Stiftungen
17. Dezember 2021

Im gleichen Boot

Der zinsbedingte Auszug aus der alten Pfandbrief-Welt ist insbesondere für kleinere Anleger beschwerlich. Diese Investoren finden meist keine für ihre Bedürfnisse und Anlagegrößen passenden Angebote. Interessant ist darum für kleine Anleger die Möglichkeit, im ­Kollektiv auf eine kritische Masse zu kommen.

Institutionelle Strukturen auch für kleinere Investoren! – dies ist der ­Leitgedanke für den EJS-Stiftungsfonds. Dabei handelt es sich um ­einen von Jens Güldner, Leiter Vermögens- und Stiftungsmanagement der Johannesstift Diakonie gAG, im Jahr 2010 initiierten ­Spezialfonds, der als institutionelles Vehikel auch anderen Anlegern ­offensteht.

Von dieser nachhaltigen Pooling-Lösung machen immer mehr (kleinere) Investoren für ihre Kapitalanlage Gebrauch. Wesentlicher Grund für deren Beitritt: Gemeinsam ­investiert es sich eben effizienter.

Herr Güldner, wie verlief 2021 bislang für den EJS-Stiftungsfonds? Welches Volumen, welche Anlegerzahl und welche Performance hat der Spezialfonds erreicht?

Jens Güldner: Gestartet sind wir mit 15 Millionen Euro am 1. Februar 2010. Aktuell (5. November) steht das Fonds-Volumen bei über 72 Millionen Euro. Dieses Volumen lässt sich effizienter und professioneller bewirtschaften, als wenn jeder der nun 21 Anteilseigner selbst kleine Mandate vergeben würde. Die Performance beläuft sich year to date auf zehn Prozent. Seit Auflage 2010 beträgt die Performance 45,57 Prozent.

Klar ist es schön, jedes Jahr deutlich im Plus zu sein. Unser Ziel ist aber, über fünf Jahre hinweg eine Rendite in Höhe der Inflation plus ein bis zwei Prozent zu erreichen und stets genug Ertragskraft für Ausschüttungen zu haben. Das gelang uns bislang immer.

Zu welchen Anlegergruppen zählen die Co-Investoren?

Güldner: Zum Großteil handelt es sich um gemeinnützige Organisationen. Meistens sind es Stiftungen bürgerlichen Rechts. Bei einem Anleger handelt es sich um eine ­Körperschaft des öffentlichen Rechts, bei einem um einen eingetragenen Verein und bei einem um eine Baugenossenschaft. ­Eine Universität und ein Arbeitgeber­verband zählen auch zum Anlegerkreis. Dies trägt dann auch zu einem ­interessanten Austausch in den Anlageausschusssitzungen bei. Wichtig ist, dass alle Anteilseigner an einem Strang ziehen, dass alle eine relativ ­identische Anlagephilosophie verfolgen.

Im Schnitt investieren die Anleger etwa 3,5 Millionen Euro. Wie groß sind denn die Spannweiten um diesen Wert?

Güldner: Regulatorisch muss ein Spezialfonds- (Spezial AIF) Anleger neben einem gewissen Finanzkenntnisstand mindestens 200.000 Euro mitbringen. Um die Kosten möglichst gering zu halten, sehen wir ein Mindestvolumen von einer halben Million Euro vor. Viele unserer Anleger haben vier bis fünf Millionen Euro investiert.

Deutlich mehr Volumen entfällt auf den mit 26 Prozent größten Anteilseigner, die ­Johannesstift Diakonie. Einschließlich von JSD-Tochtergesellschaften halten wir 34,2 Prozent der Fondsanteile. Das Evangelische Johannesstift SbR (EJS) hält 23,3 Prozent. Das Evangelische Johannesstift und die ­Johannesstift Diakonie gAG (JSD) halten zusammen 57,5 Prozent Es ist geplant bis zum Jahresende 2021 die Bündelung sämtlicher Kapitalanlagen des EJS und der JSD im Spezialfondsmandat „EJS Stiftungsfonds“ abschließen zu können.

Zahlen kleinere Anleger mehr?

Güldner: Nein. Alle zahlen die gleichen ­Gebühren. Jeder weiß über das Reporting auch genau, welche Gebühren an die ­Verwaltungsgesellschaft AGI, an die LBBW als unsere neue Depotbank, an die ­Rating-Agentur ISS ESG and die Deutsche Performancemessungs-Gesellschaft (DPG) und an den Wirtschaftsprüfer fließen. In Summe wollen wir unter 50 Basispunkten bleiben. Seit wir die Depotbank gewechselt haben, schaffen wir das auch wieder.
Außerdem werden alle Transaktionen Best Execution ausgeführt. Das überprüfe ich mittels Stichproben.

Mit welcher Allokation konnte der Mischfonds dieses Jahr bislang zehn ­Prozent erwirtschaften? Wie hat sich die Allokation seit 2010 verändert?

Güldner: Der Fonds ist aktuell zu 42 Prozent in globale Aktien investiert. Die Anleihe­quote beläuft sich auf 54 Prozent. 2010 bis 2013 lag die maximale Aktienquote bei 35 Prozent, ab 2014 bei 50 Prozent, wenn es die Risikotragfähigkeit erlaubte. Die strategische Aktienquote lag 2010 bis 2013 bei 20 Prozent, ab 2014 bei 25 Prozent und ab 2016 bei 35 Prozent. 2016 haben wir auch vom Eurostoxx 50 Total Return (net) auf den MSCI World Index Euro Total Return (net) umgestellt.

Seit diesem Jahr haben wir das Primär-Risikobudget von bislang 7,5 auf zehn Prozent pro Jahr erhöht. Zusätzlich können wir weitere fünf Prozent für ein Minimum-Varianz-Portfolio freigeben. Zuvor lag dieser Wert bei 2,5 Prozent. Dieser nun 15er-Korridor bestimmt die Quoten.

Mit Blick auf die Zinsen wäre eine weitere Erhöhung der Aktienquote sinnvoll.

Güldner: Das müssten wir mit allen Anteilseignern diskutieren. Ausschließen möchte ich eine weitere Erhöhung nicht. Allerdings muss die dafür nötige Risikotragfähigkeit gegeben und die Wahrscheinlichkeit hoch sein, auch mit einer größeren Volatilität ­unsere Ziele erreichen zu können.

Im Sinne einer breiteren Diversifikation könnte man noch Platz schaffen für Immobilienaktien, Wandelanleihen oder Real Assets.

Güldner: Aktuell decken wir den Aktienteil ausschließlich über Einzeltitel ab. Darunter befinden sich auch Immobilienaktien. ­Wandelanleihen haben wir nicht. Meiner Meinung nach sollte man Anleihen und Aktien separat managen und kein Hybrid nutzen. Das vereinfacht auch die Risiko­budget-Zuteilung. Für die Beimischung von illiquiden Assets wie Infrastruktur oder ­Private Equity sind wir noch nicht richtig aufgestellt. Ein Problem wäre zum Beispiel die Nachhaltigkeitsprüfung.

Apropos Nachhaltigkeit: Wie setzt der Fonds ESG-Aspekte um?

Güldner: Das ESG-Management der Einzeltitel und Zielfonds erfolgt in Absprache mit uns durch den Portfoliomanager des EJS-Stiftungsfonds, der Allianz Global ­Investors. Das ESG-Rating erfolgt auf Ebene der Emittenten durch ISS ESG, also der ehemaligen Oekom Research. Zudem orientieren wir uns am Leitfaden der evangelischen Kirche für ethisch-nachhaltige Geldanlagen. Wir fahren im Prinzip einen absoluten Best-in-Class-Ansatz, der um viele, weitere Ansätze wie Engagements, Dialoge, Proxy-Votings, Impact Investings ergänzt wird. Dafür bündeln wir unsere Stimmrechte und voten dann über Stimmrechtsvertreter.

Fallen nachhaltige Investments bei Einzeltiteln leichter?

Güldner: Einzeltitel lassen sich aus Risikogesichtspunkten besser managen, Dividendenstrategien können einfacher umgesetzt werden – und ja, Einzeltitel eignen sich auch besser für nachhaltige Investments als Fonds. Wir hatten in der Vergangenheit aber auch ETFs im Portfolio und aktuell ­haben wir aktive, nachhaltig gemanagte Zielfonds für Emerging Market Bonds und für europäische Credits. Bei diesen Produkten sind wir mit den Portfoliomanagern im Dialog zu nachhaltigen Themen.

Fruchtet der Dialog?

Güldner: Ja. Unser Austausch mit Allianz Global Investors, die auch die Verwaltungsgesellschaft des EJS-Stiftungsfonds ist, trug zur Entwicklung und Auflage eines ­ausschließlich SRI-gemanagten Emerging-Market-Bond-Produkts bei. Dadurch konnten wir von einem klassischen in einen nachhaltigen Schwellenländer-Zielfonds wechseln. Der Wechsel hat auch zu einer weiteren Verbesserung unseres Nachhaltigkeits-Ratings beigetragen. In der Ver­gangenheit hat unser Dialog auch dazu geführt, dass sich der Portfoliomanager von bestimmten Titeln getrennt oder diese ­Position zumindest verringert hat.

Die Charlottenburger ­Baugenossenschaft eG, gegründet 1907, ist ebenfalls eine Berliner Einrichtung mit viel Tradition und hat ­ebenfalls einen auf das ­Gemeinwohl ausgerichteten ­Charakter. Weitere Parallele: eine gewachsene Überzeugung, dass für die Kapital­anlage neue ­beziehungsweise gemeinsame Wege mit anderen Anlegern mit ­ähnlichen ­Anlagevolumina und -zielen zu ­beschreiten sind. Zusammengefunden hat man aber nicht erst über den Fonds, sondern schon viel früher – und zwar über den Berliner ­Immobilienmarkt.

Herr Enzesberger, wie viele Tage pro Woche beschäftigt sich ein kaufmännischer Vorstand einer Baugenossenschaft mit Kapitalanlage?

Dirk Enzesberger: Unsere Kernaufgabe ist, für eine gute Wohnraumversorgung für die Mitglieder der Genossenschaft zu sorgen. Unser Kerngeschäft ist die Verwaltung von rund 7.000 Wohnungen in verschiedenen Berliner Stadtteilen. Die meisten Genossenschaften sind deutlich kleiner als die „Charlotte“.

Wir erhalten Wohnraum und schaffen Wohnraum auch neu. Es wollen deutlich mehr Mitglieder und Menschen, die gerne Mitglied wären, bei uns auch wohnen können. Viel Zeit für Kapital­anlagethemen bleibt da nicht.

Das Wort „Bau“ trägt die Genossenschaft ­also zurecht in ihrem Namen

Enzesberger: Ja. Bei vielen Genossenschaften oder auch Wohnungsbauunternehmen war in den vergangenen Jahren die Bautätigkeit nicht besonders stark ausgeprägt. Allerdings hat die Wohnungsnachfrage in den Ballungsräumen bekanntlich stark ­zugenommen. Seit 2015 baut unsere Genossenschaft auch wieder neu und erstellt im Rahmen ihrer Möglichkeiten sukzessive neuen Wohnraum.

Wir würden gerne mehr bauen. Es sind aber nur wenige Grundstücke mit Preisen im Angebot, bei denen wir dann Mieten darstellen können, die sich die meisten Menschen leisten können.

Die Berliner Mietpreisbremse schränkt Sie aber nicht ein?

Enzesberger: Nein. Die Mietpreisbremse besagt, dass man bei Neuvermietungen ­maximal zu zehn Prozent über die ortsübliche Vergleichsmiete hinausgehen darf. In der Regel liegen unsere Mieten aber 20 bis 40 Prozent unter diesem Level.

Würden Sie als Kaufmann zu jetzigen Preisen nicht auch gerne verkaufen?

Enzesberger: Wohnungsverkauf ist nicht das Ziel einer Genossenschaft. Bei Unternehmen wie Deutsche Wohnen oder Vonovia ist es Teil der Geschäftsstrategie, für die Expansion gelegentlich zu verkaufen, um die Eigenkapitalbasis zu stärken. Wir sind aber – und zwar seit über 100 Jahren – ein extrem langfristiger Bestandshalter.

Heute suchen die Leute lange nach passenden Single-Wohnungen. War aber die Wohnungsnot damals nicht größer?

Enzesberger: Damals war die Wohnungsnot viel größer. Zum berühmten Zille-Milieu gehörten die sogenannten Tagschläfer. Das waren diejenigen, die tagsüber in den Betten derjenigen schliefen, die nun arbeiten waren. Diese Zustände ­waren insbesondere hier, in der damals noch ­eigenständigen Stadt Charlottenburg, sehr ausgeprägt.

Heute leben in den Wohnungen im Schnitt knapp zwei Personen. Mehr Nachfrage entfällt übrigens nicht auf Single-, sondern auf Drei- und Vierraumwohnungen.

Viele Versicherungen und Pensionskassen schätzen Wohnungen als Asset-Klasse. Diese Anleger stehen nun vor einer großen Aufgabe: der energetischen Sanierung ihrer Bestände. Wie macht die Charlotte das?

Enzesberger: Das ist ein sehr spannendes Thema. In der Regel sind unsere Bestände bereits energetisch sehr gut saniert. Die Hälfte unserer Bestände steht aber unter Denkmalschutz, der entsprechende Sanierungen limitiert.
Die große Herausforderung steht Immobilienverwaltern aber noch bevor: Zur Erreichung der Klimaziele muss der ­Immobiliensektor bis 2030 ungefähr 40 bis 45 Prozent CO₂ einsparen. Das heißt, dass wir unsere bereits sanierten und ­gedämmten Bestände irgendwie noch weiter energetisch ertüchtigen müssen. Dies ist aber mit heutigen Mitteln nur sehr begrenzt möglich.

Optimierungsmöglichkeiten bei der Gebäudehülle sind nahezu ausgereizt. Was bleibt, ist die Art, wie wir heizen. Da sind unsere Handlungsmöglichkeiten aber limitiert, weil Berlin größtenteils über Fernwärme versorgt wird. Wir hängen davon ab, ob ­beispielsweise Vattenfall Kohle oder Erneuerbare Energien nutzt.
Es wird für alle teurer werden. Eigentümer müssen mehr in Gebäudetechnik und Energieeffizienz investieren, und das wird auch auf die Miete durchschlagen. Die Mieter müssen wegen der CO₂-Bepreisung aber auch noch höhere Nebenkosten tragen. ­Sowohl Vermieter als auch Mieter können diese Kosten nicht alleine stemmen.

Wie würden Sie das Cashflow-Profil der ­Baugenossenschaft beschreiben? Wie groß ist die Planbarkeit?

Enzesberger: Wir haben über Mieten und Mitgliedsbeiträge einen sehr kontinuierlichen Einnahmestrom. Der Kapitalabfluss ist aber weit weniger planbar als in der ­Vergangenheit. Das hat verschiedene Gründe. Ein Grund ist, dass es zunehmend schwierig geworden ist, Handwerker zu bekommen. Ein anderer Grund sind die derzeitigen Versorgungsengpässe bei ­bestimmten Materialien. Weiter ist oft nicht absehbar, wann mit ­Baugenehmigungen zu rechnen ist. Oder natürlich auch, ob man bei einem Projekt den Zuschlag bekommt. All diese Themen erfordern gewisse Liquiditätsreserven.

Unsere Finanzierungen sind komplexer geworden. Wir müssen bei nun extrem hohen Baukosten auf eine Miethöhe kommen, die sich breite Bevölkerungsschichten auch leisten können. Zudem müssen wir immer wieder in die Ertüchtigung unserer Objekte investieren – und zwar über mehr als 100 Jahre. Wir haben also auch mittelfristige Liquiditätsziele. Hierfür Bausparverträge abzuschließen oder Staatsanleihen zu kaufen, ist heute nicht mehr sinnvoll. Auch darum haben wir uns nun dafür entschieden, in den JSD-Stiftungsfonds zu investieren.

Der Fonds soll allerdings kein Geldmarktersatz sein.

Enzesberger: Wir haben sukzessive Bedarf, Geld anzulegen. Wir haben aber nicht die Absicht, in den nächsten zwölf Monaten Geld abzuziehen. Unser Geldbedarf wäre eher mittelfristig. Wir suchen auf unserer Passivseite 30-jährige Finanzierungen. ­Ergänzend haben wir aber auch kürzer ­laufende Finanzierungen, die man je nach Zinssituation in zehn Jahren auch ablösen können muss.

Welche Argumente haben neben dem Liquiditätsmanagement für den Fonds ­gesprochen?

Enzesberger: Ein Argument ist der Initiator. Wir kennen das Evangelische Johannesstift seit vielen Jahren. Das Johannesstift ist in Berlin ein wichtiger Marktteilnehmer, dessen Ziele uns recht nahestehen und ebenfalls sehr langfristig sind. Auch ­benötigen beide Einrichtungen die ­Kapitalerträge für die Finanzierung des Kerngeschäfts und suchen darum den ­stetigen und nicht den kurzfristigen Anlage­erfolg. Wir müssen mit der Geldanlage nicht Millionen Euro verdienen, sondern müssen Millionen Euro an Verbindlich­keiten tilgen können. Außerdem schätzen wir die ethische Ausrichtung der Kapital­anlage des Fonds. Last but not least sehe ich als Kaufmann auch die Managementgebühr als attraktiv an.

Natürlich gibt es auch andere Fonds mit ­vergleichbarer Ausrichtung und ­mittlerweile existiert auch ein Fonds, für den sich verschiedene Baugenossenschaften zusammengeschlossen haben. Schlussendlich hat für unsere Entscheidung für den JSD-­Stiftungsfonds insbesondere gesprochen, dass wir die handelnden Personen kennen und die Gebühren attraktiv sind.

Eine Parallele zwischen Stift und Charlotte ist ja auch, dass ein ganz großer Teil des Vermögens in Berliner Immobilien allokiert ist. Das sollte auch zu einem guten gegenseitigen Verständnis beitragen.

Enzesberger: Absolut. Zumal das EJS bei uns auch schon öfter mal Mieter war.

Sind denn für eine Wohngenossenschaft Aktien von Deutsche Wohnen und Vonovia nachhaltig? Würden Sie gern diese Titel ausschließen?

Enzesberger: Mir sind die handelnden Personen in diesen Unternehmen bekannt. Auch die müssen nachhaltig und – auch, wenn es in der Öffentlichkeit nicht immer so wahrgenommen wird – sozial agieren. Investments in deren Aktien und Anleihen schließe ich also nicht aus. Es gibt aber ­bestimmt auch genügend andere lohnenswerte Anlagemöglichkeiten.

Sie hätten statt des Fonds aber auch selbst Anleihen kaufen können, die unter Inkaufnahme von gewissen Bonitäts- und Durationsrisiken zumindest eine  Nullverzinsung ermöglichen. Oder Aktien-ETFs mit entsprechenden Absicherungs­instrumenten erwerben können.

Enzesberger: Unser Aufsichtsrat besteht in der Regel aus Mitgliedern der Genossenschaft und ist auch sehr kompetent. Er ist aber risikoscheu. Schließlich hat er keine ausreichende Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung und fliegt auch nicht zu den Sitzungen ein, sondern lebt in Nachbarschaft zu den anderen Genossenschaftsmitgliedern. Die Aufsichtsräte wollen keine ­Kapitalanlage billigen, die sich womöglich in der Zukunft als nicht werthaltig erweist.

Der Fonds ist aber auch nicht ohne Verlustrisiko.

Enzesberger: Das Risiko ist aber überschaubar und wurde uns von Herrn ­Güldner und Vertretern von Allianz Global Investors sehr transparent gemacht. Uns ist bewusst, dass es zu marktüblichen Schwankungen kommen kann und es aber auch ein Risikomanagement gibt, das diese eingrenzt. Wir fühlen uns relativ sicher.

Im Sinne von einigermaßen konstanten Bewertungen braucht es auch ein ­gutes ­Risikomanagement, welches ­insbesondere bei Marktverwerfungen nach unten Schutz bietet. Das Risikomanagement des Stiftungsfonds konnte die Anleger gegen den Corona-Crash zwar nicht immunisieren, sorgte aber für einen sehr ­abgemilderten Verlauf. Nicht ganz optimal verlief aber die ­Erholungsphase. Dagegen verschrieben die Macher dem Fonds nun eine ­größere Risikotragfähigkeit. 

Herr Güldner, hat das Risikomanagement im Corona-Crash geliefert?

Güldner: Das erste Quartal 2020 war die Feuerprobe für unser Wert-Sicherungs­system. Die weltweiten Aktienmärkte haben von Januar bis März 2020 im Tief 25 bis fast 40 Prozent verloren, der Fonds stand im Tief nur mit sechs Prozent im Minus. Ende 2020 lag die Performance bei minus vier Prozent.

An der schnellen Markterholung hat der Fonds also nicht voll partizipiert.

Güldner: Bezüglich der Aufwärtsbewegung gab es in der Tat noch Optimierungs­potenzial. Wir haben darum nach langem Diskussions- und Prüfungsprozess nochmal nachgeschärft und die Primär-Risikotragfähigkeit wie bereits erwähnt von 7,5 auf zehn Prozent erhöht. Hinzu kommt, dass wir die Minimum-Varianz-Komponente von 2,5 auf fünf Prozent verdoppelt haben.

Nach welchen Kriterien wird dieses ­zusätzliche Risikobudget freigegeben? Ist es eine menschliche Entscheidung?

Güldner: Nicht nur. Aktive Entscheidungen des AGI-Investmentboards sind eine ­Komponente, quantitative Trendfolge­modelle spielen aber auch eine Rolle. Wir sind auf jeden Fall davon überzeugt, dass es in schwierigen Marktphasen eine Mindestgröße an Aktien geben sollte, um von ­Trendwechseln partizipieren zu können.

Die Structured-Alpha-Fonds, wegen denen die AGI in den USA verklagt wird, sind aber nicht involviert.

Güldner: Nein. Die passen auch gar nicht zu unserem Investmentansatz und der ­Anlagerichtlinie.

Herr Enzesberger, Sie fahren ja noch ein weiteres Risikomanagement, indem Sie ­Ihre Dotierungen sehr stark stückeln.

Enzesberger: Mehrere Einzahlungen haben den Vorteil, mögliche Marktspitzen etwas abzurunden. Man weiß nie vorher, wann der Markt seine Hochs und Tiefs hat. Unser kontinuierlicher Liquiditätszufluss spricht auch gegen eine einmalige Einzahlung.

Wenn nun aber der immerwährende Aktienfrühling ausbricht, dann …

Enzesberger: Dann wäre unsere Strategie nicht ideal. Mit unserer Anlage suchen wir aber auch nicht die maximale Performance. Wir suchen, wie gesagt, einen gesunden, moderaten Zuwachs. Dafür passt die Strategie des EJS-Stiftungsfonds.

Mehr über die Gesprächsteilnehmer 

Die Johannesstift Diakonie, JSD, ist das größte konfessionelle Gesundheits- und Sozialunternehmen in der Region ­Berlin ­sowie Nordostdeutschland und beschäftigt 9.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die JSD entstammt aus einer Vielzahl ­unterschiedlicher Berliner Einrichtungen, die teilweise bereits im 19. Jahrhundert gegründet wurden. Leiter des Vermögens- und Stiftungsmanagements der JSD ist Jens Güldner.

Die Charlotter Baugenossenschaft eG wurde 1907 gegründet, hat über 14.000 Mitglieder und verwaltet rund 7.000 Wohnungen in verschiedenen Berliner Stadtteilen. Wie die JSD pflegt auch die „Charlotte“ eine auf das Gemeinwohl fokussierte Ausrichtung. Kaufmännischer Vorstand ist Dirk Enzesberger.
Kontakte pflegen JSD und Charlotte seit längerem zu Immobilienthemen – und nun auch über die Kapitalanlage. Im ­Anlegerkreis des EJS-Stiftungsfonds ist die Charlotte nicht Kunde, sondern – wie es sich für eine Genossenschaft gehört – Mitglied.

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