Pensionskassen
22. Februar 2019

Mehr Renditechancen für Pensionskassen

Zu wenig Risiko in der Kapitalanlage bedeutet zu viel Risiko für Pensionskassen und Trägerunternehmen. Zur Erfüllung der Garantieziele braucht es die Zielrenditen von Aktien. Die dauerhafte Nachschussgefahr ist bei Staatsanleihen sogar höher.

Alle haben davon profitiert, denn aus den übermäßigen Erträgen konnten auch die Versicherten und Pensionäre ­bedacht werden. Welche Asset-Allokation nun die richtige ist, ist wie immer eine „Glaubensfrage“. Michael Hahn spricht sich eher für ­einzelne größere Einschüsse bei risikoaffiner Allokation aus, die langfristig aus übermäßigen Erträgen zurückgezahlt werden können. ­Ansonsten drohen dauerhaft kleinere Einschüsse der Trägerunternehmen aufgrund der niedrigen Returns bei niedrigzinsbehafteten Staatsanleihen. Und bei dieser Alternative gibt es keine realistische Aussicht auf Rückzahlung. Trotz der insgesamt offenbar guten Erfahrung mit Aktien passe aber deren Volatilität nicht immer unbedingt zu ­bilanzsensitiven Trägern. Hahn: „Unsere letzte ALM-Studie ergab, dass wir durch die Beimischung von Infrastruktur, Immobilien und Unternehmensanleihen die Erträge stabilisieren und die Volatilität ­reduzieren können. Diese Umschichtungen sind nun im Gang.“

Umschichtungen sind aber nicht nur bei der Berolina im Gang. Eine WTW-Studie zur Allokation deutscher Pensionsanleger  hat ermittelt, dass diese zunehmend mit Umschichtungen in illiquide respektive ­alternative Anlageklassen auf steigende Renditeanforderungen reagie­ren. Dies geht zu Lasten der klassischen Portfoliobestandteile wie ­europäische Staatsanleihen oder auch Unternehmensanleihen“, kommentiert Nigel Cresswell, Head of Investments Western Europe bei WTW. „Hierbei steht verstärkt ein ausgewogenes Rendite-/Risikoprofil im Fokus – also die Übernahme entsprechend kompensierter Risiken. Dennoch sind im Vergleich zu anderen Ländern weiterhin relativ konservative Allokationen zu ­beobachten.“ Interessant an der Studie 2018 ist eine Unterteilung der 36 Teilnehmer in regulierte und unregulierte Einrichtungen. Diese ergab nämlich, dass die unregulierten CTAs mit 2,9 Prozent eine um 20 Basispunkte ­höhere Renditeerwartung hegen dürfen als Pensions­kassen, Pensionsfonds oder Versorgungswerke mit freiwilliger Anlehnung an das Versicherungsaufsichtsgesetz. In CTAs erfolgt die Vermögenshinterlegung von Direktzusagen. Unregulierte Anleger von Pensionsgeldern kommen in der WTW-Studie auf eine Aktien­quote von 25 Prozent, regulierte Anleger auf nur 12 Prozent. Noch stärker ist mit 28 und zehn Prozent der Unterschied bei globalen Unter­nehmensanleihen. Dafür haben regulierte Anleger bei globalen Staatsanleihen mit 19 Prozent eine fast doppelt so hohe Quote als unregulierte Anleger mit zehn Prozent. Trotz dieser sehr unterschiedlichen Werte haben CTA-Anleger aber mit einer Standardabweichung von acht Prozent einen nur leicht höheren Wert als regulierte Anleger mit 6,7 Prozent.

Während CTAs ursprünglich in der Regel zur Bilanzverkürzung ­gegründet wurden, schätzen Unternehmen heute an ihnen vor allem die Flexibilität bezüglich ­Anlage und Timing von Nachschüssen sowie die fehlende Beaufsichtigung seitens der Bafin. „CTAs sind gerade ­unter den Dax-30-Unternehmen weit verbreitet. CTAs finden sich aber auch bei anderen ­Unternehmensgrößen oder bei Töchtern ausländischer ­Unternehmen“, so Karst, der hinzufügt, dass sich mit CTAs auch bestimmte Lücken in der gesetzlichen Insolvenzsicherung durch den Pensionssicherungsverein schließen lassen. Ein Beispiel für ein kleineres Unternehmen, das bereits früh auf den CTA-Zug aufgesprungen ist, ist Pfeiffer Vacuum. 2004 ­informierte das Tec-Dax-Mitglied, 36 Millionen Euro in den Pfeiffer Vacuum Trust e. V. eingebracht zu haben. Über diesen Trust werde eine arbeitgeberfinanzierte Versorgungszusage teilweise ausfinanziert. Für den Trust besteht ein Spezialfonds, der bis zu 30 Prozent in Aktien anlegen kann.

Kollektive Veranlagung erhöht Sicherheit

Die von WTW ermittelte höhere Renditeerwartung von CTAs ist regulatorisch bedingt. Eine Leistungszusage für spätere Dekaden erlaubt eben mehr Flexibilität und mehr Offensive in der Kapitalanlage und damit höhere Renditeziele als die versicherungsförmige Anlage, in der die Garantien sogar unterjährig zu decken sind. Die höchste ­Renditeerwartung sind aber mit der reinen Beitragszusage zu verbinden. Aber auch das größte Risiko? Für den Einzelnen besteht bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge die Gefahr, dass ihn kurz vor der ­Pensionierung mit dem Höchstwert an Ansprüchen ein Kapitalmarkt-Crash ereilt. Asset Manager propagieren darum meist Lebenszyklusmodelle, Aktuare wie Heubeck dagegen Kollektivanlagen. „Im BRSG ist eine kollektive Veranlagung möglich“, sagt Friedemann ­Lucius. „Kollektive vermeiden teure Umschichtungsprozesse und bieten vor allem mit hinreichender Sicherheit dem Einzelnen Renditekorridore, die über garantieförmigen Durchführungswegen liegen.“

Dr. Michael Karst, Willis Towers Watson: Wird die Sanierungsklausel gezogen, wird der Arbeitgeber nicht enthaftet. (Bild: Willis Towers Watson)
Dr. Michael Karst, Willis Towers Watson: Wird die Sanierungsklausel
gezogen, wird der Arbeitgeber nicht enthaftet. (Bild: Willis Towers Watson)

Wie die Beispiele zeigen, sind ­Kapitalanlagefreiheiten ­beziehungsweise mehr Aktien und Alterna­tives der Schlüssel für ausreichende Renditen. Möglich wird dies durch Kollektive, Träger, Risikotragfähigkeit und lange Anlagezeiträume. Zwar schwanken Märkte, räumt auch Debeka-Vorstand Pankratz ein. „Angesichts der oft jahrzehntelangen, kollektiven Geldanlagen spielt das erwartungsgemäß aber kaum eine Rolle. Herkömmliche Anlagen gleichen dagegen kaum mehr die ­Inflation aus.“ Auch die Metallrente, die Abstriche bei der Gesamtverzinsung einer Direkt­versicherung von 3,65 auf 3,45 Prozent vornahm, ­betont die Vorteile des Kollektivs. „Die kollektive Kapitalanlage in der ­Sozialpartnerrente ist nicht nur die solidarischste Form des Altersvorsorge-Sparens für die Beschäftigten, sie ist zugleich die effektivste Form und wird sich auszahlen in guten Betriebsrenten“, sieht Karch perspektivisch für das Sozialpartnermodell enorme Chancen.

Ausreichende Renditen dienen der Mitarbeiter­bindung und schützen vor aufsichtsrechtlichen Eingriffen. Wenn nämlich bei Schieflagen in der (vielköpfigen) Vertreterversammlung einer Pensionskasse keine Beschlüsse gefasst werden können, oder wie bei der Caritas die Solvabilitätskapital­anforderung nicht erfüllt werden und ein aus Sicht der Bafin unzureichender Sanierungsplan zur Beseitigung der Nichtbedeckung der Solvabilitätskapitalanforderung vor­gelegt wird, kommt es zu aufsichtsrechtlichen Verfügungen. Im Fall der Caritas-PK war dies die Einstellung des Neugeschäfts. Zum regulatorischen Schutzmechanismus von Pensionskassen zählen auch Sanierungsklauseln. Diese sehen vor, dass eine Kasse die Beiträge erhöhen und/oder ­Leistungen senken kann. „Für den Arbeitgeber ist beim Ziehen der Sanierungsklausel durch Pensionskassen aber problematisch, dass er arbeitsrechtlich nicht enthaftet wird. Auf Grund seiner gesetzlichen Subsidiärhaftung muss er die Differenz selbst erfüllen“, ­erläutert Karst. Das Bundesarbeitsgericht hat 2012 geurteilt, dass Leistungskürzungen einer Pensionskasse auf der Grundlage einer ­satzungsmäßigen ­Sanierungsklausel durch den ­Arbeitgeber ausge­glichen werden müssen. Für ­Arbeitgeber, die schon einmal in Subsidiärhaftung genommen wurden, entfaltet die reine Beitragszusage besonderen Charme. In der Verantwortung sind bei der reinen Beitragszusage aber die ­Sozialpartner. Die Tarifvertragsparteien haften zwar nicht finanziell, sie stellen aber ihre Reputation zur Verfügung. Der Ruf ist ­allerdings ein rares Gut. ­Reputation lässt sich ­nämlich nicht nachschießen.

Sehr zu wünschen wäre zur Eindämmung von ­Altersarmut eine größere bAV-Verbreitung. Zu ­wünschen wäre auch, dass die betriebliche Altersvorsorge auf freiwilliger Basis wächst. Dafür ist ­womöglich die reine Beitragszusage die letzte ­Chance. Sollte diese auch nicht fliegen, dann droht – so unkt ein bAV-Experte – ein Obligatorium.

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