Versicherungen
26. Juni 2014

Lebensversicherung: Ungebundener mit Fondsgebundener

Das Niedrigzinsumfeld fördert die Kreativität von Lebensversicherern. Branchenvertreter stellen nun fondsgebundene Lebensver­sicherungen ins Schaufenster. Dies birgt Haken und erfordert neue Lösungen für die Asset-Allokation.

Der Garantiezins für Lebensversicherungen sollte auf 1,25 Prozent abgesenkt werden, empfiehlt die Deutsche Aktuarvereinigung. 1,25 Prozent sind zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel oder, nach einer zugegebenermaßen freien Adaption eines Klassikers der Altrocker­ von Jethro Tull: „Too little for Rock ‘n‘ Roll but still too much to die.“ Dennoch können die Versicherungen dank ihrer Altbestände­ im Zinsportfolio schöne Ausschüttungen leisten. Die Ablaufrendite bei 30-jährigen Verträgen liegt im Schnitt immerhin bei 4,79 Prozent. Der Spitzenreiter Huk-Coburg kommt sogar auf 5,8 Prozent. Kritisch ist jedoch wegen des Niedrigzinsumfelds das Neugeschäft. Wie Bafin-Präsidentin Dr. Elke König der FAZ mitteilte, wollen sieben der gut 90 Lebensversicherer unter Bundesaufsicht kein oder kein nennenswertes Neugeschäft mehr zeichnen. Selbst wenn man derzeit einen florierenden Vertrieb hätte, würde sich der Rechnungszins auf dem Bestand nur sehr langsam abbauen. Kunden, die noch eine Garantie von vier Prozent haben, sind im Normalfall nicht kündigungswillig.

Wenn Bundesanleihen auch bei einer Laufzeit von 30 Jahren zurzeit nur etwa 2,3 Prozent Rendite aufweisen, sind Garantieprodukte,­ insbesondere klassische Lebensversicherungen, Versicherungs­nehmern nur noch schwer zu vermitteln. Sie verlieren aber auch für die Lebensversicherungen selbst an Attraktivität, da beispielsweise langfristige Garantien nach Solvency II extremen Stress verursachen. Doch Solvency II sorgt auch für eine Weiterentwicklung. „Bei den ­Lebensversicherungen ist Solvency II ein Katalysator für ein stärker ausdifferenziertes Produktangebot. Das wird von Solvency II ­geradezu ­erzwungen“, erklärte der oberste Versicherungsaufseher, Felix Hufeld, in der Börsen-Zeitung. Die Evolution der Lebensversicherung ist also noch nicht am Ende. Sie passt sich vielmehr an die bestehenden ­Rahmenbedingungen an.

Prof. Jochen Ruß, Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (Ifa) in Ulm, bezeichnet diese Evolutionsstufe in einem Interview mit dem Versicherungsverband GDV als „moderne­ Klassik“. In der Definition von Ruß verspricht dann die klassische ­Lebensversicherung nicht mehr jedes Jahr eine bestimmte Garantieverzinsung, sondern ersetzt diese durch eine endfällige Garantie. „Das heißt, die garantierte Leistung am Ende bleibt unverändert, aber sie muss nicht mehr zwingend ­jedes Jahr durch einen Mindestzins erwirtschaftet werden, sondern kann durch die Erträge der gesamten Laufzeit erreicht werden. Der Versicherer bekäme damit in den einzelnen Jahren größere Freiheiten, was eine große Entlastung bei seinen Risiken bedeuten würde. Dies würde dann auch dazu führen, dass weniger Eigenkapital gestellt werden müsste. Von den geringeren Eigenkapitalkosten würde am Ende auch der Kunde profitieren.“

Zwischen Klassik und Fondsgebundenem
Bereits seit längerem eingekehrt ist die die Hufeldsche „Aus­differenzierung“ bei der VPV. Die VPV Versicherungen setzen schon seit 2008 im Neugeschäft auf fondsgebundene Altersvorsorge­produkte mit Wertsicherung, auf sogenannte dynamische Hybridprodukte. „‚Hybrid‘ bedeutet, dass wir über das Sicherungsvermögen ­eine Garantie darstellen, zur Ertragsgenerierung aber vor allem breit diversifizierte Fonds nutzen. Wir kombinieren also das Beste aus zwei Welten“, erläutert der VPV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Hans Bücken. Diese Produkte machen mittlerweile 70 Prozent des Neugeschäfts der VPV aus und werden in drei Varianten angeboten. In der Standard­variante werden die eingezahlten Beiträge zum Rentenbeginn zu 100 Prozent garantiert. Dieses hybride Angebot, mit dem sich die VPV in der Mitte zwischen den jährlichen Garantien einer klassischen ­Lebensversicherung und reinen fondsgebundenen Angeboten ­positioniert, ist nicht zuletzt eine Reaktion auf das Zinsumfeld, das an der ­Attraktivität von klassischen Lebensversicherungen zehrt. „Das enge aufsichtsrechtliche Korsett lässt in der klassischen Lebensver­sicherung kaum Spielraum, um die auf uns zukommenden Risiken festverzinslicher Anlagen zu diversifizieren. Unsere Rendite für die Neuanlage im Direktbestand für den klassischen Versicherungs­bestand betrug 2013 im Durchschnitt zwar immer noch etwa 3,6 Prozent. Doch das ist 2014 kaum zu halten“, erklärt Finanzvorstand Dr. Oliver Lang. Der durchschnittliche Garantiezins im gesamten Ver­sichertenbestand liegt branchenweit laut Fitch bei 3,2 Prozent. Für Versicherungen mit vielen Altverträgen ist eine Neuanlagerendite von 3,6 Prozent aber kritisch. Dies gilt jedoch nicht für die VPV. „Da die VPV schon seit längerem auf Neugeschäft mit der klassischen Lebens­versicherung verzichtet, haben wir einen geringeren Wiederanlage­bedarf. Die Relevanz des Sicherungsvermögens sinkt“, erläutert Lang. Zudem liegt der Schwerpunkt des klassischen Geschäfts auf dem ­Erlebensfall und nicht auf der Verrentung, was die Duration auf der ­Passivseite angenehm verkürzt. „In unserem Sicherungsvermögen kommen wir für ein weitreichendes Cashflow-Matching mit dem Standardinstrumentarium des Rentenmarktes weitgehend aus. Auf derivative Lösungen zur Verkürzung des Duration Gap können wir verzichten.“ Die dadurch gestiegene Flexibilität gibt der VPV zudem auch mehr Möglichkeiten, Timing-Entscheidungen zu treffen. So nutzte die Versicherung die vorübergehenden Renditeausschläge im Zuge der Tapering-Diskussion im vergangenen Juni für fast die ­Hälfte des Wiederanlagebedarfs im Gesamtjahr 2013.

Ähnliche Wege in der Produktgestaltung haben nun auch die Branchenführer Allianz­ und Ergo eingeschlagen. Die Allianz bietet seit vergangenem Sommer neben den klassischen Lebensver­sicherungen eine Police an, die auf die garantierte jährliche Mindestverzinsung von 1,75 ­Prozent verzichtet und nur noch den Erhalt der eingezahlten Beiträge in der Ansparphase sowie eine garantierte ­Mindestrendite in der Renten­phase garantiert. Die Allianz verweist darauf, dass die neuen Produkte­ eine um 30 Basispunkte höhere jährliche Überschuss­beteiligung als eine klassische Lebensversicherung bieten, da die ­Beiträge riskanter angelegt werden können. Außerdem kann die ­Gesamtrente deutlich über der garantierten Mindestrendite liegen. Während bei der Allianz die Prämien und erwirtschafteten Renditen im Deckungsstock bleiben und somit diese Police vergleichbar mit ­einer ­klassischen Police ist, wird das Rentenprodukt der Ergo für die Beitragsgarantie mit ­einer Rückversicherungslösung ange­boten. ­Garantiert wird bei ­beiden Angeboten in der Grundversion nur noch der Erhalt der eingezahlten Beiträge, eine dauerhafte Zins­garantie ­besteht nicht.

Die hinter den neuen Produkten stehenden Überlegungen vertritt auch der Asset Manager Fidelity, seines Zeichens Dienstleister für die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland, mit rund einer Milliarde Euro deutscher Assets under Management allein in Lebenszyklus­fonds. „Schlussendlich erfordert die jährliche Garantie ein üppiges Risikobudget. Dabei handelt es sich um ein Produkt mit einer 30-­Jahres-Perspektive, für das die Jahressicht irrelevant ist“, erklärt Dr. Joo Hee Lee, Entwicklerin und Managerin der Fidelity Target Funds. Diese­ zeichnen sich unter anderem durch verschiedene ­Alterskohorten und eine konvexe Aktienquote, die also mit der Zeit nicht linear zurückgeht, aus. „Nötig ist die Garantie nur dann, wenn sie tatsächlich ­gebraucht wird“, so Lee. Ins gleiche Horn stößt auch Frank Breiting, Leiter Private Altersvorsorge und Retail-Vertrieb ­Versicherungen bei DeAWM: „Viele Kunden wollen die Jahresgarantie doch gar nicht.“

Hohe Aktienquote in der Niedrigzinsphase
Mit den auf der Liability- beziehungsweise Produktseite getroffenen Maßnahmen, der Entlastung von Deckungsstock und Eigenkapital­ bekommt die Asset-Seite wieder mehr Spielraum. Ein fondsbasiertes Garantiekonzept der DWS, das bei Zurich (Zurich Deutscher Herold Lebensversicherungs AG) und bei der PBV (Postbank Versicherung) angeboten wird, kommt gleich ganz ohne Beanspruchung des ­Deckungsstocks aus, da der Asset Manager DWS den Erhalt des ­Kapitals garantiert. „Als Asset Manager können wir einen Kapital­erhalt trotz der entnommenen Gebühren bis zum Tag X garantieren“, ­erklärt Frank Breiting. „Was wir jedoch nicht selbst können, sind ­Garantien für eine lebenslange Rente. Schließlich sind wir kein Ver­sicherer. Biometrierisiken können Versicherer einfach besser.“

Gemeinsame Erfahrungen mit renditeträchtigeren Garantien in der Altersvorsorge haben Zurich und DWS bereits seit 2003 sammeln können und dadurch bei der Entwicklung von Garantieprodukten schon einen weiten Weg zurückgelegt. Die Versicherungswirtschaft hat quasi die Evolution von der klassischen Lebensversicherung über hybride Zwischenstufen zum rein fondsgebundenen Garantieprodukt abgeschlossen. Im Fall der Zurich Versicherung ist dieses durch eine dynamische Wertsicherung geprägt, die sich I-CPPI (Individualised Constant Proportion Portfolio Insurance) nennt und in Kooperation mit der DWS erfolgt. Ziel ist, das Kapital abzusichern und in der ­sogenannten Wertsteigerungskomponente trotzdem die Renditechancen von Aktien so stark wie möglich zu nutzen. Je nach Marktlage können als Wertsteigerungskomponenten auch zum Beispiel Unternehmensanleihen oder Emerging Market Bonds genutzt werden.

Bei der Feuertaufe im Crash Ende 2008 lag die durchschnittliche Aktienquote bei nur knapp 50 Prozent. „Damals baute sich dann dank der neuen Einzahlungen schnell Risikobudget und damit auch die durchschnittliche Aktienquote wieder auf, und das begann bereits vor April 2009, so dass die Kunden zunehmend an den sich erholenden Aktienmärkten partizipiert haben“, so Frank Breiting. Er betont damit die wichtige Bedeutung von laufenden Neueinzahlungen. Diese ­helfen, wieder Risikobudget aufzubauen, falls man kurzfristig ausgestoppt sein sollte. Hier ist natürlich auch hilfreich, dass kein jährlicher,­ sondern nur ein Garantietermin am geplanten Ablauftag besteht. Aller­dings sollte der Kunde generell bei einem Altersvorsorge-CPPI nicht gerade unmittelbar vor dem Garantietermin in eine solche Crashphase geraten – dann wäre nämlich der angesparte Betrag und damit der Kursrückgang am höchsten und die Wirkung von neuen Einzahlungen am geringsten, um den sozusagen auf Grund gelaufenen Sparplan wieder flottzubekommen.

Dem tragen DWS und Zurich Rechnung, indem der Kunde in den letzten fünf bis zehn Jahren einen Ablaufstabilisator und eine ­Höchststandssicherung wählen kann. Ersterer reduziert die Aktienquote im Produkt allmählich bis zum Ablauftag, Letzterer stellt sicher, dass ein einmal erreichter und jeder weitere Höchststand des ­Guthabens zum neuen Garantie­wert wird, der am Ablauftag nicht unterschritten werden kann. Der Ablaufstabilisator ist dabei direkt bei Vertragsbeginn einschließbar und sichert somit den Kunden vor ­ungewünschten Schwankungen zu Vertragsende. „Zurich bietet ­daneben noch den Lock-in an, für die Garantieabsicherung während der Laufzeit“, so Frank Trapp, Bereichsleiter Produktmanagement bei Zurich. Weitere typische CPPI-Schwachstellen wurden ebenfalls ver­bessert. Eine wichtige Weiterentwicklung ist, dass bei lang anhaltenden Baissephasen und in volatilen Marktphasen die Aktienquote im ­Produkt automatisch reduziert wird. Wenn die Märkte sich wieder ­er­holen, passiert das Gegenteil. „Heute haben wir ein individuelles CPPI­ mit mehreren Schutz- und Glättungsmechanismen. Das ist im Sinne eines langfristigen Vorsorgesparers“, sagt Frank Trapp. Ein wichtiger Aspekt ist für ihn die Individualität des CPPI. „Jeder Einzelne kann bei Bedarf über die Laufzeit einen oder mehrere der zusätz­lichen Sicherheitsbausteine wählen, beispielsweise die Höchststands­sicherungen, und das genau dann, wann er möchte. Dieser hohe Grad an Individualität, angefangen mit dem individuellen Garantie­mechanismus, ist unser Alleinstellungsmerkmal“, erklärt Trapp. Täglich erfolgen für jeden einzelnen Kunden für die individuellen Gut­haben die Barwertberechnungen, bei denen der jeweilige Garantietermin und die erwähnten Sicherungen berücksichtigt werden. Sofern nötig, nimmt der Garantiemechanismus I-CPPI bereits am nächsten Tag automatisch die entsprechenden Umschichtungen in der Asset-Allokation für die einzelnen Verträge vor. Dass diese Prozesse eine sehr hohe Rechenleistung erfordern, ist schon deshalb einsichtig, weil Zurich und DWS gemeinsam seit 2007 einen Bestand von über 1,4 Millionen Verträgen aufgebaut haben und jeder Vertrag täglich erneut überprüft wird. Bei der Gothaer erfolgt die Gewährleistung der ­Garantien über einen monatlichen Umschichtmechanismus, der sich an der jeweiligen individuellen Vertragskonstellation orientiert.

Bedenken, dass die Kooperation aus DWS-Sicht in erster Linie für deren Fondsvertrieb attraktiv ist, hegt Trapp nicht. Er verweist dabei auf die geringen Gebühren und die langjährige Partnerschaft ­zwischen den beiden Häusern auch bei anderen Themen. Außerdem investieren die Fonds für die Wertsteigerung auch in Fonds von anderen ­Anbietern sowie in Derivate, Einzeltitel und ETF. Eine weitere Neu­er­ung ist hier, dass die Wertsteigerungsfonds ab Mai keine reinen ­Dachfonds mehr sein werden, sondern nun auch verstärkt direkt in verschiedene Kapitalanlageinstrumente investieren können. Das macht die Kapitalanlage flexibler und oft einfacher.  

Die VPV bedient sich für die Kapitalanlage für ihre Hybrid­produkte aus einem Universum von etwa 400 ETF. Wichtige ­Kriterien bei der Auswahl sind Streuung, Mischung und Liquidität. Gemanagt werden diese im Rahmen von zwei verschiedenen Wertsicherungsstrategien von einer Quantboutique, deren Trendfolgesysteme im Rahmen einer engen Partnerschaft gemeinsam optimiert werden. Insbesondere wurden die Schwächen von Trendfolgern in Sägezahnmärkten angegangen. „Unser Partner hat intensiv an einem Muster­erkennungssystem für Regimewechsel gearbeitet, um die Zeitfenster für die Trendanalyse in Abhängigkeit vom Marktumfeld zu flexi­bilisieren“, berichtet Oliver Lang. Die Aktienquote des einzelnen ­Kunden hängt von vielen Aspekten ab: von der von ihm gewählten ­Variante, seinem Einstiegszeitpunkt, der Laufzeit, der Beitrags­variante, Garantieniveau und natürlich von dem auf stochastischen Analysen basierenden Automatismus des Asset Managers. Zeitweise lag die Aktienquote im vergangenen Jahr bei 100 Prozent. Beeinflussen kann der Kunde das Garantieniveau. Von einer Höchststands­sicherung wie bei der Zurich nimmt die VPV dagegen wegen der „Ausstopp“-Problematik Abstand. Die stochastischen Analysen ­erlauben es der VPV zudem, dem Kunden bei Vertragsabschluss mitzuteilen, wie hoch seine Ablaufleistung im Mittelwert, im Mittelwert der schlechtesten zehn Prozent der Pfade und im Mittelwert der ­besten 33 Prozent der Pfade voraussichtlich ist.  

Trotz aller Rechenleistungen für Einzelverträge halten sich die Kosten im Rahmen. Hans Bücken: „Die Gesamtkosten der VPV ­machen etwa ein Prozent unseres Kapitalanlagebestandes von knapp acht Milliarden Euro aus. Die Total Expense Ratio von gemanagten Publikumsfonds liegt bei mehr als dem Doppelten.“ Auch bei der ­Zurich laufen die Kosten nicht aus dem Ruder. „Eine Transaktion in einem I-CPPI-Konto kostet etwa acht Cent. Dies ist mit der Depot­gebühr oder den Verwaltungskosten des Versicherungsproduktes ­bereits abgedeckt und muss vom Kunden nicht separat bezahlt ­werden“, so Trapp. Verbraucherschützer sind aber nicht nur wegen der Kosten von fondsgebundenen Lebensversicherungen nicht überzeugt. Kritiker weisen darauf hin, dass das Anlagerisiko nun beim Kunden liegt. Im Fall von sich ungünstig entwickelnden Aktienmärkten ist dieses Risiko­ für den Kunden auch real. Allerdings trägt der Kunde in der klassischen Lebensversicherung das Risiko, dass die Zinsen schnell und deutlich steigen. Eine vorzeitige Kündigung wäre in beiden ­Fällen sehr nachteilig.

Und auch der Kunde scheint dem Braten noch nicht ganz zu ­trauen. In der Branche hat sich laut der VPV das Neugeschäft im vergangenen Jahr wieder zurück zum klassischen Geschäft entwickelt. Wie die Gothaer berichtet, kam es bei der privaten Altersvorsorge­ ­generell zu einer kontinuierlich steigenden Nachfrage nach fonds­gebundenen Rentenversicherungen mit Garantien. 2013 entfielen auf dieses Produkt etwa zwei Drittel der privaten Altersvorsorgeverträge. Hierfür nutzt die Gothaer neben eigenen auch externe Fonds. Laut der Gothaer­ biete man bei den dynamischen Drei-Topf-­Hybridmodellen mit aktuell fünf Garantie-/Wertsicherungsfonds mit unterschied­lichen Anlage­schwerpunkten die zurzeit größte Auswahl an Garantie- und Wertsicherungsfonds an. Dagegen werden bei der betrieblichen­ Altersvorsorge klassische Rentenversicherungen nach wie vor sehr stark nachgefragt. Allerdings spiele die fondsgebundene Rentenver­sicherung mit Garantien in der Direktversicherung seit 2011 eine ­immer bedeutendere Rolle. Eine jährliche Garantie hat eben auch noch ihren Reiz. Für den Klassiker macht sich auch Alte-Leipziger-Vorstand Reinhard Kunz im Interview auf Seite 24 stark.

Das Kunz-Plädoyer hat noch einen weiteren Grund. Bei einem über der Erwartung liegenden Vertriebserfolg für dynamische fondsgebundene Garantieprodukte, die mit dem Sicherungsvermögen ­arbeiten, und einer unter der Erwartung liegenden Aktienmarktentwicklung leidet das Sicherungsvermögen. Grund ist, dass durch dynamische Umschichtungen das Sicherungsvermögen im Niedrigzinsumfeld mit schlecht verzinslichen Anleihen aufgestockt werden muss und diese Ankäufe auf die Gesamtrendite drücken. Eine solche Rückkoppelung lässt sich durch Diversifikationsbemühungen zumindest dämpfen. Hilfreich ist ein breit angelegter Vertrieb, so dass das Alter der Versicherungsnehmer, Vertragslaufzeiten und Beitragshöhen ­variieren. Birgit Apelt-Zierhold, Produktmanagerin bei der Gothaer Lebensversicherung AG, sagt: „Ein gut diversifizierter Bestand, den die Gothaer in den letzten Jahren sukzessive aufgebaut hat und auch künftig weiter aufbauen wird, hilft in dem beschriebenen Szenario, das Risiko­ der Belastung des Sicherungsvermögens zu minimieren. Darüber hinaus ist in den angebotenen Garantie- und Wertsicherungsfonds größtenteils ein erweiterter volatilitätsgemanagter CPPI-Ansatz installiert, welcher die Umschichtungshäufigkeit in das Sicherungsvermögen reduzieren kann.“ Wer sich vor einer Aufstockung des Sicherungsvermögens am wenigsten Sorgen machen muss, ist die Zurich Versicherung. Denn die Absicherung der Garantieleistung erfolgt nicht über das Sicherungsvermögen der Versicherung, sondern über einen dynamischen Allokationsmechanismus zwischen verschiedenen aktien- und sicherheitsorientierten Fonds der DWS.

Für Versicherungsunternehmen sind fondsgebundene Versicherungen ein wichtiges Betätigungsfeld zur Zukunftssicherung, sofern die Assekuranz zwei Punkte beachtet. Der erste Punkt ist, dass die Branche mögliche Belastungen für das Sicherungsvermögen im Auge­ behält und produkt- und vertriebstechnisch im Sinne einer breiten Diversifikation­ gegensteuert. Ebenfalls lösbar ist die zweite Herausforderung, sich über die Garantieleistung von Fondsanbietern ­erkennbar abzugrenzen. Aus diesem Blickwinkel scheinen Angebote wie das der Gothaer, die nur 60 Prozent der Beiträge garantieren, die Unterschiede zu verwässern. Birgit Apelt-Zierhold verweist hierzu auf das höhere Renditepotenzial und weitere Abgrenzungsmerkmale ­jenseits von Renditegarantien: „Eine Altersvorsorge in Form einer fondsgebundenen Rentenversicherung mit Garantien und einer Direkt­anlage in Fonds mit einem Fondsmanager sind grundsätzlich nicht zu vergleichen. Eine fondsgebundene Rentenversicherung mit Garantien bietet neben einer lebenslangen Verrentungsmöglichkeit steuerliche Vorteile, einen Todesfallschutz sowie weitere, teilweise kostenfrei integrierte Absicherungen oder Zusatzleistungen, wie eine Ab­sicherungsmöglichkeit im Pflegefall.“ Die Garantiekompetenz bietet zudem gerade bei biometrischen Risiken noch eine Zusatzchance, wenn es gelingt, dem Kunden mehr Flexibilität in der Verrentungsphase zu offerieren. Manche Neupensionäre­ wünschen sich beispielsweise zum Rentenbeginn erst einmal eine ­höhere Auszahlung, da sie entgegen den Überzeugungen von Jethro Tull nämlich doch noch nicht „too old for Rock ’n’ Roll“ sind.

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 5/2014

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