Versicherungen
19. Juli 2019

Junges Geschäftsmodell, bewährte Anlagestrategie

Die Viridium Gruppe verfolgt ein in Deutschland noch junges Geschäftsmodell, fährt aber mit einer auf Fixed Income konzentrierten Asset Allocation eine bewährte Anlagestrategie. Ebenfalls im Fokus sind die Interessen der Versicherungsnehmer. Fragen dazu beantwortet Chief Investment Officer Peter Oser.

Herr Oser, die Viridium Gruppe wurde vor ­etwa fünf Jahren von Cinven und der Hannover Rück als sogenannte Run-off-Plattform für Lebensversicherungen gegründet. Ist ­Viridium gerade im Vergleich zu klassischen Lebensversicherern noch ein Start-up?

Unser Geschäftsmodell ist nach wie vor jung. Wir sind in kürzester Zeit enorm gewachsen und packen vieles radikal anders an. Da steckt in der Tat viel von einem Start-up drin. ­Anders als typische Start-ups sind wir aber bereits nach wenigen Jahren fest im Markt etabliert und Marktführer – als spezialisierter Bestandsmanager, dessen Modell in hohem Maße technologiebasiert ist.

Mit nun etwa 60 Milliarden Euro an Assets under Management ist Viridium eine der größten Lebensversicherungen in Deutschland und auch deutlich größer als andere Run-off-Plattformen. Trotzdem ist das ­Geschäftsmodell noch erklärungsbedürftig.

Wir können nur erfolgreich sein, wenn die Kunden ihre Verträge maximal lange fortführen. Das tun sie nicht, wenn sie mit der Vertragsperformance und dem Service unzufrieden sind. Fakt ist, dass alle wichtigen Indikatoren das Gegenteil nahelegen. Wir hatten bislang erst fünf Jahre Zeit zu demonstrieren, dass und wie die Kunden profitieren. Für ein Produkt wie die Lebensversicherung ist das sehr wenig Zeit. Unser Anspruch ist es, uns einen Track Record über noch viel mehr Jahre aufzubauen. Damit werden hier und da noch existierende Fragezeichen nach und nach verschwinden.

Im Kundeninteresse ist, dass nicht nur der Garantiezins, sondern auch Überschüsse ­erwirtschaftet werden.

Wie gesagt ist es absolut in unserem ­Interesse, dass die bestehenden Kunden zufrieden sind. Daher zahlen wir ihnen selbstverständlich auch marktgerechte Überschüsse.

Ihr Anreiz ist, Kündigungen zu verhindern und somit Betriebsgrößenvorteile ausspielen zu können?

Wir wollen Kündigungen nicht verhindern, sondern erst gar keinen Anlass dafür liefern. Wir haben keinen Vertrieb, sondern nur die bestehenden Kunden. Je mehr Verträge wir auf einer einheitlichen Plattform effizient ­administrieren, desto niedriger sind die ­anteiligen Kosten. Zumal wir kein Geld für Neugeschäft und Vertrieb ausgeben. Davon profitieren über die Mindestzuführungsverordnung auch die Kunden.

Keinen Vertrieb zu haben ist ein Kosten­vorteil. Eine Versicherung mit einem guten Vertrieb hatte aber in der jüngeren Vergangenheit den großen strategischen Vorteil mit neuen Produkten den durchschnittlichen Rechnungszins im Bestand zu senken. Diese Möglichkeit haben Sie nicht.

Den Rechnungszins eines Bestandes berücksichtigen wir als einen von vielen Faktoren, wenn wir den Kaufpreis ermitteln. Jede Transaktion ist inklusive ihren Verpflichtungen Richtung Kunden bis zum Ende durchgerechnet. Insofern stehen wir hier nicht ­irgendwie unter Zugzwang. Bei den bestehenden Gesellschaften kommt es für uns darauf an, die Duration sauber zu matchen. Das machen wir in der Regel sehr schnell nach dem Kauf. Ansonsten hätten wir bei weiter fallenden Zinsen ein Problem, da die in der Regel länger als die Assets ­laufenden Verpflichtungen stärker an Wert gewinnen würden, was negativ für Kunden und Eigentümer wäre.

Wo sehen Sie Unterschiede zu anderen Run-off-Plattformen?

Aus meiner Sicht gibt es mehrere Alleinstellungsmerkmale. Der erste ist unsere Erfahrung bezüglich Erwerb und Integration von Gesellschaften. Wir haben mit Abstand die meisten Gesellschaften erworben und auch erfolgreich integriert. Mit Heidelberger ­Leben, Skandia, Protektor und kürzlich der Generali haben wir vier Inhaber-Kontroll­verfahren in kurzer Zeit erfolgreich abgeschlossen. Die Bafin kennt uns also gut. Der zweite Punkt ist unsere Größe: Wie ­bereits erwähnt, haben wir inzwischen 60 Milliarden an Assets under Management und sind deutlich größer als der nachfolgende Mitbewerber. Aus der Größe ergeben sich Skaleneffekte in vielerlei Hinsicht. Drittens investieren wir stark in IT und ­Operations. Unsere Plattform ist von Grund auf neu aufgebaut, wir investieren kontinuierlich in IT und Bestandsführungslandschaft. Und vor allem ist sie operativ – wir konnten Komplett- und Teilbestände erfolgreich migrieren und haben dabei eine Menge an Erfahrungen gesammelt.

Was wäre die Mindestgröße für eine Run-off-Plattform? Ab welchem Volumen gehen ­weitere Betriebsgrößenvorteile gegen Null?

Einfach Untergrenzen zu ziehen, würde dem Modell nicht gerecht. Es gibt immer ­Potenzial, Dinge besser, effizienter zu machen. Schlussendlich kommt es auf den individuellen ­Bestand, auf den einzelnen Business Case an und wie dieser bepreist wird. Wir widmen uns jetzt gerade voll der Integration der ­Generali Leben. Dass wir gleichwohl auf Sicht weiter wachsen wollen, steht außer ­Frage. Daran hat sich durch die Generali-Übernahme nichts geändert.

Wie sieht denn Ihre IT-Landschaft aus?

Wir stützen uns auf zwei strategische ­Partner: für die Bestandsverwaltung der Lebensver­sicherungsverträge MSG und für ­Buchhaltung und Controlling SAP. Für die Kapitalanlage arbeiten wir mit verschiedenen Outsourcing-Partnern zusammen.

Zur Kapitalanlage: Viridium hat nun verschiedene Bestände übernommen, zuletzt denjenigen der Generali ­Lebensversicherung. Orientieren sich diese Bestände an verschiedene Benchmarks? Grundsätzlich legen wir für jedes Unter­nehmen im Konzern eine Zielrendite fest. Diese definieren wir als risikofreier Zinssatz plus Credit Spread. Der risikofreie Zinssatz leitet sich letztendlich aus der Duration der Verbindlichkeiten ab. Die Kreditmarge, die wir über dem risikofreien Zinssatz erzielen wollen, leitet sich wiederum aus den ­Garantien, des Bestandes der jeweiligen ­Gesellschaft sowie aus möglichen Über­schüssen ab.

Unterscheiden sich die Bestände stark?

Unterschiede liegen wesentlich im Alter und in der Struktur. Die Grundprinzipien, nach denen wir die Kapitalanlage steuern, sind aber eigentlich immer dieselben. Wir ­schauen uns die Produkte und die Verbindlichkeiten der jeweiligen Gesellschaft an, legen dann ­eine Zielrendite fest und definieren diese als risikofreien Zinssatz plus Kreditmarge. ­Diese Kreditmarge kann, wie vorhin bereits ­erläutert, von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschiedlich sein.

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