30. Januar 2014

Gute Corporate Governance – aber nicht im eigenen Haus

Die UN-Initiative „Principles for Responsible Investment“ hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 2005 zu ­einer die globale Finanzwelt umspannenden Bewegung institutioneller Investoren gemausert. Binnen weniger Jahre ist das Netzwerk von zunächst 20 auf über 1.000 Organisationen gewachsen. Doch der Zuspruch droht sich ins ­Gegenteil zu verkehren.

Sechs kurze Grundprinzipien bilden als freiwillige Selbstverpflichtung für die Akteure bei den UN PRI einen systematischen Rahmen für nachhaltige und verantwortliche Kapitalanlage. Offensichtlich handelt es sich für viele der Signatoren dabei nicht bloß um Lippen­bekenntnisse, um sich in ein besseres Licht zu rücken. Vielmehr setzen sich die Nachhaltigkeitsverfechter zusammen und erörtern in ­Arbeitsgruppen aktuelle Fragestellungen, wie etwa die Bedeutung von ESG-Kriterien bei der Risikoanalyse von Staats- und Unternehmensanleihen. Außerdem drängen sie immer häufiger darauf, dass die ­Unternehmen, in die sie investieren, ebenfalls nachhaltig agieren.

In einer Welt, die sich zur Nachhaltigkeit bekennt, ­schreiben sich ­immer mehr Investoren und Asset Manager die heutige Weltanschauung auf die Fahne. Insofern verwundert es nicht, dass unter den derzeit 1.231 auf der Homepage der Investoreninitiative aufgelisteten ­Unterzeichnern die Gruppe der Asset Manager dominiert. Knapp zwei Drittel ­aller Signatoren, darunter Branchengrößen wie die Alberta Investment Management Corporation (Aimco), mit rund 48 Milliarden ­Euro an verwaltetem Vermögen einer der größten Fondsmanager Kanadas, stammen aus dieser Fraktion. Prozentual weniger dominant ist die Gruppe jener Anleger, die mit eigenem Geld hantieren. Ein gutes Fünftel der UN-PRI-Verfechter entfällt auf die Asset Owner. Der r­elativ überschaubare Anteil kann jedoch nicht darüber hinweg­täuschen, dass sich bei den UN PRI einige der größten Kapitalsammel­stellen der Welt tummeln. Beispielsweise der rund 20 Milliarden ­Euro schwere BP Pension Fund aus Großbritannien, der mit Assets in ­Höhe von 88 Milliarden Euro agierende Ontario Teachers‘ Pension Plan oder der National Pensions Reserve Fund of Ireland, der es ­immerhin auf ein Anlagevolumen von 15,6 Milliarden Euro bringt. Der Rest vom Schützenfest bei den UN PRI besteht derzeit aus 182 ­Finanzdienstleistern, die unter den Nachhaltigkeitsverfechtern einen Anteil von derzeit rund 15 Prozent ausmachen.

Anspruch und Realität
Der Anspruch, der die Signatoren dazu animiert, bei den UN PRI mitzumischen, ist der Drang der Nachhaltigkeit. Die Evange­lische ­Kreditgenossenschaft (EKK) beispielsweise, die im Oktober 2012 als erste Kirchenbank die Prinzipien der Vereinten Nationen ­unterzeichnet hat und zum überschaubaren Grüppchen der aus Deutschland stammenden PRI-­Signatoren zählt, erläutert: „Die EKK bemüht sich schon lange um nachhaltiges Handeln. So haben wir beispielsweise als eine der ersten Banken in Deutschland bereits 1991 den Öko-Aktienfonds ins Leben gerufen.“ Mit der Unterzeichnung der Richtlinien verpflichtete sich die EKK nun, ihre Investitionen nach ökologischen, öko­nomischen und sozial-ethischen Standards zu wählen. Ziel sei der Schutz der Umwelt, die Einhaltung sozialer Standards und eine verantwortungsvolle Unternehmensführung.

Anlässlich des jüngsten Treffens des deutschen PRI-Netzwerks im November, erläuterte der Geschäftsführer der Metall-Rente GmbH, Heribert Karch, warum das Versorgungswerk (ebenfalls im Jahr 2012) die Prinzipien signiert hat: „Wir haben eine treu­händerische Verantwortung gegenüber unseren Anspruchs­berechtigten. Deshalb ent­halten bereits die Gründungsbedingungen des Versorgungswerks den Ansatz einer nachhaltigen Kapitalanlagestrategie. Die Unterzeichnung der PRI war somit ein logischer Schritt, mit dem wir ­zudem den Austausch unter Investoren weiter ver­stärken.“
Stand heute mischen 47 deutsche Gesellschaften, darunter die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und die Allianz SE, bei den UN PRI mit. Auch die KfW, die der UN-Initiative schon im Jahr 2006 beigetreten ist und ihr Liquiditätsportfolio seit 2008 nachhaltig verwaltet, ist mit von der Partie. Nach Ansicht von Dr. Frank Czichowski, Treasurer der KfW-Bankengruppe, bieten die PRI einen hervorragenden ­Rahmen für verantwortungsbewusstes Investieren. „Es reicht jedoch nicht“, betont Czichowski, „wenn vereinzelte Investoren verantwortlich ­anlegen, um eine starke Wirkung zu entfalten. Hier gilt: Kapital kann eine Menge bewegen, wenn möglichst viele Anleger entsprechend ­handeln.“ Es komme nun darauf an, die Qualität der Um­setzung der Prin­zipien weiter zu steigern und neue Unterzeichner bei ihrem ­Engagement zu unterstützen, so der Treasurer.

Fakt ist: Viele Signatoren engagieren sich tatkräftig, wenn es darum geht, dem Anspruch der UN PRI gerecht zu werden. Und die ­Anzahl der Netzwerker wächst. Allerdings waren in jüngster Zeit auch Stimmen zu vernehmen, die darauf hindeuten, dass sich der Zuspruch der Investmentbranche ins Gegenteil verkehrt. So haben sechs dänische Pensionseinrichtungen im Dezember angekündigt, die ­private Organisation, die sich hinter den PRI verbirgt, zu verlassen. Wie einer gemeinsamen Stellungnahme von ATP, Industriens ­Pension, Pension Danmark, PFA Pension, PKA und Sampension zu entnehmen ist, wollen sie der Organisation fern­bleiben, bis sie sich selbst wieder zu den grundsätzlichen Anfor­derungen guter Unternehmensführung bekennt. „Die UN PRI spielen eine große Rolle, wenn es ­darum geht, verantwortungsvolles ­Investieren zu fördern und die ­herausragende Bedeutung guter ­Unternehmensführung in den ­Unternehmen weltweit in den Mittelpunkt zu stellen. Gleichwohl ­haben wir über einen längeren Zeitraum hinweg mit Sorge beobachtet, dass die Governance der PRI-Orga­nisation nicht den grundsätz­lichen Anforderungen gerecht wird, die wir als Investoren von den ­Unternehmen erwarten, in die wir investieren“, so der Vorwurf.

Offenbar gab es in der Vergangenheit bereits zahllose Versuche, die Umstände und Bedingungen innerhalb der PRI zu verbessern, ohne dass sich etwas zum Besseren gewandt hätte. Vor diesem Hintergrund haben sich die Altersversorger dazu entschlossen, „die PRI zu verlassen, bis die Organisation die fundamentalen Prinzipien ­guter ­Unternehmensführung wieder einführt.“ Wie ihrem Statement ­weiter zu entnehmen ist, hat die UN-Initiative in den Jahren 2010 und 2011 ­radikale Veränderungen an der Satzung vorgenommen, ­ohne die ­Mitglieder diesbezüglich anzu­hören. Inwieweit dieser Sachverhalt neue Interessenten vergrault, bleibt abzuwarten. Die Kritiker jedenfalls halten sich die Option auf eine Rückkehr offen. Das wiederum könnte den UN PRI wieder Auftrieb verleihen, der ­allein mit gut ­gemeinten Worten niemals zu bewerkstelligen wäre. Die ­Rede ist von einem Leitfaden, der unlängst durch die Prüfungs­gesellschaft PWC im Auftrag des Bundesumweltministeriums zu den UN PRI erstellt wurde. ­Damit will man deren Verbreitung hierzulande voran­treiben. Ob das gut gemeinte Vorhaben aber etwas bringt, solange die PRI-­Organisation mit ihren Mitgliedern auf Kriegsfuß steht?

portfolio institutionell, Ausgabe 1/2014

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