Alternative Anlagen
23. August 2019

Infrastrukturwandel

Infrastruktur hat bereits einen langen Weg hinter sich gebracht – und noch einen langen Weg vor sich. Die Pionierphase darf endgültig als überwunden angesehen werden. Wegbegleiter ist für Investoren ein stetiger Wandel. Erkennbar ist ein Trend hin zu neuen Segmenten, größeren Volumina und zu mehr Value-add-Strategien.

Eine große Herausforderung sieht Kühne in den aktuell vom Kapitalmarkt für Renewables-Projekte zugesagten sehr hohen Investitionssummen.
Diese treffen auf überwiegend kleinteilige, oftmals nur im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich liegende Einzelprojekte. Die Akquisition dieser Projekte ist zeitaufwändig und kostenintensiv, eine Standardisierung des Due-Diligence-Prozesses nur sehr begrenzt möglich beziehungsweise sogar gefährlich, wenn erfolgskritische Details nicht mehr geprüft werden können. Aber auch die Akquisition größerer Projektkapazitäten, wie sie zum Beispiel aktuell für Wind in Skandinavien und PV in Spanien – der PV-Park „Don Rodrigo“ kommt auf 175 Megawatt – gegeben sind, hilft nur eingeschränkt. Schließlich konzentrieren größere Projekte Risiken stark und ermöglichen eine gerade in der Asset-Klasse der Renewables wichtige Risikodiversifikation nur eingeschränkt, warnt Kühne. „Weiterhin provozieren große Projekte an einem Standort oft Engpässe in der Netzinfrastruktur. In den Zeiten der Einspeisetarife unter dem EEG wurden Abregelungen durch den Netzbetreiber bei Produktionsüberschüssen und verbundener Netzabtrennung noch kompensiert. PPA-Kontrakte in Ländern wie Schweden, Spanien und künftig auch Deutschland sehen diese Kompensationen aber nicht mehr vor.“ Kühne gibt zudem grundsätzlich zu bedenken, dass der künftige Energiemarkt dezentral mit vielen, über die Regionen verteilten einzelnen Energieproduktionsstätten funktioniere. Diese neue Struktur müsse man als Investor akzeptieren und für deren Aufbau die nötige Geduld mitbringen. Bezüglich einer breiten Diversifikation innerhalb eines Fonds ist zu bedenken, dass Wind, PV und Hydro, beispielsweise bezüglich Technologien und Risikomanagement, völlig unterschiedliche Expertisen erfordern. Wobei anzumerken ist, dass zumindest im Falle der beiden oben genannten Anbieter bereits in der Vergangenheit viel spezialisierte Expertise gesammelt wurde.

Absehbar ist, dass der Markt künftig noch kompetitiver sein wird, da Investoren in 2018 europäischen Infrastrukturvehikeln mit 31 Milliarden Euro einen Rekordwert zusagten. Mit gleich 18 Milliarden Euro im ersten Quartal 2019 scheint der Markt seine Rekordfahrt fortzusetzen. Eine Abkühlung ist bei einem Dry Powder von 63 Milliarden Euro vorerst nicht in Sicht. Dies wird sich zwangsläufig auf den Infrastruktur-Werkzeugkasten auswirken. Neue Segmente wie Emerging Markets, Breitbandnetze oder soziale Infrastruktur sind im Ausbau. Auf dem Vormarsch ist strategisch betrachtet aber auch die Forcierung von Flexibilität. Andererseits vergrößert sich bei Renewables durch die Aufgabe von staatlichen Feed-in-Tarifen die Spielwiese. Zudem schaffen Multi-Asset- und Evergreen-Fonds mehr Flexibilität. Ohne Laufzeitende wurde der Social Infrastructure Fund von Franklin Templeton gestaltet. Columbia Threadneedle bereitet eine ebenfalls als Evergreen konzipierte
Infrastruktur- Strategie vor. „Evergreens ermöglichen mehr Flexibilität in der Anlage. Vorteilhaft ist aber auch die Möglichkeit, bei sich bietenden Chancen auch in der Zukunft flexibel Eigenkapital beschaffen und so die Portfoliorendite über die Zeit weiter steigern zu können“, erläutert Hartwig Rosipal. Rosipals Kollege Heiko Schupp ergänzt, dass der mit Evergreen-Vehikeln verbundene längere Anlagehorizont auch bei Verhandlungen mit Verkäufern hilfreich sein kann.

Mehr Value-add auf dem Einkaufszettel

Neben mehr Flexibilität ist naheliegend, auf geschrumpfte Renditeerwartungen mit mehr Risikotoleranz zu reagieren. „Weitgehend wird erwartet, dass Investoren mit den bekannten Asset-Manager-‚Marken‘ investieren, die in den vergangenen Jahren die meisten Commitments bekommen haben“, beschreibt Preqin die Situation. „Aber einige Investoren könnten Gelder in Value-add-Strategien umschichten, die derzeit von Anlegern am meisten favorisiert werden.“ Mehr als ein Drittel der von Preqin befragten Investoren halten Value-add für derzeit am attraktivsten. Dem entspricht, dass auf der Berliner Infrastructure- Konferenz viel über sogenannte Plattform-Strategien diskutiert wurde. Diese weisen einen gewissen Private-Equity-Touch auf. Stärker auf vordere Teile der Wertschöpfungskette zielt auch ein neuer Fonds von Prime Capital ab, der in Skandinavien in Windparks in der späteren Entwicklungsphase investieren und sich um die „Kommerzialisierung“ kümmern will. Der Fonds hat eine Laufzeit von acht Jahren und peilt eine Nettorendite von über acht Prozent an. Dem Marktumfeld geschuldet wird man Ansätze, die sich auf neue Segmente fokussieren, künftig mehr sehen. Somit ist auch mit einem weiteren Wachstum der Industrie zu rechnen. Kritisch ist jedoch, ob das Wachstum bei den Assets mit den gestiegenen Anlagegeldern mithalten kann. Diese größer werdende Lücke dürfte jedoch die Kreativität bei den Ansätzen beflügeln. Schlussendlich muss die Beschäftigung mit Fondsstrategien seitens der Investoren und die Beschäftigung der Fondsmanager mit den Assets intensiver werden.

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