Schwarzer Schwan
25. Juli 2012

Honeckers FX-Manager

Lesen Sie in dieser Ausgabe des Schwarzen Schwan der Woche, mit welchen Mitteln der oberste Westgeld-Beschaffer das FX-Management der DDR steuerte.

Ein schwarzer Schwan symbolisiert bekanntlich unvorhergesehene Ereignisse, mit denen man aus der reinen Vergangenheitsbetrachtung nicht rechnen konnte. Ein solcher schwarzer Schwan flatterte am 6. Dezember 1989 der Justizvollzugsanstalt Moabit in West-Berlin zu: Alexander Schalck-Golodkowski, oberster Geldbeschaffer der DDR und damit eine der wichtigsten Stützen des Regimes, bat laut der Zeitung „Die Welt“ den Klassenfeind darum, eingesperrt zu werden. Er fürchtete offenbar den Zorn des Volkes oder die Rache von Geheimdiensten. Während sich andere Schergen des Regimes in Botschaften des befreundeten Auslands absetzten, suchte Schalk-Golodkowski also im Westen Schutz. Dass der „dicke Alex“, Leiter der Abteilung Kommerzielle Koordinierung, kurz Koko, sich nur wenig später unbehelligt am Tegernsee niederlassen konnte, kann man als gelungene Resozialisierung oder auch als weiteren schwarzen Schwan sehen. Dort konnte er auch vor kurzem seinen 80. Geburtstag feiern.
Als hierzulande noch niemand mit dem Begriff FX-Management etwas anfangen konnte, war Alexander Schalck-Golodkowski als oberster Devisenbeschaffer der Deutschen Demokratischen Republik schon längst dick im Geschäft. Nachdem der Mauerbau den Abfluss von Humankapital einigermaßen aufhalten konnte, war der Zufluss von Westgeld vom Klassenfeind für die permanent klamme DDR lebensnotwendig. Darum kümmerte sich Schalck-Golodkowski, der in seinem fehlenden Unrechtsbewusstsein, seiner Geschäftstüchtigkeit und seinem Erscheinungsbild stark dem „Oberhacker“ Kim Dotcom Schmitz ähnelt.
Das Schalck-Imperium erwirtschaftete nach Darstellung des 2004 veröffentlichten MfS-Handbuchs von Reinhard Buthmann über 25 Milliarden Valuta-Mark. Sein Wirtschaften war zumindest in dem Sinn nachhaltig, dass die einzelnen Geschäftsmodelle – zumindest in einer Diktatur – nachhaltig waren: illegaler Waffenhandel in Krisengebieten, Import von BRD-Sondermüll, Verhökern von Regimegegnern gepfändeten Kunstgegenständen in den Westen und die besonders lukrative Business-Einheit "Häftlingsfreikäufe von DDR-Bürgern". Für diese Geschäfte gab es harte Devisen, die wiederum in dreilagiges Toilettenpapier und schwedische Autos für die Herrschaften in der Waldsiedlung Wandlitz sinnvoll investiert wurden. Die Koko ließ aber wenigstens 1986 auch die verbliebenen DDR-Bürger nicht darben: Nach der Katastrophe von Tschernobyl war dem Westen der Appetit auf Obst und Gemüse vergangen – und dafür die Regale in den Ostläden endlich einmal voll. 
Der Altmeister im skrupellosen FX-Management und die Redaktion von portfolio institutionell wünschen Ihnen eine schöne Zeit. Nach der Sommerpause wird die Suche nach dem Schwarzen Schwan ab 10. August fortgesetzt.
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