Administration
19. Juli 2019

Master of Reality

Bernd Vorbeck hat die Entwicklung der Universal-Investment hin zum administrativen Fullservice-Anbieter für Investoren und Asset Manager geprägt. Nun hat er sich aus dem Vorstand verabschiedet. Der Branche wird Bernd Vorbeck jedoch erhalten bleiben – und er blickt lieber nach vorn als zurück.

Nach 30 Jahren Universal-Investment hat sich Bernd Vorbeck Anfang Mai aus dem Vorstand verabschiedet. In diesen drei Dekaden ent­wickelte sich die damalige verlängerte Werkbank von fünf Banken zu ­einem eigenständigen Geschäftsmodell mit Töchtern und Niederlassungen in Luxemburg und Krakau. Doch für Nostalgie und ­senti­mentale Rückblicke auf die Kindertage der Master-KAG Anfang des Jahrtausends mit Nikolausrundschreiben, Diskussionen über die Auftrennung der Wertschöpfungskette oder Pre- und Post-Trade-­Kontrolle kann sich Vorbeck im Gespräch mit portfolio institutionell nur mäßig begeistern. Denn der Ex-CEO wird auch künftig stark in die Materie involviert sein und blickt lieber nach vorn.

Administrationsplattform wird Infrastrukturplattform

Auf eine große Entwicklung, die noch heute die Strategie bestimmt (und die Zukunft auch), geht Vorbeck dann aber doch ein: den Wandel von der ­Administrations- zur Infrastrukturplattform. „Wir stellen heute für ­institutionelle ­Investoren und Asset Manager die für das ­Fonds­geschäft nötige technische Infrastruktur. Diesen beiden Kunden­gruppen ­bieten wir ­nämlich mit Ausnahme der Performance-Produktion ein Fullservice-Angebot von der Verbuchung, Bewertung, ­Reporting bis hin zum ­Risikomanagement. Wir setzen für alle Asset-Klassen ­praktisch jede rechtliche Hülle auf.“

Die Vergangenheit wiegt auch aus dem Grunde nicht besonders schwer, weil es – anders als wohl für die meisten Investoren und ­Asset Manager – kaum einschneidende Ereignisse gab, die sich besonders negativ hätten einprägen können. „Universal-Investment konnte die vergangenen Krisen – Oktober 1987, TMT-Bubble und Finanzkrise – ohne größere wirtschaftliche Dellen meistern. Dies liegt daran, dass wir schon immer sehr stark auch im Spezialfonds-Geschäft tätig sind und institutionelle Investoren spätestens seit 2000/2002 Absicherungen nutzen und in schwachen Kapitalmarktphasen dazu neigen zu reinvestieren“, erklärt Vorbeck. „Dies verschafft einer Master-KVG Stabilität. Reine Publikumsfonds-Gesellschaften haben es in Krisenzeiten schwerer.“ Auch führe die Entwicklung hin zu den stabilisierend wirkenden Real Assets zu einer weiteren Krisen-Immunisierung des Master-KVG-Geschäftsmodells von Universal-Investment.

Vom Vorstand in den Aufsichtsrat

Vorbeck ist zwar erst Ende 50, hat jedoch für den Wechsel in den ­Aufsichtsrat gute Gründe. Nach 30 Jahren in Diensten der Universal-­Investment sei es Zeit für einen Generationswechsel, die Geschäfte laufen und mit dem neuen Eigentümer Montagu Private Equity ­ergeben sich interessante Perspektiven. „Zudem ist es eine interessante Option für mich, Universal-Investment als Aufsichtsrat und über meine beratende Funktion für Montagu weiter begleiten zu ­können. Das Unternehmen wiederum profitiert von einer sehr geordneten Staffelübergabe von mir zu Michael Reinhard.“ Vorbeck soll in den Aufsichtsrat aufrücken, dem unter anderen Daniel Just vom ­langjährigen Master-KVG-Kunden Bayerische Versorgungskammer angehört. Als Vorsitzender des Gremiums fungiert nach wie vor ­Professor Dr. Harald Wiedmann.

Keinen Nutzen sieht der neue Eigner darin, das neue Aufsichtsratsmitglied erst einmal zwei Jahre „abzukühlen“, was bei börsennotierten Unternehmen Governance-Gepflogenheiten entspricht. Dafür komme Universal-Investment dank Montagus Engagement bei der Einführung neuer Services schneller auf Betriebstemperatur. ­Vorbeck: „Montagu unterstützt uns signifikant mit Knowhow und finanziellen Mitteln und entwickelt das Unternehmen nachhaltig weiter. In den vergangenen Jahren konnten wir zweistellige Millionenbeträge in Technik, Personal und die internationale Expansion investieren. Das ist auch im Marktvergleich für uns eine sehr positive Situation.“ Universal-Investment betont zudem, dass Montagu bislang – anders als die vorherigen Gesellschafter – auf eine Dividendenausschüttung verzichtet habe. Ebenfalls betont Universal, dass die ihr von Montagu aufgebürdeten Zinsen „marktgängig“ seien.

Mit einem finanziell potenten Eigner bietet auch die von Vorbeck seit langem prognostizierte Konsolidierung auf dem Markt der Fonds-Infrastruktur-Provider Wachstumschancen. „Vorstellbar ist, einen ähnlich aufgestellten Wettbewerber oder einen Spezialisten zu übernehmen“, so ­Vorbeck. Fest eingeplant sei eine ­Akquisition aber nicht. Bis 2023 peilt das Unternehmen ein ­administriertes Vermögen von 500 Milliarden Euro an. Mit aktuell ­etwa 430 Milliarden Euro und ­hohen Zuwächsen in den vergangenen Jahren befindet sich der deutsche Marktführer auf einem guten Weg, das Ziel zu erreichen.

Zu Wachstum und Größe verdammt

Konsolidierungen werden von Vorbeck zwar schon seit langem ­prognostiziert. Der „Regulierungs-Tsunami“, die wachsende Zahl an ­Asset-Klassen und die Entwicklung hin zu ESG-Anlagen, die unter anderem entsprechende Reportings, Risikosteuerungen oder Stimmrechtsausübungen umfassen, erhöhen allerdings die Wahrscheinlichkeit von Konsolidierungen deutlich. Schließlich sind mit der Abbildung dieser Themen signifikante Kosten verbunden, die sich nur durch steigende Volumina – Stichwort Skalierbarkeit – abfedern ­lassen. Gebührenerhöhungen werden nämlich die Kunden auf Grund ihrer eingeschränkten Ertragsperspektiven kaum mitmachen. ­Bernd Vorbeck: „Bürokratie, Regulierung und Komplexität sorgen für ­permanent steigende Kosten. Nicht jeder kann und will hier auf ­Dauer mitgehen und investieren.“ Laut PWC ist die Net Fee Margin von Master-KVGen im Zeitraum 2006 bis 2017 stark erodiert. „Ich gehe davon aus, dass der Margendruck unseren Sektor dauerhaft begleitet“, so Vorbeck, für den es keine Option darstellt, über passives Management und Overlays hinaus ins Asset Management oder in die Beratung zu gehen, um dort höhere Margen zu erzielen. Vorbeck wiederholt an dieser Stelle zudem seine Einschätzung, dass der Business Case „Wert­papier-Fonds-Plattform“ erst ab einem Volumen von 100 oder 200 Milliarden Euro betriebswirtschaftlich Sinn macht. Auf über 200 Milliarden Euro an Assets under Administration in Spezialfonds dürfte im deutschen Markt neben Universal-Investment ­jedoch nur die HSBC Inka kommen. Neben der Konsolidierung erwartet Vorbeck als großen künftigen Treiber die Digitalisierung. Diese werde sich aber wohl zunächst vor allem auf Seiten der Depotbanken auswirken, da sich bei digitalen Assets der ganze Verwahr­prozess verändern werde.

Vorbeck selbst wird – siehe oben – sich nicht verändern, sondern der Branche treu bleiben. Änderungen waren allenfalls optischer Art im Rahmen einer Universal-Fotosession zu beobachten. In dieser macht Vorbeck auch als Träger eines T-Shirts der Rockband Black Sabbath ­eine gute Figur. Als Assoziation zwischen deren musikalischem ­Repertoire und der Führung einer Master-KVG will Vorbeck aber weniger die Titel „Paranoid“ oder „Iron Man“ als allenfalls das Werk „Masters of Reality“ gelten lassen.

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