16. November 2014

Investor und Versorger: Auf der Suche nach der Vernetzung

Energieversorger müssen umdenken, Finanzinvestoren müssen umdenken. Erstere brauchen Kapital wegen der Energiewende, letztere Anlagemöglichkeiten wegen des Niedrigzinses. Wie beide Seiten zusammenkommen können und welche Hindernisse dem entgegenstehen, ­diskutieren im Folgenden Anleger und Berater und geben dabei interessante Einblicke.

Herr Dr. Otto, zu welchen Sektoren – Netze, Kraftwerke oder Renewables – rät The Advisory House Energieversorgern? Und rät man zu Kooperationen mit Finanzinvestoren?
Dr. Marc-Felix Otto:
Jedes Energieversorgungsunternehmen muss seine individuelle Strategie suchen. Die Landschaft der deutschen Energieversorger ist recht bunt und ­somit ergeben sich auch unterschiedliche Entwicklungspfade. Für die großen Häuser sind Global-Service-Player-Modelle vorstellbar, Stadtwerke haben durch ihre lokale Verankerung einen Trumpf, den man auch auf anderen Feldern ausspielen kann.
Kooperationen mit Finanzinvestoren sind immer dann besonders interessant, wenn es um das Halten von Assets geht. Grund ist, dass aus unserer Sicht das wesentliche Risiko für das Halten von Energie-Assets politischer Natur ist. Also sollte man sich nach Anlegern umschauen, die der Politik möglichst nahe stehen.

Funktioniert die Energiewende nur mit ­Finanzinvestoren?
Otto:
Ohne Finanzinvestoren würde sie auf jeden Fall viel langsamer verlaufen.

Herr Dr. Schwieters, sind Finanzinvestoren für Energieversorger wegen ihres Kapitals oder wegen etwaiger politischer Beziehungen interessant?
Dr. Norbert Schwieters:
Die wirtschaft­liche Lage vieler Energieversorger hat in den vergangenen Jahren sehr gelitten. In der Folge achten Versorger darauf, Assets nicht mehr in dem Maß wie noch vor fünf Jahren auf ­ihre Bilanzen zu nehmen, sondern Projekte bilanzschonend zu strukturieren. Darum kann die Öffnung gegenüber Finanzinvestoren Sinn machen. Externes Kapital ist für den Energiesektor sehr wichtig geworden.

Wenn ein Versorger in die Rolle eines Minderheitsgesellschafters schlüpft: Mutiert er dann zum Asset Manager?
Schwieters:
Immer stärker orientieren sich die Versorger weg von der Erzielung von  Renditen aus Assets und hin zu Erträgen aus Dienstleistungen für den Betrieb von ­Anlagen. Dies gilt jedoch nicht für den regulierten ­Bereich wie Verteil- und Übertragungsnetze, der jetzt wieder für Versorger interessant ­geworden ist.

Herr Manser, laut Jahresbericht 2013 hatte die Swiss Life 77 Millionen Franken in Infrastruktur investiert. Was ist der heutige Stand?
Chris Manser:
Im Jahr 2011 haben wir uns am Amprion-Netz beteiligt. Das war sozu­sagen der Ausgangspunkt, aufgrund dessen die Swiss Life eine breit gefasste Infrastruktur-Anlagestrategie formuliert hat und seit ­anderthalb Jahren umsetzt. Wir investierten bisher etwa 250 Millionen Euro in einem breiten Spektrum: einerseits Renewables, andererseits regulierte Versorgungsunternehmen und Unternehmen aus dem Transportsektor. Regional betrachtet sind wir in Europa und Nordamerika investiert. Aus Risikogesichtspunkten liegt unser Fokus klar auf Brownfield-Investments. Grund hierfür ist, dass wir Infrastruktur als eine Erweiterung unserer Corporate-Credit- und Real-Estate-Portfolios sehen. Damit ist die laufende Rendite ­entscheidend, die bei Greenfield Investments zumeist nicht gegeben ist. Wenn der laufende Ertrag einmal eine gewisse Größe erreicht hat, werden auch Greenfields interessant.

Wie verlief der Swiss-Solvency-Test?
Manser:
Normalerweise startet man mit einer ökonomischen Betrachtungsweise, man schaut also, wie attraktiv die risikoadjustierte Rendite ist. Dabei ist der Swiss-Solvency-Test eine sehr wichtige Rahmenbedingung. Diese, wie auch Solvency II, führen dazu, dass eine Versicherung ihre ­Investitionsentscheidungen auf der Basis eines risikoadjustierten Return on Risk Capital trifft. Wir waren der Meinung, dass Infrastruktur von der ökonomischen ­Seite her interessant ist, dass also ein Mehr­ertrag, auch zur Entschädigung wegen der ­Illiquidität, gegenüber dem genommenen ­Risiko möglich ist. Im nächsten Schritt mussten wir sicherstellen, dass sich die Asset-­Klasse auch unter dem Swiss Solvency Test mit einem adäquaten Risikomodell abbilden lässt. Am Schluss bleibt zu beurteilen, ob ein Investment einen attraktiven risikoadjustierten Return on Risk Capital abwirft.
Für einen Investor, der das aktuelle europäische Standardmodell anwenden muss, ist Infrastruktur sicherlich nicht sonderlich effizient, denn im Standardmodell muss Infrastruktur wie Private Equity unterlegt werden, hat aber in der üblichen Definition viel weniger Risiko und damit auch viel weniger erwartete Rendite. Damit ist Infrastruktur nicht ­effizient. Statt in Infrastruktur in Private Equity zu investieren, dürfte für die meisten Versicherungen jedoch keine Lösung sein, da für diese die stabilen laufenden Erträge, die man mit Infrastruktur verbindet, interessanter als die Kapitalgewinne von Private Equity sind. Als Solvency-II-Investor hat man mög­licherweise aber noch die Möglichkeit, durch eine Strukturierung statt der Einstufung als Other Equity eine Einstufung als Fremd­kapitalinstrument zu erreichen.

Schätzen Versicherer auch die Duration von Infrastruktur?
Manser:
Ein oft gehörtes Argument von institutionellen Investoren ist in der Tat, dass Infrastruktur dazu dient, um langfristige Verbindlichkeiten zu bedecken. Dieses Argument ist allerdings größtenteils falsch. Was bei dieser Aussage impliziert wird, ist, dass Infrastrukturinvestments eine hohe Duration aufweisen. Viele Infrastrukturanlagen weisen aber eine positive Korrelation mit der ­Inflation und damit auch eine positive Korrelation mit langfristigen Zinsen auf. Der Wert eines ­solchen Investments dürfte also nicht in ­gleichem Masse steigen und fallen wie eine entsprechende festverzinsliche Anlage und die entsprechende Duration daher eher tief oder sogar negativ ausfallen.

Herr Liebing, was sind denn gängige ­Struk­turierungswege für Infrastruktur?
Reinhard Liebing:
Die bevorzugten Wege institutioneller Investoren führen aktuell noch überwiegend über nicht börsennotierte Fondslösungen. In der Zukunft werden aber klar Lösungen in Form von Direktinvestitionen und Co-Investments zunehmen. Die Strukturierungsfragen hängen maßgeblich von den Zielen und Restriktionen der Investoren, beispielsweise der ­individuellen Risiko­tragfähigkeit, ab. Zudem sind ergänzend die steuerrechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. ­Gerade Einzel- beziehungsweise Co-Investmentstrukturen erfordern individuelle Lösungen.
Für Infrastrukturinvestments kommt bei einem Eigenkapital-Investment die Beteiligungsquote in Betracht. Zahlreiche Investoren präferieren allerdings eher ein Fremd­kapital­instrument. Je nach Gestaltung erreicht man somit unterschiedliche Quoten innerhalb der Anlageverordnung. Erschwert wird die Situation allerdings durch das Warten auf die aktualisierte Anlageverordnung und durch den Übergang auf Solvency II.
Wie Herr Manser gerade ausführte, macht eine Einordnung von Infrastruktur­beteiligungen als „Other Equity“ im Standardmodell wenig Sinn. Es braucht also eine Strukturierung, die sich auch unter Solvency-II-Aspekten bewährt und von der Aufsicht akzeptiert wird. Typischerweise kommen für einen deutschen Windpark dann ein ent­sprechend gestalteter Genussschein oder ­eine Luxemburger Verbriefung in Betracht. Hierbei muss die Maßschneiderung zudem eine möglichst hohe Trans­parenz und ein aussagefähiges Reporting ­beinhalten.

Sind denn bald ähnliche Transaktionen wie Amprion denkbar?
Schwieters:
Ich gehe davon aus, dass im Übertragungsnetzbereich die wesentlichen Akquisitionen gelaufen sind. Das Thema „Verteilnetze“, die in den vergangenen Jahren Gegenstand einer „Rekommunalisierung“ waren, ist dagegen zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen noch nicht ausdiskutiert. Die Frage ist, ob den hier Verantwortlichen immer der auf Dauer bestehende Kapitalbedarf bewusst ist. Zudem haben auch ­Stadtwerke in der Regel keinen großen finanziellen Spielraum, auch angesichts der ­Ausschüttungsbedürfnisse der Kommunen. Umgekehrt wird es für Finanzinvestoren schwierig sein, sich im kommunalpolitischen Bereich zu engagieren, da sie sich damit in noch stärkerem Maße politischen Risiken aussetzen. Wichtig wäre es für Finanzinvestoren, eine passende Plattform zu schaffen. Dabei gehe ich davon aus, dass die ­Reputation von ­Lebensversicherungen oder Pensionskassen, gerade wenn sie in der betreffenden Region ansässig sind, bei Kommunen grundsätzlich positiv besetzt ist. Das mag so nicht für andere Investoren gelten. Prinzipiell schätze ich auch kommunale Assets für ­Finanzinvestoren als hoch attraktiv, wenn auch vermint, ein.

Liebing: Die Reputation von Versicherungen und Pensionskassen ist sicherlich positiv belegt. Bei einer aktuellen Co-Investment-Struktur zwischen einem kommunalen Energieversorger und einem institutionellen Investor war darüber hinaus sehr wichtig, dass zwischen dem Investor und der Kommune ein gemeinsames Verständnis bezüglich des Governance-Rahmens besteht.
Manser: Was den Umgang mit Finanz­investoren erleichtert ist, dass diese keine strategischen Absichten verfolgen. ­Außerdem haben Finanzinvestoren ein ­starkes Interesse und – anders als manche strategischen Investoren – auch die Möglichkeit, für Investi­tionen zusätzliches Geld bereitzustellen. Bei den Kommunen muss sich vielleicht erst noch die Erkenntnis durchsetzen, welchen positiven Beitrag ein Finanzinvestor leisten kann. Man müsste auch viel mehr die positiven Beispiele herausstreichen.

Ist Amprion ein positives Beispiel?
Manser:
Amprion bringt alle Attribute mit, um Kooperationen von Finanzinvestoren und strategischen Investoren in Deutschland einmal zum Durchbruch zu verhelfen.

Bewährt sich das Netz als Direktinvestment?
Manser:
Kosten sind natürlich ein wichtiger Teil unserer Infrastrukturüberlegungen. Die erzielbaren Bruttorenditen von Core ­Infrastructure rechtfertigen fondsbasierte Kosten nur eingeschränkt. Was aber stärker für Directs spricht, ist, dass man das Risi­ko­­-Rendite-Profil steuern kann. Bei Fonds kann man das nur sehr bedingt. Darum gehen wir bei der Swiss Life fast immer den direkten Weg. Die dafür nötige Größe haben wir. ­Unsere Fondsinvestments sind dann eher ein Mittel dafür, um die Zusammenarbeit mit bestimmten Fondsmanagern zu stärken.

Was sehen denn Finanzinvestoren in den ­Bilanzen der Energieversorger?
Schwieters:
Ein Blick auf eine klassische Utility-Bilanz zeigt, dass früher die ­Kraftwerke und die Netze die großen Werttreiber waren. Nun ist die Werthaltigkeit von Kohle- und Gaskraftwerken in sich zusammengebrochen. Dafür spielen Renewables – Wind und Solar – eine wichtigere Rolle. Der große Trend geht aber in Richtung Energy Services, das heißt zu Dienstleistungen im Energy Management und bei der Energieeffizienz. Das bedingt eine völlige Veränderung der DNA der Versorger hin zu einem deutlich innovativeren Geschäftsmodell, dass Internettechnologie und Datenmanagement einbezieht.

Was heißt das für die G & V?
Otto:
Dünnere Margen, volatilere Ergebnisse oder große Abschreibungen konnten wir in den vergangenen Jahren sehen. Für die Zukunft ist für Investoren die Frage, ob sich die Versorger als Asset Owner, Asset Manager oder Asset Operator et cetera verstehen.

Liegt die Zukunft der Energiewende auf ­hoher See oder in der regionalen Erzeugung?
Schwieters:
In Offshore-Wind haben insbesondere die großen Energieversorger eine Möglichkeit gesehen, die Energieerzeugung auf industrieller Basis fortzusetzen. Allerdings mussten und müssen dafür technische Risiken in Kauf genommen werden. Ich gehe davon aus, dass Offshore künftig eine Rolle spielen wird. Diese wird relevant, aber nicht sehr bedeutend sein, da Deutschland nicht der ideale Offshore-Standort ist. Hinzu kommt auch das Problem des Energietransports von Nord- nach Süddeutschland.
Otto: Windparks in der Nordsee zeigen aber auch am Beispiel des dänischen Versorgers Dong und vier dänischer Pensions­kassen, wie gut Joint Ventures zwischen Energieversorgern und Finanzinvestoren funktionieren können.

Was sind aus Ihrer Sicht interessante Assets, Herr Liebing?
Liebing:
Wir sehen uns Wind-, Solar-, und Wasserkraftwerk­investments ebenso wie andere Infrastrukturanlagen in Deutschland, Schweden, UK, Italien und Frankreich an. Unsere Investoren ­präferieren in der Regel Brownfields, wir sehen aber auch eine ­zunehmende Bereitschaft, in Projektentwicklungen zu investieren. Aus meiner Sicht öffnen sich deutsche Investoren zunehmend für Marktrisiken. Die größte Herausforderung bleibt allerdings die ­Identifikation von attraktiven Assets; am besten außerhalb von Bieterverfahren.

Laut der Theorie muss man Markt- und regulatorische Risiken ­streuen. Ist dafür bei Infrastruktur die Spielwiese groß genug?
Manser:
Diversifikation ist enorm wichtig. Es ist aber sehr ­schwierig, einen Top-Down-Ansatz zu fahren und beispielweise zu planen, x Prozent in Renewables, y Prozent in Verkehrsinfrastruktur und z Prozent in soziale Infrastruktur zu investieren. Letztendlich kommen die Deals bottom-up. Wir suchen den Mittelweg. In der Praxis bedeutet dies unter anderem, dass mein Team sich derzeit nicht mit Windtransaktionen beschäftigt, da erst kürzlich eine größere Transaktion erfolgte.
Liebing: Hier lässt sich ergänzen, dass in der strategischen Asset-Allokation neben quantitativen Faktoren zunehmend qualitative ­Aspekte berücksichtigt werden. Damit wird es leichter, bottom-up ­opportunistisch Chancen wahrzunehmen.
Manser: Quantitative Ansätze sind eine Hilfestellung und ­insbesondere dort sinnvoll, wo sie helfen, Disziplin in den Anlag­eprozess zu bringen. Für ein rein quantitatives Vorgehen fehlt bei ­Infrastruktur aber die nötige Datenbasis. Bei Aktienportfolios haben es Quants leichter.

Wenn viele Portfolios heute eher opportunistisch geprägt sind, dann steht in absehbarer Zeit das eine oder andere fine tuning der Portfoliostruktur an. Öffnen sich über die sich dann ergebenden Secondarys auch Infrastruktur-Nachzüglern Möglichkeiten?
Manser:
Das möchte ich nicht ausschließen. Auch die großen ­kanadischen Pensionskassen bereinigen laufend ihr Portfolio, wobei da die Frage ist, welche Treiber hinter den Verkaufsentscheidungen stehen. Die wichtigere Dealflow-Quelle werden aber die Fonds sein, die ihre Investments früher oder später veräußern müssen. Dieser Druck wird zunehmen, und ich gehe davon aus, dass institutionelle Direktinvestoren dann vermehrt zum Zuge kommen können.

Sie erwähnten als Dealflow einen Windpark. Welches Vertrauen haben Sie denn in Windgutachten?
Manser:
Wir investieren nicht in deutsche Windparks. Ein Grund dafür sind sicherlich die hohen Preise. Der viel wichtigere Grund sind aber die Windgutachten.
Deutschland ist meines Wissens der einzige Markt, wo Windgutachten für neue Parks meist nicht auf der Basis von effektiven ­Windmessungen erstellt werden. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, funktioniert das nicht. Ich gehe davon aus, dass es sehr ­professionelle Windinvestoren gibt, die die Mängel von Windgutachten in Deutschland adäquat ­berücksichtigen. Ich glaube aber auch, dass einige Marktteilnehmer dieses Risiko unterschätzen.
Otto: Diese Windgutachten sind eben noch Nachwehen des Energiewende-Booms, den fast niemand vorhergesehen hat. Da die Physik der Energie aber an der Grenze nicht haltmacht, ist eine geografische Diversifika­tion sinnvoll. Allgemein steigt in einem ­Umfeld sinkender Kapitalrenditen die Bedeutung des Risikomanagements.
Liebing: Das ist ein wichtiger Punkt. Risiko­management beginnt gemäß unseres treuhänderischen Selbstverständnisses bei uns bereits in der Due Diligence. Das Zauberwort heißt „vorher“. In der Regel bringen der Verkäufer und der potenzielle Käufer beispielsweise ihre eigenen Windgutachten in die Verhandlungen ein. Um die Transaktion trotzdem erfolgreich abzuwickeln, haben sich in der Praxis Modelle entwickelt, die über ­einen bestimmten Zeitraum hinweg zwischen den beiden Parteien eine Über- und Unterperformance ausgleichen sollen.
Dieses Vorgehen zeigt, wie vielschichtig das Thema Risikomanagement bereits im „Einkaufsprozess“ ist und dass es darauf ­ankommt, Gutachtendetails vollständig zu verstehen.

Welche Implikatonen hat denn für institu­tionelle Investoren das Thema „Direktvermarktung“?
Schwieters:
Direktvermarktung ist derzeit eher ein Ausnahmefall, soll aber in Zukunft für größere Neuanlagen zur Regel werden. Die Gestaltung der Direktvermarktung ist noch strittig, der Gedanke aber richtig, Grünstrom in den Markt zu integrieren. Um Versorgungssicherheit bei Grünstrom zu schaffen, sind Back-up-Kapazitäten erforderlich. Die Kernfrage bei der Direktvermarktung ist, wer für welchen Preis die Back-up-Verantwortlichkeit übernimmt und somit für ein Produkt „sicherer Grünstrom“ sorgt.
Im Zusammenhang mit Back-up-Kapa­zitäten ist mein Eindruck, dass stark in ­Richtung von Kraftwerksinvestitionen in ­Süddeutschland gedacht wird. Das könnte für Netzbetreiber, die genau wissen, wo der Back-up-Bedarf ist, eine interessante Investitionsmaßnahme sein, bei der wieder Finanz­investoren ins Spiel kommen. Das wird auch das Problem des Netz- und Speicherausbaus entschärfen. Hier könnte auch Biomasse als grüne Energieform eine Rolle spielen, wenn man sie auf Back-up beschränkt und somit im Bedarfsfall, aber nicht als „Grundlast“ nutzt.
Otto: Back-up-Lösungen forcieren die ­Kooperation zwischen Finanzinvestoren und Energieversorgern. In der Zukunft wird wirklich relevant sein, die für Renewables nötige Reserveleistung mitzubezahlen. Das ist im jetzigen Regelwerk zur Direktvermarktung noch nicht enthalten.
Liebing: Wenn nun beispielsweise zwei Versicherungen zu einem Energieversorger gehen, um gemeinsam Investments zu ­tätigen, ist zu klären, ob in diesem Fall ein ­Alternative-Investment-Fonds, ein AIF, in ­Betracht kommt.

Entspricht denn diese Weiterentwicklung der Energiewende den Zielen, die die Swiss Life mit Infrastruktur verfolgt?
Manser:
Eher nein. Finanzinvestoren sind an stabilen Renditen interessiert. Der Gesetzgeber muss die richtige Linie finden, um diese Stabilität zu gewährleisten. Darin liegt der große Erfolg des EEG. Nun droht dem EEG, ein Opfer des eigenen Erfolgs zu werden.
Ich glaube aber, dass die Politik den ­Bedarf institutioneller Investoren in Infrastruktur klar erkannt hat. Dafür müssen dann aber auch die passenden Rahmenbedingungen gegeben sein.
Liebing: Wichtig ist, dass die sich aus der Energiewende ergebenden Chancen für institutionelle Investoren investierbar gemacht werden.
Aus meiner Sicht besteht seitens der Inves­toren zweifellos Interesse, und ich bin mir sicher, dass die Energieinfrastruktur auch weiter stabile Cashflows, zum Beispiel über Fremdkapitaltranchen, ermöglicht. Einen ­gewissen Eigenkapitalanteil können auch ­Investoren übernehmen, die nicht von ­Solvency II betroffen sind. Unsere Erfah­rungen aus maßgeschneiderten Strukturen ­können wir insoweit als neue Standards auf andere Fälle übertragen.

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 10/2014

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