Pensionskassen
28. Mai 2013

Interview: Nestlé-Pensionskasse schlägt sich prächtig

Die Allokation und Steuerung von Kapitalanlagen bieten reichlich Fragematerial für ein Investoren­interview. Man ­denke nur an die Probleme, die aus dem Niedrigzins resultieren. Kommen auch ­Ambitionen, wie das ­Pooling von Pension Liabilities und Regulierungsvorhaben, zur Sprache, wollen die Fragen kaum enden.

Interview mit Dr. Bettina Nürk (Nestlé-Pensionskasse) und Peter Hadasch (Vorstandsmitglied Nestlé Deutschland AG)

Frau Dr. Nürk, Sie sind seit dem 1. Dezember vergangenen Jahres im Vorstand der Nestlé Pensionskasse für die Kapitalanlagen verantwortlich.  Haben Sie Ambitionen, das Port­folio zu ­überarbeiten?
Dr. Bettina Nürk:
An unserer strategischen Ausrichtung wollen wir festhalten. Wir haben 30 Prozent in Aktien allokiert. Renten machen 50 Prozent aus. Hinzu kommen ­Immobilien mit einem Anteil von etwa 15 ­Prozent.  Des Weiteren haben wir alternative Investments. Natürlich schichten wir ­innerhalb dieser Asset-Klassen etwas hin und her und allokieren taktisch in die eine oder andere Richtung. Von der Strategie her werden wir uns aber nicht grundlegend neu aufstellen.

Lassen Sie uns auf 2012 zurückblicken. Wie haben Sie eigentlich im vergangenen Jahr abge­schnitten?
Dr. Nürk:
Wir haben ein Kapitalanlage­ergebnis von rund zehn Prozent erwirt­schaftet.
Peter Hadasch: Dabei handelt es um die reine Performance aus den Kapitalanlagen. Wir bewerten zu Marktwerten. Was wir in versicherungstechnischer Sicht realisieren, ist in der Regel deutlich niedriger.

Gab es im Hinblick auf die Kapitalanlagen aus Ihrer Sicht Überraschungen?
Dr. Nürk:
Eine positive Überraschung war, dass die Zinsen weiter gesunken sind. Das hat uns im Rentenbestand hohe Kurs­gewinne ermöglicht. Auf dem heutigen Zinsniveau besteht allerdings die Gefahr, dass die Situation relativ schnell dreht, wie wir das im Januar temporär gesehen haben. Wir hatten eigentlich erwartet, dass es schon früher zu einem Zinsanstieg kommt, was allerdings nicht passiert ist. Insofern lief die Renten­seite weiterhin überraschend gut.

Versicherungsgesellschaften haben bei ihren Kapitalanlagen typischerweise ein großes ­Interesse an möglichst üppigen Kupons. Kursanstiege bei Renten spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Wie ist eigentlich Ihr Blickwinkel im Hinblick auf Kursgewinne bei ­Anleihen? Trennen Sie sich auch von ­
Anleihen, die gut gelaufen sind?
Hadasch:
Wir halten ausschließlich ­Rentenfonds und überlassen die Entscheidung über den Kauf oder Verkauf einzelner Anleihen den Portfoliomanagern.

Lassen Sie uns über Ihre anderen Anlagen sprechen.­ Was haben Sie im Portfolio?
Hadasch:
Wir haben, wie von Frau Dr. Nürk eingangs bereits angesprochen, eine unverändert hohe Aktienquote und halten auch in ­erheblichem Umfang Immobilien­investments.
Wir sind also nicht so stark von Bonds abhängig wie viele andere Altersvorsorge­einrichtungen, die mancherorts fast ausschließlich in Renten investiert sind. Was ­unsere Bondbestände betrifft, verfolgen wir eine breite Streuung. 2012 ist das Anlage­ergebnis gut, weil wir mit Bonds Geld verdient haben. Aber auch die Aktien haben sich gut entwickelt. Ein großer ­Performance-Bei-­­­ t­rag kommt bei uns auch von den Immobili­­en. Sollten die Zinsen steigen, wird dies wegen der guten Streuung unseres Gesamtport­folios nicht so dramatisch durchschlagen.
Dr. Nürk: Wir haben im vergangenen Jahr  die Quoten innerhalb des Rentensegments verschoben und einen starken Fokus auf ­Corporate Bonds gelegt.
Das hat uns ­geholfen, weil Corporates ­einen laufenden Yield ­gebracht haben, der deutlich besser war als bei deutschen Staatsanleihen. Außerdem sind die Spreads gesunken. Im Ergebnis hat das dazu geführt, dass wir in diesem Segment zum Teil zweistellige Renditen erzielt haben.

Lassen Sie uns noch einmal über Ihr Aktienportfolio sprechen. Plädieren Sie da eher für aktives oder passives Management?
Dr. Nürk:
Wir haben sowohl aktive als auch passive Fonds.  

Welche Bedeutung haben Dividenden­strategien in Ihrem Haus?
Hadasch:
Wir sind im Moment dabei, Portfolios aufzubauen, die speziellere Strategien fahren. Ich denke dabei an Dividendenstrategien, aber auch Low Volatility. Hier ­haben wir bereits angefangen. Das heißt, wir verabschieden uns ein Stück weit von breiten Benchmarks, die den Gesamtmarkt abbilden.

Haben Sie damit Asset Manager beauftragt?
Hadasch:
Ja, unsere Pooling-Einrichtung in Dublin. Dabei handelt es sich um externe Asset Manager, die aber Nestlé-eigene Fonds betreiben. Das ist ähnlich, wie wenn Sie hierzulande Spezialfonds von externen Managern betreiben lassen.
Dr. Nürk: In der Schweiz unterhalten wir ein Spezialistenteam von insgesamt neun Mitarbeitern, die kontinuierlich weltweit ­Asset Manager für die verschiedenen Asset-Klassen selektieren und überwachen.

Ihr Haus ist eine Einrichtung eines börsen­notierten Unternehmens. Als Lebensmittelkonzern hat man bestimmte operative ­Risiken, in Ihrem Fall beispielsweise volatile Rohstoffpreise. Vermeidet man Investments in Unternehmen aus der eigenen Branche, wie zum Beispiel die Kraft Foods Group, um die ­Risiken nicht grundlos zu hebeln?
Hadasch:
Wir lassen das die externen ­Manager entscheiden. Die Manager sind ­völlig frei in ihren Anlagen und können im Rahmen ihrer Benchmarks Nestlé oder ­meinetwegen auch Kraft Foods über- oder ­untergewichten. Wir nehmen auf solche Entscheidungen keinen Einfluss, diskutieren aber natürlich mit den Managern regelmäßig den Inhalt ihres Portfolios.

Können Sie mir bestätigen, dass die Anlage­strategien im Niedrigzinsumfeld komplexer werden, weil man bisher betretene Pfade eher verlässt.
Dr. Nürk:
Das geht eher in die andere Richtung.
Hadasch: Komplexe Strategien haben sich in der Vergangenheit nicht bewährt. Es gibt heute eher die Tendenz, einfachere, trans­parentere Assets zu haben, die man besser nachvollziehen und besser steuern kann. ­Allerdings bringt die verstärkte Diversifizierung des Gesamtportfolios in verschiedene Asset-Klassen naturgemäß eine gewisse ­Komplexität mit sich.

Wie ist es um die aufsichtsrechtlichen ­An­forderungen bestellt? Hat sich in diesem Bereich in jüngster Zeit Nennenswertes verschärft?
Hadasch:
Die Aufsicht hatte bislang ein besonderes Augenmerk auf die Risiken der Kapitalanlagen. Auf der Verpflichtungsseite waren biometrische Risiken ein wichtiges Thema.
Heute sieht die Aufsicht das größte Risiko bei Versorgungseinrichtungen darin, dass die sicheren Anlagen, auf die Pensionskassen sehr stark bauen, auf die Dauer nicht die Rendite des Rechnungszinses bringen. Daher wird verstärkt hinterfragt, wie die ­Versorgungseinrichtungen durch eine (an­haltende) Niedrigzinsphase kommen.

Und wie sieht das in der Praxis aus?
Hadasch:
Die Versorgungseinrichtungen ­erstellen regelmäßige Modellrechnungen ­darüber, wie sie mit ihrer aktuellen Anlagestruktur durch die nächsten Jahre kommen werden. Zusätzlich sehen von der Bafin ­entwickelte Stresstests Szenarien vor, wie man mit einer Allokation von 100 Prozent in Staatsanleihen über die Runden kommen würde. Dahinter steht nicht die Annahme, dass die tatsächlichen Portfolios auch so ­allokiert sind.
Vielmehr unterstellt die Bafin, dass im Krisenfall „sichere“ Staatsanleihen  das ­Rückzugsfeld für institutionelle Versorgungseinrichtungen darstellen. Die Aufsicht hinterfragt nun, ob das überhaupt funktionieren kann!

Lassen Sie uns das Thema wechseln. Ist das interne Datenmanagement und die kurz­fristige ­Bereitstellung von Portfoliodaten für ­Pensionseinrichtungen ein ­Problem?
Hadasch:
Das ist nicht so!
Dr. Nürk: Wir haben eine Master-KAG und ­einen Global Custodian und können jederzeit die aktuelle Positionierung unserer Fonds einsehen.

Inwieweit beschäftigt sich der Nestlé-­Vorstand in der Schweiz mit Pensionsrisiken?
Hadasch:
Der ist angesichts des sehr hohen Verpflichtungsvolumens inzwischen eng eingebunden. Für den Konzern insgesamt sprechen wir über eine Größenordnung von fast 20 Milliarden Euro. Aus den Volatilitäten der Kapitalanlagen und auch der Pensionsver­pflichtungen könnten negative Auswirkungen auf unser Kerngeschäft erwachsen. Auch spielt hier die internationale Kapitalmarkt-Bericht­erstattung für die Konzernspitze eine wichtige Rolle. Wir stimmen heute mit dem Finanz­bereich sehr genau ab, wie hoch die Risiken in den Kapitalanlagen sein dürfen.

Herr Hadasch, würden Sie bitte die Beweggründe dafür erläutern, ­warum die Nestlé ­Deutschland AG im Jahr 2009 ­einen ­Pensionsfonds ­gegründet hat.
Hadasch
: Obwohl wir schon 2009 eine relativ  komplexe Struktur von verschiedenen ­Versorgungseinrichtungen hatten, gründeten wir 2009 die Nestlé Pensionsfonds AG. Heute ­haben wir neben der Pensionskasse  ­eine ­rückgedeckte Unterstützungskasse, den ­bereits ­erwähnten Pensionsfonds und ein Contractual Trust Arrangement (CTA) zur Rückdeckung von Direktzusagen. Der ­Pensionsfonds hat in den Jahren 2009 und 2010 einen Teil der sich aus dem „Past ­Service“ ergebenden Verpflichtungen von der Direktzusage und der Unterstützungskasse übernommen. Dies hatte administrative und ­steuerliche Gründe sowie Kostenvorteile. ­Unser Pensionsfonds ist übrigens einer der wenigen in Deutschland, auf den auch aktive Anwärter mit übertragen wurden.­

Was halten Sie vom Pension Pooling? Nestlé ist ein global agierender Konzern. Ist das ein ­Thema?
Hadasch:
Beim Pension Pooling spricht man eigentlich von Pension Asset Pooling. Das tun wir auch im großen Umfang bei Nestlé in ­unserem Robusta-Fonds in Dublin. Die Vorteile sind günstigere Gebühren für die einzelnen Nestlé-Versorgungseinrichtungen aufgrund höherer Anlagevolumina und ein sehr gutes Qualitätsmanagement aufgrund der permanenten Überwachung durch unsere Spezialisten in der Schweiz.

Wie kommt das?
Hadasch:
Sehen Sie, Nestlé ist in mehr als 100 Ländern tätig. Würde jede einzelne Landes­gesellschaft am Kapitalmarkt irgendwelche Anlagen kaufen, statt auf Pooling zu setzen, hätten sie Probleme beim Qualitätsmanagement. Das geht schon bei der Auswahl der ­Manager los und erstreckt sich über die Preise bis hin zu den vielschichtigen Risiken. Über das Pooling lässt sich Qualitätsmanagement dagegen sehr gut steuern. Sie können die ­Qualität der Assets, der Asset Manager und auch der Custody-Systeme zentral kontrollieren und prüfen. Was nun weiter diskutiert wird, ist das Pooling der Pensionsverpflichtungen in europäischen Pensionsfonds.

Würden Sie das bitte erläutern.
Hadasch:
Nun, sie schaffen zunächst eine ­europäische Versorgungseinrichtung. Dann übertragen Sie aus den einzelnen Ländern die ­Verpflichtungen. Damit hätten Sie auto­matisch auch ein Pooling erreicht.
Das würde sehr viel mehr Sinn machen, wenn Sie damit auch die Administration besser poolen ­können, was bislang allerdings nicht so gut funktioniert. Denn die Administration der Pensionseinrichtungen ist in Europa teilweise extrem unterschiedlich und aufwendig. Das beginnt schon bei den Auszahlungssystemen und setzt sich bei den Lohnabrechnungs­systemen fort.

Aber auch die Berichtssysteme sind lokal ­gesteuert. Und auch in einem europäischen Pool müssen Sie diesen Vorgaben Rechnung tragen. Das heißt, Sie haben eigentlich keinen Größengewinn. Vielmehr haben Sie in einem System die Komplexität von ganz Europa ­abgebildet. Das ist aus meiner Sicht noch nicht effizient. Aber wir arbeiten daran.
Wir haben einen europäischen Pensionsfonds in Belgien aufgesetzt. In ­diesem poolen wir im Moment einen Teil der Verpflichtungen aus den Benelux-Staaten. Und wir versuchen auch noch, einige andere Länder dort unterzu­bringen. Aber das ist ­immer eine Einzel­entscheidung.

Was meinen Sie, werden Pensionsanwärter künftig stärker nachfragen, wie mit ihrem Geld umgegangen wird?
Hadasch:
Das sehe ich so, ja, obwohl das im Moment noch keiner macht. Denn sie haben verschiedene Situationen innerhalb Europas. In Deutschland sind die Pensionszusagen durch den Arbeitgeber geschützt. Deshalb ­interessiert diese Frage hierzulande die ­Anwärter nicht so brennend. Denn ihre Versorgung hängt nicht wirklich von den Kapitalanlagen ab.

Es sei denn, Sie haben Defined-Contribution-Ansätze, bei denen das Kapitalanlagerisiko auf die Pensionsanwärter verlagert wird.
Hadasch: Bei Defined-Contribution-Systemen (DC-Systeme) spielt das natürlich sehr wohl eine Rolle. Aber deren Volumen ist noch ­verhältnismäßig klein, so dass sie im Bewusstsein der Menschen häufig noch nicht wirklich verwurzelt sind. Wenn Sie sich im Gegensatz dazu ­angel­sächsische oder zum Teil auch ­skandinavische Systeme anschauen, so hängt dort die Versorgung enorm von der Entwicklung der Kapitalanlagen ab. Und dort ­interessieren sich die Menschen bereits heute viel stärker dafür, was mit ihrem Geld passiert. Ich glaube, auch bei uns nehmen diese ­DC-Systeme auf Dauer zu, wodurch das ­Interesse der Beteiligten steigen wird.

Also wäre es auch hier vernünftig, sich dafür zu interessieren?
Hadasch:
Schon, nur ist es nicht so. Es kommt auch noch dazu, dass wir durch den starken Schutz in Deutschland für einen Anwärter oder Rentner in der Nachkriegszeit nie wirklich Benachteiligungen oder negative Ein­flüsse gehabt haben. Es ist den Leuten ­eigentlich mit ihrer Betriebsrente noch nie wirklich etwas passiert. Vielmehr ist man gut durch Krisen gekommen, so dass die ­Menschen keine negativen Erfahrungen gemacht haben und keinen Anlass haben, auf die Anlagen ständig zu achten.

Neben Ihrer Arbeit für Nestlé fungieren Sie auch als Vorstandsvorsitzender beim Verband der Firmenpensionskassen, dem VFPK. Was antworten Sie, wenn man Sie auf Solvency II und eine wie auch immer geartete ­Anwendung auf die EbAV anspricht?
Hadasch:
Solvency II wird ja auf uns sowieso nicht angewandt. Darauf legen wir großen Wert. Wenn überhaupt, geht es um eine ­Erweiterung und Ergänzung der Pensionsfonds-Richtlinie, die Inhalte und Techniken aus Solvency II in die Pensionsfonds-Richtlinie übertragen soll. Dadurch kommt es faktisch zu einer Art Solvency-II-System für kapital­gedeckte Versorgungseinrichtungen. Der ­Verband und die Versorgungs­ein­richtungen insgesamt hier in Deutschland vertreten die Auffassung, die eigentlich von der Bafin auch unterstützt wird, dass das für Deutschland schlicht nicht notwendig ist. Das sagt neben der Aufsicht auch die Politik. In Deutschland gibt es niemanden, der ein ­echter Befürworter dieser Anwendung ist. Wir haben übrigens ­eine ganze Reihe von den Dingen, die über Solvency II in den verschiedenen ­Säulen ­geregelt werden, in Deutschland schon vorweggenommen. Beispielsweise gibt es hier Reserven und in einem gewissen Maße eine Eigenkapitalbindung. Wir haben­ aber auch über die MaRisk schon eine Menge Verbesserungen des Risikomanagements aus diesen Richtlinien übernommen.

Warum? Weil Sie gesehen haben, dass das
gut ist?
Hadasch
: Ja, und weil es gut praktiziert wird. Zwar ist es am Anfang etwas beängstigend gewesen, gerade für kleinere Versorgungseinrichtungen. Aber das Proportionalitätsprinzip  war in diesem Zusammenhang sehr hilfreich. Es wird heute in den Versorgungseinrichtungen gelebt und akzeptiert. Wir ­sehen in der dritten Säule von Solvency II eine Menge von Transparenz- und Berichts­vorschriften. Dagegen haben wir nicht viel ­einzuwenden, außer dass sie für viele unserer Versorgungseinrichtungen gar nicht not­wendig sind, weil diese betrieblich sind und keine externen Beteiligten haben. Bestimmte Berichtspflichten, etwa wenn es darum geht, dem Trägerunternehmen ­Transparenz zu schaffen, sind daher nicht ­zielführend. Es ist etwas anderes, wenn Sie europaweit ­Versicherungen an Privat­personen verkaufen­. Dennoch: Im Prinzip ­akzeptieren wir die ­angedachten Berichtsvorschriften, voraus­gesetzt, man macht sie praktikabel.
Was für uns allerdings nicht akzeptabel ist, sind die ­zusätzlichen Eigenkapital­anforderungen ­insbesondere für einge­gangene Kapital­anlagerisiken. Solvency II in seiner bisher ­angedachten Form würde zu ­einer kolossal ­hohen Eigen­kapitalanforderung für die Versorgungs­einrichtungen führen. Nach den jetzigen ­Modellen würden ungefähr 40 ­Milliarden ­Euro mehr (Eigen-)Kapital für die ­Pensionskassen in Deutschland benötigt, die jedoch in keinerlei Gefährdung stehen. Im Grunde genommen besteht doch das Eigen­kapital der Versorgungseinrichtungen in der ­Subsidiärhaftung des Arbeitgebers,
wobei die ­Verpflichtung durch die ­Pensions­einrichtung aufsichtsrechtlich ­bedingt ­komplett gedeckt, in der Regel sogar überdeckt ist. Außerdem: Würden Sie eine Direktzusage in einem CTA ausfinanzieren, würde niemand auf die Idee kommen, dass dafür zusätzliches Eigen­kapital bereitgestellt werden muss.

Kommt es daher womöglich zum Comeback der Innenfinanzierung?
Hadasch:
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Arbeitgeber, wenn es zu zusätzlichen ­Eigenkapitalanforderungen bei kapital­gedeckten Systemen kommt, die Chance zum Ausstieg aus der Altersversorgung prüfen ­werden. Denn die Innenfinanzierung ist auch nicht das Ideal, das man sich als Arbeitgeber wünscht. Man muss sich ganz genau ­überlegen, warum man überhaupt betrieb­liche Altersversorgung selbst betreibt. Das Ganze hat einen historischen Sinn. Und wenn man die bestehenden Einrichtungen weiter betreibt, macht das auch Sinn. Wenn man ­diese Einrichtungen allerdings zerstört, ­beginnt bei allen Arbeitgebern die Diskussion:­ Wollen wir das überhaupt weiter ­fortführen beziehungsweise im ­Rahmen ­eines anderen Modells neu auf­bauen? Ich halte es für eine hochgefährliche Angelegenheit, überhaupt an dieser ­Geschichte zu rütteln.
Arbeitgeber könnten am Ende sagen: Ich gebe ­meinen Mitarbeitern einfach etwas mehr Lohn, und die sollen ­sehen, wie sie ihre Altersvorsorge organisieren. Sicher werden einige Arbeitgeber ihr Altersversorgungs­system in jedem Falle ­fortsetzen, aber wohl nur in dem Maße, in dem sie das für richtig und sinnvoll erachten. Ich denke da an stabilisierende ­Elemente, um die Fluktuation zu verhindern. Da würde man die Altersvorsorge in Form von Direktzusagen oder Unterstützungskassen durchführen ­können. Aber ich glaube, es bleibt dabei sehr viel auf der Strecke!­

portfolio institutionell, 24.05.2013

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