15. November 2016

Intelligenz beim Investieren

Faktorstrategien wurden in den vergangenen Jahren immer populärer, aufgrund des schieren Angebots aber auch unübersichtlicher. Zeit für Klartext: Was macht Faktorkonzepte im Aktienbereich, allen ­voran Low-Risk-Strategien, so interessant? Wo lauern Fallstricke? ­

Der niederländische Asset Manager Robeco veranstaltet einmal im Jahr in Frankfurt am Main eine Investmentkonferenz: Das sogenannte „Knowledge Center“ eröffnete portfolio institutionell im September 2016 die Gelegenheit, mit Experten die wichtigsten und auch kritischsten Fragen rund um Faktor-Investing-Strategien zu erörtern. An Bord war zunächst einmal Matias Möttölä, Senior Manager ­Research Analyst bei Morningstar.
Die Anwenderseite vertraten ­Daniel Knörr, Senior Portfoliomanager bei der Talanx-Tochter ­Ampega Investment und Steffen Bender. Er ist Direktor im Portfolio Management der Feri Trust; der Geschäftszweig der Feri-Gruppe betreut über 200 Familienvermögen und 200 institutionelle Kunden. Robeco schickte gleich drei Fachleute ins Rennen: Dr. David Blitz, Head of Equity Research, Jan Sytze Mosselaar, Portfoliomanager Quantitative Equities, sowie Dr. Bernhard Breloer, seines Zeichens ­Client Port­foliomanager im Bereich Quant Investing. Zusammen ­also sechs ­Fachleute und ganz viele Fragen. Aber der Reihe nach.

Risikominderung steht hoch im Kurs
Wenn es eine bemerkenswerte Konsequenz aus der Finanzkrise von 2008 auf Anlegerseite gibt, dann diese: Die Risikoreduzierung ist nun gewissermaßen das Mantra für immer mehr institutionelle ­Investoren. Seit damals sind nach Angaben des Analysehauses Morningstar enorme Summen in risikokontrollierte Fonds und Strategien geflossen: Strategien, die die mit der Kapitalanlage einhergehenden Risiken deckeln und die Schwankungsbreite der Notierungen im Zaum halten sollen, sind hier an erster Stelle zu nennen. „Dazu ­haben auch der scharfe Rückgang auf der Renditeseite bei festverzinslichen Wertpapieren und die Suche nach stabilen Einnahmen bei institutionellen Investoren beigetragen“, sagt Matias Möttölä vom Fondsanalyse­haus Morningstar.
Er verweist auf das große Interesse vieler Anleger an Low-Risk-Strategien, unter denen sich Konzepte wie „Low ­Volatility“ oder das damit verwandte „Low Beta“ subsummieren lassen. Die Grundlage für die dabei selektierten Aktien bilden jene Wertpapiere mit besonders niedrigen Kursschwankungen. Sie stammen typischerweise von alteingesessenen Unternehmen, die die Anleger mit der Zahlung üppiger Dividenden ködern. In der Regel handelt es sich um stabile Firmen mit gut prognostizierbaren Cashflows. Alles das ist Teil der Low-Risk-Natur. Doch was denken Investoren heute?

Feri-Portfoliomanager Steffen Bender sagt, dass die betreuten Portfolien im Hause Feri ebenfalls Faktorstrategien zur Diversifikation­ und zur Optimierung des Rendite-/Risikoprofils der Anleger enthalten. Der Grund: „Das Niedrigzinsumfeld dürfte uns in Europa noch einige Jahre beschäftigen. Wir rechnen zunächst einmal nicht mit ­einer Zinswende. Insofern steht die Suche nach Rendite in anderen Anlageklassen weiterhin ganz oben auf der Agenda. Daneben ­sehen wir auch, dass sehr viele institutionelle Investoren beim Risikobudget limitiert sind; um es ganz klar zu sagen: Viele haben kaum noch Risiko­budget. Deshalb müssen sie sehr vorsichtig agieren.“

Wie das in der Praxis aussieht, kann man anhand folgender ­Episode nachvollziehen: Wenige Tage vor dem Roundtable kam es zu einem Novum am Markt für Unternehmensanleihen. Die beiden ­Unternehmen Sanofi und Henkel konnten ihre Corporate Bonds am Markt platzieren, ohne dafür den Investoren eine Rendite in Aussicht zu stellen, die diese Bezeichnung auch verdient. Vielmehr notierten die Bonds im Sekundärmarkt sogar auf negativem Terrain.
Danach befragt, wie er die Phase extrem niedriger Renditen für als sicher ­eingestufte Bonds erlebt, antwortet Portfoliomanager Daniel Knörr: „Wir als Talanx Asset Management und als Asset Manager für eine Versicherung stehen zunächst einmal vor den gleichen Voraus­setzungen wie viele andere Großanleger. Dabei müssen wir natürlich unterscheiden, wie wir einerseits die Gelder für die Versicherung für den Deckungsstock investieren, und wir stehen natürlich andererseits vor der Herausforderung, die Retail-Gelder anzulegen, die beispielsweise in fondsgebundenen Lebensversicherungen investiert sind. ­Darüber hinaus betreuen wir Multi-Asset-Dachfonds.“
Im Grunde ­genommen sei der Anlageprozess bei allen Segmenten relativ ­ähnlich. „Wir bauen für unsere Kunden robuste, globale Multi-Asset-Portfolien mittels strategischer Portfoliooptimierungen auf. Hier gehen wir über ein definiertes Asset-Klassen-Universum und bestücken die ­einzelnen Portfolien mit aktiven, aber auch mit passiven Anlageinstrumenten.“ Und hier spielen, sagt Daniel Knörr, auch Low-Volatility-Produkte ­eine große Rolle: „Der Anteil dieser Produkte ist in unseren Kapitalanlagen in den vergangenen zehn Jahren deutlich gewachsen.“

Beim Einsatz von Faktorstrategien ist es unerlässlich, jene Faktoren zu identifizieren, die statistisch signifikant und vor allem konsistent performen. Dazu muss man sich vor Augen führen, dass es eine Vielzahl von Faktoren gibt, die das Verhalten an der Börse erklären können. Schlagworte wie Size und Momentum gelten als Einfluss­größen für die Entwicklung von Aktienkursen. Morningstar-Fachmann Matias Möttölä warnt jedoch vor deren Zyklizität: „Als ­Investor sollte man sich immer wieder daran erinnern, dass Faktoren und ­Styles zyklisch sind. Und die Dauer der Zyklen ist von Phase zu ­Phase unterschiedlich.“
Investoren machen demnach einen Fehler, mahnt er, wenn sie in ihrer Kapitalanlage auf Grundlage der zuvor erzielten Performance auf Faktoren und einen bestimmten Style-Tilt setzen, das von der Anbieterseite als etwas proklamiert wird, „das immer und stets auf der Gewinnerseite sein wird.“ Anders ausgedrückt: Die in der Portfoliotheorie identifizierten Renditefaktoren sind keine kurzfristig zuverlässigen Lieferanten von Outperformance.

Und was die Theorie angeht, die dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) zugrunde liegt, sollten Risiko und Rendite Hand in Hand ­gehen. Das heißt, das Eingehen höherer Risiken sollte im Durchschnitt auch durch höhere Renditen belohnt werden. Die ersten empirischen Untersuchungen, beispielsweise im Jahr 1972, zeigten jedoch, dass Aktien mit niedrigem Beta in den USA in den Jahren 1929 bis 1971 ­eine überdurchschnittliche Performance erreicht hatten.
Und auch Robeco hat Research-Analysen durchgeführt. Sie haben den ­sogenannten Low-Beta-Effekt für andere Aktienmärkte bestätigt und ­damit einen zusammenhängenden Volatilitätseffekt dokumentiert: Aktien mit geringerem Risiko, gemessen anhand ihres Beta-Werts oder der Volatilität, generieren höhere Renditen, was der CAPM-­Theorie wider­spricht.

Der Low-Beta-Effekt gilt als eine der ältesten Anomalien, die für den US-Aktienmarkt belegt sind. Laut Robeco-­Research erzielen auch Aktien mit niedriger Volatilität langfristig ­höhere risikoadjustierte Renditen, man spricht hier auch von der Low-Volatility-Prämie. Doch wie kommt es, dass die Low-Volatility-Prämie trotz des steigenden Investoreninteresses­ nicht weg arbitriert wird?
Eine Antwort darauf hat Dr. Bernhard Breloer. Er verweist auf das menschliche Verhalten, etwa das Karriererisiko von Portfolio­managern. „Sie sind in ­gewisser Weise gezwungen, in Zeiten steigender Märkte auf risiko­behaftete ­Assets zu setzen. Denn nur so können sie mit der Marktentwicklung Schritt halten und neue Geldgeber von ihren Leistungen überzeugen. Um das zu erreichen, sind sie geneigt, Aktien zu selektieren, die mit einem höheren Beta einhergehen.“

Diese Erkenntnis ist allein schon deshalb interessant, weil ­Anleger offenbar immer noch dazu neigen, sich sehr stark an der kurzfristigen Performance zu orientieren. Und es gibt weitere strukturelle Hindernisse, die man in der ­institutionellen Kapitalanlage vorfindet, die den gezielten Kauf von Low-Risk-Aktien quasi vereiteln. Breloer: „Wenn Investoren an Asset ­Manager Mandate herausgeben, dann ist es nicht unüblich, dass hier ein bestimmter Tracking Error vorgegeben wird, der nicht überschritten werden darf. Das heißt, der Portfoliomanager kann sich von der gegebenen Benchmark, etwa dem MSCI World, nicht sehr weit ­entfernen. Wenn ich solche Vorgaben habe, kann ich in mein Portfolio aber auch keine Aktien aufnehmen, die mir von ­Natur aus einen höheren Tracking Error bescheren, und das sind ­gerade Low-Risk-Aktien.“
Eine weitere aufschlussreiche Erkenntnis aus dem Research: Der Volatilitätseffekt wird in manchen Regionen ­immer stärker. Das betrifft beispielsweise Europa, Japan und Schwellen­länder. Wie kann das sein, wenn doch Investoren geneigt sind, ­derartige Anomalien auszunutzen und damit abzuschwächen? Eine Erklärung dafür hat Dr. David Blitz, Head of Equity Research bei ­Robeco: „Viele Investoren orientieren sich an einer Benchmark und sind bestrebt, daran anknüpfend ­eine Outperformance zu erzielen. Das ist ein Grund, Low-Risk-­Aktien bei der Anlageentscheidung nicht zu berücksichtigen. Das führt dazu, dass Low-Risk-Aktien attraktiver werden. Es gibt aber auch ­regulatorische Gründe, die den Low-Vola­tility-Effekt weiter stärken.“

Aktien, Anleihen und ein langer Atem
Robeco-Forscher Blitz verweist auch auf die Ungleichbehandlung von Aktien und Anleihen: „Bei Anleihen unterscheidet man gemeinhin zwischen Investment-Grade- und High-Yield-Bonds. Egal, ob man sich das Basel-Framework vor Augen führt oder Solvency II: Dort ist eine Aktie eine Aktie.“ Es werde also nicht unterschieden zwischen Low-Risk- und High-Risk-Aktien. „Auch das ist eine Art Incentivierung. Wenn Sie als Investor unter Solvency II das Maximum aus ­Ihren Solvency-Charges machen wollen, dann kaufen Sie eben die riskantesten Aktien. Die Capital Charge ist identisch mit der, die Sie bei ­einem Investment in Low-Risk-Aktien hätten.“ Anders ausgedrückt, könnten die Rahmenbedingungen für Low-Volatility-Aktien besser sein. „Und das ist auch der Grund, weshalb wir der Meinung sind, dass diese Anomalie noch lange bestehen wird. Denn die Fundamentaldaten ändern sich nicht“, erläutert Blitz. Dazu sei noch erwähnt, dass Robeco im Rahmen seiner Low-Volatility-Strategie mehrere ­Faktoren miteinander mischt. Davon verspricht man sich ein besseres Risiko-Rendite-Profil.

Zwischenfazit: Das Erkennen einer Anomalitätsprämie ist die ­eine Sache. Ob man sie im Portfolio sinnvoll umsetzen will und kann, steht dabei aber auf einem ganz anderen Blatt. Das sieht auch Matias Möttölä so: „Häufig wird behauptet, dass sich alle Investoren beispielsweise der Value-Prämie bewusst sind, die bekanntermaßen die Eigenschaft mit sich bringt, den Markt langfristig zu schlagen. Gleichwohl lässt sich diese Prämie nur über einen sehr langen Anlage­horizont vereinnahmen.“ Und wie bei allen anderen Prämien wird es auch hier Phasen geben, in denen sie über Monate ja sogar über ­Jahre hinweg underperformt. Das heißt nichts anderes, als das sie zyklisch ist. „Aus der Forschung heraus wissen wir auch, dass es viele Gründe gibt, dass selbst institutionelle Investoren darin begrenzt sind, inwieweit sie beispielsweise einem Value-Fonds die Treue halten, wenn er den Markt über mehrere Jahre hinweg underperformt. Demnach ­werden die Prämien auch nicht weg arbitriert.“

Problematisch erscheint aber auch, dass viele Investoren offenbar nicht genug Durchhaltevermögen haben, wenn beispielsweise ein ­Investment oder ein extern gemanagter Fonds temporär zur Schwäche neigt, weil die von ihm verfolgten Faktoren zeitweilig am Markt nicht den versprochenen Erfolg erzielen. Das kann dazu führen, dass der betreffende Fonds, nach zwei oder drei Jahren verkauft wird. „Das ist problematisch, insbesondere wenn man den Portfoliomanager doch selbst unverändert als herausragend und besonders fähig einstuft“, ergänzt Morningstar-Fachmann Matias Möttölä. In einem ­Nebensatz verweist er dazu auf die Forschungsarbeit von Jason Hsu von Rayliant Global Advisors, der sich mit der Thematik intensiv ­beschäftigt hat.

Das Durchhaltevermögen sei das Problem, sagt Möttölä. Denn es ­erscheine einfach schwierig gegenüber Vorgesetzten zu begründen, warum man an einem enttäuschenden Investment festhalten sollte. „Und dieses Verhalten führt dazu, dass der Fondsmanager seine Investments liquidieren­ muss, um enttäuschte Investoren auszahlen zu können. Das wiederum setzt die Kurse der betreffenden Wertpapiere unter Druck“, so Möttölä. Daniel Knörr von Ampega bestätigt diese Sichtweise: „Für uns als Multi-Asset-Manager mit aktienlastigen Mandaten und großen Gewichten beispielsweise in den USA ist die Selektion von geeigneten Fonds ein komplexes Unterfangen. Wenn Sie die ­erfolgreichsten Fonds beispielsweise stur nach klassischem Schema anhand der üblichen Risiko-Rendite-Kennziffern einem Ranking ­unterziehen, dann haben Sie letztlich immer Portfoliomanager ­darunter, die gewissen Style-Tilts unterliegen oder bestimmten ­Faktorrisiken ausgesetzt sind. Und diese Risiken, die Sie eigentlich gar nicht haben wollen, ­holen Sie sich ohne tiefere Analyse in Ihr Portfolio.“
Knörr ­erläutert, was er genau meint: „Angenommen, Sie haben ein Port­folio, dass zur Hälfte aus US-Aktien besteht. Und Sie haben die ­Gelder über mehrere Manager hinweg gestreut, von denen der Großteil ­einem ­Value-Tilt unterliegt. Wenn der Style temporär nicht die erwartete Outperformance über dem Index erzielt, sondern zur Schwäche neigt, dann ­haben Sie ein Problem.“ Deswegen ist Ampega vor ­einigen Jahren ­dazu übergegangen, die Style-Risiken über sechs verschiedene Faktoren zu diversifizieren.

Die Krux mit dem Tracking Error
Danach befragt, welche Herausforderungen man als Investor mit dem Einsatz von Faktorstrategien auf Portfolioebene lösen könne, entgegnet Knörr: „Wir lösen uns von den bereits angesprochenen ­Tracking-Error-Restriktionen, denen wir selbst früher unterlagen. Dementsprechend konstruieren wir Portfolien je nach Risikoappetit für den Investor ohne klassisches Benchmarking gegen einen ­Marktindex. Und da ist es natürlich so, dass Low-Risk-Aktien helfen können und zwar gerade dem risikoaversen Investor. Hier kann das Equity-Bucket geöffnet werden. Gleichfalls wird damit vielen ­Investoren überhaupt der Zugang zu Aktien ermöglicht.“
Viele Ver­sicherungskunden haben nun einmal nur ein begrenztes Risiko­budget, sagt Knörr und macht das an einem Einzelbeispiel fest: „Er möchte in ­Aktien investieren und an ihrer Performance partizipieren. Ihm bietet sich hier natürlich die Möglichkeit, mit einem niedrigeren Risiko­profil und niedrigeren erwarteten Drawdowns an Equities zu parti­zipieren; und dementsprechend ist das natürlich ein Style, der sehr gefragt ist. Das gilt auch für Pensionsfonds, ­Versicherungen und ­generell institutionelle Investoren, die diesen Faktor verstärkt in die Portfolien einbinden.“
Mit Blick auf die Erörterungen liegt die Frage nahe, inwieweit Low-Volatility-Konzepte unter ­Solvency II einen Vorteil genießen. Darauf entgegnet Daniel Knörr: „Das ökonomische Risiko,­ und das ist auch empirisch belegt, ist ­natürlich für den Ver­sicherer niedriger. Wir haben in der Historie bei Low-Risk-Aktien niedrigere Volatilität und Drawdowns gesehen. Was Solvency II betrifft, ist mir jedoch nicht bekannt, dass man unter dem Standard­modell Vorteile hätte, wenn man in Low-Risk-Aktien investiert.“ Beim internen ­Modell könne dies unter Umständen anders aussehen. „Deshalb kann ich mir vorstellen, dass Investoren den Dialog mit dem Regulator mit dem Ziel suchen, die Capital Requirements zu senken, weil die Volatilität von Low-Risk-Aktien historisch niedriger war.“

Insbesondere Minimum-Varianz-Strategien haben einen charmanten Vorteil. Darauf weist Steffen Bender von Feri Trust hin: „Man kommt als Anleger um die Return-Schätzung herum. Wenn Sie ein Minimum-Varianz-Portfolio erstellen, dann konzentrieren Sie sich genauso wie bei Low-Risk-Aktien nur auf die Risikoseite der ­ent­sprechenden Titel. Sie wählen die Titel aus, welche das geringste mögliche Gesamtrisiko auf Portfolioebene ergeben.“ Das sei das ausschlag­gebende Auswahlkriterium und mithilfe der Portfoliooptimierung relativ leicht zu ermitteln. Im konkreten Fall muss man also zusätzlich die Korrelationen der Aktien im Portfolio berücksichtigen. „Das heißt, Sie benötigen keine eigene Return-Schätzung für die ­Unternehmen, die Sie in ein solches Portfolio mit aufnehmen. Über die Zeit hinweg können so höhere Renditen als für den jeweiligen ­Aktienindex verdient werden.“
Im gleichen Atemzug warnt Steffen Bender aber vor falschen Erwartungen: Der wesentliche Punkt, den man im Hinterkopf behalten müsse, sei folgender: „Man hat in Zeiten schwacher Märkte relativ niedrigere Drawdowns zur gesetzten Benchmark, aber man hat es absolut ­betrachtet immer noch mit hohen ­Drawdowns zu tun.“ Als Investor, etwa aus dem Versicherungs­bereich, müsse man sich daher bewusst sein, dass man hier genügend Sicherheitspuffer benötigt, um solche Phasen unbeschadet zu überstehen. Abschließend bleibt noch die Frage, wie ein Investor ­herausfinden kann, ob Faktor-Investing überhaupt in sein bestehendes Portfolio passt oder nicht?
Die Antwort darauf hat Robeco-Fondsmanager Jan Sytze ­Mosselaar: „Der Investor muss sich zunächst ­dahingehend ­äußern, an welche Faktoren er überhaupt glaubt. In der akademischen ­Forschung gibt es schließlich hunderte Faktoren. Dann muss man hinterfragen, welche dieser Faktoren sich nach Abzug von Trans­aktionskosten sinnvoll im Portfolio implementieren lassen. ­Anschließend geht es darum, sich dahingehend zu äußern, wie viel aktives ­Risiko der Anleger in der Lage ist, auf sich zu nehmen. Damit ist die Abweichung von einer Benchmark gemeint.“ Schließlich könne man Faktor-Investing mit niedrigem und hohem Tracking Error umsetzen. Letzteres könne aber zu längeren Perioden der Under­performance führen. „Solche Phasen muss man aushalten und auch gegenüber Kunden und Vorgesetzten erklären können“, erläutert Jan Sytze ­Mosselaar.

Den Schlusspunkt der Gesprächsrunde setzte Matias Möttölä: „Ich rate Investoren bei der Auswahl der Faktoren und der Produkte tief ins Detail zu schauen und vorab Fragen zu beantworten wie: An welche Faktoren glauben wir? Welche Portfolien können uns helfen? Welche Unternehmen stehen hinter den Produkten?“ Anhand einer solchen Due Diligence könne man sich davor schützen, in der Hitze des Marktes einem Faktor zu vertrauen, nur weil er gerade sehr stark vom Marketing getrieben werde. Hier sei Intelligenz beim Investieren besonders wichtig.

Von Tobias Bürger

portfolio institutionell, Augabe 10/2016

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