Nachfinanzierung nur, wenn nachweislich nachhaltig
Immobilienportfolios unter Anpassungsdruck. Engpässe bei Anschlussfinanzierungen und Entwicklern.
Zeit ist Geld: Die Transaktionskrise am Markt für Gewerbeimmobilien sorgt für Haltezeiten, die länger als geplant ausfallen. Dies wiederum erfordert in der Regel eine Prolongation der Bankenfinanzierung. Zudem werden ESG-Upgrades für eine künftige Marktgängigkeit erforderlich.
Dass der Anpassungsbedarf in den Portfolios wächst, zeigt eine Umfrage, die Ruecker-Consult im Auftrag von Fay Projects unter führenden Asset Managern durchgeführt hat. Demnach haben 56 Prozent in den vergangenen fünf Jahren ihre Verkaufsziele nicht erreicht. 88 Prozent bestätigten, dass ihre Transaktionstätigkeit in den vergangenen fünf Jahren stark beziehungsweise sehr stark zurückgegangen ist. Zugleich berichten vier von fünf Unternehmen von einem gestiegenen Anpassungsbedarf in den von ihnen gemanagten Portfolios. Dieser gehe zu 80 Prozent auf gestiegene Nachhaltigkeitsanforderungen und zu 52 Prozent auf die übliche Alterung der Immobilien zurück.
Zu den weiteren Ergebnissen zählt, dass für 96 Prozent der teilnehmenden Unternehmen Modernisierung und Umbau eine wichtige Option im Umgang mit nicht mehr marktgängigen Immobilien darstellen, 36 Prozent erwägen dabei sogar eine Änderung der Nutzungsart. Dagegen befassen sich nur 32 Prozent mit dem Gedanken, modernisierungsbedürftige Immobilien zu verkaufen. „Der Transaktionsmarkt ist blockiert. Die Wertschöpfungsstrategie zielt eher auf die Entwicklung der Bestände. Der Handlungsdruck ist hoch. Die Herausforderungen sind strukturell. Sie haben auch morgen noch Bestand“, fasst Carl Fay die Situation zusammen.
Basis ist Nachhaltigkeit
Auf einer Online-Veranstaltung waren sich Experten einig, dass die Nachhaltigkeitsziele der EU weiterhin ganz oben auf der Agenda stehen. „Die Politik bremst zwar auf der Zeitschiene, aber grundsätzlich bleibt Nachhaltigkeit Grundvorsetzung für Finanzierungsbewilligungen, und diese muss messbar gemacht werden“, so Professor. Dr. Michaela Lambertz von der TH Köln. Und Berater Jochen Schenk ergänzt: „Bankenaufsicht und EZB haben sich das Thema ESG-Risko ganz groß auf die Fahnen geschrieben und verschärfen die Vorschriften fortlaufend. Immobilieneigentümer, die ihre Bestände demnächst nicht nachweislich nachhaltig ausrichten, werden erhebliche Schwierigkeiten bei der Nachfinanzierung bekommen.“ Eine besondere Herausforderung sieht Schenk dabei im von großen Altbaubeständen geprägten Wohnungssegment. Dort kollidiere der potenzielle Sanierungsaufwand mit den Zielen der Mietenregulierung.
Aus Sicht von Schenk sollten die Akteure nun die Initiative ergreifen. „Es wird nicht mehr viele Verlängerungen von Kreditlinien geben. Ein schlichtes Aussitzen und Hoffen, dass der Markt sich demnächst irgendwie und irgendwann erholt, wird nicht mehr möglich sein.“ Im Falle eines Projektstillstandes empfiehlt Schenk, dass sich die Bank, Mezzaninkapitalgeber, Investoren und Projektentwickler gemeinsam überlegen, ob und wie das Vorhaben zu Ende geführt werden kann. Allerdings: Carl Fay sieht angebotsseitig einen Kapazitätsmangel auf die Branche zukommen. „Die zahlreichen Insolvenzen der vergangenen Monate und Jahre haben das Feld der Entwicklungsunternehmen in Deutschland stark schrumpfen lassen und die Zahl der Neugründungen wird überschaubar bleiben, weil Entwicklerpersönlichkeiten mit Kompetenz und Erfahrung nicht zahlreich nachwachsen.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Immobilien | Real Estate Debt
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