Pensionskassen
23. August 2016

Kölner Pensionskasse wünscht sich sachwertorientierte Kapitalanlage

In den vergangenen Monaten haben Verbände, wie die Aba, der VFPK und das IVS, ihre Sorge zur Zukunft der Pensionskassen geäußert. Meldungen über Eingriffe in Future Services haben diesen Eindruck verstärkt. Darüber sprach portfolio mit Christof Heinrich, Vorstandssprecher der Kölner Pensionskasse.

Wie ernst ist die Lage aus Ihrer Sicht? 
Die Abschaffung des Zinses für den „Anlageklassiker“ – Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit – stellt natürlich alle Versorgungsträger, die Nominalgarantien geben, auf eine harte Bewährungsprobe. Das Jahrzehnte alte Modell einer Versicherung mit Garantierenten und Überschussrenten funktioniert ganz gut, so lange genügend Überschüsse entstehen können, wenn also die Garantien klein sind im Vergleich zu den Kapitalerträgen. Aber selbst in diesen Zeiträumen erzwingt der traditionelle Garantiemechanismus eine einseitige Kapitalanlage. Die Rückstellungen für Leistungsversprechen einer Pensionskasse müssen nach deutschem Aufsichtsrecht zu jedem Zeitpunkt vollständig mit Kapitalanlagen bedeckt sein, auch in der betrieb-lichen Altersversorgung. Das kostet ordentlich Ertrag. Garantien sind teuer. Bei einer Gesamtverzinsung von sieben Prozent ist es den meisten jedoch egal, dass Garantien teuer sind. Im Niedrigzinsumfeld, in dem der erzielbare Ertrag nur noch ein bisschen größer ist als die versprochene Garantie, sieht man es direkt: Die Aufwendungen für Zinszusatzreserven, die seit Jahren gebildet werden müssen, sind in wenigen Jahren so hoch wie die gesetzlichen Eigenkapitalanforderungen. Ironie der Regulatorik: Die Aufwendungen für die Zinszusatzreserven führen vermutlich eher zu Leistungseingriffen als der niedrige Kapitalertrag.
Besonders schwer scheint die Niedrigzinsphase auf den relativ jungen Pensionskassen der 2002er Generation zu lasten. Ihr Haus gehört zu dieser Generation: Wie ist die Lage bei der Kölner Pensionskasse? 
Durch die junge Geschichte der Kölner Pensionskasse sind in unseren Beständen keine Altverträge mit besonders hohen Rechnungszinsen enthalten. Der mittlere Garantiezins von 2,7 Prozent liegt deutlich unter der laufenden Nettoverzinsung, diese lag 2015 bei 3,50 Prozent. Der junge Bestand hat viele Anwärter und wenige Rentner. Die zufließenden Mittel können also sehr langfristig angelegt werden. 
Pensionskassen, die im Gegensatz zu uns kaum Neugeschäft zu niedrigem Rechnungszins zeichnen, könnten mittelfristig Probleme bekommen. Der durchschnittliche Rechnungszins im Bestand sinkt in diesen Fällen zu langsam. Gutes Neugeschäft mit aktuellem Rechnungszins verbessert die Risikosituation einer Pensionskasse besser als jede zusätzliche Reservierungsmaßnahme. In den 14 Jahren unseres Bestehens reduzierte sich der mittlere Rechnungszins um mehr als 50 Basispunkte.
Die Kölner Pensionskasse hat in den vergangenen Jahren die Versichertenbestände von anderen Pensionskassen übernommen. Was waren die Beweggründe dafür? 
Natürlich spielt hier das Bestandswachstum eine Rolle, jedoch keine übergeordnete. Durch Bestandsübertragungen existieren die Versorgungen der übernommenen Mitglieder unabhängig vom Versorgungsträger weiter. Dieser Mechanismus ist im weitesten Sinne mit einem Sicherungsfonds vergleichbar und bietet den übernommenen Beständen ein hohes Maß an Sicherheit.
Wie sieht es mit Wachstum abseits von Übernahmen von Versichertenbeständen aus? Können Sie stetig Neugeschäft erzielen?
Bestandswachstum durch Neugeschäft – außerhalb von Bestandsübernahmen – ist unser Kerngeschäft. So beruhte beispielsweise im letzten Jahr unsere Bestandszunahme von rund vier Prozent vollständig auf organischem Wachstum. Das soll auch so bleiben.
Was würden Sie sich von der Politik und dem Regulator wünschen, damit Sie und Ihre Pensionskassenkollegen besser durch das Niedrigzinsumfeld steuern können? 
Da der Zins bei vielen Wertpapieren „abgeschafft“ ist, ist die Ausrichtung auf sachwertorientierte Kapitalanlagen geboten. Dafür muss der Jahrzehnte alte Rechtsrahmen angepasst werden: 
Zum einen ist es nicht erforderlich, in der betrieblichen Altersversorgung die Verpflichtungen in der Anwartschaft jederzeit und vollständig zu bedecken. Ertragreiche Kapitalanlagen sind in der Regel schwankungsanfälliger als die Bundesanleihe. Derzeit müssen Kapitalanlagen jedoch eher dazu optimiert werden, den Rechtsrahmen nicht zu verletzen, als langfristig gute Versorgungen zu ermöglichen. Zum anderen müssen Sicherheitspolster, die gebildet werden, auch verwendet werden können, sonst ist es „Sparen für Zahlen“. Also: Eigenkapital stärken statt Zinsverpflichtungen „neu zu bewerten“.
Darüber hinaus bin ich der Ansicht: Wenn schon Zinszusatzreserven, dann schonender. Die Modelle hierfür hat die Deutsche Aktuarvereinigung längst ausgearbeitet, inklusive der Formulierungshilfen für den Verordnungsgeber. Zudem sollten die Bewertungsregeln für Leistungen aus Überschussbeteiligung geändert werden. Muss die Rente aus Überschussbeteiligung die gleiche Garantiequalität wie die ursprünglich versicherte Rente haben? Außerdem müssten Kapitalerträge langfristig kollektiv verwendet werden statt „verursachungsgerecht“. Hohe Garantien und hohe Überschüsse wurden in Jahrzehnten vergleichsweise hoher Inflationsraten „gewährt“. Die Rentenzahlung hieraus erfolgt jetzt, bei einer Inflationsrate nahe Null. Das ist zwar richtig, aber nicht gerecht.
Der wichtigste Wunsch jedoch ist: Neben der „Erfindung“ neuer (Sozialpartner-)Modelle für künftige Arbeitnehmergenerationen ist die Anpassung der Rahmenbedingungen für die millionenfach bestehenden Versorgungen mindestens ebenso wichtig und noch viel dringlicher.
Das Interview führte Kerstin Bendix.
portfolio institutionell newflash 23.08.3016/Kerstin Bendix
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