Traditionelle Anlagen
2. Dezember 2022

Nomura kritisiert Stubenhocker

Euroland ist in Aktienportfolios immer noch stark übergewichtet. Home Bias kostet fast zwei Prozentpunkte.  

Zu Hause ist es immer noch am schönsten! Dieser Ansicht sind auch deutsche institutionelle Investoren. Wie eine Studie der Frankfurt School of Finance im Auftrag von Nomura Asset Management ergibt, ist die hiesige institutionelle Anlegerschaft in ihren Aktienportfolios im Schnitt zu 38 Prozent in Euroland-Aktien investiert.

Der Anteil der Eurozone an der weltweiten Kapitalisierung aller Aktien betrage jedoch nur neun Prozent, so Nomura. Der Home Bias sei damit zwar um vier Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, liegt jedoch noch immer bei hohen 29 Prozentpunkten. Die Gewichtung in deutschen Aktien sei ebenso stark gefallen. Sie lag mit 15 Prozentpunkten ebenfalls deutlich über dem Anteil Deutschlands am Weltaktienportfolio von zwei Prozent.

Weniger Rendite, mehr Vola

Die negativen Auswirkungen der mangelnden internationalen Diversifikation zeigen sich für die Studienmacher auf zweierlei Weise. Erstens erleiden institutionelle Anleger durch den Home Bias einen Renditenachteil gegenüber einem diversifizierten Weltaktienportfolio. Gemessen seit 2010 ist dieser zuletzt auf 1,81 Prozentpunkten pro Jahr angestiegen. Gründe dafür sind unter anderem die schwache Kursentwicklung europäischer Aktien und der schwache Euro. Zweitens erhöht sich das Kursschwankungsrisiko, das laut den Studienautoren umgerechnet einen Renditenachteil von 0,86 Prozentpunkten bedeutet. Die Autoren schreiben: „Das Risiko ist also höher als es sein müsste für einen gleichen Ertrag. Anders ausgedrückt: Bei einem gleich hohen Risiko hätte ein effizientes Portfolio einen Mehrertrag von 0,86 Prozent per annum.“ Damit würden die professionellen Investoren in ihren Aktienportfolios auf 2,67 Prozentpunkte (Vorjahr: 2,54 Prozentpunkte) an Rendite verzichten.

„Der Renditenachteil des Home Bias ist gestiegen, obwohl das Ausmaß der Übergewichtung zurückgegangen ist. Das ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass mangelnde internationale Diversifikation vor allem in turbulenten Marktphasen negative Auswirkungen hat. Dies ist ein großer Nachteil für deutsche Anleger, den sie in Zukunft leicht vermeiden könnten“, sagt Frank Appel, Leiter des institutionellen Geschäfts bei Nomura Asset Management in Deutschland.

„Die institutionellen Anleger reduzieren ihren Home Bias seit Jahren. 2011 lag die Übergewichtung im Vergleich zur globalen Marktkapitalisierung gemessen an Euroland-Aktien noch bei 45 Prozent gegenüber zuletzt 29 Prozent. Doch die Übergewichtung des Heimatmarktes ist weiterhin groß und kostet die Institutionellen Rendite. Bedenkt man, dass Anleger wie Pensionskassen und Versorgungswerke die Altersvorsorge in Deutschland mittragen, ist die ineffiziente Anlage auch gesellschaftlich problematisch“, sagt Olaf Stotz, Professor an der Frankfurt School of Finance.

FX-Kosten nicht berücksichtigt

Berücksichtigen sollte man jedoch auch, dass deutsche Altersvorsorgeeinrichtungen ihre Verbindlichkeiten in Euro haben. Somit lassen ALM-Gesichtspunkte Währungsabsicherungen als sinnvoll erscheinen. Diese sind zinsbedingt mit Kosten verbunden, womit der Renditenachteil weniger groß ausfällt. FX-Kosten wurden von der Frankfurt School nicht berücksichtigt.

Allerdings kann man auf Basis weiterer Studienergebnisse zu dem Schluss kommen, dass die FX-Kosten weniger ausschlaggebend als die Nähe zu einem ausländischen Markt sind. Laut der Studie sind die deutschen Anleger nämlich nicht nur in Deutschland und in der Eurozone übergewichtet, sondern auch in der Schweiz und in Großbritannien. „Viele Anleger allokieren offenbar auf Basis der Vertrautheit mit den Zielmärkten, nicht auf Basis von Renditeaussichten“, meint Frank Appel.

Value war Renditenachteil

Mit Blick auf die Studienergebnisse liegt zudem folgende Frage auf der Hand: Warum war in Euroland seit 2010 für Aktionäre weniger zu verdienen? Einen Grund hierfür sieht Olaf Stotz darin, dass sich die Unternehmenslandschaft in den USA und Asien fundamental besser entwickelt hat als in Euroland. „Die Gründe hierfür können in der Wirtschaftspolitik gesucht und teilweise gefunden werden, aber auch in der Innovationsfreudigkeit in diesen Ländern.“

Als weiteren Grund führt Stotz die unterschiedlichen Faktorprämien an beziehungsweise verweist auf die Value-Growth-Thematik. „Die Unternehmensstruktur in Europa ist eher von klassischen Industrien geprägt, während tech-lastige Branchen eher außerhalb von Europa zu finden sind.“ Wenn es der europäischen Wirtschaft jedoch gelänge, so Stotz, sich an die veränderten Rahmenbedingungen besser als erwartet anzupassen, könnte sich der Value-Discount auch wieder ausgleichen.

In diesem Fall würde auch der aus dem Home Bias resultierende Renditenachteil verschwinden. Die Reduzierung des Kursschwankungsrisikos wäre allerdings immer noch ein gutes Argument für eine breitere internationale Diversifikation.

Autoren:

Schlagworte: |

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert