Immobilien
19. November 2020

Immobilien in europäischen Großstädten oft zu teuer

Catella-Studie zufolge faire Preise in kleineren Städten wie Münster oder Bonn. Dürrste Renditeperiode seit 30 Jahren.

Die Schere zwischen Immobilienpreisen und ihren Bewertungen klafft vor allem in den großen Metropolen aktuell immer weiter auseinander. Demgegenüber sind Immobilien in kleineren Städten in Europa häufig noch fair bepreist, so das das Ergebnis einer neuen Studie des Immobilieninvestmenthauses Catella. Im Spannungsverhältnis von Überliquidität und anhaltendem Rückgang der Büromarktrenditen müssen Immobilieninvestitionen auf ihre Werthaltigkeit geprüft werden. Sehr niedrige Zinssätze haben in der Vergangenheit zu Vermögenspreisblasen geführt. Darum hat das Research-Team von Catella die Preis-Wert-Relation an 41 europäischen Büroimmobilienmärkten berechnet, wobei auch Cashflow und Risikoprämien berücksichtigt wurden. Zahlreiche mittlere Städte wie Münster (1,06) oder Bonn (1,24) erscheinen demnach als fair bepreist. Auch in Rotterdam (1,11) kann sich ein Investor im Vergleich zu Amsterdam (2,08) noch zu fairen Preiskonditionen in den Markt einkaufen. In dieser Betrachtung sind aber zahlreiche Großstädte wie Berlin (2,02), München (1,76), Paris (1,68) oder Madrid (1,73) überbewertet. Prof. Dr. Thomas Beyerle, Leiter Research Catella Group, kommentiert: „Langfristig niedrige Zinsen und Renditen bewirken de facto eine Japanisierung der europäischen Volkswirtschaften. Damit wird beschrieben, dass Europa nach japanischem Beispiel eine lange Phase von geringer Inflation/Deflation, niedrigen Zinsen und geringem Wirtschaftswachstum erleben könnte.“

Aktuell liegt im Rahmen einer dreißigjährigen Rückschau die dürrste Renditeperiode vor. Während in der Vergangenheit in zahlreichen europäischen Metropolen noch Büroimmobilien mit einer Nettoanfangsrendite von über fünf Prozent angekauft werden konnten, werden diese Immobilien derzeit oft sogar unter der Drei-Prozent-Marke (Berlin und München: 2,7 Prozent) gehandelt. Nimmt man das „Japanisierungs“-Szenario vorweg, mit einer längeren Phase von niedrigen Zinsen und geringem Wirtschaftswachstum, dann dürfte der Immobilienmarkt wohl weiterhin ein Substitut für den Anleihemarkt darstellen, sodass institutionelle Investoren ihre Multi-Asset-Portfolios zulasten von Bonds und zugunsten von Alternativen Assets wie Immobilien ausrichten.

Warnung vor Fehlbewertungen

Gerade vor dem Hintergrund der Renditekompression und der beschriebenen Renditewüste („yield drought“) müssten Immobilieninvestitionen aber auf ihre Werthaltigkeit geprüft werden, so Catella. Sehr niedrige Zinssätze führten zu Fehlbewertungen (Vermögenspreisblasen), die viele Investoren übersähen, wenn lediglich Preise (und nicht Werte) betrachtet würden.

Zweckmäßig sei eine Anwendung des Discounted-Cashflow-Verfahrens (DCF), da dann über den Diskontierungszins explizit der Risikogehalt der unsicheren Cashflows erfasst werden könne. Die Volatilität – in Form der Standardabweichung – sei in den großen Metropolen im Vergleich zu den mittleren Städten stärker ausgeprägt und somit mit einer höheren Prämie zu versehen. Für Investments in den großen Metropolen sei die Vermögensillusion deutlich stärker ausgeprägt als in den mittleren Städten. Sollten Zinsen und Renditen langjährig niedrig bleiben, werde sich die Schere zwischen Preis und Wert in den großen Metropolen weiter auseinanderentwickeln. Ein Blick fernab der großen Städte erscheint für institutionelle Investoren lohnend, findet Catella.

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