Versicherungen
11. Dezember 2023

Lebensversicherer: PAI-Daten lassen Aussagekraft missen

Keine einheitliche Datengrundlage. Auswertung von Assekurata ergibt Fokus auf Klimaschutz.

Das Lamento von ESG-Anlegern ist bekannt: Die Datenlage zu Nachhaltigkeit ist zu dünn. Große Hoffnungen, so die Ratingagentur Assekurata, setzte die Branche darum in die Principle Adverse Impact (PAI) Statements der Lebensversicherer. Schließlich sollten die PAI erstmalig objektive und vergleichbare Daten zu den Kapitalanlagen und den Produkten der Lebensversicherer liefern. „Allerdings mussten wir feststellen, dass die veröffentlichten Daten hinter den Erwartungen zurückbleiben“, so Oliver Bentz, Fachkoordinator Nachhaltigkeit bei Assekurata.

Seit dem 30. Juni 2023 schreibt die Offenlegungsverordnung vor, dass Finanzmarktteilnehmer quantitative Informationen zu den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren offenlegen müssen. In einer Untersuchung hat Assekurata die PAI-Statements von 63 Lebensversicherern gesichtet, um den Abdeckungsgrad der zu berichtenden Indikatoren zu prüfen und die Aussagekraft der jeweiligen PAI-Indikatoren zu analysieren. Lediglich zwei weitere Unternehmen haben nur ein kurzes Statement veröffentlicht, in dem sie erklären, dass sie keine negativen Auswirkungen beziehungsweise PAIs in ihrer Kapitalanlage berücksichtigen.

Daten hängen von Portfoliounternehmen ab

Obligatorische Indikatoren, wie beispielsweise der CO₂-Fußabdruck (PAI 2) oder der Anteil von Unternehmen im Portfolio, die umstrittene Waffen verkaufen (PAI 14), werden laut der Analyse (fast) durch die Bank weg von den 63 Unternehmen berichtet. Die Abdeckungsgrade lagen dabei zwischen 87 und 100 Prozent. Die auf den ersten Blick gute Datenverfügbarkeit, so die Ratingagentur, täuscht jedoch. Zwar werden fast überall Kennzahlen ausgewiesen, bei der Analyse fällt jedoch auf, dass diese teilweise auf einer recht dünnen Datengrundlage fußen. Bei Kennzahlen wie den Treibhausgasemissionen (PAI 1) und dem CO₂-Fußabdruck (PAI 2) der investierten Unternehmen ist die Datenlage noch verhältnismäßig gut. Dies liegt daran, dass diese Daten für viele der börsennotierten Unternehmen im Portfolio verfügbar sind. So geben die Versicherer dort Datenabdeckungen („Coverages“) von teilweise 30 Prozent oder 40 Prozent an, was je nach Portfoliostruktur auch dem Anteil der Unternehmensinvestments im Portfolio entspricht. Bei Indikatoren wie Emissionen in Wasser (PAI 8) oder Anteil gefährlicher und radioaktiver Abfälle (PAI 9) sieht die Datenlage wesentlich schlechter aus. Einige Versicherer geben hier Coverages im einstelligen Prozentbereich und teilweise von unter einem Prozent an, weil die zugrundeliegenden Unternehmen die notwendigen Datenpunkte nicht berichten. Die veröffentlichten Werte dieser PAI-Indikatoren seien daher nur bedingt aussagekräftig.

Unterschiedliche Provider und Bezugsgrößen

Eine weitere Einschränkung der Vergleichbarkeit beruhe auf der Nutzung verschiedener Datenprovider und der unterschiedlichen Auslegung der Kennzahlen. Ein Beispiel dafür ist die Definition von Verstößen gegen Menschenrechtsverletzungen oder Anti-Korruption durch verschiedene Datenprovider. Auch die Lebensversicherer selbst können einzelne Indikatoren unterschiedlich auslegen, da die regulatorischen Standards teilweise Interpretationsspielräume offenlassen.

Die dritte Einschränkung, die Assekurata in der Analyse feststellen konnten, bezieht sich auf die verwendeten Bezugsgrößen innerhalb von Verhältniskennzahlen. Die Versicherer verwenden unterschiedliche Bezugsgrößen bei der Berechnung der PAI-Indikatoren, die in Prozent der Kapitalanlagen angegeben werden. Dabei wird zwischen der gesamten Kapitalanlage als Bezugsgröße und dem Anteil der Kapitalanlage, für den entsprechende Daten vorliegen, unterschieden. Von den 63 Versicherern geben 32 an, welche Bezugsgröße sie für ihre prozentualen Kennzahlen verwenden. Von diesen 32 Versicherern nutzen 19 die gesamte Kapitalanlage als Nenner, während die restlichen 13 die Kapitalanlage verwenden, für die Daten vorliegen. Auch dies beeinträchtige damit die Vergleichbarkeit erheblich.

PAI zu Kontroversen sind aussagekräftiger

Trotzdem lassen sich für Assekurata auf Basis der PAI-Statements einige interessante Schlüsse ziehen: Einmal geht klar hervor, dass der Fokus auf Klimaschutz liegt. Weiter wird klar, dass die Versicherer auf dem Weg zu Net-Zero an verschiedenen Punkten stehen. Aussagekräftiger sind Indikatoren zu „Kontroversen“: Diese sollten idealerweise bei null liegen. So verhält es sich beispielsweise bei PAI 14: „Engagement in umstrittenen Waffen (Antipersonenminen, Streumunition, chemische und biologische Waffen)“. Insgesamt 50 Versicherer geben diesen Wert mit 0,00 Prozent an. Ähnlich ist es bei Investitionen in Firmen, die gegen die Prinzipien des UN Global Compact oder die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen verstoßen. Diese Rahmenwerke enthalten Normen wie Menschen- und Arbeitsrechte, die Vermeidung von Korruption und Anti-Diskriminierung. Obwohl viele Versicherer den Verstoß gegen die Prinzipien des UN Global Compact als Ausschlusskriterium formuliert haben, geben lediglich sieben Unternehmen einen Anteil von 0,00 Prozent an.

Insgesamt lässt sich für Oliver Bentz feststellen, „dass ein direkter und ungefilterter Vergleich der PAIs der Versicherer aufgrund der unterschiedlichen Datenverfügbarkeit und den verschiedenen Definitionen der Indikatoren durch die Unternehmen schwierig ist“. Die Veröffentlichung von Assekurata finden Sie hier.

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