Investoren
9. Oktober 2019

Fiona Reynolds: „Eine klimaneutrale Asset-Allokation ist nicht einfach“

Interview mit Leiterin der UN-PRI über Aufgaben und Ziele der Net-Zero Asset Owner Alliance. Klimaneutralität bis 2050.

Mit der Net-Zero Asset Owner Alliance haben die größten Pensionsfonds und Versicherer 2019 unter der Leitung der UN Principles for Responsible Investment eine globale Initiative zur Begrenzung der globalen Klimaerwärmung gegründet. Ihr Ziel ist es, bis 2050 klimaneutral zu sein und damit zu einer Erfüllung des 1,5 Grad-Ziels beizutragen. Angestoßen wurde die Initiative bereits Anfang 2019 und im Rahmen des New Yorker Klimagipfels präsentiert. Initiert wurde das Bündnis unter anderen von der Allianz und der schwedischen Folksam Group, auch Alecta, Nordea Life und Zurich gehören zu den Gründungsmitgliedern. Allianz-CEO Oliver Bäte appellierte persönlich an Versicherer und andere Investoren, der Initiative beizutreten. Zusammen bringen die Asset Owner ein Anlageportfolio von 2,4 Billionen US-Dollar zusammen. Patrick Eisele tauschte sich mit Fiona Reynolds, Leiterin der UN PRI, über Ziele und Aufgaben dieser neuen Klima-Allianz der institutionellen Investoren aus.

Als Organisation setzt sich PRI für Nachhaltigkeit über das gesamte Spektrum von ESG-Investments ein. Bedeutet die Unterstützung der Net-Zero-Alliance nicht eine zu enge Fokussierung?

Tatsächlich haben wir die nachhaltige Kapitalanlage in all ihren Facetten im Blick. Dazu gehört auch der Klimaaspekt. Gerade hier sehen wir gegenwärtig dringenden Handlungsbedarf für Investoren. Die Zeit drängt. Darüber hinaus gilt es, ESG-Faktoren nicht isoliert, sondern als miteinander verknüpft zu betrachten. Der Klimawandel birgt nicht nur Gefahren für die Umwelt, sondern auch für das soziale Gefüge.

Die Kooperation mit der Net-Zero-Alliance ist im Übrigen nur der jüngste Ausdruck unseres Engagements in diesem Bereich. Wir arbeiten bereits seit einiger Zeit mit einer Reihe von Klimaschutzinitiativen zusammen. Dazu zählen etwa Climate Action 100+ oder die sogenannte Investor Agenda. All diese Initiativen senden starke Signale an die Asset Owner, sich des Themas anzunehmen. Auch die Net-Zero-Alliance macht deutlich, wie wichtig die Dekarbonisierung von Portfolien und das aktive Gespräch mit Portfoliounternehmen ist.

Besteht nicht die Gefahr, dass durch die Fokussierung auf den Klimaaspekt andere wichtige Ziele vernachlässigt oder sogar beschädigt werden?

Was die PRI angeht, so kann ich das klar verneinen. Wenngleich Dekarbonisierung für uns gegen­wärtig einen Schwerpunkt darstellt, so bieten wir Investoren Unterstützung, Aufklärung und Erfahrungsaustausch über die gesamte Breite von ESG-Themen. Von Biodiversität, Wasserverknappung über gerechte Bezahlung bis hin zur sozialen Gerechtigkeit decken wir alle relevanten Themen unter Einbeziehung aller Asset-Klassen regelmäßig ab.

Woraus ergibt sich die Bedeutung des Zieldatums 2050? Wurde dies eher mit Blick auf den Klimaschutz oder die Umstellung der Asset-Allokation gewählt?

Das Datum ergibt sich aus dem IPPC-Bericht und dem Pariser Klimaschutzabkommen. Sollten wir schneller vorankommen, umso besser. Klar ist allerdings, dass der Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft nicht einfach ist und Zeit in Anspruch nehmen wird. Denn alle wichtigen Bereiche der Wirtschaft sind von Umstellungsherausforderungen betroffen. Die Umstellung wird daher nicht über Nacht geschehen können. Auch der aktive Dialog von Investoren und Unternehmen wird Zeit brauchen. Vor diesem Hintergrund kann eine klimaneutrale Asset-Allokation nicht von heute auf morgen erfolgen. Allerdings ist es durchaus ein ermutigendes Zeichen, dass sich immer mehr Investoren auf dieses Ziel verpflichtet fühlen.

Wie unterscheidet sich die jüngste Investoren-Allianz von anderen Klimainitiativen wie zum Beispiel der Climate Action 100+?

Die neue Allianz umfasst ausschließlich Investoren aus den Bereichen Pensionsfonds und Versicherer. Ihr Ziel  ist die Erreichung von klimaneutralen Portfolios der Mitglieder bis 2050. Climate Action+ ist etwas anders aufgestellt. Hier finden sich über 300 Investoren aus allen Bereichen. Diese haben sich verpflichtet, über einen aktiven Dialog auf die weltweit 100 größten CO2-Emittenten dahingehend einzuwirken, ihre Kohlenstoffemissionen drastisch zu verringern.

Wessen Idee war die Gründung der Net-Zero-Alliance?

Die Initiative geht auf eine kleine Zahl an Asset Ownern zurück, die sich an uns und die UNEP FI gewandt haben, um neue Wege bei der Dekarboniserung zu gehen. Die Idee war, ein hochambitioniertes Leuchtturmprojekt zu initiieren. Als Ergebnis entstand die Net-Zero-Alliance. Unterstützt wird die Initiative unter anderem vom WWF.

Was plant PRI für die nächsten Monate, auch in Deutschland?

Ein Schwerpunkt der PRI-Arbeit wird unser Inevitable Policy Response-Papier sein. Vor dem Hintergrund der aktuellen technologischen und vor allem politischen Entwicklung will dieses Papier Investoren für das sensibilisieren, was in Zukunft auf sie zukommen könnte. Ziel ist es, das Handeln der Anleger an die sich verändernden politischen Rahmenbedingungen beim Klimaschutz anzupassen. Konkret sehen wir acht Felder, auf denen die Politik bis 2025 zum Umbruch an den Märkten beitragen könnte. Aus Sicht der PRI werden diese Umbrüche heftiger ausfallen als dies von den meisten Investoren und Unternehmen gegenwärtig angenommen wird. Auch in Deutschland wird die Auseinandersetzung mit der Inevitable Policy Response eine wichtige Rolle spielen. Das Klimapaket der Bundesregierung macht deutlich, dass die deutsche Politik künftig stärker in unterschiedliche Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft eingreifen wird. Die Inevitable Policy Response ist hier also schon spürbar.

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