Immobilien
21. Februar 2022

Immobilienfinanzierung wird restriktiver

BF-Stimmungsbarometer unter Immobilienfinanzierern sinkt. Inflationsängste und erwartete Zinssteigerungen Hauptsorge. Erholung im Neugeschäft.

Steigende Baukosten und höhere Zinserwartungen drücken auf die Stimmung der Immobilienfinanzierer. So hat sich das BF-Quartalsbarometer, das die Stimmung unter deutschen Immobilienfinanzierern und das Geschäftsklima misst, im ersten Quartal 2022 zum zweiten Mal in Folge leicht verschlechtert. Das aktuelle BF-Quartalsbarometer fällt auf minus 1,45 Zähler. Damit könne der Markt noch als ausgeglichen beschrieben werden, teilte die BF-direkt AG, Spezialist für die Finanzierung von Immobilienprojekten, am Montag mit. Im ersten Quartal 2021 hatte der Wert minus 4,86 Zähler betragen, bisheriger Tiefststand waren minus 15,24 Zähler im zweiten Quartal 2020. Wesentlicher Faktor für den gesunkenen Barometerstand ist, dass 23,1 Prozent der Befragungsteilnehmer restriktivere Finanzierungsbedingungen wahrnehmen, 4,9 Prozentpunkte (pp) mehr als im vierten Quartal 2021.

Hotel und Einzelhandel leiden weiter unter Pandemie

„Eine Reihe von Unsicherheitsfaktoren trüben die Stimmung der Immobilienfinanzierer: Die erwartete Zinssteigerung und die weit verbreiteten Inflationsängste sind die größten Unruheherde am Markt“, kommentiert Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS und wissenschaftlicher Berater des BF-Quartalsbarometers. „Die Corona-Pandemie ist noch nicht ausgestanden und beeinträchtigt weiterhin besonders die Asset-Klassen Hotel und Einzelhandel. Hinzu kommen enorm gestiegene Bau-, Rohstoff- und Energiepreise sowie gestörte Lieferketten. Für zusätzliche Unsicherheit unter den Marktteilnehmern hat außerdem der Stopp der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude gesorgt.“

Mehr alternative Finanzierungsinstrumente

Positiven Einfluss auf den Barometerwert hat dagegen das sich erholende Neugeschäft. 60 Prozent der Teilnehmer beobachten ein steigendes Volumen (+7 pp), bei 36 Prozent stagniert das Neugeschäft (-5pp) und bei vier Prozent nimmt es ab (-2 pp). Die Frage, ob alternative Finanzierungsinstrumente im Vergleich zum klassischen Bankdarlehen derzeit stärker nachgefragt würden, beantworteten 53,9 Prozent mit ja und damit deutlich mehr Teilnehmer als im Vorquartal (Q4-2021: 42,5 Prozent).

Weiter höhere Margen bei Projektentwicklungen

Nach einer kleinen Delle im Vorquartal sind die Margen bei Bestandsfinanzierungen wieder gestiegen und folgen damit dem Langfristtrend. Sie erreichen den höchsten Stand seit zwei Jahren. Die Margen betragen im ersten Quartal 2022 im Schnitt 168,0 Basispunkte (Q4-2021: 154,2 bp). Bei Projektentwicklungsfinanzierungen liegt die Durchschnittsmarge mit gut 245 bp leicht über der des Vorquartals (Q4-2021: 242 bp). Die Beleihungsausläufe tendieren uneinheitlich: Bei den Bestandsfinanzierungen stieg der durchschnittliche Loan-to-Value um 2,1 bp auf 67,5 Prozent, während der Loan-to-Cost von Projektfinanzierungen um 2,8 bp auf 69,8 Prozent sank. „Die Margenunterschiede der Asset-Klassen sind seit Beginn der Corona-Pandemie gewachsen“, hebt Manuel Köppel, CFO der BF-direkt AG, hervor. „Bei Bestandsinvestitionen liegen zwischen Core-Shoppingcentern und Zinshäusern beziehungsweise Wohnportfolios mittlerweile rund 100 Basispunkte. Hier zeigt sich, dass Risiken bezahlt werden müssen.“

Steigende Baukosten durch Inflation

Im Rahmen der Zusatzfrage wurden die Finanzierungsexperten befragt, welche langfristigen Auswirkungen der aktuelle Preisanstieg durch die Inflation hervorrufen kann. Mehrere Panelteilnehmer rechnen damit, dass die Baukosten weiter steigen. Für möglich gehalten wird sogar, dass es wesentlich weniger Projektentwicklungen gibt oder Forward-Deals für Developer unrentabel werden und eine Rückabwicklung droht.

Erwartung steigender Refinanzierungskosten

In nahezu allen Expertenantworten kam das Wort „Zinsen“ vor. Uneinigkeit bestand allerdings darin, ob die erwartete Zinssteigerung positiv oder negativ zu beurteilen sei. „Den Barometerwert beeinflusst die Zinsprognose jedenfalls bereits, und zwar bei der Frage nach den Refinanzierungskosten der Banken. Der Anteil der Experten, der stagnierende Kosten sieht, fällt um ein Viertel auf 56 Prozent. In fast gleichem Maß nimmt der Anteil derjenigen zu, die steigende Kosten erwarten. Davon gehen mittlerweile 40 Prozent der Teilnehmer aus“, sagt Manuel Köppel.

Für das BF-Quartalsbarometer, das im Auftrag der BF-direkt AG durch das Analyseunternehmen bulwiengesa AG erarbeitet wird, werden vierteljährlich rund 100 Experten befragt, die größtenteils direkt mit der Vergabe von Krediten an Immobilienunternehmen betraut sind. Das Panel besteht aus Vertretern unterschiedlicher Banken und anderen Finanzierern. Der Wert des BF.Quartalsbarometers setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen des Fragebogens zusammen: aus der Einschätzung zur Veränderung der Finanzierungsbedingungen, der Entwicklung des Neugeschäfts, der Höhe der gewährten Kredittranchen, der Risikobereitschaft der Finanzierer nach Asset-Klassen, der Höhe der LTV-/LTC-Werte, der Entwicklung der Margen, der Bedeutung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten und der Entwicklung der Liquiditätskosten.

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