Klumpenrisiko USA

Eine Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika weht im Wind: Viele Portfolios stützen sich auf US-Aktien und sind auch bei alternativen Investments vom Dollar abhängig.
Nach einer jahrelangen Phase der Outperformance der USA sind viele Anlageportfolios geprägt von US-Aktien. Investments in alternative Investments sind ebenfalls weit verbreitet und ebenso vom Dollar abhängig. Ein Plädoyer für mehr Diversifikation.
Die ersten Wochen der zweiten Amtszeit von Präsident Donald Trump haben die Weltordnung erschüttert. „Mit aggressivem Wirtschaftsnationalismus, massiven Einfuhrzöllen und einem Bruch mit internationalen Abkommen verfolgt Trump eine ‚America First‘-Strategie, die die globale wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheit massiv erhöht hat.“ Diese pointierte Feststellung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) reiht sich ein in eine Liste von Analysen und Statements von Finanzmarktteilnehmern, die der US-Administration ein schlechtes Zeugnis ausstellen. „Innenpolitisch verengt Trump die Macht auf das Weiße Haus, kürzt Umweltvorgaben und verschärft die Migrationspolitik. Wirtschaftlich dominieren erratische Zollentscheidungen, die Investitionen dämpfen und Rezessionssorgen schüren“, kommentiert die LBBW mit Blick auf die größte Volkswirtschaft der Welt.
Das bleibt für die Märkte natürlich nicht ohne Folgen. Der S&P 500 verzeichnete den schlechtesten Quartalsstart einer US-Präsidentschaft seit Bestehen des Index. Zudem entwickelte sich der US-Aktienmarkt in diesem Jahr schlechter als vergleichbare Märkte. Auslöser war die unwägbare Herausforderung, die auf das US-Wachstum durch die neue Zollpolitik zukommt. Allerdings haben nicht nur die Sektoren mit der größten direkten Belastung durch Zölle unterdurchschnittlich abgeschnitten, sondern auch die am höchsten bewerteten Unternehmen, die in den US-Indizes stark gewichtet sind, analysiert Thomas O‘Mahony. Da sich viele Portfolios stark auf US-Aktien stützen und auch bei alternativen Investments vom Dollar abhängig sind, sollten Investoren diese Engagements sorgfältig prüfen, rät der Senior Investment Director aus dem Capital Markets Research bei Cambridge Associates. Er spricht sich für eine moderate Übergewichtung von Aktien außerhalb der USA aus; die regionale Diversifizierung ist in seinen Augen von wachsender Bedeutung.
Dollar unter Druck
Auch der US-Dollar hat in den ersten vier Monaten dieses Jahres an Wert verloren, was für ausländische Investoren zu den Kurseinbußen bei Aktien und anderen US-Assets erschwerend hinzu kommt. In einem typischen Krisenumfeld würden Anleger eigentlich Dollar-Liquidität horten, um die Finanzierung ihrer zugrunde liegenden US-Vermögensbasis zu sichern, so erklärt es die Deutsche Bank. Der Dollar würde also fester gehen, wie man so sagt. In den vergangenen Wochen war das jedoch anders. Der Markt scheint das Vertrauen in US-Vermögenswerte verloren zu haben, diese werden aktiv verkauft.
Ablesen lässt sich das neben dem volatilen Aktienmarkt auch an den Renditen langfristiger US-Staatsanleihen. Diese sind deutlich gestiegen, was die ohnehin schon hohe Schuldenlast der US-Amerikaner noch steigert und die Lage verschärft. Die Analysten der LBBW sehen in der Entwicklung ein Indiz für schwindendes Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität der USA. „Trumps Politik destabilisiert nicht nur die Weltmärkte, sie untergräbt auch das Vertrauen in die Führungsrolle der USA“, sagt Moritz Kraemer, Chefvolkswirt der LBBW und Leiter des LBBW Research. Für Großanleger aus dem Euroraum ist diese Situation problematisch. Denn US-Assets sind in ihren Portfolios allgegenwärtig; und Fremdwährungs-Hedging war in den vergangenen Jahren aufgrund des insgesamt sehr stabilen Greenbacks kaum ein Thema. Die Hedging-Kosten konnte man sich sparen.
Dollar-Quoten von 40 bis 50 Prozent
US-Assets waren aber auch weltweit begehrt. Laut einer Studie des Thinking Ahead Institute, der im Februar veröffentlichten Global-Pension-Assets-Studie 2025, sind die mächtigsten Pensionsanleger weltweit in den vergangenen Jahren mehr und mehr dazu übergegangen, ihr Kapital nicht nur im Heimatmarkt anzulegen. Stattdessen geht die Bedeutung der sogenannten Heimatmarktneigung (Home Bias) zurück. In den letzten zehn Jahren wiesen Kanada, Japan und Großbritannien die niedrigsten Allokationen in inländische Aktien auf. Im Zuge dieser Entwicklung dürften die Investoren vor allem die USA angesteuert haben – bislang.
Abseits spezifischer Anlageklassen gibt Thomas O‘Mahony von Cambridge Associates zu bedenken, dass eine der konzentriertesten Positionen in vielen Portfolios der US-Dollar sei. Angesichts der US-amerikanischen Gewichtung sowohl an öffentlichen als auch an privaten Märkten sowie einiger alternativer Strategien sei es nicht ungewöhnlich, dass europäische Portfolios eine Dollar-Quote von 40 bis 50 Prozent aufweisen. „Bisher waren Anleger mit ihrem Dollar-Engagement gut bedient“, so der Experte. Schließlich befand sich der Greenback in den vergangenen 14 Jahren im Aufwärtstrend „und diente als partielle Absicherung für Portfolios, da er sich zuverlässig erholte, als risikobehaftete Anlagen fielen“. Es gebe Grund zur Frage, ob sich diese Dollar-Trends fortsetzen.
Eine Liste der Superlative
Seit Mitte Januar hat die US-Währung (in Euro) bereits über zehn Prozent abgewertet. Nachdem Präsident Trump Anfang April die Zollpolitik der neuen US-Regierung verkündete, hat der Dollar weiter an Boden verloren. Für einen Euro bekam man 1,14 US-Dollar – Anfang dieses Jahres lag der Wechselkurs nur knapp über der Parität. Dass der Dollar an Wert einbüßt, während US-Aktien fallen, ist ungewöhnlich, wie Thomas O‘Mahony von Cambridge Associates bereits angemerkt hat. Die Deutsche Bank warnt nun sogar vor dem Zusammenbruch der Korrelation zwischen risikoreichen US-Anlagen und dem Dollar und hält einen strukturellen Abwärtstrend beim Greenback für möglich.
Zur Begründung verweist die Bank in einem Schreiben an ihre Kunden auf eine „Liste der Superlative“. Dazu zählt der größte Kurswechsel in der US-Handelspolitik seit einem Jahrhundert, der größte Kurswechsel in der deutschen Finanzpolitik seit der Wiedervereinigung (dadurch fließt vermehrt Kapital aus den USA ab und in die Eurozone hinein) und die bedeutendste Neubewertung der geopolitischen Führung der USA seit dem Zweiten Weltkrieg. Aus all diesen Gründen seien die Voraussetzungen für einen deutlichen Abwärtstrend des Dollars gegeben. Das Institut prognostiziert einen „allmählichen Abbau der erhöhten US-Vermögensbestände“. Cambridge Associates geht einen Schritt weiter. Das Investmenthaus geht aufgrund der Handels- und Geopolitik von einem strukturellen Rückgang der Nachfrage nach US-Vermögenswerten aus.
Diversifikation auch bei Private Assets
Privatmarktanlagen weisen im Allgemeinen Schutz vor der Volatilität der Public Markets auf und können in Zeiten der Ungewissheit sogar prosperieren. Die Fondsgesellschaft Schroders merkt jedoch an, dass im aktuellen Marktumfeld einige Private-Markets-Strategien ein besseres Risiko-Rendite-Profil aufweisen als andere. Daher sollte man bei der Auswahl von Strategien und Anlagen besonders kritisch sein. Eine Diversifizierung über Strategien hinweg sei wichtig, wie sie bei Schroders unterstreichen. Erfolgversprechend seien derzeit jene Unternehmen und Assets, die vornehmlich im Heimatmarkt operieren und einen gewissen Schutz vor geopolitischen Risiken und Handelskonflikten versprechen.
Im Bereich Private Equity richtet Schroders das Schlaglicht auf kleine und mittelgroße Buyouts – die über Primärfondsinvestitionen, Direkt-/Co-Investments oder GP-led Secondaries getätigt werden. Sie seien attraktiv und weniger anfällig für geo- und handelspolitische Konflikte als Large-Cap-Buyouts. Außerdem scheine Venture Capital in der Frühphase widerstandsfähiger zu sein als Venture- und Growth Capital in der Spätphase. Im Bereich Private Debt sehen sie bei Schroders Chancen bei Spezialfinanzierungen oder auch Infrastructure Debt. Diese Segmente zeichneten sich in Zeiten von Volatilität und Inflationssorgen durch stabile Cashflows mit hohen Erträgen aus. Weiterhin erwähnt Schroders das Segment der Infrastrukturaktien. Dort gebe es Opportunitäten für Investments in Erneuerbare Energien in Europa und Asien
Festzuhalten bleibt: Den von der Trump-Administration ausgelösten Erschütterungen werden weitere folgen. Spätestens jetzt muss das Portfolio wetterfest gemacht werden. Es gibt jedoch keinen allgemeingültigen Ansatz für den Umgang mit konzentrierten Positionen in Portfolios, wie die Experten von Cambridge Associates verdeutlichen. Eine breitere Diversifizierung könne dazu beitragen, die mit einer einzelnen Volkswirtschaft verbundenen Risiken zu senken. „Auch eine Reduzierung des US-Dollar-Exposures – sei es durch höhere Investitionen in Landeswährungen oder eine verstärkte Währungsabsicherung – kann die Diversifizierung verbessern, wobei jeder Ansatz seine eigenen Chancen und expliziten Kosten mit sich bringt.“ Allerdings dürfen Anpassungen nicht isoliert getroffen werden, da sie mit anderen Portfolioentscheidungen verknüpft sind, etwa mit der Höhe der Allokation in sichere Anleihen und weiteren Diversifizierungsinstrumenten.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Strategische Asset Allocation (SAA) | USA | Weltspiegel
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