierungsorganisation Oxfam einen Bericht vorgelegt: „Das Ungleichheitsvirus – Wie die Corona-Pandemie soziale Ungleichheit verschärft und warum wir unsere Wirtschaft gerechter gestalten müssen.“ Der Bericht zählt unter anderem auf, wie das Vermögen der im Dezember 2020 zehn reichsten Männer der Welt seit Februar 2019 „um fast eine halbe Billion Dollar auf 1,12 Billionen Dollar gestiegen“ sei. Auf der anderen Seite wachse hingegen die Armut, vor allem seien Frauen in Entwicklungsländern betroffen.

Diese Entwicklung bleibt auch deutschen CEOs nicht verborgen. Kurz vor seinem Abschied vergoss Siemens-Chef Joe Kaeser im Handelsblatt-Interview ein paar Krokodilstränen über die gesellschaftliche Spaltung: „Der Kasino-Kapitalismus ist zu weit gegangen“, sagte Kaeser. Die Eliten auch in der Wirtschaft müssten nun die gesellschaftliche Integration fördern. Notwendig seien „Sozialpartnerschaften moderner Prägung“. Ob er darunter den zeitgleichen Vorstoß von Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf zur Deckelung der Sozialabgaben und Abschaffung der Grundsicherung für arbeitsfähige Menschen verstand, welchen Siemens als viertgrößtes Mitglied des Industrieverbandes maßgeblich unterstützt? Oder seine persönliche Partnerschaft mit Siemens, die Kaeser zweistellige Millionengehälter im Jahr zur sozialen Absicherung bescherte?

Oxfam bringt in seinem Bericht gleich einen anderen Vorschlag, wie man die wachsende Ungleichheit bekämpfen könnte: „Allein mit dem Vermögen, das er zwischen März und August 2020 angehäuft hat, könnte Jeff Bezos allen 876.000 Mitarbeiter*innen von Amazon einen einmaligen Bonus von 105.000 US-Dollar zahlen.“

Für den Fall, dass der Vorschlag bei Entscheidern nicht fruchtet, geht Oxfam einen Schritt weiter und fordert, ganz marktwirtschaftlich orientiert, ein schärferes Kartellrecht, das es möglich macht, Konzerne als letztes Mittel zu entflechten. „Vielfältige, inklusive und durchlässige Marktstrukturen schaffen, statt exzessive Machtkonzentration bei einzelnen Konzernen zu befördern“, fordert Oxfam. „Es braucht ein effektives, gemeinwohlorientiertes Kartellrecht und sektorspezifische Regulierungen, um eine gerechte Verteilung von Gewinnen innerhalb der Lieferkette sicherzustellen.“

Mit Goethe mag man da nur erwidern:

Wer kann was Dummes,

wer was Kluges denken,

das nicht die Vorwelt

schon gedacht?

Entflechtung war in der US-Vorwelt schon immer eine valide Option. So wurde vor über 100 Jahren Standard Oil unter dem Sherman Antitrust Act in 34 Unternehmen zerschlagen. In letzter Zeit hört man des Öfteren, Weltkonzernen wie Facebook oder Google könnte per Gesetz ein ähnliches Schicksal drohen. Doch ob es letztlich soweit kommt ist fraglich. Immerhin laufen Kartellverfahren in den USA gegen beide Konzerne. Entflechtung: Eine neue Idee wäre das nicht, aber vielleicht eine gute? In diesem Fall wäre das Ganze weniger als die Summe seiner Teile.

Ein schönes Wochenende und schöne Boni wünscht Ihnen Ihre Redaktion von portfolio institutionell!

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