Traditionelle Anlagen
14. Dezember 2016

Mit Anleihen die Welt retten

Green Bonds gelten als Trumpf im Kampf gegen den Klimawandel. Der Markt für grüne Anleihen wächst dynamisch, steckt aber noch in seinen Kinderschuhen. Doch was können institutionelle Investoren von der neuen Asset-Klasse tatsächlich erwarten?

Es ist fünf vor zwölf: Will die Welt die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzen, bleibt nicht mehr viel Zeit. Und es braucht viel Geld. Um die auf der Pariser Klimakonferenz vereinbarten Ziele zu erreichen, werden in den nächsten 15 Jahren rund 90 Billionen US-Dollar benötigt, wie die ­Vereinten Nationen in ihrer Studie „The Financial­ System we need“ vorrechnen. Als Trumpf im Kampf gegen die Erderwärmung gelten Green Bonds. Der Markt für grüne­ Anleihen ist bis Juli dieses Jahres auf 118 Milliarden US-Dollar angewachsen, wie ein Research Paper der Climate Bonds Initiative (CBI) zeigt. Für 2016 peilt die Initiative einen­ neuen Emissionsrekord an. Obwohl es diesen geben wird, dürfte das anvisierte Ziel von 100 Milliarden US-Dollar – nach 42 Milliarden US-Dollar 2015 – verfehlt werden. Denn bis Ende Oktober wurden erst 62,2 Milliarden Euro begeben. Trotzdem lässt sich feststellen: Seit der Platzierung des ersten Green Bonds 2007 durch die Europäische ­Investment Bank (EIB) hat sich das Segment dynamisch entwickelt.

Nachdem anfänglich nur supranationale Organisationen grüne Anleihen begaben, hat sich das Spektrum der Emittenten deutlich vergrößert. Laut CBI traten 2015 mehr als 45 verschiedene Geschäftsbanken und Corporates als Emittenten von Green Bonds auf – Tendenz weiter steigend. Viele neue Namen sind in diesem Jahr aufgetaucht. Für Aufsehen sorgte beispielsweise der Technologiekonzern Apple mit seiner Green-Bond-Emission über 1,5 Milliarden US-Dollar mit einer Laufzeit von sieben Jahren und einem Kupon von 2,85 Prozent. An den Markt im Senior-unsecured-Format kam im Juni 2016 auch die erste deutsche Geschäftsbank. Die Deutsche Kreditbank (DKB) emittierte einen Green Bond mit einem Volumen von 500 Millionen Euro. Als Mittelverwendung dienen Finanzierungen von Solar- und Windenergieprojekten onshore in Deutschland. Die Debütemission, die mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einem Kupon von 0,625 Prozent ausgestattet ist, wurde von mehr als 200 Investoren fast dreifach überzeichnet. „Damit hatten wir eine immense Granularität. Zu den Investoren gehörten Asset Manager, Banken, kirchliche Einrichtungen und Stiftungen.
Auch einige Versicherungen waren dabei, obwohl die Laufzeit von fünf Jahren für sie eigentlich etwas zu kurz ist“, resümiert Thomas Pönisch, Bereichsleiter Treasury bei der DKB. Besonders erfreut ist er über den recht großen Zuspruch jenseits der deutschen Grenzen: „Obwohl der Green Bond unser Debüt am anspruchsvollen Markt für unbesicherte Anleihen war, konnten wir auch eine Reihe von Investoren aus dem Ausland gewinnen. Sie machten rund erfreuliche 30 Prozent des Investorenkreises aus.“ 
Der Name ist Programm

Seit 2006 ist die DKB am Kapitalmarkt aktiv. Bislang wurden aber nur Pfandbriefe begeben. Wie es zum Umstieg auf Green Bonds kam, erklärt Pönisch mit dem günstigen Marktumfeld und dem Geschäftsmodell: „Wir sind nicht nur eine Direktbank für Privatkunden. Mit den Green Bonds zeigen wir, dass unser Geschäftsmodell viel mehr umfasst. Der Name Kreditbank ist bei uns Programm, denn das Aktivgeschäft mit unseren­ Geschäftskunden ausgewählter Branchen und Kommunen macht 84 Prozent unserer Bilanz aus. Davon entfallen 40 Milliarden Euro auf ganz oder teilweise nachhaltige Finanzierungen, inklusive über neun Milliarden Euro auf Projektfinanzierungen für Erneuerbare Energien.“ Dass mit der Emission einer grünen Anleihe grundsätzlich ein Reputationsrisiko verbunden ist, dessen ist sich die DKB bewusst. „Unser Geschäft ist nachhaltig und grün, wir machen uns deswegen keine Sorgen“, zeigt sich Pönisch zuversichtlich. Dass er keinen Grund zur Sorge hat, wurde der DKB auch von unabhängigen Gutachtern bestätigt. Die Climate Bonds Initiative gab der grünen Anleihe ihr Zertifizierungslabel. Zudem bescheinigte Oekom Research im Oktober 2015 dem gesamten Geschäftsmodell der DKB mit der Note B- den Prime Status und machte das Berliner Institut damit zum Industry Leader ihrer Peer Group von 84 Banken. Zusätzlich ­bewertete Oekom Research später im Rahmen einer Second­ Party­ Opinion den Green Bond positiv.
Voraussichtlich im nächsten Jahr wird die DKB erneut eine grüne Anleihe an den Markt bringen, ohne dazu im Moment nähere Angaben machen zu können. „Der Aufschlag gegenüber der Swap-Kurve betrug bei unserem ersten Green Bond 67 Basispunkte. Daraus hat sich ein Kupon von 0,625 Prozent ergeben. Heute würden wir deutlich darunter liegen. Wir werden ­sehen, wo wir nächstes Jahr stehen“, erklärt der DKB-Treasurer. „Wir möchten unsere Refinanzierung so günstig wie möglich darstellen. Ich denke, dass es künftig für grüne Anleihen gegenüber klassischen Anleihen einen Obolus geben wird“, so Pönisch. An harten Zahlen kann er dies nicht festmachen, da sein Haus keine anderen unbe­sicherten Anleihen begeben hat, die für einen Vergleich in Betracht kämen. Dies sei auch nicht angedacht, da die Bank ihr Senior unse­cured Funding ausschließlich über Green Bonds bestreiten will. Dazu arbeitet sie gerade an einem neuen Green-Bonds-Programm. 

Das Green-Bonds-Portfolio der KfW
Preisdifferenzierungen zwischen grünen und nicht-grünen Anleihen kann die KfW, die seit 2014 als Emittent und seit etwa 1,5 Jahren als Investor am Green-Bonds-Markt auftritt, bislang nicht beobachten. „Die Neuemissionsprämien von Green Bonds sind vergleichbar mit denen klassischer Anleihen. Die Unterschiede liegen im nicht-messbaren Bereich. Auch die Performance ist sehr ähnlich“, berichtet Doris­ Kramer, Leiterin Investmentstrategien und Nachhaltigkeit bei der KfW. Für ihr Green-Bonds-Portfolio, das bis 2018 auf ein Volumen von einer Milliarde Euro ausgebaut werden soll, kauft sie nur zu Marktkonditionen. Allerdings: „Wenn es zu einer Preisdifferenzierung zwischen grünen und nicht-grünen Anleihen kommt, wären wir bereit, dies zu akzeptieren.“
Keine Kompromisse geht die KfW beim Rating ein. Dieses ist auf Investment Grade begrenzt. Das macht es nicht einfach, dass angestrebte Volumen von einer Milliarde Euro zu erreichen. Hinzu kommt, dass das Laufzeitenspektrum auf maximal zehn Jahre beschränkt ist. „Viele Emittenten begeben Green Bonds mit sehr langen Laufzeiten. Das macht im derzeitigen Zinsumfeld Sinn für den Emittenten und es gibt auch genug Investoren, die diese langen Assets mögen. Durch unsere Portfolio-Richtlinie sind wir nicht ganz so flexibel“, so Kramer. Leer geht die KfW aber nicht aus. Seit dem Frühjahr 2015 wurden 540 Millionen Euro­ in Green Bonds investiert – darunter­ finden sich Namen wie Tennet, Ile de France, ING, verschiedene schwedische Kommunen sowie Green Storm, eine Verbriefungstransaktion. Bislang hat die KfW 19 Investments zu relativ großen Volumina getätigt. „Unter Fördergesichtspunkten sind wir bereit, während der Aufbauphase des Green-Bonds-Portfolios auch Konzentrationsrisiken zu akzeptieren“, merkt Kramer an.
Den Markt voranbringen

Um sich für das Green-Bonds-Portfolio der KfW zu qualifizieren, müssen nicht nur die Laufzeit und das Rating des Emittenten stimmen. Auch die Green Bond Principles (GBP) müssen befolgt werden. Verpflichtend ist außerdem das Vorliegen eines external Review. „Das verstärkt die Glaubwürdigkeit und schafft Vertrauen“, merkt die KfW-Investmentexpertin an. Daran sei bislang aber noch kein Investment gescheitert. Laut dem Research Paper der Climate Bonds Initiative verfügen 60 Prozent der Green Bonds am Markt über einen external Review.
Auch die KfW hat für ihre eigenen Green-Bonds-Emissionen eine Second Party Opinion bei Cicero eingeholt, obwohl dies in den GBP nicht verpflichtend festgeschrieben ist. „Wir wollen den Markt voranbringen und Standards setzen“, so Kramer. Deshalb arbeitet die KfW an den GBP mit, die unter der ICMA aufgehängt sind und rund 200 Mitglieder und Beobachter aus unterschiedlichsten Bereichen – Emittenten, Investoren und Intermediäre, aber auch NGOs, Rating-Agenturen, Wertpapiergesellschaften und politische Institutionen – zählen. „Das oberste Ziel der Principles ist es, Transparenz zu schaffen. Sie bestehen aus vier Kernelementen: Auswahl der Produktkategorie, konkrete Projektauswahl, Management of Proceed und Reporting. Wie diese mit Leben gefüllt werden, entscheidet jeder selbst“, führt Kramer aus.
Innerhalb eines Jahres

Die Green Bonds der KfW sind ein transparentes Produkt, das auf dem Erneuerbare-Energien-­Programm der Bankengruppe aufsetzt und an den Laufzeiten der Kredite ausgerichtet ist. „Wir hätten auch Green Bonds zur Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen aufsetzen können, aber das haben wir bewusst nicht gemacht, weil wir es einfach halten wollten. Unsere Investoren bekommen eine Evaluierung über unser Erneuerbare-Energien-Programm und ein Impact-Reporting zu den Green Bonds, in dem dargestellt wird, welche CO₂-Einsparungen durch eine Investition in einen KfW-Green-Bond ­erzielt werden. Die Gelder werden innerhalb eines Jahres allokiert“, berichtet Kramer. Umgekehrt schaut sie bei den Green Bonds, die sie für die KfW zeichnet, genau hin: „Wir selbst als Investor­ achten genau darauf, wie das Geld eingesetzt wird und was der Emittent mit dem Geld macht, bis es in die grünen Projekte fließt. Denn einige lassen den Zeitraum bis zur konkreten Mittelverwendung offen.“

Mit ihren Restriktionen wird die KfW für die noch in diesem Jahr anstehende Green-Bond-Emission der MEP-Unternehmensgruppe, die Solaranlagen an Privathaushalte vermieten, als Investor nicht ­infrage kommen. Mit einer geplanten Laufzeit von 20 Jahren liegt ­diese außerhalb der Range, innerhalb der sich die KfW bewegen darf. „Wir richten uns an langfristige Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen, die daran interessiert sind, ein von Einspeisetarifen unabhängiges, granulares und ertragreiches Asset im Bereich der ­Erneuerbaren Energien zu halten“, erklärt Ulrich Bogner, Corporate Finance & Investments Director bei Strasser Capital, die für die Finanzierungsstrukturierungen der MEP verantwortlich ist.
100 Prozent grünes Underlying
Die Nachfrage nach dem Green Bond, dessen Kupon zwischen drei und vier Prozent liegen soll, sei gut; sie komme aus Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland und Österreich. Die Attraktivität der Emission, für die eine Vorab-Verifizierung seitens Oekom Research­ sowie eine ­Zertifizierung durch die CBI besteht, macht Bogner nicht nur in der Höhe des Kupons aus, sondern im 100-prozentig grünen Underlying Asset. „Für die erste Tranche unseres Green-Bonds-Programms ­haben wir ein deutschlandweit diver­sifiziertes Solarmietportfolio zwischen 2.800 und 3.000 Anlagen.­ Das Finanzierungsvolumen umfasst voraussichtlich circa 25 bis 28 Millionen Euro“, so Bogner.

In den kommenden Jahren sollen weitere­ Tranchen folgen, das Gesamtprogramm ist auf 100 Millionen Euro ausgelegt. Wieso sich die MEP-Werke für einen Green Bond als Finanzierungsinstrument entschieden haben, erklärt der Finanzchef des Unternehmens wie folgt: „Wir vermieten Solaranlagen über 20 Jahre und haben entsprechend 20 Jahre Mietforderungen. Die Herausforderung dabei ist, eine gleichlaufende Finanzierung zu strukturieren. Ein Senior und Subordinated Loan war das Finanzierungsinstrument, mit dem wir das Portfolio aufgebaut haben. Mit einer Laufzeit von 24 bis 36 Monaten sind diese jedoch massiv kürzer als die Laufzeit der Asset-Seite. Nun, wo das Portfolio steht, soll über den Green Bond die langfristige ­Finanzierung erfolgen.“
Die Emission erfolgt über eine irische SPV, die eigens dafür aufgebaut wurde. „Durch diese Verbriefungsstruktur hat der Investor automatisch Zugriff auf das komplette Sicherheitenpaket. Auch für den Fall eines Ausfalles der MEP-­Unternehmensgruppe ist die Servicierung des Portfolios durch professionelle Back-up-­Service-Partner gewährleistet“, merkt Bogner an.

Zurich visiert zwei Milliarden an
Zu den großen Investoren, die Green Bonds unlängst für sich entdeckt haben, gehört die Zurich Versicherung. Geplant ist der Aufbau eines Portfolios in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar, nachdem das ursprüngliche Ziel von einer Milliarde US-Dollar bereits übertroffen wurde.­ Ende Juli 2016 hatte die Zurich eigenen Angaben zufolge ­bereits 1,2 Milliarden US-Dollar in Green Bonds investiert, dahinter stehen 70 Bonds von 47 unterschiedlichen Emittenten. „Unsere ­Investitionsfähigkeit in Bilanzen auf dem gesamten Globus erlaubt uns, eine große Vielfalt an Green Bonds in sechs verschiedenen ­Währungen zu kaufen“, schreibt Manuel Lewin, Head of Responsible Investment bei der Zurich, im hauseigenen Magazin der Versicherung.
Gut die Hälfte des Exposures der Zurich gehöre zum sichersten Teil des Marktes – Green Bonds von supranationalen Einrichtungen. Die andere Hälfte verteilt sich in etwa gleich auf Bonds, die von ­Kommunen, Banken oder anderen Unternehmen emittiert wurden. Was Lewin­ noch fehlt und er sich ausdrücklich wünschen würde, sind Green Bonds in Lokalwährung. Laut dem Research Paper der CBI ­dominieren bislang Dollar und Euro mit über 80 Prozent. Die Bühne ebenfalls noch nicht betreten haben Regierungen. Doch die Emission der ersten grünen Staatsanleihe ist nicht mehr weit entfernt, glaubt Lewin. Dafür seien zwar noch einige rechtliche Änderungen zu überwinden, um es Regierungen zu ermöglichen, vorab festzulegen, wie ein Fonds genutzt wird. Für Lewin wäre es aber nur ein logischer Schritt, Green Bonds beispielsweise dafür zu nutzen, die Commitments auf der Klimakonferenz zu funden. Das Timing erscheint ihm hierfür richtig: „Die Kombination von trägem Wachstum, dem Bedarf zum Bau grüner Infrastruktur, historisch niedrigen oder sogar negativen Zinsen und der scheinbar unersättlichen Nachfrage der Investoren nach sichersten Assets würden sicherlich den Weg weisen.“

Dass Green Bonds eine hohe Aufmerksamkeit in der Politik ­genießen, hat auch Doris Kramer beobachtet: „Einige Staaten, allen voran Frankreich und Schweden, arbeiten daran, schon bald den ­ersten staatlichen Green Bond zu begeben.“ Das würde dem Markt nochmals einen kräftigen Schub verleihen. „Auch in Ländern wie ­Nigeria, Indien oder China widmet man sich dem Thema Green Bonds. Vor ­allem China hat substanziell zum Wachstum des Marktes in diesem Jahr beigetragen. Etwa ein Drittel der Emissionen in diesem Jahr ­kamen von dort“, berichtet die KfW-Investment­expertin.
Mit gewisser Skepsis blickt sie auf die Idee eines verbind­lichen Term Sheets, die seit einiger Zeit von Mark Carney, Gouverneur der Bank of ­England, propagiert wird. Dadurch würde zwar die Gefahr von Green Washing begrenzt. Es sei jedoch zu befürchten, dass viele Emittenten abgeschreckt würden. „Aus dem Reputations­risiko würde für den Emittenten ein Rechtsrisiko. Aus Investorensicht mag das wünschenswert sein, aber wir fürchten, dass es den noch sehr jungen Markt aktuell nicht voranbringen wird. Ich habe lieber einen breiten Markt an ­Emittenten, die sich einem Reputationsrisiko aussetzen, als ein einklagbares Recht und nur noch 20 Emittenten“, so Kramer. Sie warnt zudem vor einer Überschätzung der Wirkung von Green Bonds: „­Meine Sorge ist, dass die Politik in Green Bonds ein Allheilmittel im Kampf gegen den Klimawandel sieht. Wichtig ist auf politischer Ebene,­ verlässliche Rahmenbedingungen für grüne Projekte zu schaffen, dann kann der Green-Bond-Markt einen Teil zur Deckung des Finanzierungsbedarfs­ beisteuern. Aber Risiko-Ertrags-Gesichts­punkte werden auch dauerhaft die Investitionsbereitschaft bestimmen.“

Von Kerstin Bendix

portfolio institutionell, Ausgabe 11/2016

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